Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass Sportpsychologie immer zusätzlich zum Training gemacht werden muss, viel Zeit raubt und sich nicht in die Abläufe inkludieren lässt. Dem ist aber überhaupt nicht so. Sportpsychologie ist viel mehr als ein paar Einzelgespräche hier, ein bisschen Teambuilding da und langweilige Vorträge dort. Einen Beleg liefert das Warmmachen.
Zum Thema: Inwiefern können Sportler beim Warm-up Sportpsychologie effizient und einfach in ihrer physischen Routinen einfließen lassen?
Dieser Beitrag befasst sich mit einem ganz einfachen, aber auch effektivem Beispiel, dass die Sportpsychologie schon beim Warmmachen eingebaut werden kann. Denn wieso werden Muskeln, Sehnen und Co. warm gemacht – aber nicht auch der Kopf? Der muss doch genauso wie der Körper bereit sein, sich der Anstrengung zu widmen. Nicht zuletzt sind der Kopf und unser Gehirn doch unsere Schalt- und Waltzentrale. Alle körperlichen Bewegungen und Kommandos gehen nun mal vom Gehirn aus und deswegen ist es sinnvoll, diese Zentrale zu aktivieren und in die Routinen des Warm-Ups zu integrieren.
Ein typisches Warm up: Ganz egal bei welcher Sportart umfasst meist Laufen, Armkreisen, Dehnen, Lockern, kurze schnellkräftige Übungen, Aktionen mit dem Spielgerät und vieles mehr… Und bei jeder einzelnen Komponente gibt es Möglichkeiten, auch sportpsychologische Inhalte einzubauen. Doch ist hierbei auch Vorsicht geboten. Denn nicht für jeden Sportler gilt der gleiche Weg. So unterschiedlich die Sportler sind, genauso unterschiedlich sind die Art und Weisen, was ein Sportler vor einem Training oder Wettkampf benötigt. Der eine ist eher der ruhige, der sich für sich in der Ecke erwärmt, noch träge ist und noch sehr unaufgeregt. Der andere dagegen ist total aufgedreht, schon total aktiviert und könnte unter Umständen ein wenig Ruhe gebrauchen, um fokussiert an die Arbeit zu gehen.
Die Abbildung zeigt die sogenannte Yerkes-Dodson Kurve und stellt das Verhältnis zwischen Leistungs- und Anspannungsniveau dar.
Die 3-2-1 Technik
Doch wollen wir nun konkret werden… Wie kann ich sportpsychologische Anteile in mein Aufwärmprogramm integrieren? Welche Übungen gibt es, die meine Routine ergänzen und mich auch mental optimal auf das bevorstehende Training oder den Wettkampf vorbereiten?
Eine Möglichkeit ist es, sich bestmöglich zu fokussieren und die Aufmerksamkeit zu schulen. Hierbei ist die 3-2-1 Technik ein adäquates Mittel. Dabei werden Sinne geschult und bewusst wahrgenommen. Wir reden hier vom Hören, Sehen und dem körperlichen Empfindung. Begonnen wird mit drei Dingen die ich höre, drei Dingen, die ich sehe, und drei Dingen, die ich fühle. Im nächsten Durchgang benenne ich nur noch zwei Dinge und im letzten noch eines. Und warum das Prozedere? Durch die aktive Benennung von Gegenständen oder Dingen, begeben wir uns ganz bewusst in das Hier und Jetzt und schüren unsere Aufmerksamkeit. Dadurch erzeugen wir eine gelassene und akzeptierende Haltung. Wird diese Technik in das Aufwärmen integriert, kann das Training oder der Wettkampf danach voll fokussiert und aufmerksam absolviert werden.
Positive Selbstinstruktionen
Eine weitere Möglichkeit, etwas aus der Sportpsychologie schon in das Warm-Up zu integrieren, sind positive Selbstinstruktionen. Eine positive Stimmung kann auch zu einem besseren Training und einer überzeugenden Leistung im Wettkampf führen. Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, diese Selbstinstruktion zu nutzen. Ein Beispiel wäre, sich drei Sätze in verschiedenen Kategorien zu überlegen. Drei positiv formulierte Sätze sollten aus dem Jetzt sein, z.B. „Ich habe sehr gut trainiert“, ebenso drei Sätze aus dem Bereich der Zukunft, wie z.B. „Ich werde Fussballprofi“. Hinzu kommen drei allgemein formulierte Sätze. Ein solcher könnte beispielsweise lauten: „Ich bin ein sehr guter Teamplayer“.
Bei der Wahl der Sätze sind folgende Dinge zu beachten: Die Instruktion sollte immer positiv formuliert sein. Ausschlaggebend sind genaue, detaillierte Angaben, was sie können oder tun wollen. Ebenso wichtig ist es, dass die Sätze kurz und prägnant sind, damit sie sich einfach im Kopf verankern. Sind die Sätze gefunden, sollten sie in jedes Aufwärmen integriert werden. Je häufiger sie gesprochen oder gedacht werden, desto besser. Die Verankerung und Verknüpfung wird dadurch geschult und gehen einfacher ins Gedächtnis über. Es ist dabei ganz individuell zu entscheiden, ob man sich die Sätze wirklich laut vorsagt, dieses vielleicht sogar vor dem Spiegel, um auch gleich die Körperhaltung mit zu trainieren oder die Sätze nur im Kopf durchgeht. Da sollte jeder für sich die Auflösung finden, die sich am besten anfühlt. Erweitert kann man die Sätze auch auf Kärtchen notieren und in der Sporttasche mitführen, um sie bei Bedarf immer zur Hand zu haben. Auch hier sind der Individualität grundsätzlich keine Grenzen gesetzt.
Wer detaillierte Informationen zu einer der Techniken haben möchte oder sportartspezifische Fragen hat, soll sich nicht scheuen, mir eine Email zu schreiben und nachzufragen (zum Profil von Katrin Seufert) bzw. meine Kollegen (zu den Profilen) zu kontaktieren.
Wie im dazugehörigen Blogbeitrag (Link) aufgezeigt, haben langwierige Ärgerreaktionen eines Fußballspielers auf bestimmte Situationen in zahlreichen Bereichen eine Leistungsminderung zur Folge. Wie kann nun ein Trainerteam zusammen mit einem Sportpsychologen an einer funktionalen Ärgerbewältigung der Spieler arbeiten, damit diese schnellstmöglich wieder leistungsfähig sind? Mit dieser Fragestellung möchte ich mich im folgenden Beitrag beschäftigen.
Zum Thema: Tipps zur Ärgerbewältigung in der Praxis
Genau wie Passtechniken trainiert, Spielzüge einstudiert und konditionelle Grundlagen gelegt werden können, ist es möglich, den funktionalen Umgang mit Ärger mit vergleichsweise einfachen Mitteln zu trainieren. Eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Trainerteam und dem Sportpsychologen stellt hierfür eine wichtige Voraussetzung dar.
Der erste Schritt besteht in einer Psychoedukation durch den Sportpsychologen, einer Art Aufklärung der Spieler hinsichtlich des Themas. Ziel muss es in dieser Phase sein, die Fußballer für die Thematik zu sensibilisieren und insbesondere den Zusammenhang zwischen Ärgerbewältigung und Leistungsfähigkeit zu verdeutlichen.
Das Ziel des anschließenden Bewältigungstrainings besteht darin, dass die Spieler, um den Fokus rasch von der ärgerauslösenden Situation hin zur kommenden Situation zu verschieben, praktische Bewältigungsstrategien erlernen.
