Start Blog Seite 111

Sportpsychologie im Profi-Fußball: Zwischen Trend und Träumerei

Das Millerntor-Stadion, die Spielstätte des FC St. Pauli

Für viele Sportpsychologen ist der professionelle Fußball das berufliche Traumziel. Allerdings gestaltet sich in der Realität der Weg dorthin lang und steinig: Insbesondere, weil es trotz vieler positiver Entwicklungen im Erwachsenenbereich immer noch an Akzeptanz für und Vertrauen in die Disziplin mangelt. Nur die wenigsten Bundesligisten arbeiten mit Sportpsychologen auf Vollzeitbasis. Bei vielen Vereinen findet sportpsychologische Arbeit im Profi-Team, wenn überhaupt, nur abseits der öffentlichen Wahrnehmung statt.

Im Sommer sind wir von Die Sportpsychologen auf den deutschen Zweitligisten FC St. Pauli aufmerksam geworden, der recht offensiv in den Medien von seiner Suche nach einem geeigneten Fachmann bzw. Fachfrau berichtete. Anlass genug, dass Redaktionsleiter Mathias Liebing für die neue Interviewserie „Die Sportpsychologen treffen…“ nach Hamburg fuhr, um dort Uwe Stöver, den Sportchef des FC St. Pauli, zu interviewen.

Zum Thema: Sportpsychologie im Profi-Fußball

Anders als viele andere Fußball-Bundesligisten geht der FC St. Pauli offen mit seinem Bedarf an sportpsychologischem Know-How um. Nach der Analyse der durchwachsenen Saison 2017/2018 kamen die Hamburger zu dem Schluss, dass es im Trainerstab sowie auf Ebene der Verantwortungsträger im Verein schlicht an Expertise fehle, die Mannschaft im Sinne von Zusammenhalt, Mentalität und Selbstvertrauen weiterzubringen. Die Lösung? Es soll ein Sportpsychologe verpflichtet werden. Das Problem: Es ist alles andere als einfach, eine geeignete Person zu finden. In der folgenden Multi-Media-Story berichtet Uwe Stöver von der schwierigen Suche, von den hohen Ansprüchen und den realistischen Erwartungen, die beim FC St. Pauli an die Personalie Sportpsychologe geknüpft werden:

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Weitere Informationen

Direkt zur Multi-Media-Story: „Die Sportpsychologen treffen Uwe Stöver“

In mehreren Interviews hatte Sportchef Uwe Stöver in der Sommerpause von der schwierigen Suche nach einem Sportpsychologen berichtet. Ursache? Für Außenstehende ist der Markt höchst intransparent. Meist fällt es schwer, belastbare Informationen zu Qualifikationen, Abschlüssen und Erfahrungen ausfindig zu machen (Hinweis: Auf unseren Profilseiten versuchen wir, die Informationen zu jedem einzelnen Sportpsychologen im Netzwerk optimal aufzubereiten und frei zugänglich zu machen. Zu den Profilseiten). Hinzukommt, dass auf Ebene von Bundesliga-Vereinen personelle Akquise in der Regel über persönliche Kontakte funktioniert – ist ein Sportpsychologe nicht oder noch nicht ausreichend vernetzt, ist er quasi nicht existent.

Insofern ist der Schritt des FC St. Pauli in die Öffentlichkeit bemerkenswert. Denn hier verlässt ein Verein bewusst den geschützten Bereich, in dem der professionelle Fußball nicht nur in Deutschland stattfindet.

