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Dr. René Paasch: Freie Bahn nur für mental Starke?

Ein aktueller WDR Sport Inside Beitrag “Jungprofis in der Bundesliga: Noch früher ins Rampenlicht” sorgt für Aufsehen. Im Film von Matthias Wolf wird die Regeländerung kritisch beleuchtet, nach der in der Fußball-Bundesliga zukünftig ohne jegliche Einschränkung bereits 16-Jährige Kicker zum Einsatz kommen dürfen. Diese Veränderung hat Borussia Dortmund angestossen. Ein Verein, der zunehmend auf junge internationale Talente setzt. Aber zu welchem Preis? Zu dieser Frage wurde unter anderem Dr. René Paasch von Die Sportpsychologen (zum Profil) befragt. Wir empfehlen an dieser Stelle den Beitrag, der unter anderem auf Sportschau.de oder über die Sportschau-App zur Verfügung steht:

Zum TV-Beitrag: https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/sport-inside/video-jungprofis-in-der-bundesliga-noch-frueher-ins-rampenlicht-100.html

Dr. René Paasch im Interview (Screenshot WDR Sport Inside, Verwendung bewilligt via Medikament-TV)

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Bildquelle: Screenshot WDR Sport Inside, Verwendung bewilligt via Medikament-TV

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Olympische Eröffnungsfeier – Ist dabei sein alles?

Manche Sportler und Sportlerinnen, die im Olympischen Dorf residieren, stehen vor einer kniffligen Entscheidung: Sollten sie persönlich an der Eröffnungsfeier teilnehmen? Oder besser nicht, um nicht die Vorbereitungsphase auf den in den kommenden Tagen zu stören? Oft muss bei solchen Ereignissen lange gewartet und gestanden werden, was für die physische Vorbereitung nicht optimal ist. Andererseits hat die Eröffnungsfeier spezielle Momente zu bieten. 

Woran sollten Sportler und Sportlerinnen ihre Entscheidungen festmachen?

Markus Gretz, Die Sportpsychologen
Markus Gretz, Die Sportpsychologen

Antwort von: Markus Gretz (zum Profil)

Gordon Herbert hat in einem Podcast Interview davon berichtet, dass er den Spielern die Entscheidung überlassen will, ob die deutsche Herren Basketball Mannschaft zur Eröffnungsfeier gehen wird. Bei seinen Überlegungen spielte vermutlich auch eine Rolle, dass der Kapitän des Weltmeister-Teams, Dennis Schröder, als Fahnenträger ausgewählt wurde. Da die Vorrunde in Lille, aber knapp drei Autostunden von Paris entfernt stattfinden wird und die Mannschaft am nächsten Tag um 13:30 Uhr dort ihr erstes Gruppenspiel gegen Japan spielt, ist es schon ein Risiko am Abend vorher diesen Weg und die damit verbundenen Strapazen auf sich zu nehmen. 

Obwohl die Mannschaft im Vorbereitungsspiel vor den Olympischen Spielen deutlich gegen die Japaner gewonnen hat, sollten diese nicht unterschätzt werden. Besser sollte man mit optimaler Verfassung und Fitness ins Spiel gehen, da im Basketball in einem Spiel der Läufe alles möglich ist und eine Niederlage die Chancen auf das Viertelfinale stark beeinträchtigen würde.

Jedoch zielt Herbert, der selbst Sportpsychologie studiert hat, vermutlich auf das Autonomie-Bedürfnis der Spieler ab und erhofft sich durch das geschenkte Vertrauen und die Entscheidungsfreiheit an die Spieler, dass die Mannschaft ihm das mit extra Motivation zurückzahlen wird, oder zumindest nicht frustriert und demotiviert ist, wenn er als Bundestrainer den Besuch verbieten würde.

Die Selbstbestimmungstheorie nach Ryan und Deci und diverse Studien zeigen nämlich, dass gerade das Fehlen von Entscheidungsfreiheit zu Demotivation bei Sportlern führen kann. Gleichzeitig werden auch die anderen beiden Grundbedürfnisse der Theorie bedient, nämlich das der sozialen Eingebundenheit durch den Teamausflug und dem Vertrauen in die Kompetenz, da der Trainer das Signal sendet, die Mannschaft könne das Spiel auch trotz einer ungünstigen Vorbereitung gewinnen.

Prof. Dr. Oliver Stoll, Die Sportpsychologen

Antwort von: Prof. Dr. Oliver Stoll (zum Profil)

Als jemand, der schon selbst live bei einer Olympischen Eröffnungszeremonie dabei war, fremdele ich mit dem Plan der Organisatoren in Paris. Für mich klingt das nach zu viel Show und zu wenig Sportsgeist. Aus meiner Sicht und abseits des Tamtams: Das größte für die Athletinnen und Athleten ist eben nach dem Einmarsch der Nationen die direkten Kontakte zu den anderen Athlet*innen und das feiern im innenraum des Stadions. Das wird, laut meinen jetzigen Informationen, dieses Mal so nicht stattfinden, was mehr als schade ist. Aber für die Zuschauer am Fernseher wird das bestimmt eine tolle Show.

Noch zu unseren Basketballern: Großartig, dass Bundestrainer Gordon Herbert seinen Spielern die Entscheidung überlässt. Ich finde es super, wenn unsere Athleten Verantwortung übertragen bekommen. Sie werden damit gut umgehen. Da bin ich mir sicher.

Anke Precht, Die Sportpsychologen
Anke Precht, Die Sportpsychologen

Antwort von: Anke Precht (zum Profil)

Ich stimme Oliver Stoll zu. Es ist ungeschickt, die Feier so zu planen, dass Sportler überhaupt vor diese Wahl gestellt werden. Die Feier zu erleben ist magisch und verbindet Sportler aus aller Welt. Genau das ist der Geist von Olympia. Genau dieser Geist hat schon manchen Sportler über seine Grenzen hinauswachsen lassen. Es ist auch mental ein wichtiger Hebel, gerade dann, wenn es darum geht, ganz besondere Spitzenleistungen abzurufen, Rekorde zu brechen und Medaillen zu gewinnen.

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Dr. Rita Regös: Wir gehen zu den Spielen nicht mit einer Erwartung, wir gehen mit einer Zielstellung!

Die Olympischen Spiele in Paris sind für die allermeisten Sportler nicht irgendwelche Wettkämpfe. Sie sind ein sogenannter Peak, der vier Jahre vorbereitet wird. Genau an diesem einen Tag, in diesem entscheidenden Wettkampf geht es darum, die bestmögliche Leistung genau zum richtigen Zeitpunkt abzurufen. Das ist jedem bewusst, dem Athleten, dem Trainer und dem Staff. In der unmittelbaren Vorbereitung geht es nicht mehr um Entwicklung oder großartige Umstellung. Es geht darum, alles auf diesen einen Moment zu konzentrieren. Da haben Erwartungen keinen Platz. Für Erwartungen tut man nichts. Mit Erwartungen sitzt man da und wartet, dass etwas erwartungsgemäß erfolgt. Das wäre die denkbar schlechteste Art der Vorbereitung, aber auch eine komplett unpassende Herangehensweise an ein Großereignis wie die Olympischen Spiele. Dennoch stolpern wir dieser Tage immer wieder über den Begriff Erwartungen. Warum fällt also dieses Wort im Vorfeld so oft: Was sind Deine Erwartungen? Mit welchen Erwartungen gehst Du hin? 

Zum Thema: Zielsetzung im Sport

Möglicherweise aus zwei Gründen: Man will niemanden zusätzlich unter Druck setzen und zweitens, den möglichen Misserfolg schmälern. Beides nett gemeint, irgendwie aber auch komisch, denn: Ein Athlet braucht ein genaues Ziel, um darauf hinarbeiten zu können und das sind keine Erwartungen, sondern eindeutige, sehr konkrete Ziele. Man kann natürlich vorsichtig sein, diese klein reden, sie gar nicht aussprechen. Doch was ändert das? Diese Ziele sind seit vier Jahren im Kopf. Dieses Ziel treibt Athleten jahrelang an, für dieses Ziel entbehren und schwitzen sie: Kurzum, erfolgreiche Athleten blenden ihr Ziel, kurz vor dem Ziel mit absoluter Sicherheit nicht aus. Und das ist gut so. 

Nehmen wir ein einfaches Beispiel. Nimmt Euch vor, aus dem Haus und danach rechts zu gehen (Zielstellung), und versucht dann, aber kurzerhand links zu gehen. Das wird nicht ohne weiteres möglich sein: Soll ich mich jetzt nach rechts oder links drehen, warum nochmal nach rechts? Ein Moment des Nachdenkens: Ihr nehmt Euch zwangsläufig einen Moment, um kurz innezuhalten und die aufkommende Unsicherheit zu klären. Im Leistungssport gibt es diesen Moment nicht. Deshalb nutzt man die, sagen wir mal natürlichen Vorteile einer Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf eine wichtige Aufgabe, auf ein wichtiges Ziel. Eigentlich die Ausrichtung des gesamten biopsychischen Systems Mensch – um just in time wach, fokussiert, leistungsbereit und vollständig aktiviert eine wichtige Aufgabe zu erledigen. 