Nach der Aufklärung folgt die Konfrontation
Der Sportpsychologe kann die Spieler an dieser Stelle mit ärgerauslösenden Situationen aus Trainingseinheiten und Spielen in Form von zusammengeschnittenen Szenen konfrontieren. Für jede dieser Szenen sollte jeder Spieler individuell funktionale Selbstgespräche entwickeln, mit denen er sich identifizieren kann. Diese sollten relativ kurz und unbedingt positiv formuliert sein. Zudem ist mit jedem Spieler individuell ein Trigger zu entwickeln, der es dem Spieler ermöglicht, die Ärgerroutine zu initiieren, sobald er in eine langwierige Ärgerreaktion hineinzurutschen droht. Mögliche Trigger können beispielsweise darin bestehen, kurz auf die Zunge zu beißen, mit einer Hand kurz den Oberschenkel zu touchieren oder mit zwei Fingern zu schnipsen.
Zudem sollte sich jeder Spieler ein inneres Bild in Form eines Orts oder Symbols überlegen, welches für ihn stressinkompatibel ist, sprich: eine eher entspannende, beruhigende Wirkung entfaltet.
Trockentraining der Ärgerroutine
Dann beginnt das eigentliche Training. Der Spieler versucht sich mit allen Sinnen in die ärgerauslösende Situation hineinzuversetzen, sich diese vorzustellen und dann mit der entwickelten Routine (Trigger + Selbstgespräch + Vorstellung des Symbols/Bildes) auf den Ärgermoment zu reagieren. Gegebenenfalls kann es sinnvoll sein, insbesondere, wenn mit jüngeren Spielern gearbeitet wird, eine Vorübung zur Visualisierung voranzustellen. Beispielsweise kann eine Frucht erst ganz genau betrachtet, ertastet und gerochen werden, ehe der Spieler versucht, sich bei geschlossenen Augen an alle Details zu erinnern. Wichtig ist eine regelmäßige Wiederholung dieser Routine bis hin zur Automatisierung.
Sind die Selbstgespräche verinnerlicht und ist die Routine mehrfach im Trockentraining durchgespielt worden, kann zum nächsten Schritt übergegangen werden und der Spieler versucht, die Routine in entsprechenden Trainingssituationen anzuwenden. Wichtig ist insbesondere in der Phase, in der die Routine noch nicht automatisiert wurde, dass der Trainer oder Sportpsychologe z.B. über ein im Vorhinein abgesprochenes Signalwort den Fußballer im Training immer wieder an die Routine erinnert. Mit zunehmendem Üben sollte der Spieler in der Lage sein, die Routine eigeninitiativ abzurufen. Der letzte Schritt besteht in der Überführung in die Wettkampfpraxis. Wichtig ist ein ständiger Austausch zwischen dem Sportpsychologen, dem Trainerteam und dem Spieler, um die Routine gegebenenfalls anzupassen und zu optimieren.
Mithilfe von Ärgertrainings kann der Trainer zudem gezielt Reizpunkte setzen. Gemein haben Ärgertrainings, dass die Anforderungen an die Selbstgesprächsregulation aufgrund zahlreicher ärgerauslösender Situationen höher sind als in einem gewöhnlichen Training. Ein Beispiel für ein solches Training besteht darin, dass der Trainer in einer Spielform bewusst falsche Schiedsrichterentscheidungen trifft. Durch Trainings solcher Art kann nicht nur der Einsatz der Ärgerroutine gefestigt werden, sondern auch überprüft werden, wie leistungsfähig ein Spieler hinsichtlich einer funktionalen Ärgerbewältigung bereits ist.
Alfermann, D. & Stoll, O. (2007). SPORTPSYCHOLOGIE-Ein Lehrbuch in 12 Lektionen (2. Aufl.). Aachen: Meyer & Meyer.Croos-Müller, C. (2011). Kopf hoch- das kleine Überlebensbuch. Kösel: München.
Nichts ist für Athleten frustrierender, als verletzungsbedingte Pausen einlegen zu müssen. Keine Frage, dass sich nach dem ersten Schock ein Gefühl der Nutzlosigkeit im Kopf der Sportler breit macht. Nicht nur, weil der Alltag normalerweise voll und ganz auf dem Sport aufbaut, sondern auch, weil digitale Medien in dieser Beziehung oft keineswegs zur Besserung der Stimmung verletzter Sportler beitragen.
Zum Thema: Was moderne Sportpsychologen vom Umgang mit sozialen Medien wissen sollten! (Teil 9)
Ganz im Gegenteil: Verletzungsbedingte Pausen, die ohnehin schon zu depressiver Verstimmung bei Athleten führen können, bedingen oftmals vor allem gehäufte Mediennutzung. Und Mediennutzung meint hier vorrangig die Beschäftigung mit sozialen Medien. Schließlich steht den Sportlern durch abgesagte Trainings und Wettkämpfe meist mehr Zeit zur Verfügung. Zeit, um die digitalen Newsfeeds vermeintlicher Konkurrenten zu durchforsten, um Ergebnisse von Sportkollegen in sozialen Medien nachzulesen, ohne die Wettkämpfe in der Realität mitverfolgen zu können.
Dadurch, dass sowohl die reale Anwesenheit bei Training und Wettkampf, als auch eigene Postings aufgrund von fehlenden Inhalten wegfallen, besteht die Gefahr der „passiven Nutzung digitaler Medien“ während Verletzungspausen umso mehr. Im Gegensatz zum aktiven Posten in sozialen Medien – das mit einer Steigerung des Zugehörigkeitsgefühls einhergeht – fördert die passive Nutzung digitaler Medien das Gefühl von Einsamkeit (Burke et. al. 2009). Passive Nutzung bedeutet das alleinige „Ablesen“ der Informationen, die digital zur Verfügung gestellt werden.
Zugehörig oder einsam? Beispiel zur aktiven & passiven Nutzung digitaler Medien während Pausen
Beispiel: Facebook bietet Inhalte und News diverser virtueller Freunde (Siege und Platzierungen vermeintlicher Konkurrenten), die das soziale Netzwerk aufgrund des Surfverhaltens des Profilinhabers (verletzter Sportler) auswählt.
Als Sportpsychologe sollte man sich dieses Phänomen bewusst machen, sobald man mit verletzten und pausierenden Athleten arbeitet. Neben dem gesteigerten Gefühl der Einsamkeit führt die vorwiegend passive Nutzung digitaler Medien zudem zur sogenannten „pluralistischen Ignoranz“. Die Leistungen anderer werden tendenziell besser bewertet, als die eigenen Erfolge (Chou & Edge, 2012). In Verletzungsphasen können sich derartige negativen Gefühle ebenfalls verstärken, da Erfolge generell ausbleiben.
Sportpsychologische On- und Offline-Strategien auf dem Weg aus der Verletzungskrise
Besonders während Zwangspausen ist sportpsychologisches Know-How in punkto Mediennutzung gefragt. Nicht nur, um mit Athleten während Verletzungsphasen so konstruktiv wie möglich mental zu trainieren, sondern auch, um geeignete On- und Offline-Strategien entwickeln zu können. Dabei ist es aus sportpsychologischer Sicht wichtig, über Phänomene wie pluralistische Ignoranz oder den Zusammenhang zwischen verbrachter Zeit auf Facebook und dem Aufkommen depressiver Symptome (Steers, Wickham and Acitelli, 2014) Bescheid zu wissen, um vor allem offline an Ressourcen und Stärken weiterarbeiten zu können. Schließlich sollten wir als Sportpsychologen stets darauf bedacht sein, unsere Athleten in Balance zu bringen. Online wie offline.