Hohe Ansprüche

Spannend sind die Ansprüche, die Uwe Stöver als sportlicher Verantwortungsträger mit der bevorstehenden Verpflichtung eines Sportpsychologen verbindet. Der Sportchef gibt klar zum Ausdruck, dass die neue Person im Funktionsteam dafür Sorge tragen soll, dass aus den Einzelspielern eine Mannschaft geformt wird, dass Spieler selbstwirksam agieren und dass das Team eine bestimmte Mentalität entwickelt. Im folgenden Auszug bringt Stöver seine Anforderungen auf den Punkt:

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Weitere Informationen

Problemorientierter Zugang

Deutlich wird an Stövers Aussagen auch, dass der Zugang zum Thema Sportpsychologie aktuell problemorientiert passiert. Soll heißen: Die Verantwortlichen haben ein bestimmtes Problemfeld identifiziert und wollen dieses mit Hilfe eines Experten bearbeiten. Nicht verwerflich, allerdings scheint bei den Überlegungen noch keine Rolle zu spielen, dass Sportpsychologie auch gezielt zur Leistungssteigerung genutzt werden kann. Dass es zahlreiche Methoden und Techniken gibt, die den Trainingsalltag bereichern und über das im Fußball etablierte Bild des Sportpsychologen als Reparateur hinausgehen.

Aber zurück zum Ausgang: Die Sportpsychologie ist noch nicht im Alltag des Bundesliga-Geschäfts angekommen. Die vielen wichtigen Schritte, die schon vor der Installation von Prof. Dr. Hans-Dieter Hermann als Sportpsychologe der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im Jahr 2004 passiert sind, bis hin zur festen Etablierung von Sportpsychologen in den Nachwuchsleistungszentren der Bundesligisten, scheinen noch nicht auszureichen. Vielleicht braucht es gerade deshalb Vereine wie den FC St. Pauli, die die Sportpsychologie nutzen wollen und dabei keine Hand vor den Mund nehmen.

Interviewserie „Die Sportpsychologen treffen…“

Die Interviewserie „Die Sportpsychologen treffen…“ ist durch die Unterstützung und Finanzierung von Jürgen Walter (zum Profil von Jürgen Walter) möglich. Der Profilinhaber von Die Sportpsychologen hat das Konzept zur Serie gemeinsam mit Redaktionsleiter Mathias Liebing entwickelt. In einer der nächsten Folge treffen Die Sportpsychologen auf Dorian Rogozenco, den Schach-Bundestrainer.

Habt ihr, liebe Leser, eine Idee, wen Die Sportpsychologen treffen sollten, um über das Thema Sportpsychologie zu sprechen? Dann her mit euren Vorschlägen. Am besten per Mail an Redaktionsleiter Mathias Liebing.

Views: 6221

Mila Hanke: Von Fußball bis Eishockey – Teambuilding im Schul- und Nachwuchssport

Sollten Sportler Teamfähigkeiten „trainieren“ wie Torschüsse, egal in welcher Sportart? Wie können die Trainer von Nachwuchskadern und -mannschaften Teamgeist früh fördern, also lange vor dem Eintritt in den Profibereich? Und wie können schon junge Mannschaftssportler die Bausteine von echtem Zusammenhalt „erlernen“? Diese Fragen sind nicht erst seit der Fußball-Weltmeisterschaft aktueller denn je. Und gerade in der Saisonvorbereitung sollten sich Trainer, Funktionäre und verantwortungsvolle Spieler intensiv damit beschäftigen. Im folgenden Beitrag liefert Mila Hanke passende Anstösse zu den weit verbreiteten Fragen.  

Zum Thema: Teambuilding im Sport

„Es kann nur beflügeln, wenn bereits Kinder und Jugendliche spielerisch die gruppenpsychologischen Faktoren erleben, verstehen, wertschätzen und verinnerlichen, die das Zusammenspiel einer Mannschaft beeinflussen“, findet Mila Hanke. „Denn die jungen Sportler und ihre wechselnden Teams werden ihre ganze Laufbahn lang davon profitieren. Nicht nur im Sinne der Leistung – sondern auch bezogen auf ihre Persönlichkeitsentwicklung, ihre sozialen Fähigkeiten und vor allem den Spaß.“

Dabei wird das Thema Teambuilding selbst im professionellen Sport nicht immer in Gänze verstanden. Oft enden die Maßnahmen, die Zusammenhalt und Identifikation fördern sollen, schon in einem sehr frühen Stadium. In einem Interview mit dem Sport-Thieme Magazin (August-Ausgabe, Thema: Teambuilding im Schul- und Nachwuchssport) gibt Mila Hanke (zum Profil von Mila Hanke) ein paar Beispiele, die Theorie und Praxis zusammenbringen.

