Norbert Lewinski: Auf dem Land sind wir Pioniere der Sportpsychologie

Unser Netzwerk Die Sportpsychologen erfährt aktuell großen Zulauf. Eines der neuen Gesichter ist Norbert Lewinski, der mit seinem Standort in Neubrandenburg endlich die Leerstelle zwischen Berlin und Hamburg ausfüllt. Mathias Liebing, Redaktionsleiter von Die Sportpsychologen, hat Norbert mit drei Fragen konfrontiert, die herauskitzeln sollen, wie der Neue so tickt!

Norbert, du arbeitest als Sportpsychologe in Neubrandenburg. Mitten in Mecklenburg-Vorpommern. Wie schwer ist es, an diesem Standort deine Dienstleistung unter die sportlichen Leute zu bringen?

Die Arbeit als Sportpsychologe in Neubrandenburg, mitten in Mecklenburg-Vorpommern, stellt ohne Frage eine Herausforderung dar. Traditionell sind Sportpsychologie und verwandte Felder, ähnlich wie die Psychoanalyse (die meine Wunderwaffe ist – lachen), oft auf große Städte konzentriert, wo eine höhere Dichte an Leistungssportlern, Vereinen und Institutionen zu finden ist. In ländlichen Regionen fehlt oft das Bewusstsein für die Bedeutung mentaler Betreuung im Sport – eine entscheidende Lücke, die es zu schließen gilt. Die soziale Struktur kleinerer Städte wie Neubrandenburg ist anders: Die Menschen hier sind häufig stark in lokalen Gemeinschaften verankert und haben einen hohen Wert auf Bodenständigkeit. Das kann zu einer gewissen Skepsis gegenüber neuen Ansätzen führen, besonders wenn es um mentale Unterstützung geht. Oft wird körperliche Leistungsfähigkeit als alleiniger Erfolgsfaktor gesehen, während die psychologische Dimension im Hintergrund bleibt. Doch genau hier liegt die Chance.

Es geht darum, Aufklärungsarbeit zu leisten und die Relevanz der Sportpsychologie sichtbar zu machen. Das erfordert Geduld, aber auch Entschlossenheit. Besonders in kleinen Städten ist es entscheidend, Beziehungen zu Sportvereinen, Schulen und lokalen Athleten aufzubauen. Es geht nicht nur darum, als Dienstleister aufzutreten, sondern auch darum, ein integraler Bestandteil der sportlichen Gemeinschaft zu werden. Kleine Städte haben den Vorteil, dass die Menschen eng miteinander vernetzt sind – wenn du erst einmal Fuß gefasst hast, kann sich dein Ruf schnell verbreiten.

Besuch von Elisa Lierhaus, Mathias Liebing und Prof. Dr. Oliver Stoll (von links) beim Neuen im Netzwerk: Norbert Lewinski (ganz rechts)

Ein weiteres Ziel ist es, den Sportlern zu zeigen, dass mentale Stärke genauso trainierbar ist wie körperliche Kondition. Hier in Neubrandenburg haben wir das Potenzial, Pioniere zu sein – wir können Sportpsychologie dahin bringen, wo sie bisher kaum existent ist. Dabei ist es entscheidend, dass ich als Psychologe nicht nur die fachliche Expertise mitbringe, sondern auch eine tiefe Überzeugung und Leidenschaft für das, was ich tue. Es braucht Entschlossenheit, um diese Vision zu verwirklichen. Aber gerade in einem Umfeld, das noch nicht so durchdrungen ist von mentalen Trainingsmethoden, können wir nachhaltige Veränderungen bewirken.

Mit der richtigen Strategie und der Bereitschaft, an der Basis zu arbeiten, ist es absolut möglich, Sportpsychologie auch in kleineren Städten wie Neubrandenburg sichtbar zu machen und langfristig zu etablieren. Der Bedarf ist da – wir müssen nur zeigen, dass wir die Antwort darauf sind.

Was ist deine Vision von der Sportpsychologie, was hast du in den kommenden Jahren unternehmerisch vor?

Meine Vision für die Sportpsychologie ist es, sicherzustellen, dass sie dorthin gelangt, wo sie bisher noch nicht ausreichend präsent ist. Wie wir Sporttalente aufgrund ihrer körperlichen Fähigkeiten bewerten, so gibt es auch mentale Talente, die genauso wichtig sind. Sportpsychologie darf nicht nur als kleines Add-On gesehen werden, sondern sie sollte eine gleichberechtigte Rolle neben dem Trainer einnehmen. Ich kämpfe leidenschaftlich dafür, dass Sportpsychologen in den Teams als integrale Bestandteile wahrgenommen werden. 

Ich bin außerdem überzeugt, dass das sportliche Umfeld mehr Integration und Zusammenarbeit braucht. Wir müssen gemeinsam Ziele setzen und eine internationale Vernetzung schaffen, um voneinander zu lernen und unsere Athleten optimal zu fördern. Meine Energie möchte ich dieser Zusammenarbeit widmen, um das gesamte System zu stärken und voranzubringen.

In den kommenden Jahren werde ich mich stark auf die Entwicklung der Marke “Mental Leaders” konzentrieren, die ich gemeinsam mit meinen österreichischen Freunden, mit denen ich meine sportpsychologische Ausbildung in Wien gemacht habe, weiterentwickle. Ziel ist es, Sportpsychologie auf nationaler und internationaler Ebene zugänglicher und präsenter zu machen – und das in einer Form, die den Athleten und Trainern gleichermaßen nutzt.

Welche eigenen sportlichen Erfahrungen bringst du mit?

Wie wahrscheinlich viele, habe ich meine sportliche Laufbahn im Fußball begonnen. Ich spielte in einem lokalen Verein als Torwart. Mit der Zeit, und vielleicht auch durch meine gute Beweglichkeit sowie die Inspiration aus Bruce-Lee-Filmen (lacht), bin ich zum Kyokushinkai-Karate gekommen, das ich lange Zeit mit Leidenschaft trainiert habe. Ich nahm auch an Wettkämpfen teil. Nach meiner Karatezeit entdeckte ich den Kraftsport für mich, den ich mit großer Begeisterung und Leidenschaft ausübte. Da mittlerweile einige Jahre vergangen sind, hatte ich die Möglichkeit, viele verschiedene Trainingsmethoden auszuprobieren. Besonders in den späten 90ern und frühen 2000ern gab es in Skandinavien und Mitteleuropa einen regelrechten Hype um die Strongman-Wettkämpfe. Inspiriert von Athleten wie dem Finnen Jane Virtanen oder dem Schweden Sven Karlsen, ließen mich diese Disziplinen nicht mehr los. Es ging so weit, dass ich zusammen mit meinen Freunden unseren Hinterhof in eine Strongman-Arena umgebaut habe, voll mit Betonteilen und seltsamen Metallgegenständen. Damals hat uns kaum jemand verstanden.

Besonders angetan war ich auch von der HIT-Trainingsmethode, die von Dorian Yates populär gemacht wurde. Bis heute ist er für mich wohl das größte Vorbild. Seine akribische, fast schon titanische Arbeit im Temple Gym, das Training in absoluter Stille und Konzentration, und die extrem intensiven Einheiten bis zur absoluten Erschöpfung – all das hat mich tief beeindruckt und prägt meine sportliche Einstellung bis heute. Diese Erfahrungen aus den unterschiedlichsten Disziplinen, von Mannschaftssportarten über Kampfsport bis hin zu Krafttraining, haben mir ein breites Verständnis dafür gegeben, was es bedeutet, sowohl körperlich als auch mental an die Grenzen zu gehen – und sie zu überwinden.

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