Tipps zu sportpsychologischen Interventionen während verletzungsbedingter Pausen:
Online und Offline Zeiten hinterfragen (ggf. Zeitpläne erstellen)
Psychoedukation zu den Auswirkung digitaler und sozialer Medien
Erarbeitung alternativer Trainingspläne (ggf. exakte Zeiten für mentale Trainings festlegen)
Abklärung der Erwartungen während verletzungsbedingter Pausen
Burke, M., Marlow, C., & Lento, T. (2009). Feed me: Motivating newcomer contribution in social network sites. In Proceedings of the 27th International Conference on Human Factors in Comput- ing Systems (pp. 945–995). New York, NY: ACM. Burke,
Chou, H.-T. G., & Edge, N. (2012). “They are happier and having better lives than I am”: The impact of using Facebook on perceptions of others’ lives. CyberPsy- chology, Behavior & Social Networking, 15, 117–121.
Steers, Wickham and Acitelli, 2014: Seeing everyone else´s highlight reels: How Facebook Usage is linked to depressive symptoms, Journal of Social and Clinical Psychology, Vol. 33, No. 8, 2014, pp. 701-731
Irgendwie fällt mir das heute schwer! Nein, nicht das Laufen, sondern darüber zu schreiben. Warum soll ich über etwas schreiben, dass so selbstverständlich ist, wie das Essen, das Trinken, das Schlafen, das Zähneputzen, das zur Arbeit gehen und das wieder nach Hause kommen? Und vor allen Dingen frage ich mich, ob das wichtig ist und ob man das überhaupt thematisieren muss? Ich könnte mich da ganz leicht rausreden und sagen, dass ich mir eben das tägliche Laufen zum 1.1.2018 vorgenommen habe, und das meinem Lieblings-Journalisten in einem Gespräch mal kurz angedeutet habe und er – und nach dem Gespräch darüber natürlich auch ich – also WIR beschlossen haben, diese Aktion im Rahmen eines Blogs einer breiteren Öffentlichkeit zum Besten zu geben.
Damit habe ich mich zu diesen monatlichen Beiträgen „verpflichtet“. Und so bin ich nun mal. Wenn ich etwas zugesagt habe, dann halte ich mich in der Regel auch dran. Es ist nicht so, das Mathias Liebing mir an dieser Stelle böse wäre, wenn ich ihm sagen würde: „Hör mal zu Mathias, diesen Monat mal nicht, mir fällt gerade nichts dazu ein. So wichtig ist es ja auch nun eigentlich auch nicht. Vielleicht dann wieder im November!“ Aber ich fühle mich mit meiner Zusage Anfang des Jahres schon irgendwie verpflichtet. Machen wir es also kurz diesen Monat – zumindest das Thema „Streakrunning“.
Wen es wirklich interessiert, wie viel, welche täglichen Distanzen ich in welcher Intensität gelaufen bin, der möge sich das hier anschauen: https://runalyze.com/athlete/OliverStoll
Neue Ziele?
Aber über Laufen im Großen und Ganzen zu schreiben, das macht mir natürlich nach wie vor – und auch immer wieder und wieder – sehr viel Spaß! Dabei haben mich im Oktober zwei Themen ganz besonders beschäftigt. Zum einen ist es das Thema „Laufen im Herbst“ und zum zweiten ist es das Thema „Gemeinsame Ziele für das kommende Jahr 2019“.
Das Laufen im Herbst hat etwas „Unwirkliches“. Um das nachzuvollziehen, muss man natürlich zu Zeiten laufen gehen, in denen man ansonsten eher am Frühstückstisch sitzt. Zwei Aspekte sind mir aus diesem Grund in ganz besonderer Erinnerung. Zum einen habe ich zu Beginn des Monats eine dreitägige „Trail Running-Ausbildung“ für Studierende der Universität, an der ich arbeite, im Harz durchgeführt, an der (zu meiner Überraschung) 15 Studierende Interesse hatten – ich dachte die spielen lieber Fuß-, Volley- oder Basketball oder gehen, wenn sie schon mal „nach draußen müssen“, bestenfalls mal Alpin Skifahren. Und zum anderen hatten wir ja die Umstellung zur Winterzeit, die mich – weil ich im Oktober ja auch wieder mit der Lehre an der Uni begonnen habe, dazu „zwang“, meine Lauferei so zwischen 8 und 9 Uhr vormittags zu absolvieren.
Abbildung: Vormittägliches Laufen im Oktober
Die Hoffnung kommt
Das Laufen im Herbst hat seinen ganz besonderen Reiz. Ich muss jetzt nicht über das Farbenspiel der bunten Blätter berichten, die nun alle von den Bäumen gefallen sind, denn dieses grandiose Schauspiel der Natur kann man auch bestaunen, wenn man später draußen unterwegs ist. Was mich besonders in „seinen Bann gezogen hat“ ist der Übergang zwischen Nacht und Tag. Also etwas, das wir eigentlich jeden Tag erleben können und dennoch viel zu wenig bewusst wahrnehmen. Die Nacht geht, der Tag kommt. Die Dunkelheit und somit das „Bedrohliche“ verschwindet und die Helligkeit, „die Hoffnung“, kommt. Wir alle leben in diesem zirkadianen Rhythmus, ohne uns über die psychischen Effekte genau dieses Rhythmus bewusst zu sein. Viele unserer körperlichen Funktionen und Organe haben sich seit vielen Jahren darauf eingestellt. Wir nehmen das einfach so hin und denken nicht weiter darüber nach. Auch unsere Psyche kennt dies natürlich. Nachts ziehen wir uns zurück (um zu schlafen), tagsüber öffnen wir uns, werden aktiv und gehen nach draußen. Es ist ein täglicher Kreislauf, den wir zumeist einfach so hinnehmen ohne darüber zu staunen. Ich habe in diesem oft gestaunt, am zumeist kühlen morgen, schon die Handschuhe überstreifend, um dann in die morgendliche Dämmerung loszulaufen, die frische Luft, tief in meine Lunge einatmend, den Wald um mich herum zu genießen, im Wettkampf mit der Natur den herabfallenden Eicheln auszuweichen, die mich dann doch manchmal trafen und dieser gedämpften Ruhe zuzuhören, dass das Laufen auf dem dicken Laubteppich und zumeist der tiefhängende Nebel ausstrahlt. Solcherlei Erfahrungen hatte ich auch mit meinen Studierenden rund um den Brocken und auch darauf viele, denn wir sind zumeist früh losgelaufen, um genau diese intensiven Erfahrungen erleben und genießen zu können. In der Reflektion dieser Erlebnisse mit den Studierenden habe ich erfahren, dass dies sehr eindrückliche und individuell sehr emotionale Spuren bei uns allen hinterlassen hat.
Abbildung: Auf dem Brockengipfel an einem Morgen im Oktober
Kommen wir nun zum Thema „Gemeinsame Ziele für das Jahr 2019“. Das ist vielleicht etwas, was in diesem Jahr zwischen meiner Frau und mir zu kurz gekommen ist. Ich habe zu Beginn des Jahres festgelegt, dass ich täglich laufen werde und dabei nicht wirklich Rücksicht auf die Bedürfnisse von Frauke gelegt (das habe ich ja auch in meinen vorigen Blog-Beiträge immer mal wieder thematisiert). Das mache ich – nein, das machen wir – im kommenden Jahr besser. Aus diesem Grund haben wir uns dieses Jahr auch schon frühzeitig darüber unterhalten und wir haben ein wirklich tolles Saison-Highlight für uns gefunden, nämlich die Salomon 4-Trails (www.4trails.net). Diesen 4-Tage Lauf über Teile der Alpen habe ich alleine schon mal 2015 durchgezogen. Damals war Frauke an der letzten Etappe als Supporter an der Strecke mit dabei. Im kommenden Jahr werden wir das Ding gemeinsam laufen und darauf freue ich mich schon sehr. Im Vergleich zu 2015, an dem dieser Lauf auch bisher zum letzten Mal durchgeführt wurde, hat der Veranstalter einiges verändert. Zum einen sind die Distanzen mit 21 bis 26 Kilometer pro Tag bei zu überwindenden 2100 bis 2600 Höhenmetern nicht mehr ganz so hart wie 2015, aber einen Aspekt möchte an dieser Stelle noch einmal ganz besonders herausstellen. Der Veranstalter, also „Plan B“, hat in seiner Ausschreibung zwei Formen angeboten, nämlich „Trail-Running“ und „Hiking“ und damit geht Plan B in der Szene völlig neue Wege. Ich denke, das ist ein lohnenswertes Experiment!