Aufgabe ohne Ziel?

Eine Aufgabe ist allerdings nur mit einer Zielstellung eine. Ich tue etwas ohne Ziel, also egal was dabei rauskommt – ohne Sinn und ohne Grund – gibt es nämlich nicht. Auch der kurze Richtungswechsel im obigen Beispiel löst automatisch eine Ziel- oder Sinnsuche aus, nämlich die Fragen: Wohin noch einmal und warum? Das heißt, ohne Zielstellung keine zielgerichtete Handlung, allerdings mit Zielstellung, Druck das Ziel zu erreichen. Ein zwangsläufiges Zusammenspiel, aber das Tagesgeschäft jedes Athleten im Hochleistungsbereich.

Andererseits redet man lieber von Erwartungen als von Zielen, um den möglichen Misserfolg zu schmälern. Denn: “Erwartungen nicht erfüllen”, klingt doch etwas undramatischer als „Ziele verfehlen“. Die Botschaft, die ein wenig mitschwingt: Misserfolg ist kein Drama. Und das stimmt. Warum aber, dann vorher darüber nachdenken oder überhaupt daran denken? Wenn Misserfolg kein Drama ist, muss man sich damit im Vorfeld nicht beschäftigen, keine Strategien und Gedankengänge zurechtlegen, um im Falle eines Misserfolges vorbereitet zu sein. Misserfolg ist nicht Plan B, Misserfolg ist überhaupt gar kein Plan. Misserfolg und die Gedanken daran, kann man also getrost verschieben. Es langt sich damit zu beschäftigen, sobald es dazu kommt – wenn es überhaupt dazu kommt.

Fazit

Das heißt, wir erwarten nichts, weder eine Leistung, noch einen Misserfolg – wir gehen zu den Spielen nicht mit Erwartungen, sondern mit einer Zielstellung.

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Arthur Wachter: Es fehlen homosexuelle Vorbilder

Ralf Schumacher ist homosexuell. 17 Jahre nach dem Ende der Karriere des Motorsportlers löste diese Nachricht im Sommer 2024 eine beachtliche Berichterstattungswelle aus. Wir von Die Sportpsychologen wurden gleich mehrfach von teils namhaften Medien zum Thema befragt. Fest steht: Trotz gesellschaftlicher Fortschritte und größerer Akzeptanz in vielen Bereichen bleibt das Coming-Out im Sport, insbesondere für männliche Athleten, ein schwieriger und oft verzögerter Prozess. Schauen wir uns die Zusammenhänge an.

Zum Thema: Homosexualität im Sport – Vom Stigma, gesellschaftlichen Erwartungen und der Angst vor Ablehnung 

Ein zentrales Problem ist das fortwährende Stigma, das mit Homosexualität verbunden ist. Der Sport, vor allem auf professioneller Ebene, wird oft mit traditionellen Vorstellungen von Männlichkeit und Heteronormativität assoziiert. Diese sozialen Konstrukte setzen männliche Athleten unter Druck, einem bestimmten Idealbild zu entsprechen, das Homosexualität als abweichend betrachtet. Dies wird durch den anhaltenden Einfluss konservativer Werte innerhalb von Sportgemeinschaften und der breiteren Gesellschaft verstärkt.

Viele Sportler fürchten sich vor den möglichen Konsequenzen eines Coming-Outs. Diese Ängste umfassen nicht nur persönliche Ablehnung durch Teamkollegen, Trainer und Fans, sondern auch professionelle Nachteile wie den Verlust von Sponsoringverträgen und begrenzte Karrierechancen. Diese Befürchtungen sind leider nicht unbegründet, da es immer wieder Fälle von Diskriminierung und negativen Reaktionen gibt, die das Leben und die Karriere offen homosexueller Athleten erschweren.

Innere Konflikte und Identitätskrisen

Der Prozess des Coming-Outs ist oft mit tiefgreifenden inneren Konflikten verbunden. Viele Athleten kämpfen mit ihrer sexuellen Identität und dem Wunsch, ihre Leidenschaft für den Sport zu verfolgen, ohne ihre wahre Persönlichkeit verbergen zu müssen. Diese psychische Belastung kann zu erhöhtem Stress, Angstzuständen und Depressionen führen, was sich natürlich negativ auf die sportliche Leistung und das allgemeine Wohlbefinden auswirken kann.

Ein weiterer Faktor, der das späte Coming-Out vieler männlicher Athleten erklärt, ist der Mangel an sichtbaren Vorbildern und unterstützenden Strukturen im Sport. Während es in den vergangenen Jahren einige mutige Athleten gab, die den Schritt gewagt haben, bleibt ihre Zahl gering. Das Fehlen von positiven Beispielen und aktiven Unterstützungssystemen innerhalb von Teams und Verbänden kann das Gefühl der Isolation und Unsicherheit verstärken.

Aktive Unterstützung

Wir von Die Sportpsychologen können Unterstützung bieten. Wir begleiten vertrauensvoll und professionell Coming-Out-Prozesse. Nehmt dazu gern zu meinen KollegInnen im Netzwerk (zur Übersicht) oder zu mir (zum Profil von Arthur Wachter) Kontakt auf.  

Der Beitrag ist mit KI-Unterstützung erstellt worden und geht auf eine Interview-Vorbereitung zurück.

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Danijela Bradfisch: Lernen, mit der inneren Stimme zu golfen

Neulich wurde ich von einer Golfspielerin angefragt, ob ich ihr kurzfristig helfen kann, sich auf ein Turnier vorzubereiten? Der Auftrag klang simpel: Komm einfach auf den 18-Loch Platz mit. Schau mal, was ich so mache und gib mir ein paar Tipps. Stimmt, das war einfach für mich. Aber nicht für sie, da sie somit doppelt trainiert hat. Körperlich und mental, dies hatte sie vorab völlig unterschätzt. Bevor es losging, konkretisierte die Sportlerin den Auftrag noch einmal: Ihre Zufriedenheit sollte gesteigert und das Handicap verbessert werden. So denn…

Zum Thema: Rhythmus- und Emotionsregulation im Golf

Die Athletin kam aus einer langwierigen Verletzungspause zurück, #Achillessehne. Sie arbeitet Vollzeit, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen. Sie selbst sagt über sich, dass es nicht ihre Stärke sei, die Emotionen zu regulieren (STEAM, siehe Link unten). Sie würde aber gern daran arbeiten, um sich langfristig zu verbessern und zufriedener mit ihrem Spiel zu werden. Positiv hob sie hervor, dass sie einen festen Rhythmus vor ihrem Abschlag (Startroutine) habe.

Vorweg gegriffen: Die Startroutine konnte sie während der ganzen 18 Löcher gut einhalten. Am Ende hat einfach die Kraftausdauer gefehlt, den Ball lang abzuschlagen. Aber sie war dennoch zufriedener mit sich und ihrer Leistung.

Stressiger Start

Während den ersten drei Löchern war sie sehr angespannt und emotional sehr gestresst, da sie eine sehr hohe Erwartung an sich und ihr Spiel hatte. Auf meine Nachfrage, wieso dies so sei, hatte sie keine plausible Antwort. Es sei „nur so ein Gefühl“. Meine Einladung zu einer ersten Intervention, den Fokus auf die Atmung zu legen und bei sich zu bleiben, hat ihr dann diesen „ersten“ Druck genommen.

Im weiteren Verlauf des Trainings, wo sie ihren Körper immer wieder bewusst bewegen und neu koordiniert ausrichten musste, zeigte sich die Unzuverlässigkeit der neuen, kurzfristigen Intervention. Sie wurde vergessen und auch bewusst ausgesetzt, weil die Golferin lieber auf alte und feste Routinen zurückgriff. Auf eine erneute Einladung, sich aktiver ins Spielgeschehen als „innere Stimme“ einzuschalten, sagte sie zu.

Dem Handeln ein Motiv geben – Outside the Box gedacht und Ziele setzen

„Stell Dir die folgende Situation vor: Du befindest Dich auf der Autofahrt zum Golfplatz und es ist Stau. Viele aggressive Autofahrer sind unterwegs und Du spürst, wie die Emotionen hochkochen…“

Als innere Stimme im Kopf… „Anstatt sich hierzu aufzuregen,… 

  • „Wie würdest Du Dich gern hierbei verhalten wollen?“ (3. Emotionen reflektieren)
  • „Was würdest Du stattdessen gern machen wollen? (2. Ziele verbinden)
  • „Was machst Du als nächstes?” (1. Ziel konkret ansagen)

(LOS, umsetzen)

Ziele zu formulieren, ist schwierig, unter Stressbedingungen erst recht. Auch das ist aber trainierbar und wird empfohlen. Ich empfehle, sich Handlungsziele zu setzen, die SMART formuliert sind. Dieses ist ein Akronym und steht für spezifisch, messbar, akzeptabel, realistisch und terminiert, was nicht nur im Golfen hilfreich ist (Siegemund & Brunner, 2022).