Cover Sport-Thieme August-Ausgabe (Quelle: Sport-Thieme)

Interview: Teambuilding – 11 Freunde müsst ihr sein
(Sport-Thieme magazin, Deutschland, Ausgabe 69, August 2018)

Frau Hanke, im Sport erleben wir immer wieder Veränderungen. Ob neue Mannschaftsmitglieder oder neues Trainerteam – gerade zum Saisonstart werden die meisten Sport-Mannschaften frisch zusammengewürfelt. Für jeden Trainer ist diese Phase eine Herausforderung, denn es geht darum, möglichst schnell ein gut funktionierendes Team zu bilden. Welche Ratschläge können Sie geben?

Zuallererst: Teamgeist kann nicht vom Trainer „verordnet“ werden, sondern muss aus der Mannschaft heraus selbst entstehen. Und: Die Entwicklung von Mannschaftsstärke ist immer ein Prozess, der verschiedene Phasen durchläuft und im Grunde nie einen Endpunkt hat. Mit Ungeduld und einem „Machtwort“ kommt ein Trainer also nicht weiter. Stattdessen sollte er im Idealfall gemeinsam mit einem Sportpsychologen – idealerweise schon vor Saisonbeginn – konkrete Themenfelder herausgreifen und gezielt fördern.

Einzelsportler können noch so gut sein – wenn sie nicht kooperieren können, hat die Mannschaft keinen Erfolg. Ebenso kann ein gut eingespieltes Team manche Defizite ausgleichen. Welche psychologischen Aspekte führen dazu, dass ein gutes Miteinander zu besserer Leistung führt?

Genau dieser „Gruppen-Katalysator“ ist eben nicht selbstverständlich. Damit ein Team wirklich über sich hinauswachsen kann, müssen viele Faktoren erfüllt sein und sich ergänzen (siehe Übersicht unten). Ein sehr anschauliches Beispiel war die Deutsche Eishockey Nationalmannschaft mit dem Gewinn der Olympia-Silbermedaille im Februar 2018: Nach dem frühen Ausscheiden bei der Heim-WM 2017 hatten die Spieler erkannt, dass ihnen bisher der Glaube gefehlt hatte, als Außenseiter Favoriten schlagen zu können. Um eine gemeinsame Vision zu verinnerlichen und mit einem gemeinsamen Gefühl zu verbinden, haben sie mit ihrem Mentalcoach eine Art Codewort entwickelt: „Glaube“. Um eben diesen Glauben an die Fähigkeiten der Mannschaft und jedes Einzelnen zu stärken, wurden für die Spieler, den kompletten Trainerstab und die Trainingsräume schon lange vor Olympia T-Shirts und Plakate mit diesem Visions-Codewort bedruckt. Offenbar war diese Maßnahme ein wesentlicher Baustein – natürlich zusätzlich zu der Leistung der Trainer – für den extremen Selbstbewusstseins-Schub, den Willen und die Leistung der Mannschaft.

Hinter einer besonders guten Teamleistung stehen vor allem folgende Faktoren:

  • gemeinsame Vision
    z.B. „ins Meisterschafts-Finale kommen“: Nur wenn alle gemeinsam ein Gruppenziel  definieren, sich damit identifizieren und bereit sind, darauf bestmöglich hinzuarbeiten, entsteht echter Zusammenhalt.
  • Kooperation statt interne Konkurrenz
    z.B. einen Pass zum richtigen Zeitpunkt zu spielen, statt zwei Stürmer, die sich
    gegenseitig übertrumpfen wollen und den Ball nicht abgeben
  • gemeinsame Verantwortung
    Fühlt sich jedes Mitglied für den Teamerfolg gleich stark verantwortlich?
  • gegenseitiges Vertrauen und Respekt
    z.B. in die Zuverlässigkeit und Leistungsbereitschaft der Mitspieler, für Ideen und Sorgen jedes Einzelnen
  • konstruktive Kommunikation
    z.B. bei Trainerentscheidungen und Konfliktlösungen
  • regelmäßiges Feedback
    Anerkennung und konstruktive Kritik von Trainer und Mitspielern

Viele denken beim Thema Teambuilding an gemeinsame Grillabende. Ist es damit getan – oder gibt es effektivere Übungen?