Finish or No Finish
Was ist der Unterschied, bezogen auf diese 4-Trails-Ausschreibung“ zwischen Trail-Running und Hiking? Es gibt eigentlich nur einen einzigen Unterschied, nämlich die fehlende Altersklassen-Wertung. Alles andere bleibt gleich. Die Strecken, die Voraussetzungen, das mitzuführende Material, die Cut-Off-Zeiten, die Finisher-Urkunde, Finisher Medaille und Finisher-Shirt, wenn man das geschafft hat, die Melde-Gebühr und auch der Service unterwegs – alles bleibt gleich – es ist lediglich die AK-Wertung, die beim Hiking fehlt – also hier zählt nur „Finish or No Finish“.
Ich habe Plan B in der Vergangenheit auch schon hart kritisiert wegen der „Höher, schneller, weiter-Philosophie”, die ich jahrelang bei diesen Wettkämpfen beobachtet habe, was dazu geführt hat, dass sich viele, teilweise auch unerfahrene Läuferinnen und Läufer gnadenlos überschätzt und somit in gefährliche Situationen gebracht haben. Heute möchte an dieser Stelle Plan B mal ein Kompliment für dieses „Experiment“ aussprechen, denn es lädt auch eher unerfahrene Läufer ein und garantiert einen sicheren Lauf für jedermann und vielleicht führt ja auch dies zu einem Umdenken in der Trail-Runner-Szene. Seien wir doch mal ehrlich! Unter den gegebenen Bedingungen der Ausschreibung lohnt sich eine Anmeldung zu „Trail-Running“ bestenfalls für 50 bis 60 Athleten, die dann auch wirklich die gesamte Strecke durchlaufen und die um einen Platz auf dem „Treppchen“ wettkämpfen. Der Rest der Läuferinnen und Läufer könnte sich bequem bei den „Hikern“ anmelden, denn hier geht es nur um das Finish und es wird neben den Laufanteilen natürlich auch weite Strecken gewandert (eben Hiking). Ein Blick in die aktuelle Starterliste zeigt mir jedoch, dass wir in unseren Köpfen lange noch nicht soweit sind, denn von den 450 Startplätzen sind schon 220 weg, davon fallen 213 Meldungen auf Trail-Running und 7 auf Hiking.
Streak-Zukunft bleibt offen
Ich freue mich jedenfalls schon sehr auf die Saison 2019, und davon wieder auf viel mehr Kilometer mit meiner Frau. Und darüber hinaus auch auf eine Trail-Running Camp im Vorfeld der 4-Trails mit unserem befreundeten Paar Sven und Inge und auf mittlerweile schon zwei geplante Trail-Running-Ausbildungs-Camps mit meinen Sportstudierenden im Harz.
Was das tägliche Laufen in 2019 betrifft, dazu habe ich noch keine Entscheidung getroffen. Vielleicht mache ich das, vielleicht auch nicht. Es ist ja kein Zwang, sondern eine Leidenschaft. Das Laufen gehört eben einfach zu mir, wie so vieles andere auch. Nicht mehr – und auch nicht weniger.
Prof. Dr. Oliver Stoll kennenlernen?
Im Rahmen von „Die rote Couch – Das Sportpsychologie-Barcamp“ am 3. und 4. November 2018 in Leipzig wird Prof. Dr. Oliver Stoll zusammen mit dem Ausdauerathleten Jens Nähler, der 2019 beim Spartathlon starten und vom Sportpsychologen Stoll darauf vorbereitet wird, eine Session halten.
Das große Vorbild Fußball hat es bereits getan, auch andere Sportarten, wie zum Beispiel Tennis passen ihre Wettkampfregeln entsprechend der Altersklasse an. Nun will auch der Deutsche Basketballbund (DBB) nachziehen und die wenigen bereits bestehenden Regeln vereinfachen und vereinheitlichen. Abseits der vielen technischen und taktischen Neuerungen, die die neuen Regeln mit sich bringen, möchten mein Kollege Markus Gretz (zum Profil) und ich (zum Profil von Johannes Wunder) diese Thematik aus sportpsychologischer Sicht genauer beleuchten.
Zum Thema: Sportpsychologische Veränderungen im Minibasketball durch neue Verbandsvorgaben
Für den Deutschen Basketballbund ist eines klar: mehr Kinder sollen die Liebe zur Sportart Basketball finden. Seitdem nun auch flächendeckend im Schulsportbereich gearbeitet und in vielen Vereinen bereits ab der Altersklasse U8 gespielt wird, hat sich der DBB für umfassende Neuerungen und ein einheitliches Minibasketball-Regelwerk entschieden. Die Regeln werden ab der Saison 2019/2020 verpflichtend und betreffen die Altersklassen U8 bis U12.
Nachfolgend sind die wichtigsten Punkte kurz dargestellt:
kleinere/leichtere Bälle
niedrige Körbe (2,60m)
reduzierte Spieleranzahl (3vs3 bzw. 4vs4)
keine Tabelle bzw. ohne angezeigten Punktestand (U8 & U10)
jedes Kind muss 2 von 8 Perioden spielen (8-10min)
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Der DBB erhofft sich hierdurch natürlich einen Mehrwert in den Kategorien Technik/Bewegungsausführung, technisch-taktische Handlungen/motorisches Lernen sowie Belastung/Beanspruchung. Ein für uns wesentlicher Bestandteil ist zweifelsohne aber die Kategorie Selbstwert/Motivation.
Es lohnt sich, vor allem folgende Punkte sportpsychologisch unter die Lupe zu nehmen:
Steigende Motivation – für uns an zentraler Stelle und deshalb auch unsere „Nummer 1“ in diesem Listing. Speziell meinen wir jene Motivation, die durch die Faktoren niedrige Körbe und kleinere/leichtere Bälle ausgelöst wird. Wenn Kinder das erste Mal mit einem Basketball in Berührung kommen und dieser wie in vielen Schulen noch üblich, ein Herrenball ist, mit dem dann auch noch auf einen regulären Korb geworfen werden soll, bleiben Erfolgserlebnisse aus. Das zentralste Ziel im Basketball ist aber der erfolgreiche Korbabschluss. Kein Kind wird es zu Beginn verstehen, dass auch gute Verteidiger wichtig sind – nein, jeder Spieler möchte treffen, so wie im Fußball die meisten Kinder Stürmer sein und Tore schießen wollen. Durch die niedrigeren Körbe und leichteren Bälle gibt es von Beginn an mehr Treffer, mehr Erfolgserlebnisse, mehr Freude und dadurch mehr Motivation.