Positive Effekte?

Während des gesamten Trainings mit meiner Athletin, die keinerlei Vorerfahrung mit mentalem Training hatte, ließ sich ein teilweise positiver Effekt der Maßnahmen auf ihr Spiel ablesen. Sie nahm sich aktiv mehr Zeit, sich emotional mit dem vorherigen Abschlag auseinanderzusetzen und ging anschließend gefestigt und strukturiert den nächsten rhythmischen Ablauf der nächsten Schlagposition an. Selbst wenn der Ball im Bunker lag. Die „innere Fragestimme“ (3,2,1, Los) war anfangs durch mich als Trainerin von außen noch hörbar, jedoch wurde diese immer leiser, bis die Athletin dann selbst ihre Stimme (hörbar) eingesetzt hat.

Abschließend möchte ich nochmals festhalten, dass die Athletin neue Dinge über sich und ihr Sie(l) nun kennengelernt hat. Diese aufrechtzuerhalten, weiterhin Ziele zu verfolgen und zu erreichen, steht auf einem anderen Blatt. Denn dies erfordert langfristiges (mentales) Training.

Nachbetrachtung

Nach dem Ende des Trainings war die Sportlerin körperlich viel platter als sonst, aber sie war zufrieden und hat einiges an neuen Impulsen für ihr Spiel erhalten. Vieles wollte sie im folgenden Turnier umsetzen. Das hat geklappt, womit sie ihr zweites Ziel, das Handicap zu verbessern, geschafft hat. Sie ist auf einem guten Weg. Mal sehen, ob und wobei ich sie im nächsten Schritt unterstützen kann.

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Literatur

Siegemund, L., & Brunner, S. (2022). Wild Card: Herausforderungen mental meistern: Meyer & Meyer.

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Nichts zu verlieren? Wie bereite ich ein Finale vor?

Im EM-Finale 2024 treffen Spanien und England aufeinander. Spanien hat das Turnier bislang sportlich dominiert, England hat durch brutale Effizienz geglänzt. Beide Teams gehen sehr selbstbewusst und vielleicht siegesgewiss ins Endspiel. Aber wie gelingt es eigentlich, ein Team und einzelne Spieler absolut positiv vorzubereiten? Die Lust auf den Erfolg heraus zu kitzeln, aber eben nicht die Angst aufkommen zu lassen, etwas zu verlieren zu haben?

Zum Thema: Vorbereitung auf ein Finale

Janosch Daul, Die Sportpsychologen
Janosch Daul, Die Sportpsychologen

Janosch Daul (zum Profil

Das Ziel des jeweiligen Trainerteams muss darin bestehen, die Spieler individuell und das Team als Kollektiv zu unterstützen, in einen Zustand zu kommen, der es den Protagonisten ermöglicht, abzuliefern, wenn´s drauf ankommt – im großen Finale.

Obwohl die Rahmenbedingungen wie z.B. die Platzgröße den üblichen Bedingungen entsprechen, wird sich die Anforderungssituation EM-Finale für die meisten Spieler vermutlich anders anfühlen als ein gewöhnliches Spiel. Ein Grund hierfür kann in einer veränderten Aufmerksamkeitslenkung liegen. Indem zum Beispiel ein “Scheitern” oder Triumphieren gedanklich vorweggenommen wird, geht damit ein Verlust des Handlungsfokus einher. Das EM-Finale, das die allerwenigsten Spieler bereits erlebt haben, wird sich für die meisten Spieler anders anfühlen. 

Diesem veränderten Erleben sollten die Trainerteams Rechnung tragen, indem sie die Spieler und das Team gezielt in ihrer mentalen Vorbereitung unterstützen. Und doch steht jeder Spieler zunächst selbst in der Verantwortung, sich auf das EM-Finale vorzubereiten. 

Ein Schlüssel, um performen zu können, besteht in einer ausgeprägten Selbstwirksamkeitserwartung. Die Spieler müssen das Gefühl haben, der Anforderungssituation Finale mit ihren Qualitäten gewachsen zu sein. Sie müssen sich also ihrer Fähigkeiten bewusst und davon überzeugt sein, diese auch im Finale gewinnbringend auf das Feld bringen zu können. Hilfreich hierfür können Einzelgespräche sein, in denen das Trainerteam seine Spieler gezielt stärkt. Darüber hinaus können die Spieler die eigene Performance in Form von mentalem Training gedanklich vorwegnehmen. Gerade am Ende eines langen Turniers inklusive Verlängerungen ist es von fundamentaler Bedeutung, dass die Energie-Akkus der Spieler auf körperlicher und mentaler Ebene aufgeladen sind. Das Trainerteam steht also in den Tagen vor dem Finale in besonderer Verantwortung, die Belastung stimmig zu steuern. Wenn die Spieler das Gefühl haben, frisch und energievoll ins Finale starten zu können, zahlt dies gleichzeitig auf ihre Selbstwirksamkeitserwartung ein. Ebenso von zentraler Bedeutung ist die Art, mit sich selbst zu kommunizieren. Die Spieler sollten reaktive Selbstgespräche in petto haben, die sie einsetzen können, wenn Gedanken auftreten, die Unsicherheit und Selbstzweifel auslösen. 

Zudem ist es sinnvoll, Selbstgespräche zu entwickeln, die die Spieler proaktiv einsetzen, um sich bewusst zu stärken. Diese Selbstgespräche können auch an einen konkreten Zeitpunkt gekoppelt werden, z.B. an das Betreten des Spielfeldes. Des Weiteren müssen die Spieler in der Lage sein, einen adäquaten Anspannungszustand vor dem Spiel zu entwickeln. Das Trainerteam kann die Spieler dabei durch eine passende Erwärmungsgestaltung und durch die Art und Weise, wie die Spieltagsansprachen gestaltet werden, unterstützen. 

Wenn die Spieler abliefern wollen, müssen sie darüber hinaus eine Klarheit haben, was sie auf dem Feld zu tun haben – unter Berücksichtigung des Matchplans, wiederum der gegebenen Rahmenbedingungen (z.B. Platzgröße, Wetter) und des Gegners. Es ist die Aufgabe des Trainerteams, den Spielern diese Klarheit in Ansprachen und Einzelgesprächen zu vermitteln. Diese Form von Handlungssicherheit wird die Spieler wiederum dabei unterstützen, die so wichtige Überzeugung aufzubauen, der Anforderungssituation gewachsen zu sein. 

Arthur Wachter, Die Sportpsychologen

Arthur Wachter (zum Profil)

Die Vorbereitung auf ein Finale, insbesondere auf ein Ereignis wie ein EM-Finale, erfordert eine sorgfältige Balance aus mentaler Stärke, positiver Einstellung und sportpsychologischen Techniken. Hier sind 10 Strategien und Ansätze, die aus sportmental- und sportpsychologischer Sicht hilfreich sein können:

1. Positive Zielsetzung

Es ist wichtig, klare und positive Ziele zu setzen. Anstatt sich auf das Vermeiden von Fehlern zu konzentrieren, sollte der Fokus darauf liegen, was das Team erreichen will.  

2. Visualisierung

Spieler sollten ermutigt werden, positive Szenarien durchzugehen. Dies bedeutet, sich vorzustellen, wie sie erfolgreich spielen, Tore schießen, gute Pässe machen und starke Verteidigungsaktionen durchführen. Dies kann helfen, Vertrauen zu stärken und Angst zu reduzieren.

3. Fokus auf Stärken

Es ist entscheidend, die Stärken jedes einzelnen Spielers und des Teams als Ganzes zu betonen. Dies schafft ein Gefühl der Sicherheit und des Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten.

4. Umgang mit Druck

Durch Training unter simuliertem Druck können Spieler lernen, wie sie unter Stress ruhig und konzentriert bleiben. Szenarien wie Elfmeterschießen oder Rückstände können im Training nachgestellt werden.

 5. Entspannungstechniken

Atemtechniken und progressive Muskelentspannung können helfen, Nervosität und Angst zu reduzieren. Spieler sollten in der Lage sein, sich zu entspannen und ihren Fokus zurückzugewinnen.

 6. Teamdynamik

Ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit kann das Vertrauen und die Moral des Teams stärken. Über einen längeren Zeitraum entwickelte Team-Building-Aktivitäten und eine etablierte offene Kommunikation sind entscheidend.

 7. Positive Selbstgespräche

Spieler sollten ermutigt werden, positive und motivierende Selbstgespräche zu führen. Dies hilft, negative Gedankenmuster zu durchbrechen und eine positive Einstellung zu bewahren.