Hanke: Tatsächlich haben auch Grillabende, Wanderausflüge oder Radtouren einen positiven Effekt – gerade bei (evtentuell neu zusammengewürfelten) Jugend-Mannschaften, für die es wichtiger ist, sich auch als „Kumpel“ gut zu verstehen, als etwa für erwachsene Profisportler.

Solche Events fördern die Kommunikation und bringen den Faktor „gemeinsam ohne Leistungsdruck Spaß haben“ in das Team mit ein. Zudem lassen sich dabei sehr gut Erfolge und Zwischenziele feiern – auch das fördert den Zusammenhalt und schafft eine Atmosphäre, in der neue gemeinsame Visionen entstehen können.

Das Interview im Print-Magazin (Quelle: Sport-Thieme)

Will man jedoch konkrete Themen angehen und nachhaltig fördern, sind ein sportpsychologisches Konzept und aufeinander aufbauenden Übungen unabdingbar. Wenn ein Trainer zum Beispiel die Kooperation im Team verbessern will, kann folgendes „Spiel“ helfen: Alle Teammitglieder begeben sich in einen Kreis. Jeder sucht sich stumm in Gedanken zwei Mitspieler aus. Die Teilnehmer sollen sich nun in einem begrenzten „Spielfeld“ so aufstellen, dass sie jeweils mit ihren zwei Mitspielern ein gleichschenkliges Dreieck bilden, bei dem alle drei Spieler identische Abstände einhalten. Und zwar ebenfalls, ohne miteinander zu sprechen. Haben alle ihre Positionen gefunden, wird gemeinsam diskutiert: Wie haben wir die Aufgabe erlebt? Wie finden wir zusammen schnell Lösungen für Herausforderungen im Verlauf eines Spiels, notfalls ohne miteinander zu sprechen? Können wir mit Gesten oder Blicken notwendige Handlungsschritte und Entscheidungen kommunizieren?

Dann wird ein Spieler gebeten, einen großen Schritt zu machen – die Regel des gleichen Abstands zwischen jeweils drei Personen bleibt aber bestehen. Daraus folgt eine Kettenreaktion, da auch alle anderen Spieler ihre Position verändern müssen. Anhand dieses Impulses kann das Team erneut reflektieren: Welche (positiven oder negativen) Konsequenzen hat das individuelle Verhalten Einzelner für das Team? Und wie können wir den Einfluss Einzelner für die Gruppenleistung nutzen?  

Besonders kompliziert wird es, wenn Neuzugänge auf „eingeschweißte“ Mannschaften treffen, die sich bereits länger kennen. Was raten Sie hier?

Hanke: Die Mannschaft kann zum Beispiel schon nach den ersten Trainingseinheiten  reflektieren, welchen Gewinn die Neuen für das Team mitbringen. Hierzu notiert zunächst jeder Spieler auf ein großes Flipchart mit seinem Namen die Stärken und Schwächen, die er selbst glaubt, in das Team einzubringen – sportlich und menschlich. Alle Plakate werden auf dem Boden ausgebreitet – dann können alle Mannschaftsmitglieder zwischen den Plakaten umhergehen und bei jeder Person ihre eigene Einschätzung ergänzen.  

Schließlich sollen sich alle einige Minuten schweigend ein Gesamtbild davon machen, wer mit welchen Attributen zum Erfolg der Mannschaft beiträgt und wie sich alle Stärken und Schwächen zu einem großen Ganzen ergänzen. Anschließend kann das Team gemeinsam – mit dem Sportpsychologen oder geschulten Trainer – reflektieren und diskutieren, wie die Neuzugänge die Mannschaft stärken und welche bisherigen Schwächen durch sie ausgeglichen werden können. Diese Übung macht nicht nur den „Wert“ der neuen Mitspieler deutlicher, sondern bestärkt auch gleichzeitig jeden Einzelnen als weiterhin wichtigen Baustein des Teams. Das kann auch helfen, falls zum Beispiel ein vermeintlicher „Superstar“ neu dazustößt und die „Alten“ Angst haben, dass er ihnen die Show und die Mannschaftsposition stiehlt.