Steigende Verantwortung und Umgang mit Fehlern – mit der neuen Regelung, dass die Kinder sowohl in reduzierter Spieleranzahl auf dem Feld stehen, als auch mindestens zwei Perioden spielen müssen, entsteht bei vielen Kindern ein neues Bewusstsein. Ein Bewusstsein, in dem jedes Kind auf dem Platz maßgeblich am Erfolg beteiligt ist, niemand kann sich „verstecken“, wie es des Öfteren vorkommt, wenn der „U10-Starspieler“ den Ball nicht an seine 4 Mitspieler abgeben will oder soll. Zudem weiß jedes Kind, dass es Spielminuten bekommen wird, egal wie gut oder schlecht es am Wettkampftag drauf ist – egal ob es schon zwei Saisons spielt oder erst vor wenigen Wochen begonnen hat. Die Zeiten, wo ein Trainer ein Kind auswechselt, weil es in seinen Augen nicht gut spielt, scheinen hierdurch zumindest eingebremst. Es entsteht so eine Fehlerkultur, die nur zu begrüßen ist. Kinder dürfen und sollen Fehler machen und das ohne Versagensangst und Druck von Trainern, Eltern und Mitspielern. Dies wird zusätzlich dadurch begünstigt, dass der Spielstand und das Spielergebnis in den Hintergrund gerät und nicht mehr angezeigt wird. Ohne Tabelle gibt es kein Verliererteam mehr und keinen Tabellenletzten, für den es in der nächsten Saison schwer wird, eine Mannschaft zu stellen, weil die Kinder nicht mehr Letzter werden wollen.
Lernen am Modell durch Vorbilder – Viele Kinder haben Vorbilder aus ihrem Sport. Das können gestandene Bundesligaprofis, aber auch Spieler aus der Herrenmannschaft im eigenen Verein sein. Vielleicht sogar der Euroleague oder NBA-Star. Letztendlich wird es durch die neuen Vorgaben für Kinder viel leichter, den Vorbildern nachzuahmen. Korbwurfbewegungen oder Pässe gelingen einfacher, wenn die Voraussetzungen, mit niedrigeren Körben und weniger Gegenspielern, stimmen. So ist endlich die natürlichste Art des Lernens durch die Kinder möglich. Die Kinder lernen nicht mehr nur weil ihnen ein Trainer vorschreibt, wie sie etwas machen sollen, sondern sie können das ausprobieren, was sie an ihrem Vorbild in der Arena oder auf Youtube sehen. Dieses natürlich kindliche Lernen ermöglicht mehr Kreativität und Eigenverantwortung in der sportlichen Entwicklung.
Johannes Wunder, ebenfalls hauptamtlicher Trainer und für die Leitung der Schulprojekte beim BBC Coburg zuständig, stellt sich vermehrt die Frage, welche Hilfsmittel die Sportpsychologie bietet, um sowohl Lehrkräften als auch Trainern im Schulsport die tägliche Arbeit zu erleichtern?
Markus Gretz, hauptberuflicher Jugendtrainer und Nachwuchskoordinator bei den scanplus baskets Elchingen, leitet in seinem Verein ein Schulprojekt, bei dem er über einen Zeitraum von fünf Wochen den Sportunterricht in einer Klasse begleitet und dabei den Schülern und Lehrern die Sportart Basketball näherbringen möchte. Immer wieder wird er von den Lehrern gefragt, wie es ihm gelänge, die Schüler mit so viel Begeisterung über den gesamten Zeitraum motiviert halten zu können?
Als Abschluss des ersten (Un)Konferenztages von „Die rote Couch – Das Sportpsychologie-Barcamp“ können wir von Die Sportpsychologen am Samstag, den 3. November, ein echtes Highlight präsentieren: Sportpsychologe und Erfolgsautor Dr. Michele Ufer liest zwischen 18 und 19 Uhr unter der kontroversen Fragestellung „Wie viel Kopf steckt in den Füßen? Über Motivation, Mentales Training und intelligente Grenzerfahrung“ aus seinen bislang veröffentlichten Büchern.
Am Sa., 3.11. 2018, können ab 17.45 Uhr für 10 EUR Eintrittskarten für die Lesung gekauft werden (Achtung, der Betrag von 10 EUR wird bei einem Buchkauf vor Ort verrechnet)
Location
Die Lesung sowie das Event “Die rote Couch – Das Sportpsychologie-Barcamp” findet im „Noch besser leben“ in Leipzig statt. Der Zugang erfolgt über den Eckladen (Ecke Merseburger Straße/Karl-Heine Straße). Anreisende mit PKW können im Umfeld der Karl-Heine-Straße parken.
Adresse: Noch besser leben, Merseburger Str. 25, 04229 Leipzig-Plagwitz
Die Lesung: “Wie viel Kopf steckt in den Füßen? Über Motivation, Mentales Training und intelligente Grenzerfahrung”.
Der erfolgreiche Extremsportler und international gefragte Experte für Sport- und Managementpsychologie Dr. Michele Ufer liest aus seinen (Bestseller-) Büchern. Er entführt die Zuhörer zu außergewöhnlichen Laufabenteuern rund um den Globus und in die Welt des mentalen Trainings. Außerdem steht er Rede und Antwort zu den Themen Motivation, mentale Stärke und große Ziele.
Dr. Michele Ufer läuft den Marathon am Mount Everest oder 250 Kilometer in der Wüste, dem Amazonas-Regenwald oder am winterlichen Polarkreis. Beim heimischen Silvesterlauf geht er lieber spazieren, mit einem Prosecco in der Hand. Ufer ist einer der erfolgreichsten Extremläufer Deutschlands – und Sportpsychologe, Mentalcoach und Managerberater. Einblicke in die Erlebnisse und Erfahrungen, die er mit seiner sportlichen Höchstleistung bei weltweiten Laufabenteuern verbindet, zeigt nicht nur seine Lesung. Ufer ist „ein Typ“, der es versteht, seine Zuhörer in den Bann zu ziehen. Etwa, wenn er bei 60°C auf einem Ergometer in der Sauna trainiert und gleichzeitig die „heißeste Vorlesung Dortmunds“ hält oder sich im Kühlhaus eines Frostprodukte-Herstellers auf seine extremen Herausforderungen vorbereitet.
Am 3.11.2018 findet im Rahmen des Sportpsychologie-Barcamps “Die rote Couch” ab 18:00 Uhr im „Noch besser leben“ die Lesung „Wie viel Kopf steckt in den Füßen? Über Motivation, Mentales Training und intelligente Grenzerfahrung“ von Dr. Michele Ufer statt. Dabei wird er auch aus seinem soeben erschienenen neuesten Werk „LIMIT SKILLS. Die eigenen Grenzen respektieren, testen, überwinden“ lesen. In seinem neuen Buch geht Ufer folgender Frage nach: Wie können wir unsere Leistung steigern, wie an die eigenen Grenzen gehen, diese erweitern und überwinden, ohne uns früher oder später in Burnout, Erschöpfung, Verletzungen oder Tod zu navigieren? Dr. Michele Ufer distanziert sich dabei von gängigen Motivationssprüchen und geht mit 20 hochkarätigen Gästen aus Sport und Wirtschaft auf Spurensuche.
17 Trainer in elf Jahren beim Hamburger SV. Der HSV hat vor dem elften Zweitliga-Spieltag mal wieder seinen Trainer gefeuert. Christian Titz muss gehen und wird durch Hannes Wolf ersetzt. Dabei galt Titz in Hamburg ein großer Sympathieträger und war mit seinem Team nur zwei Punkte hinter dem Zweitliga-Tabellenführer 1.FC Köln platziert. Sind Trainerentlassungen während der laufenden Saison sinnvoll? Dieser Frage möchte ich in meinem folgenden Blogbeitrag nachgehen!
Zum Thema: Trainerentlassungen in der laufenden Saison
Wenn ein Verein seinen Trainer entlässt, dann hoffen die Verantwortlichen auf einen sogenannten „psychologischen Effekt“ und die damit verbundenen Erfolge. Von besser kehrenden neuen Besen, von gelösten Blockaden und frischem Wind ist dann oft die Rede. Grundlegend gilt, dass ein Trainerwechsel einen Neubeginn darstellt. Mancher Stammspieler bekommt dadurch einen Kick und mancher Ersatzspieler Hoffnung auf die Startelf. Jeder Spieler im Kader will bei den ersten Einheiten mit dem neuen Trainer beweisen, dass er in die Mannschaft gehört. Dies ist soweit nachvollziehbar. Doch gibt es wirklich einen Zusammenhang zwischen Trainerwechsel und Optimierung der Leistung der Mannschaft?