 8. Realistische Erwartungen

Es ist wichtig, dass Spieler und Trainer realistische Erwartungen haben. Sie sollten wissen, dass sie ihr Bestes geben, aber auch, dass das Ergebnis nicht immer vollständig in ihrer Kontrolle liegt.

 9. Unterstützungssystem

Der Zugang zu einem Sportpsychologen oder Mentaltrainer kann besonders in der Vorbereitungsphase nützlich sein. Dieser kann individuelle Strategien entwickeln und Unterstützung bieten.

10. Freude und Leidenschaft

Der Spaß und die Freude am Spiel sollten im Vordergrund stehen. Spieler sollten sich daran erinnern, warum sie den Sport lieben und welche positiven Emotionen sie damit verbinden.

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Tipps für das Elfmeterschießen

Nach wie vielen Schützen kann ein Elfmeterschießen im Fußball zum frühesten Zeitpunkt enden? Diese Frage hat Potential für jedes sportlich angehauchte Kneipenquiz. Die Antwort lautet sechs. Natürlich. So erlebt, im ersten Elfmeterschießen der Fußball-Europameisterschaft 2024 zwischen Portugal und Slowenien. Drei slowenische Fehlschüsse und drei Treffer der Portugiesen reichten aus, um die Entscheidung nach dem Ende der Verlängerung herbeizuführen. Was machten die Slowenen falsch oder der portugiesische Torwart Diogo Costa richtig? Oder besser gefragt: Welche Tipps habt ihr für Schützen und für Keeper in einem Elfmeterschießen? Welche Tricks und Kniffe lassen sich anwenden, auch außerhalb von EM-Ko-Spielen?

Zum Thema: Tipps für Schützen und Torhüter vor einem Elfmeterschießen

Sebastian Ayernschmalz
Sebastian Ayernschmalz, Die Sportpsychologen

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Beide Torhüter hatten im Spiel ihre Unüberwindbarkeit unter Beweis gestellt. Ob Sakas alleine auf das Tor zulief oder CR7 mit seinem Fehlschuss entmystifiziert wurde, beide Torhüter glänzten. Dabei war für mich die Reaktion von Cristiano Ronaldo herausragend. Kurzzeitig in Tränen aufgelöst, stand er als erster Schütze bereit. Wenn man den Zahlen glauben kann (60% der Mannschaften, die zuerst schießen, gewinnen – siehe Link des DFB), war er der wichtigste Schütze. Eventuell war sich Ronaldo dessen auch bewusst und wusste, dass er als Teamkapitän hier mit gutem Beispiel vorangehen musste. Eine solche Situation kann man nur mit enormem Selbstbewusstsein meistern. 

Im Nachhinein drei Elfmeter in Folge zu halten, muss der Höhepunkt der Karriere sein. Ein Moment, in dem der Stempel “Elfmeterkiller” verewigt wird. Wenn man bedenkt, dass normalerweise 75% der Elfmeter verwandelt werden, kann man als Torhüter in dieser Situation nur gewinnen. Jeder gehaltene Schuss ist ein Erfolg für den Torhüter. Die entsprechende Gelassenheit und der Gedanke “ich kann nur gewinnen” scheinen dabei wichtige Erfolgsfaktoren zu sein. 

Für mich war es auch spannend, die Vorbereitung der Torhüter zu beobachten. Während auf slowenischer Seite der Schiedsrichter mehrmals eingreifen musste, um die Torhüter auf der Linie zu halten, war dies bei Diogo Costa nicht notwendig. Er wirkte fokussiert, lebendig im Moment und schien die Umstände mit vielen Zuschauern, dem möglichen Einzug ins Viertelfinale und starken Konkurrenten auszublenden. Seine Paraden wirkten, als wüsste er genau, wohin der Ball fliegen würde. 

Fokussierung auf den Moment, Vertrauen in die eigenen Stärken und das Bewusstsein, dass man als Torhüter nur gewinnen kann, können dabei helfen, diese besondere Situation zu meistern. Der Doktorarbeit von Dr. Georg Froese folgend, die der DFB als Basis der Daten genannt hat, können hektische Bewegungen der Arme ebenso einen Einfluss auf die Treffsicherheit haben. Dabei gilt aber auch zu berücksichtigen, wie individuell Törhüter:Innen sein können und wie sie doch ihre körperliche und innere Balance finden können.

Arthur Wachter, Die Sportpsychologen

Arthur Wachter (zur Profilseite)

Tipps für Schützen:

1. Fokus und Routine

   – Entwickelt eine feste Routine vor dem Schuss. Dies hilft, den Fokus zu behalten.

   – Konzentriert euch auf den Prozess (wie das Anlaufen und den Kontakt mit dem Ball) und nicht auf das Ergebnis (Tor oder Fehlschuss).

2. Visualisierung

   – Stellt euch den erfolgreichen Schuss vor. Visualisiert, wie der Ball ins Netz geht, um positive Gedanken zu fördern.

3. Selbstvertrauen

   – Glaubt an eigene Fähigkeiten. Selbstzweifel können die Leistung negativ beeinflussen.

   – Erinnert euch an erfolgreiche Schüsse in der Vergangenheit.

Tipps für Torhüter:

1. Studium der Schützen

   – Analysiert mögliche Schützen vor dem Spiel. Beschäftigt euch mit dem Schussverhalten der möglichen Schützen. Manche Spieler haben bevorzugte Ecken oder Schusstechniken.

2. Psychotricks

   – Versucht, den Schützen durch kleine Bewegungen oder Blickkontakt zu verunsichern.

   – Zeigt Vertrauen und Präsenz im Tor. Eine selbstbewusste Körpersprache kann den Schützen zusätzlich unter Druck setzen.

3. Geduld

   –  So lange wie möglich warten, bevor man sich für eine Ecke entscheidet. Einige Schützen schauen bis zuletzt, wohin der Torwart sich bewegt.

Janosch Daul, Die Sportpsychologen
Janosch Daul, Die Sportpsychologen

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Die Art und Weise, wie Cristiano Ronaldo nach seinem Elfmeterfehlschuss in der Verlängerung, im Elfmeterschießen agierte, hat mich beeindruckt. Mit einem offenbar unerschütterlichen Glauben an sich selbst hat er sich als erster Portugiese den Ball geschnappt und mit seinem Treffer den Grundstein für den Erfolg seines Teams gelegt. In seiner Rolle als Führungsspieler hat er damit wichtige Signale an seine Mitspieler gesetzt: “Er, unser Leader, hat sein Herz in die Hand genommen und geliefert!, Er, unser Leader, hat Mut bewiesen! Er, unser Leader, hat Verantwortung übernommen! Er, unser Leader, hat gezeigt, was es heißt, nach Rückschlägen zurückzukommen!”

Damit war er ein Vorbild für die nachfolgenden Schützen. Begünstigend kam die Tatsache hinzu, dass der Druck auf die portugiesischen Schützen mit jedem slowenischen Fehlschuss geringer wurde, da die unmittelbare Konsequenz eines möglichen Fehlschlusses weniger dramatisch gewesen wäre: Denn auch mit einem eigenen Fehlschuss hätten die Portugiesen noch jede Siegchance gehabt. 

Ganz anders die Situation bei den Slowenen: Nach dem ersten Fehlschuss durch Ilicic MUSSTE jeder nachfolgende Schütze im Prinzip zwingend treffen, um die Slowenen realistisch im Rennen zu halten. Viel mehr Druck geht im Prinzip gar nicht. Als Außenstehender hatte ich zudem den Eindruck, dass die absolute Überzeugung zu treffen, auf Seiten der Slowenen nach Ilicic´ Fehlschluss nicht mehr gegeben war. Den eigenen Leader “scheitern” zu sehen, hilft natürlich auch nicht beim Aufbau der nötigen Kompetenzerwartung vor dem eigenen Schuss. 

Zum Elfmeterschießen lässt sich prinzipiell sagen, dass es im Training bereits geübt werden sollte. Drucksituationen wie diese lassen sich zwar nicht 1:1, aber doch in hohem Maße simulieren. Schützen können sich zudem gezielt durch Mentales Training vorbereiten, indem sie sich vorstellen, wie sie ganz konkret in der Anforderungssituation den Elfmeter verwandeln. Die entsprechenden Vorstellungsbilder sollten also an die vor Ort gegebenen Rahmenbedingungen (Zuschauer, Stadion etc.) angepasst werden. Zudem muss natürlich die so wichtige Fähigkeit trainiert werden, gerade unter Druck so handlungsfokussiert wie möglich denken und handeln zu können und dabei handlungsirrelevante Alternativreize wie z.B. Zuschauer vollständig auszublenden.

Auf Torhüterseite erachte ich es bei aller akribischen Vorbereitung auf die Schützen aber auch für wichtig, im entscheidenden Moment seiner Intuition zu vertrauen. 