Beim Fußball ist es am deutlichsten: Wenn das Team nicht zusammenspielt, kann der Torwart noch so gut halten – am Ende wird die Mannschaft das Spiel verlieren.  Engagieren sich die Vereine genug im Bereich „Teambuilding“ oder müsste hier mehr passieren?

Gerade im Fußball haben in den letzten Jahren immer mehr Profivereine Sportpsychologen und Mentalcoaches engagiert. Durch den Transfermarkt und häufige Spielerwechsel auch in andere europäische Länder, Kulturen und Sprachregionen sind die Integration neuer Spieler und ein kontinuierliches Teambuilding in diesem Sport besonders wichtig – z.B. auch für den Generationenwechsel in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Grundsätzlich unterschätzen aber viele Vereine noch immer den Nutzen sportpsychologischer Unterstützung. Was im Profi-Fußball schon „in“ ist, muss in vielen anderen Sportarten und vor allem auch im Nachwuchsbereich und im Amateursport noch „normal“ werden: Dass Sportpsychologen Einzelsportler und Mannschaften mental fit machen, sollte genauso selbstverständlich werden wie Massagen und Tapeverbände von Physiotherapeuten.

 

Hinweis: Dieses Interview zum Thema Teambuilding für die August-Ausgabe des Kundenmagazins von Sportartikelhersteller „Sport-Thieme“ gab Sportpsychologin Mila Hanke bereits im Mai. Das war lange vor der Fußball-WM in Russland – bei der wohl so viel wie nie zuvor über den Leistungsvorsprung durch Teamgeist, mentale Mannschaftsstärke und gemeinsame Visionen diskutiert wurde. Favoriten schieden früh aus – auch, weil ihnen all dies offenbar fehlte. Außenseiter kamen überraschend weit – auch, weil sie all dies offenbar hatten.

Als Mila Hanke die Wichtigkeit von Teambuilding für den Generationenwechsel in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft erwähnte, wusste sie noch nicht, dass genau dieser Prozess (bzw. sein vermeintliches Scheitern) zwei Monate später zum großen medialen Streitthema werden würde.

Mehr zum Thema: 

https://www.die-sportpsychologen.de/2016/01/14/philippe-mueller-sinn-und-unsinn-des-teambuildings/

https://www.die-sportpsychologen.de/2017/09/18/markus-gretz-teamwork-makes-the-dream-work/

https://www.die-sportpsychologen.de/2017/01/31/dr-rene-paasch-das-team-braucht-ein-haus/

 

Views: 1589

Dr. Fabio Richlan: Leistungsdruck im Training für den Wettkampf üben

Bei der Leichtathletik-Europameisterschaft in Berlin war Diskuswerfer Christoph Harting einer der Goldfavoriten. Allerdings scheiterte der amtierende Olympiasieger bereits in der Qualifikation. Dreimal in Folge landeten seine Würfe im Fangnetz und waren damit ungültig. Im Interview im ZDF erklärte Harting, dass er die Qualifikationen nicht speziell vorbereitet habe. Es habe es als “offenes Training” betrachtet. Im folgenden Text zeigen wir einen Weg auf, wie sich Athleten umgekehrt vorbereiten können: Also den Druck, den sie im Wettkampf erleben, ins Training überführen können, um auch in außergewöhnlichen Situationen optimal vorbereitet zu sein.

Zum Thema: Umgang mit Leistungsdruck

Vielfach zielt sportpsychologisches Training darauf ab, Wettkampfsituationen in Bezug auf das Erregungsniveau (Stichwort Nervosität) trainingsnaher zu gestalten, d.h. die Anspannung auf ein Niveau ähnlich wie im Training zu SENKEN. Um die vielbeschworene “Lockerheit” zu erlangen, kann es z.B. hilfreich sein, sich auf den Prozess anstatt auf das Ergebnis zu fokussieren.