Die Sportpsychologen Strauss und Tippenhauer (2003) haben in 35 Spielzeiten zwischen 1963 und 1998 mehr als 10.000 Bundesliga-Spieleergebnisse unter anderem im Hinblick auf den Effekt von Trainerwechseln analysiert. Die Ergebnisse: Der Rauswurf ist die falsche Strategie. Die neuen Trainer hätten ebenfalls keine Besserung bewerkstelligt, wenn die ehemaligen Trainer nur auf Grund der Ergebnisse gehen mussten. Häufig hätten neue Trainer zwar einen kurzfristigen Aufwind erzielt, seien dann aber umso unsanfter mit ihrer Mannschaft wieder gefallen. Aus meiner Sicht muss sich der Verein folgende Frage stellen: Wem nützen diese Trainerentlassungen?
Funktion von Trainerentlassungen
Ein Trainerwechsel kann unterschiedliche Funktionen haben: Er kann bewirken, dass etwas aufgebaut werden soll, was in der Vergangenheit verloren gegangen ist. Beispielsweise das Vertrauen in den Trainer oder die Art des Führungsstils gegenüber der Mannschaft. Ein Trainerwechsel ist aber nur dann sinnvoll, wenn die Spieler und der Vorstand dieses Vertrauen und diese Zuversicht tatsächlich verloren haben sollten. Manchmal wird so eine Entscheidung zu früh oder unüberlegt getroffen. Es wird etwas Neues erwartet – in der Hoffnung, Veränderung herbeizuführen. Dies kann natürlich kurzfristig helfen, doch auf Dauer ist es nur selten hilfreich.
Die Schwierigkeiten spielen sich überwiegend in den Köpfen der Spieler und Funktionäre ab. Ich habe vor allem dann Misserfolg, wenn ich Angst vor möglichen Niederlagen oder dem Verfehlen von Saisonzielen, wie dem direkten Wiederaufstieg, habe. Eine ähnliche Situation wie die derzeitige beim HSV. Dies ist ein häufiger Grund für Trainerentlassungen im Fußball, welcher aus meiner Sicht aber die Ausnahme sein sollte. Statt einen Rauswurf würde ich vorzugsweise vorhandene und neue Möglichkeiten kombinieren und weiterentwickeln. Vereine sollten weitere Optionen nutzen, wie beispielsweise langfristige Analysen oder die Zusammenarbeit mit einem Sportpsychologen. Es gibt nicht den Erfolgstrainer, es gibt nur den einzig passenden Trainer für eine bestimmte Mannschaft. Um diesen Trainer jedoch zu finden, braucht es Zeit.
Ich führe die alljährlich wiederkehrende Entlassungswelle in der Fußball-Bundesliga auf den hohen öffentlichen Druck und auf die Erwartungshaltung der Funktionäre zurück. Man geht davon aus, neu starten zu können und vergisst dabei, dass die Spieler weiterhin dieselben bleiben. Oft ist eine Entscheidung für einen Trainerwechsel damit vielmehr von Emotionen und Medien gelenkt als rational begründbar. Doch unter welchen Umständen macht es nun aber doch Sinn, einen Trainerwechsel zu vollziehen?
Ein Ansatz wäre, wenn es Unstimmigkeiten innerhalb der Mannschaft gibt, die sich nicht lösen lassen. Es kann durchaus passieren, dass es im Team zu einem Gefühl von Benachteiligung kommt, weil der Trainer vermeintlich einen oder mehrere Spieler bevorzugt. Hier kann ein Wechsel sogar zwingend erforderlich sein. Auch ein erfolgreicher Trainer kann entlassen werden, wenn man feststellen muss, dass sich Trainer und Mannschaft nicht mehr weiterentwickeln können. Ein Trainer braucht eine klare Philosophie und Empathiefähigkeit, aber er muss sich und das Spiel seines Teams auch immer wieder an neue Gegebenheiten anpassen. Wenn es dem Trainer aber gelingt, die eigene Kompetenzerwartung der Spieler zu erhöhen und dies mit einer kleinen Erfolgsserie zusammenfällt, dann kann es wiederum mit dem Aufschwung klappen. Schlussendlich müssen die Verantwortungsträger von der Leistungsfähigkeit des Trainers, des Trainerteams und der Mannschaft überzeugt sein. In diesem Zusammenhang ist die Kontinuität ein entscheidender Erfolgsfaktor – unabhängig von der aktuellen Tabellensituation. Ich wünsche Herrn Titz eine erholsame Zeit und für die Zukunft alles erdenklich Gute.
Schmidt, S. (2011). In the Line of Fire: Verweildauer von Bundesligatrainern und CEOs in Deutschland. Eine vergleichende Analyse. EBS Buisness School: Research Paper Series, 11 – 02.
Tippenhauer, A./Strauss, B. (2003). Trainerentlassungen in der Fußballbundesliga, S. 334. In: Bernd Strauss et al. (Hrsg.): Sport goes media Czwalina Verlag: Hamburg
Lara Dickenmann wurde von Ihrer Familie und vom fussballerischen Umfeld ihres Clubs, dem Champions League-Vorjahresfinalisten VfL Wolfsburg, unterstützt. Gleichwohl tat sie sich vor allem am Anfang noch immer sehr schwer mit dem Thema Coming-Out. Warum ist das so in unserer westlichen Gesellschaft und woher kommt das?
Ich möchte die Gelegenheit packen und in der Geschichte kurz Zurückblenden, um ein paar spannenden Details zum Thema Homosexualität nachzugehen.
Zum Thema: Homosexualität im Leistungssport
Gleichgeschlechtliche Orientierungen, vor allem für die Männer unserer Gesellschaft und im speziellen im Spitzensport, scheinen noch immer (oder immer wieder) für viele ein Problem darzustellen. Werte wie Männlichkeit, Stärke oder Kampfgeist sind leider noch heute auf absurde Weise negativ damit verknüpft.
Erklärungsmodelle gibt es reichlich, durchgesetzt hat sich in der Wissenschaft aber unter anderem eine Deutung, die aus gesicherten Beobachtungen aus der höheren Tierwelt hervorgeht. Dort ist homosexuelles Verhalten bei einem Teil der Tierpopulation sehr weit verbreitet. Dem wird eine evolutionäre Funktion zugeschrieben und für die soziale Integration in diesen Gesellschaften ist das von extrem hoher Bedeutung. Homosexuelles Verhalten von Teilen einer Population hochentwickelter Lebewesen ist demnach ein durch die natürliche Evolution entstandenes, in der Natur weit verbreitetes Phänomen, welches für das soziale Gefüge eine sinnvolle Funktion erfüllt und sozial integrierend wirkt (Wikipedia, 20.9.2018).
Auf den Sport übertragen würde ich als Trainer dann unbedingt (!) homosexuelle Athleten in meiner Mannschaft haben wollen, denn das Team funktioniert dann aus sich heraus und auf natürliche Art schon mal besser – sag mir mal einer, dies sei kein erstrebenswertes Ziel!
Der Begriff der Homosexualität setzte sich so ab ca. 1914 (Hirschfeld) durch und die danach verstärkte Pathologisierung stand auch im Zusammenhang mit Sigmund Freud und seinen Beobachtungen in der Psychoanalyse. Obwohl er sich gegen eine Stigmatisierung wehrte, wurde die Ambivalenz hinsichtlich des Themas weiter geschürt. Somit ist dieses duale Denken «richtig vs. falsch» ganz klar von Menschen gemacht.