Robin Köhler
Robin Köhler, Die Sportpsychologen

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Wie Janosch bereits sehr treffend formuliert hat, war Ronaldos Umgang mit seinem Fehlschuss sportpsychologisch sehr beeindruckend. Auf einen tränenreichen emotionalen Ausbruch mit solch einer selbstbewussten Art zu reagieren und den ersten Elfmeter für Portugal zu nehmen, zeugt von einem positiven Umgang mit Fehlern und einem unerschütterlichen Selbstbewusstsein. Sich als Schütze bewusst zu machen, welche Fähigkeiten man hat und wie viele Elfmeter man im Training und anderen spielentscheidenden Situationen bereits erfolgreich verwandelt hat, kann dabei helfen, auch in akuten Drucksituationen voll da zu sein. Direkt vor dem Elfmeter kann zudem ein positiver Self-Talk mit eigens gesetzten Cues oder einem aufmunternden Satz dabei helfen, das eigene Selbstbewusstsein zu fördern.

Im Elfmeterschießen geht es zudem immer um das ganz eigene Duell zwischen Schützen und Torwart. Hier würde ich gerne auch Diogo Costa hervorheben. Er hat nicht nur das Aus der Portugiesen in der Nachspielzeit verhindert, sondern zusätzlich alle auf sein Tor geschossenen Elfmeter gehalten. Zu beobachten war, dass Costa ganz bei sich geblieben ist (während Jan Oblak vor dem ersten Elfmeter versucht hat, Cristiano Ronaldo durch ein sehr nahes Auflaufen bei der Vorbereitung zu verunsichern). Dies vermittelt von einer hohen körperlichen Präsenz und hilft dabei den Eindruck entstehen zu lassen, dass er ganz genau weiß, was passiert und er die Situation unter Kontrolle hat. Er ließ sich nicht von den slowenischen Schützen verunsichern, ganz egal, wie lange sie für ihre Vorbereitung gebraucht haben. Diese Aura des Unüberwindbaren in Kombination des immer größer werdenden Drucks für die Slowenen ließ ihn intuitiv und wahrscheinlich auch mit Hilfe eines ausgiebigen Videostudiums die richtigen Ecken erahnen. Kontrolle sowie eine positiv bestärkende Ausstrahlung können Torhütern somit helfen, bei Elfmetern das direkte Duell gegen die Feldspieler zu gewinnen.

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Umgang mit Fehlern

Sieben Eigentore gab es allein in der Vorrunde der Fußball-Europameisterschaft. Rekord! Manchmal sind es unglückliche Verkettungen, immer wieder sind es aber auch kapitale individuelle Fehler, die bislang zu den Treffern ins eigene Netz führen. Die Frage ist aber: Welche Strategien gibt es, um nach einem solchen Fauxpas die Krone zu richten, um möglichst frei und unbelastet weiterzuspielen?

Zum Thema: Hinweise und Tipps zum Umgang mit individuellen Fehlern

Kathrin Seufert, Die Sportpsychologen

Kathrin Seufert (zur Profilseite)

Fehler gehören dazu. Ein Satz, den sicherlich jede/r schon mal gehört hat. In dem jeweiligen Moment ist für die Beteiligten aber meist keine hilfreiche Antwort. Und dennoch ist da sehr viel Wichtiges dahinter verborgen.

Fehler helfen uns dabei zu lernen. Ohne Fehler würden wir uns auch nicht weiterentwickeln und würden unser Repertoire nicht erweitern können. Doch möchte man diese Fehler ja bestenfalls im Training machen und nicht bei wichtigen Wettkämpfen oder gar bei einer Europameisterschaft.

Daher bedarf es in diesen Situationen einer schnellen, gedanklichen Einordnung. Viel Zeit sich darüber zu ärgern oder zu grübeln ist nicht vorhanden, da die gesamten Ressourcen für die neue Spielsituation benötigt werden.

Es gibt (sicherlich auch sehr typabhängig) viele unterschiedliche Herangehensweisen für diese Situation.

Eine Option wäre, mit sich zu vereinbaren, den Fehler im Nachgang in Ruhe zu analysieren und jetzt aber erstmal zur Seite zu legen. Hier wird darauf gesetzt, es nicht zu vergessen, sondern in einem geeigneteren Moment zu bearbeiten als mitten im Spiel beispielsweise.

Eine weitere Möglichkeit ist, sich kurz mit besonders herausragenden Szenen auseinanderzusetzen. Hier ist die Idee, dass die Gewichtung des Fehlers nicht zu groß werden zu lassen. Häufig ist die Gewichtung der Fehler im Vergleich zu den gelungenen Aktionen aus dem Gleichgewicht geraten.

Natürlich gibt es noch sehr viel mehr Techniken, die einen dabei unterstützen können, mit Fehlern umzugehen. Aus meiner Sicht ist aber zunächst darauf zu schauen, welche Auswirkung es bei der Person hat und daraus abzuleiten, welche Unterstützung für sie/ihn am besten wäre.

Janosch Daul, Die Sportpsychologen

Janosch Daul (zur Profilseite)

Im Spiel ist wenig Raum für eine ausgiebige Fehleranalyse. Schließlich stellt es permanent neue Anforderungen an den Spieler, die es zu bewältigen gilt. Stattdessen geht es im Spiel nach einem individuellen Misserfolg darum, so mit diesem umzugehen, dass der Spieler schnellstmöglich wieder Handlungs- und Leistungsfähigkeit zurückerlangt. Dafür braucht es eine hohe Achtsamkeit im Wahrnehmen eigener Gefühle (“Da ist Ärger.”) und Gedanken (“Das Ding geht auf mein Kappe.”) Wenn es dem Spieler gelingt, sich auf diese Weise achtsam zu spüren, kann er sich nun in die von ihm gewünschte Richtung ausrichten. 

Hilfreich hierbei sind Strategien, die vorher im Trainingsprozess eingeübt werden müssen. Beispielsweise die Kombination aus einem Selbstgespräch (z.B. “Ich glaube an mich!”) und einem körperlichen Anker (z.B. ein Fingerschnipsen). Während ich durch die Art und Weise, wie ich mit mir selbst spreche, auf mein Selbstvertrauen, meine Konzentration und letztlich mein Verhalten Einfluss nehmen kann, ermöglicht mir der Anker ein gezieltes Abschließen mit dem Misserfolgsmoment auf der Körperebene und ein Neu-Ausrichten auf die anstehende Situation im Hier und Jetzt. Diese Technik hilft dem Spieler in der Verarbeitung des Misserfolgs und in der Entwicklung eines Handlungsfokus.

Letztlich muss jeder Spieler aber für sich individuell prüfen, welche Strategie ihm im Anschluss an Misserfolgsmomente nützlich ist.

Wolfgang Seidl, Die Sportpsychologen
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Im Umgang mit Fehlern sollten sich Fußballer schon vorab Strategien zurechtlegen und können hier viel von Piloten lernen. Piloten bereiten sich im Simulator regelmäßig und akribisch auf schwierige Situationen vor, um für den Ernstfall gerüstet zu sein. Zum Beispiel lernen sie, wie sie beim Start mit einem Triebwerkausfall umgehen müssen und wissen nach dem Training, welche Knöpfe sie drücken und welche Anweisungen sie sich geben sollten. Ähnlich ist es bei Fußballern am Spielfeld. Nur wer sich im Vorfeld auf die schwierigsten Herausforderungen vorbereitet hat, schafft es auch, Fehler schnell abzuschließen und seinen Fokus wieder auf seine Aufgaben zu lenken. Dazu gibt es unterschiedliche mentale Methoden, die auf den jeweiligen Spieler abgestimmt werden sollten. Ich vertraue hier speziell auf vorab definierte Handlungsanweisungen. D.h. Spieler erarbeiten sich kurze und prägnante Selbstanweisungen, wie z.B. ein Schlüsselwort „Fokus“, um nur eines zu nennen. Durch diese innere Anweisung mittels Schlüsselworts, gelingt es ihnen dann schnell wieder, sich auf ihr Spiel zu konzentrieren. Natürlich muss das über einen längeren Zeitraum trainiert werden. Ähnlich, wie es auch der Pilot im Simulator macht.

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Teamgeist – Entweder da oder eben nicht?

Im EM-Podcast “Zeigler und Köster” gab Werder Bremen-Stadionsprecher und ARD-Journalist Arnd Zeigler zum Besten, dass es nicht möglich sei, Teamgeist und Zusammenhalt zu erzwingen. So etwas wie Teamgeist ließe sich nicht verordnen. “Er ist da oder eben nicht.” (Folge vom 21. Juni, bei 7:45 Minuten, Link zur Podcast-Seite)

Zum Thema: Teamgeist entwickeln

Im Netzwerk Die Sportpsychologen hat diese Äußerung für Aufsehen gesorgt. Zeigt es doch einmal mehr, wie wenig Wissen zu sportpsychologischen Themen im Profi-Fußball vorhanden ist. Klar, Zeigler und Köster sind keine Trainer oder Sportdirektoren. Aber zumindest sind sie lang gediente und erfahrene Journalisten vom Fach. Arnd Zeigler ist als Stadionsprecher und großer Werder Bremen-Fan zudem hautnah dran am Alltag des Bundesliga-Teams. Also wäre es falsch und zu einfach, ihnen nur Unkenntnis vorzuwerfen. Wir nehmen ihre Podcast-Aussage als Notruf in der Paw Patrol Zentrale wahr und strömen aus. In den Rollen von Rubble, Sky, Rocky, Zuma und Marshall: Prof. Dr. Oliver Stoll (zur Profilseite), Yvonne Dathe (zur Profilseite), Anke Precht (zur Profilseite), Klaus-Dieter Lübke Naberhaus (zur Profilseite), Dr. Jan Rauch (zur Profilseite) und Dunja Lang (zur Profilseite).

Prof. Dr. Oliver Stoll, Die Sportpsychologen

Prof. Dr. Oliver Stoll (zur Profilseite)

Als Erster reagierte Prof. Dr. Oliver Stoll auf den inhaltlichen Notruf. Er fasst sein Statement in einem Audio-File zusammen. Hörbar erzürnt über das, was Arnd Zeigler ins Podcast-Mikrofon sprach:

Yvonne Dathe, Die Sportpsychologen
Yvonne Dathe, Die Sportpsychologen

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“Verordnet” werden kann ein Teamgeist natürlich nicht, doch es gibt einige Punkte, die förderlich für den Teamgeist sind. Hier einige Anregungen, die in Nationalteams genauso angewandt werden können wie in Club-Mannschaften und Sportredaktionen:

Gemeinsame Ziele setzen: Ein gemeinsam erarbeitetes Ziel, welches motivierend ist und hinter dem das ganze Team steht, gibt Orientierung und schweißt zusammen.

Offene Kommunikation: Eine offene und transparente Kommunikation fördert das Vertrauen innerhalb des Teams. Regelmäßige Meetings und Feedback-Runden sind hierbei hilfreich.

Anerkennung und Wertschätzung: Anerkennung für gute Leistungen und das Ausdrücken von Wertschätzung motivieren die Teammitglieder und zeigen ihnen, dass ihre Leistung geschätzt wird.

Verantwortung teilen: Indem Aufgaben und Verantwortung fair verteilt werden, fühlen sich alle Mitglieder gleichwertig und wichtig.

Unterstützung und Hilfestellung: Ein unterstützendes Umfeld, in dem Teammitglieder sich gegenseitig helfen und unterstützen, schafft Vertrauen und stärkt den Zusammenhalt.

Positives Miteinander: Ein positiver Austausch unter den Mitgliedern trägt wesentlich zum Wohlbefinden der Teammitglieder bei und fördert die Zusammenarbeit.

Auch, wenn der Teamgeist nicht “verordnet” werden kann, können Ziele, eine offene Kommunikation, Anerkennung, Wertschätzung, Unterstützung und vor allem ein positives Miteinander dazu beitragen, den Teamgeist zu fördern.

Anke Precht, Die Sportpsychologen
Anke Precht, Die Sportpsychologen

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Es gibt Teams, die schaffen es, gemeinsam scheinbar Unmögliches zu schaffen und viel mehr zu leisten, als andere Teams mit vergleichbar starken SpielerInnen. Nennen wir es die Macht der Magie.

Die Basics, die Yvonne beschreibt, müssen definitiv gegeben sein – sonst performt ein Team sogar ausgesprochen schlecht, und man reibt sich erstaunt die Augen darüber, dass begnadete Spieler einen Fehlpass nach dem anderen produzieren oder den Ball einfach nicht nach vorn kriegen.

Kommunikation, Transparenz, geteilte Verantwortung, Ehrlichkeit und gegenseitige Unterstützung schaffen persönliche Sicherheit. Anders gesagt: Alle im Team wissen, dass man fair mit ihnen umgeht, dass sie gehört werden, dass sie, platt gesagt, nicht verarscht werden.

Diese Sicherheit ist der erste von drei Faktoren, die Hochleistungsteams ausmachen, die scheinbar organisch gemeinsam funktionieren, ohne Absprachen. Wir erleben das im Sport, in der Musik, auch in Unternehmen oder bei der Bundeswehr. Jeder weiß, dass er sich auf den anderen wirklich verlassen kann, fachlich, aber vor allem auch persönlich. Das zu schaffen, ist Arbeit, es braucht Zeit und Prozesse.

Der zweite Faktor heißt Verletzlichkeit. Das Zeigen der eigenen Grenzen, das Benennen von Zweifeln oder Sorgen. Damit ist kein Gejammer gemeint. Aber eine Ehrlichkeit, in der sich keiner verstellen und so tun muss, als sei er immer stark und zuversichtlich und gut drauf, sondern authentisch und präsent. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass jedes Teammitglied um Hilfe bittet. Sei es, um ein paar Socken ausgeliehen zu bekommen. Oder wenn jemand einfach mal noch eine halbe Stunde mit dem Teamkameraden quatschen möchte, weil es zuhause gerade nicht gut läuft. Das ist nicht immer leicht, weil wir ja häufig gerade im Hochleistungsbereich gesagt bekommen, dass alle immer stark sein müssen. Aber genau das verstärkt die Bindung zwischen den Teammitgliedern. Zum Team gehören natürlich dabei nicht nur die Spieler, sondern das gesamte Staff und im Idealfall auch die Funktionäre drumherum.

Drittens braucht das Team eine gemeinsame Mission, für die es brennt. Ein Ziel reicht nicht – es muss emotional angereichert sein, es muss einen Zweck erfüllen, es muss Werte spiegeln, die alle teilen können. Diese Mission muss aus dem Team kommen, sie muss gemeinsam entwickelt werden.

Alle anderen Ziele oder gar Missionen (zum Beispiel solche, die aus dem Verband kommen oder aus der PR-Abteilung), sind dabei eher kontraproduktiv. Zusammengefasst sind es also drei große Faktoren:

  • Menschliche Sicherheit
  • Verletzlichkeit
  • Eine Mission

Gelingt das, ist der Teamgeist da. Ganz automatisch. Und das kann man “machen” – indem man sich um Maßnahmen kümmert, die genau dazu führen. Wenn jemand den Blick darauf hat, sich intensiv um das Team und jeden einzelnen Spieler zu kümmern. Klar – das macht Arbeit. Aber wenn es um Welt- oder in unseren Fall die Europaspitze geht, finde ich jeden Aufwand angemessen.

Klaus-Dieter Lübke Naberhaus, Die Sportpsychologen
Klaus-Dieter Lübke Naberhaus, Die Sportpsychologen

Klaus-Dieter Lübke Naberhaus (zur Profilseite)

Zuerst kann ich nur unterstützen, was meine wertgeschätzten KollegInnen hierzu geschrieben und gesagt haben. Als ich Arnd Zeigler reden hörte, dachte ich jedoch zuerst an den “heiligen Geist”, der entweder über ein Team kommt oder nicht. Dies hat etwas Spirituelles. Aber warum auch nicht: Anke spricht zurecht von etwas Magischem.

Und obwohl alle diese eher kognitiven Punkte relevant sind, die Yvonne und Anke angesprochen haben, scheint es da noch etwas anderes zu geben. Was könnte das sein?

Vielleicht kommt dem am nächsten, wenn Csikszentmihalyi vom Flow spricht, ein Flow, der ein ganzes Team ergreift, wenn ein Team sich in einen Rausch spielt.

Und hier sind es nicht mehr unbedingt die kognitiven Fähigkeiten, die vorrangig eine Rolle spielen, die jedoch die Grundlage für diesen besonderen “Teamgeist”, diesen gemeinsamen Flow und Rauschzustand ermöglichen.

Es wird aus dem Bauch heraus gespielt, alle Abläufe, die hunderte Male einstudiert wurden, funktionieren wie von magischer Hand gelenkt.

Im anderen Zusammenhang sprechen wir von Intuition, die es vielleicht auch kollektiv gibt, oder auch vom Wissen des Unterbewussten.

Und vielleicht lassen wir das Ganze auch dort, im Bereich des “Magischen”, vielleicht macht es auch gerade den Reiz aus, dass wir manche Dinge nicht bis in das Detail hinein erklären können, jedoch wissen, was eher förderlich und eher hinderlich zur Erzeugung des “Teamgeistes” sein kann. Vielleicht ist jedoch die letzte Zutat ein Geheimnis eines jeden Teams, so wie die Zutaten des Zaubertrank von Miraculix ebenfalls erst in ihrer besonderen Kombination ihre Wirkung entfalten und die letzte Zutat das Geheimnis des Zauberers ist.

Jedoch möchte ich zwei aus meiner Sicht sehr förderliche Elemente herausstellen.