Verständnisprobleme
Auch das eigentliche Wort mit der Endung -sexuell ist unglücklich gewählt und wird bis heute noch immer vielfach falsch verstanden, nämlich im Sinne einer sexuellen Handlung. Dabei bedeutet es etwas anderes, nämlich lediglich die Orientierung hin zum gleichen Geschlecht (Hirschfeld). Und so hat diese Mehrdeutigkeit des Begriffes leider bis heute in den Köpfen der Menschen bestand. Ernst Bornemann wies auf öffentliche Umfragen in Deutschland hin, nach denen die Mehrzahl der Deutschen den Begriff so versteht, dass Homosexualität weniger eine Orientierung als vielmehr den „Geschlechtsverkehr unter Männern“ bezeichnet.
So gesehen kann ich sogar einige unbewusste, sozial verankerte Ängste männlicher Mannschaftskollegen nachvollziehen. Dem Mythos sollte aber dezidiert ein Ende gesetzt werden. Hierbei helfen solche Geschichten wie diejenige von Lara Dickenmann: Danke Lara, dass du dich dazu bereit erklärt hast sowie für deine Ehrlichkeit und deinen Mut!
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Im deutschsprachigen Raum machen in letzter Zeit Geschichten rund um die Outings von bekannten LeistungssportlerInnen viel Wirbel. Die allgemeine, sozial konforme Meinung hinsichtlich sexueller Orientierung geht zwar klar in die Richtung der Akzeptanz und Freiheit im Tun und Handeln. Blicken wir aber etwas tiefer und hören etwas genauer hin, dann zeigt sich noch immer ein für mich erschreckendes und inakzeptables Bild. Dieses ist geprägt von soziokulturellen, lang verankerten Glaubensmythen, welche ich «….man müsste doch….» oder «….das darf man nicht…» – Sätze nenne. Geschichtlich verankert, aber sehr überholt, würde ich sagen.
Zum Thema: Homosexualität im Leistungssport
Ich berichte in meinem Beitrag über die talentierte Mittelfeldspielerin Lara Dickenmann, die im Fussball bereits viele Erfolge erzielt hat. Zwischen 2009 und 2015 mit Olympique Lyon, wo sie in 116 Spielen 56 Tore schoss, 6-mal die Französischen Meisterschaften sowie 2-mal die Champions League gewann. 2015 wechselte sie dann zum VFL Wolfsburg, mit dem sie bisher 2-mal die Deutsche Meisterschaft und 3-mal den DFB Pokal gewinnen konnte. Seit 2002 spielt Dickenmann als erfolgreichste Spielerin für die Schweizer Nationalmannschaft. Sie hat in ihrem SRF Fernsehbeitrag vom 9. September 2018 bei Sportschau plus ihr Outing gemacht und mit viel Mut und sehr eindrücklich über ihr Privatleben gesprochen. Den Fokus lege ich in dem Interview, welches wir vor ihrer Verletzung geführt haben, auf die Zeit vor dem Outing. Dieser ist mit emotionalen Achterbahnen gespickt und soll an ihrem Beispiel darlegen, wie es Dickenmann ergangen ist, was ihr geholfen hat und was sie mit ihrer Geschichte erreichen möchte.
Lara Dickenmann, wie ging es dir, als du vor Jahren die ersten Gedanken dazu hattest, dass du mehr auf Frauen stehst?
«Ich habe das ungefähr mit 13 Jahren so richtig gemerkt und meine erste Reaktion war eigentlich, dass es sich sehr natürlich angefühlt hat, also gut. Ich wusste aber auch, wie mein Umfeld, also die Familie, die Schule und die Freunde so ungefähr über dieses Thema dachten. Also hatte ich auch Angst, als anders abgestempelt zu werden oder etwas Falsches zu machen.»
Wem hast du dich als erstes anvertraut?
«Eigentlich niemandem. Als ich dann mit 14 Jahren in den Frauenfussball wechselte, merkte ich schnell, dass es nicht nur mir so ging, und so fand ich in einigen Mitspielerinnen einen Halt. Viele von ihnen waren aber auch in der gleichen Situation wie ich, das heisst, es war schwierig für uns, die Situation so zu akzeptieren. Entweder wegen unseren Umfeldern oder zum Teil auch aus persönlichen Gründen. Also war es mehr so, dass wir alle unseren „Kampf“ mit diesem Thema hatten und uns das irgendwie verbunden hat. Leider war am Anfang nicht wirklich jemand da, der mir gesagt hätte, wie ich wirklich damit umgehen soll oder kann, oder einfach, dass es ok ist, so zu sein, wie ich bin.»
Die Jahre im Wissen und «es Zurückhalten»: Wie hast du das geschafft? Was war schwierig und was hat geholfen?
«Naja, ich denke, in dem Alter haben die meisten Jugendlichen mit irgendwas zu kämpfen. Ich hatte im Fussball ja Orte und Menschen, wo ich eher so sein konnte, wie ich wollte. Das hat mir sehr geholfen und an diesen Leuten habe ich mich auch festgehalten. Schwierig war es in der Schule oder zu Hause, wo ich das Gefühl hatte, ich müsse „normal“ sein und einen Freund haben. Das habe ich dann ab und zu auch gemacht, einfach um ein bisschen dazuzugehören.»
Was hat dich dazu bewogen, dich jetzt zu Outen und nicht (wie es so viele tun) das erst nach dem Karriereende zu machen?
«Der kleine Film über mich war kein Outing. Ich denke, die meisten Leute wussten, dass ich auf Frauen stehe. Ich wollte das seit einiger Zeit thematisieren, um anderen Mut zu machen. Ich hatte früher kein Vorbild und keine Figur, die öffentlich zu seiner/ihrer Homosexualität stand und sagte, es ist ok so wie ich bin. So war es schwierig für mich, überhaupt etwas zu diesem Thema zu finden und das wollte ich ändern. So jemanden zu kennen oder zu wissen, dass es ihn gibt, hätte mir damals enorm geholfen.»
Welche Rolle hat dabei deine Familie gespielt?
«Ich habe seit ich 13 Jahre alt bin meinen eigenen Prozess durchgemacht, der geht natürlich immer weiter, und einen grossen Teil habe ich mit meiner Familie durchlebt. Ich lebe aber auch seit 14 Jahren nicht mehr zu Hause und habe hier in Wolfsburg ein sehr tolerantes Umfeld und einen Verein, der Vielfalt unterstützt. Mit Pernille Harder und Nilla Fischer habe ich zwei Teamkolleginnen, die geoutet sind. Da dachte ich mir irgendwann mal, das möchte ich auch. Ich habe diesen Schritt dann mit meiner Familie, und vor allem mit meiner Mama besprochen. Schliesslich musste ich das aber für mich selbst machen und entscheiden, jedoch haben sie mich dabei immer unterstützt.»
Was waren deine Ängste vor dem Outing?
«Dass meine Familie mich nicht so akzeptieren kann, und früher hatte ich auch Angst davor, was meine Freunde in der Schule zum Beispiel denken könnten.»
Glaubst du, dass es heutzutage noch ein Problem ist, sich zu Outen?
«Es kommt immer auf die Kultur an, denke ich. Es gibt ja schon viele Orte, wo man sich auch gar nicht mehr Outen muss. Dort ist es egal, von welchem Geschlecht, es geht mehr darum, ob du in einer Beziehung bist oder nicht. Ich finde, so sollte es auch sein. Ich würde jetzt sagen, dass es in der westlichen Welt nicht mehr ein Problem ist. Aber es outet sich ja trotzdem kein Fussballer, weil es eben doch noch zu viele Leute oder Orte gibt, die so was nicht akzeptieren können. Und dann gibt es natürlich andere Kulturen, in denen es noch ein komplettes Tabuthema ist und sich viele Leute verstecken müssen.»