  1. mutige Übernahme der Verantwortung durch jeden einzelnen Spieler im Rahmen einer selbstorganisierenden Teambildung einhergehend mit einer
  1. klaren Rollenzuordnung, die sich jedoch dynamisch angepasst an die (Spiel-)Situationen entwickelt.
Dr. Jan Rauch, Die Sportpsychologen

Dr. Jan Rauch (zur Profilseite)

Grundsätzlich kann Teamgeist über zwei Ansätze erreicht werden: durch die Arbeit mit dem Team selbst und durch die Arbeit mit den einzelnen Teammitgliedern.

Arbeit mit dem Team selbst:

  • Gemeinsame Ziele setzen: Klare und gemeinsame Ziele schaffen eine Richtung und Motivation für das gesamte Team. Diese Ziele sollten sich im Optimalfall in individuellen Zielen der Teammitglieder widerspiegeln bzw. diese inkludieren.
  • Konfliktmanagement und Kommunikation fördern: Ein proaktiver Umgang mit Konflikten sorgt dafür, dass diese schnell gelöst werden oder nicht aufkommen. Offene und ehrliche Kommunikation hilft dabei, Missverständnisse zu vermeiden und das Vertrauen zu stärken. Dies wirkt sich i.d.R. sehr positiv auf Teamgeist aus, da in der emotionalen Auseinandersetzung mit anderen oft feine Nuancen in Verhalten und Persönlichkeit gezeigt werden, die den anderen nicht bekannt waren. Diese “neuen” Informationen über Teammitglieder können für den Teamerfolg entscheidend sein, sofern sie klug gesteuert und genutzt werden (z.B. durch Trainer:innen).
  • Rollen und Verantwortlichkeiten klären: Jeder im Team sollte seine Rolle und Verantwortlichkeiten kennen, um effektiv zusammenarbeiten zu können.
  • Teambuildingmassnahmen können sehr effektiv sein, sofern einige Regeln befolgt werden (siehe weiter unten).

Arbeit mit den einzelnen Teammitgliedern:

Massnahmen zur individuellen Arbeit mit und an einzelnen Teammitgliedern bedingen sich teilweise gegenseitig bzw. machen vor allem dann Sinn, wenn sie kombiniert genutzt werden.

  • Individuelle Stärken fördern: Jedes Teammitglied hat spezifische Stärken, die erkannt und gefördert werden sollten. Diese Stärken müssen den anderen Teammitgliedern bekannt sein, damit sie bespielt werden können. Das ist auch der Grund, weshalb Teambuildingmassnahmen (siehe oben) tatsächlich effektiv sein können: Sie helfen, die Teammitglieder in Feinheiten besser kennenzulernen, die in anderen Kontexten nicht auftreten. Werden diese Informationen gebündelt und bewusst in die Zusammenarbeit eingebunden, trägt dies wiederum dazu bei, dass individuelle Stärken gefördert und genutzt werden können.
  • Feedback und Anerkennung: Regelmässiges Feedback und Anerkennung für die Leistungen motiviert die Einzelnen und trägt zum Gesamterfolg bei.
  • Entwicklungsmöglichkeiten bieten: Den einzelnen Teammitgliedern müssen Entwicklungsmöglichkeiten klar sein bzw. aufgezeigt werden können – im Optimalfall sind Teammassnahmen so ausgelegt, dass sie Entwicklungsziele der einzelnen Teammitglieder unterstützen.
Dunja Lang, Die Sportpsychologen

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Teamgeist im Fußball: Maßnahmen und Methoden für kurzfristigen und langfristigen Erfolg am Beispiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft

Der Teamgeist im Fußball ist entscheidend für den Erfolg einer Mannschaft. Das Modell der Salutogenese von Aaron Antonovsky bietet dabei ergänzend zu den Beiträgen der KollegInnen einen wertvollen Rahmen mit den drei Komponenten: Verstehbarkeit, Bewältigbarkeit und Sinnhaftigkeit.

**Verstehbarkeit:** Julian Nagelsmann zeigt durch klare Kommunikation, wer in der Startelf steht und wer Einwechselspieler ist. Vor dem Spiel Deutschland gegen die Schweiz am 23.6.2024 erklärte er offen seine Entscheidungen. Diese Transparenz stärkt das Vertrauen der Spieler und fördert ein klares Verständnis ihrer Rollen im Team.

**Bewältigbarkeit:** Klare Strukturen und Anpassungsfähigkeit sind entscheidend. Nagelsmann passte während des Spiels gegen die Schweiz die Taktik an, ohne die Rollen der Spieler zu verwirren. Trotz der taktischen Änderungen wusste jeder Spieler genau, was von ihm erwartet wurde. Diese Klarheit half den Spielern, ihre Aufgaben effektiv zu bewältigen.

**Sinnhaftigkeit:** Gemeinsame Ziele und Motivation fördern den Teamgeist. Nagelsmann betonte vor dem Spiel gegen die Schweiz die Wichtigkeit des Sieges und die Rolle jedes Einzelnen. Diese Betonung schuf ein starkes Wir-Gefühl und motivierte die Spieler, sich gegenseitig zu unterstützen und für das gemeinsame Ziel zu kämpfen.

**Selbstkritik und Reflexion:** Nach dem Spiel zeigten sich Nagelsmann und seine Spieler selbstkritisch. Sie erkannten an, dass nicht alles perfekt lief und es Verbesserungspotenzial gibt. Diese Fähigkeit zur Selbstreflexion hilft, die Stärken und Schwächen des Teams zu erkennen und gezielt daran zu arbeiten. Diese Offenheit fördert ein Klima des kontinuierlichen Lernens und Wachstums.

Julian Nagelsmanns Verhalten bei der EM veranschaulicht, wie das Modell der Salutogenese zur Stärkung des Teamgeists angewendet werden kann. Durch klare Kommunikation, flexible Taktiken und die Betonung gemeinsamer Ziele schafft er ein Umfeld, in dem jeder Spieler seine Rolle versteht und motiviert ist, sein Bestes zu geben. Ein starker Teamgeist ist der Schlüssel zu kurzfristigem und langfristigem Erfolg im Fußball. Die Fähigkeit zur Selbstkritik und Reflexion, wie sie Nagelsmann und seine Spieler nach dem Vorrundenspiel Deutschland gegen die Schweiz bei der EM 2024 demonstrierten, ist dabei ein entscheidender Faktor für kontinuierliches Wachstum und Verbesserung.

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Toni Kroos an der Eckfahne: Aberglaube, Ritual oder Automatismus?

In der Halbzeit des zweiten deutschen EM-Spiels gegen Ungarn zeigte Magenta TV Bilder von Toni Kroos. Der deutsche Superstar war zu sehen, wie er seine Eckbälle vorbereitete. Tief gebeugt richtete er einen Schienbeinschoner, dann die Stutzen und die Hose. Offenbar tat er dies in einer festen Reihenfolge.

Magenta TV-Reporter Sascha Bandermann identifizierte die Kroos`sche Handlungsfolge als Aberglaube. Und meinte, dass es immer gefährlich werde, wenn bei einer solchen Reihenfolge mal etwas durcheinandergeht. Dann komme nämlich Unsicherheit auf. 

Aber einen Schritt zurück: Ist die Angewohnheit von Toni Kroos vor Eckbällen nicht eher ein Ritual? Eine Routine? Oder gar ein Automatismus? Was sollten wir darüber wissen?

Zum Thema: Bedeutung von Ritualen im Sport

Anke Precht, Die Sportpsychologen
Anke Precht, Die Sportpsychologen

Antwort von Anke Precht (zum Profil):

Letztlich entscheidet nicht die regelmäßige Handlung darüber, ob das, was Toni Kroos vor seinen Eckbällen macht, ein Ritual oder ein Aberglaube ist, sondern seine Bewertung dessen, was er tut, und mögliche Konsequenzen. Bandermann müsste also in den Kopf des Mittelfeldspielers schauen können, um das zu beurteilen. Ich vermute, das hat er nicht gemacht.

Was macht den Unterschied aus? Ein Ritual ist eine bestimmte Abfolge von Bewegungen oder Handlungen, die auf eine bestimmte Aktion vorbereiten. Sie helfen dabei, einen optimalen Fokus zu erlangen, quasi in den “Tunnel” zu kommen. Sie finden in einer ganz bestimmten Situation statt und immer auf die gleiche Weise und helfen, etwas Positives zu gestalten, die Konzentration zu bündeln, Gedanken auszuschalten und so weiter.

Ein Aberglaube basiert auf der Überzeugung, dass man etwas Bestimmtes tun muss oder auf keinen Fall tun darf, damit man Glück oder kein Pech hat. Das könnte zum Beispiel zu solchen Gedanken führen: “Wenn sich mein Schienbeinschoner nicht gut richten lässt, geht der Eckball ins Aus.” Oder: “Wenn ich Gündogan von rechts vorne vor die Füße laufen, führt der nächste Eckball zum Tor.”

Ich denke nicht, dass Kroos so unterwegs ist. Dafür spielt er viel zu gut und zu konstant. Er hat vermutlich gelernt, die Macht positiver Rituale für sich zu nutzen. Ob das inzwischen zum Automatismus geworden ist oder bewusst abgerufen wird, spielt am Ende keine Rolle mehr.

Klaus-Dieter Lübke Naberhaus, Die Sportpsychologen
Klaus-Dieter Lübke Naberhaus, Die Sportpsychologen

Antwort von Klaus-Dieter Lübke Naberhaus (zum Profil):

Da kann ich die Kollegin Anke Precht nur noch mal unterstützen. Rituale sollten der Fokussierung, Konzentration und Automatisierung von Bewegungsabläufen dienen. Und damit gehören sie zum mentalen Handwerkszeug und Baukasten von Sportlern, aus denen sich der eine mehr und der andere weniger bedient. Oftmals sind sie verbunden mit einer Imagination der Bewegungsausführung oder einer Auswahl zwischen verschiedenen taktischen Auswahlmöglichkeiten.

Sind diese Rituale jedoch mit Glaubenssätzen verbunden, so dass sie bei Nichteinhaltung zur nicht gelingenden Handlung, zum Mißerfolg führen, dann werden sie dysfunktional, also beeinträchtigen die Leistungsfähigkeit des Sportlers.

Das kann sich dann bei bestimmten Menschen bis hin zu Zwangsstörungen steigern, bei denen solche Rituale dann auch als quälend empfunden werden. Zwangsstörungen liegen dann vor, wenn solche Rituale (Zählen, Händewaschen, Wiederholung von Bewegungen) durchgeführt werden müssen (Zwang), weil ansonsten Gefahren drohen, sich katastrophale Dinge ereignen oder Misserfolg droht. Bei Nichtdurchführung dieser Rituale kommt es dann zum Aufbau einer inneren Spannung.

Wir sehen also, Rituale können hochgradig funktional sein, jedoch auch in die Dysfunktionalität kippen. Somit gehört auch der Umgang mit Ritualen und Glaubenssätzen zum Training eines Leistungssportlers.

Danijela Bradfisch, Die Sportpsychologen
Danijela Bradfisch, Die Sportpsychologen

Antwort von Danijela Bradfisch (zum Profil):

Antwort zum Hören:

Ich unterstütze meine beiden Kollegen und möchte gerne aber noch ein weiteres Wort hinzufügen – Routinen.

Eine Routine ist eine regelmäßige Handlung oder Aktivität, die oft unbewusst oder automatisch ausgeführt wird, wie z.B. das tägliche Zähneputzen oder von mir aus das Hochziehen von Socken. Es hilft den Fokus zu setzen, auf das, was als Nächstes ansteht, z.B. eine Ecke. Als Rituale hingegen sind spezielle Handlungen oder Abläufe zu verstehen, die bewusst und mit Bedacht durchgeführt werden. Oft, um eine bestimmte Bedeutung oder Symbolik zu verleihen, wie zum Beispiel das gemeinsame Abendessen im Anschluss mit dem Team oder das morgendliche Joggen nach dem Spiel. Kurz gesagt, Routinen sind wiederkehrende Gewohnheiten, während Rituale eine tiefere emotionale oder spirituelle Bedeutung haben können.

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Anke Precht: Wie geht das mit dem Tunnel?

Wenn Sportler eine optimale Leistung gebracht haben, erzählen sie hinterher häufig, dass sie im Tunnel waren. Andere sagen, vor ihren Rennen oder im Wettkampf: ich muss heute in den Tunnel finden. Was aber ist mit diesem Tunnel gemeint?

Zum Thema: Flow-Zustände im Sport

Was Sportler als Tunnel erleben, ist ein Flow- Zustand. Sie befinden sich dabei in einem leichten Trancezustand, in dem sie nicht nur von der Umgebung und allen Gedanken abgeschottet sind, sondern sich vollständig verbunden fühlen, mit ihrer Aufgabe, mit sich selbst, und sich überhaupt keine Gedanken mehr darüber machen, ob die Leistung stimmt, ob sie gut genug sind, was sie eventuell verändern müssen, und so weiter. Sie verschmelzen mit dem, was sie tun, und alles scheint wie von alleine zu gehen.

Diese ganz besonderen Zustände werden nicht gemacht. Sie entstehen. Das heißt, sie sind mit dem bewussten Verstand nicht steuerbar. Das macht sie so begehrenswert – und für viele auch so schwer zu erreichen.

Flow-Zustände abrufbar machen

Was kann die Sportpsychologie tun, um Flow-Zustände abrufbar zu machen? 

  • Zuerst einmal muss sie diese Zustände identifizieren. Soll heißen: genau zuhören, wenn Sportler und Sportlerinnen von einer Top-Performance sprechen. Abfragen: Waren die Kriterien für einen solchen Flow in diesem Zustand gegeben? Das sind zum Beispiel: die Zeitverzerrung, also ein Zeitgefühl, das sich von der Zeit auf der Uhr deutlich unterscheidet. Ein besonderes Gefühl für die eigene Energie. Ein Fokus, der nicht mehr zwischen innen und außen unterscheidet, sondern sich in beidem gleichzeitig befindet. Vielleicht eine ganz konkrete Situation, die wie von selbst im Hintergrund abläuft. Vielleicht eine bestimmte und faktische Wahrnehmung.
  • Im zweiten Schritt werden diese Wahrnehmungen im Flow-Zustand inhaltlich spezifiziert und genau definiert, so dass sie eindeutig identifiziert werden können.
  • Im dritten Schritt können Sie mithilfe von Embodiment-Techniken bewusst im Körper installiert werden. Dann braucht es viel Training. 
  • Viertens werden konkrete Träger und Anker gesetzt, um nach und nach den Flow-Zustand bewusst aktivieren zu können.
  • Zum Schluss wird der gesamte Prozess so eingeschmolzen, dass er vor einem Rennen oder einem Wettkampf in Sekunden schneller aktiviert werden kann.

Natürlich ist das ein Prozess, der nach und nach verfeinert wird und in der Regel einige Monate in Anspruch nimmt. Es geht also nicht von heute auf morgen. Zu bedenken geben will ich auch, dass bestehende Flow-Zustände immer noch verbessert und verfeinert werden können, wenn das notwendig ist.

Die Dont´s

So viel zu den Do“s. Es gibt auch ein paar Dont“s. Die haben einerseits mit der Athletin oder dem Athleten zu tun, zweitens mit der Umgebung. Kommen wir zuerst zum Athleten oder der Athleten:

Bewusstes Nachdenken oder Grübeln. Vor einem Wettkampf ist dies der Tod jedes Tunnels. Sobald der Kopf, der rationale Verstand, das lineare Denken übernimmt, kann ein Flow-Zustand nicht mehr existieren. Es gibt in diesem Fall kein sowohl als auch. Viel wichtiger, als vor einem Wettkampf noch einmal konkrete Spielzüge, taktische Überlegungen, konkrete Streckenverläufe, einen technischen Skill in den Fokus zu holen, ist es, ein Ritual zu finden, in dessen Rahmen es gelingt, die Umgebung soweit ausblenden, dass das hineinfinden in den Flow-Zustand und das Aktivieren der vorher definierten Anker- und Trigger-Punkte möglichst einfach gelingt. Ist die Sportpsychologin vor Ort, kann sie genau dabei unterstützen.

Flow-Vorbereitung

Zur Vorbereitung des Flow-Zustandes sollte eine Umgebung gefunden werden, die  dem Sportler oder der Sportlerin maximalen Frieden bietet. Das heißt, keine gut gemeinten Ermutigungen mehr, kein Anfeuern, kein “Du schaffst das“ oder etwas Ähnliches. In Umgebungen, in denen viele Störungen vorhanden sind, gilt es, den Sportler oder die Sportlerin optimal zu isolieren und vor Ablenkungen zu schützen. Wer sich unsicher ist, wie er sich in einer solchen Situation verhalten soll, spreche sich am besten ein paar Tage vorher mit dem Athleten oder der Athletin ab. Denn die wissen es wirklich am besten.

Wichtig: Flow ist ein Modethema. Leider wird im Umfeld des Sports wie wild mit der Begrifflichkeit um sich geworfen. Hier und da ist die Begriffsverwendung sachlich falsch, was vielleicht nicht schlimm ist, bei manchen Sportarten kann ein falsches Verständnis aber sogar gefährlich werden. Vertraut insofern gern auf uns. Auch wenn ihr schon einmal schlechte Erfahrungen am Markt gemacht habt. Aber dazu dann im 1:1 Gespräch mit einem meiner Kollegen oder Kolleginnen aus dem Netzwerk (zur Übersicht) oder mit mir (zum Profil von Anke Precht). 

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