Worauf bist du stolz? Würdest du es wieder tun?
«Ich weiss nicht, ob ich jetzt stolz bin, dass ich diesen Film gemacht habe, aber wenn es jemandem in irgendeiner Weise helfen kann, dann bin ich zufrieden. Die Feedbacks waren alle soweit positiv, ich bin aber noch nicht dazu gekommen, alle zu lesen. Ja klar, ich würde es auf jeden Fall wieder machen, obwohl es im Nachhinein Dinge gibt, die ich anders gestalten würde.»
Was gibst du Frauen in der gleichen Situation mit? Und wie könnten Männer mit dem Thema umgehen?
«Ich finde, jede Person muss ihren eigenen Weg gehen, aber indem wir ihn miteinander teilen, sind wir einerseits nicht mehr alleine damit und können andererseits vielleicht etwas voneinander lernen. Ich fände es schön, wenn sich jemand oder einige im Männerfussball outen würden, was natürlich zu Beginn hohe Wellen schlagen würde, aber längerfristig gedacht enorm viel bringen würde.»
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Es gibt Trainer, die schwören darauf, dass es sehr erfolgversprechend sei, wenn ihre Spieler sie hassen. Dies fördere den Teamzusammenhalt. Was steckt dahinter und ist dieser Führungsstil noch zeitgemäß und zu empfehlen? Die Antwort darauf ist alles andere als einfach. Denn tatsächlich kann es positive Folgen für die Leistung haben, wenn sich Athleten am Trainer als Hassobjekt abarbeiten.
Ist Hass der Schlüssel zum Erfolg?
„Dem wird ich`s zeigen!,“ lautet dann die Maßgabe der Sportler. Aber Vorsicht: In vielen Fällen leiden nicht nur Training und Wettkampf darunter, sondern auch die Mannschaft und das Miteinander. Besonders im Nachwuchsbereich kann sich der Hass gegenüber dem Trainer schnell in den Hass gegenüber dem Sport entwickeln. Junge Athleten haben dann keine Lust mehr auf Training, sind sehr angespannt oder genervt und reden nicht mit ihren Coaches. Dinge also, die sich negativ auf die sportliche Leistung und die Weiterentwicklung auswirken können.
Fördert Hass nun aber den Teamzusammenhalt, wie es manche Coaches annehmen? Eher unwahrscheinlich. Er bringt oft Unzufriedenheit mit sich, die sich im schlechtesten Fall auch auf die Mitspieler übertragen kann. Ungünstig ist das vor allem auch, wenn die anderen Sportler positiv gegenüber dem Trainer eingestellt sind und die Spannung im Alltag ertragen müssen.
Die Theorie hinter dem Hass – wozu kann Frustration führen?
Jeder Sportler, jeder Trainer, jeder Mensch ist verschieden, bringt seine Gefühle unterschiedlich zum Ausdruck und reagiert anders auf Situationen. Im Sport geht es häufig sehr emotional zur Sache, nicht nur auf der Strecke oder dem Spielfeld, sondern auch im Training und in der Kabine. Ärger, Aggression und Hass sind negative Emotionen, die durch die subjektive Bewertung von Situationen und Ereignissen entstehen. Wenn ein Sportler wütend auf den Trainer ist, kann sich das in einem Anger-In (Frust in sich hineinfressen), Anger-Out (Frust raus lassen) oder Anger-Control (kontrolliert Frust ablassen) ausdrücken.
Beim Anger-In merkt man dem Sportler seine Frustration nicht an, innerlich ist er jedoch aufgewühlt und seine Gedanken kreisen um das Problem. Infolgedessen ist er abgelenkt und verschwendet Energie und Aufmerksamkeit, die eigentlich für den Wettkampf oder das Training notwendig sind.
Wenn jemand seine Reaktionen nicht unter Kontrolle hat, sprechen wir von Anger-Out. Dann muss schon mal ein Torpfosten oder ein Hockeyschläger dran glauben. In vielen Fällen fühlt man sich der Sportler nach so einem Ausbruch besser. Dieses Verhalten zieht jedoch meist Strafen durch die Schiedsrichter oder den Trainerstab nach sich und trägt nicht unbedingt zur Beliebtheit des Sportlers bei.
Um das Beste aus einer unbefriedigenden Situation herauszuholen, ist es hilfreich, den Fokus und die Energie durch Selbstinstruktionen auf das Wesentliche zu lenken. Dies geschieht beim Anger-Control. Wenn der Sportler der hohen Aktivierung und den aggressiven Impulsen eine Richtung gibt, wird bei manchen Aktiven sogar die Leistung im Training und Wettbewerb noch gesteigert (Individual Zones of Optimal Functioning Model ).
Herb Brooks macht sich dies im Film `Miracle on Ice` zu nutzen, indem er durch gezielte Sticheleien solche negativen Emotionen in einem Spieler weckt.
Test: Anger-In, Anger-Out, oder Anger-Control?
Wonach sieht das hier aus: Anger-In, Anger-Out oder Anger-Control?
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Natürlich kann man mit solchen Aktionen auch das Gegenteil bewirken, denn Provokation funktioniert nicht bei jedem Sportler.
Weiterentwickeln ohne Reibereien?
Es gibt durchaus Athleten, die ihrem Coach blind vertrauen, keine Entscheidung und keinen Trainingsplan kritisieren und immer das tun, was er oder sie sagt. Auch das ist für manche die perfekte Kombination. Aber kann sich ein Team so weiterentwickeln? Sind kleine Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen nicht erforderlich, um als Mannschaft zu wachsen und Herausforderungen zu meistern? In einem Team haben nicht alle die gleiche Meinung und der Trainer kann es nicht allen recht machen, das ist nun einmal so. Es ist gut, wenn die Sportler ihre Kritik und Vorschläge offen anbringen können, um Veränderungen herbeizuführen. Wenn Sportler also zur Verbesserung des Trainingsklimas beitragen dürfen, dann kommt Frustration seltener auf, sie identifizieren sich mit ihrer Mannschaft und behalten eine positive Einstellung zum Trainer und zu ihrem Sport.
Es ist also wichtig, empathisch zu sein und individuell zu kommunizieren, denn jeder reagiert anders auf Lob und Kritik – nicht nur in der Sportwelt.
Und was heißt das jetzt?
Falls es also doch mal vorkommt, dass ein Athlet nicht gut auf seinen Trainer zu sprechen ist, hilft – natürlich – Kommunikation. Gern können in einer solchen Situationen meine Kollegen von Die Sportpsychologen und ich (zum Profil von Lisa König) helfen.
Grundlegend lassen sich solche Probleme in aller Regel verhindern, wenn generell gut kommuniziert wird. Wenn also eine Auseinandersetzung stattfindet über Trainingsinhalte, Ziele, den Umgang innerhalb der Mannschaft oder über andere wunde Punkte. Bei erfahrenen Sportlern können regelmäßige Besprechungen dazu genutzt werden, konstruktive Kritik oder Verbesserungsvorschläge anzubringen. Im Nachwuchsbereich ist das schwieriger; oftmals trauen sich die jungen Athleten nicht, etwas „schlechtes“ über das Training zu sagen, sind zu schüchtern oder wissen nicht, wie sie sich ausdrücken sollen. In einem meiner nächsten Beiträge werde ich mich dem Thema Feedback-Box widmen, welches ein probates Mittel ist, um die so wichtige Kommunikation in Gang zu bringen.
Literatur:
Hanin, Y. L. (1997). Emotions and athletic performance: Individual zones of optimal functioning model. European yearbook of sport psychology, 1, 29-72.
Alfermann, D., & Stoll, O. (2016). Sportpsychologie: Ein Lehrbuch in 12 Lektionen (Vol. 4). Meyer & Meyer Verlag, 100-101.