In diesem Beitrag sollen jedoch Möglichkeiten und Wege aufgezeigt werden, die einen entgegengesetzten Ansatz verfolgen, nämlich Trainingssituationen wettkampfnaher zu gestalten, d.h. die Anspannung auf ein Niveau ähnlich wie im Wettkampf ANZUHEBEN.

Training und Wettkampf in Balance

Beide Ansätze sollten im Rahmen einer professionellen Wettkampfvorbereitung eingesetzt werden. Im Idealfall resultiert das dann in einer exakten Passung zwischen Training und Wettkampf: train like you compete – compete like you train!

Folgende Tipps und Hinweise könnt ihr ausprobieren:

  • Der Hauptunterschied zwischen Training und Wettkampf ist der (manchmal bewusste, manchmal unbewusste) Leistungs- und Konkurrenzdruck. Absolviere wettkampfspezifische Trainingsszenarien und stelle dir dabei vor, wie du im Wettkampf agieren würdest bzw. möchtest!
  • Simuliere Wettkämpfe! Prognostiziere deine Leistung und gib dir genau einen einzigen Versuch, die anvisierte Leistung im Training zu erreichen. Belohne dich bei Erfolg! Dadurch lernst du, mit Leistungsdruck und Stress umzugehen und einen positiven Zugang dazu zu finden (d.h. als Challenge zu sehen).
  • Trainiere smart! Setze dir für jede Trainingseinheit konkrete, deiner Kontrolle unterliegende Ziele und mache dir bewusst, was du mit dieser Einheit erreichen möchtest. Dadurch trainierst du deine Kompetenzerwartung und übernimmst Verantwortung dafür, dass du dich als Sportler weiter entwickelst.
  • Trainiere hart! Bringe dich im Training in körperlich und vor allem auch mental ungewohnte und unangenehme Situationen. Dadurch wirst du ganz automatisch Fähigkeiten und Gewohnheiten entwickeln, die dir dabei helfen, deine Trainingsleistungen im Wettkampf abzurufen.

Zum Profil:

https://www.die-sportpsychologen.de/fabiorichlan/

Dr. Fabio Richlan die-sportpsychologen.at

Mehr zum Thema:

https://www.die-sportpsychologen.de/2018/05/17/dr-rene-paasch-mit-erfolg-und-misserfolg-umgehen/

https://www.die-sportpsychologen.de/2018/04/09/mila-hanke-zielsetzung-vor-und-nach-grossen-erfolgen/

https://www.die-sportpsychologen.de/2018/03/20/lorraine-huber-wenn-ich-mich-auf-ein-lernziel-konzentriere-ergeben-sich-die-resultate-von-selbst/

Views: 2466

Philippe Müller: Sportpsychologie im Orientierungslauf

Philippe Müller hat die sportpsychologischen Grundlagen für die einzelnen Disziplinen der Sportart Orientierungslauf zusammengefasst. Hieraus wird deutlich, welche Bedeutung die optimale mentale Leistung auf das sportliche Gesamtergebnis, die Qualität der Vorbereitung und die Wettkampfnachbereitung haben kann.

Orientierungslauf, Quelle: Adobe Stock

Sprint

Die Sprintrennen dauern normalerweise zwischen zwölf und 15 Minuten. Sie sind gekennzeichnet durch die hohe Laufgeschwindigkeit. Dies führt mit sich, dass die Rennen in gut belaufbaren Geländen, vorzugsweise in Städten oder Parks, ausgetragen werden. Die Austragung des Sprintrennens in urbaner Umgebung bedeutet zudem, dass mehr Zuschauer anwesend sind.

Wettkampfstrategie

Da man bei jedem Blick auf die Karte Geschwindigkeit und somit Zeit einbüsst, ist das Kartenlesen auf ein Minimum zu beschränken. Deshalb ist es ratsam, in der Wettkampfstrategie zu definieren, wie viele Routen man ausarbeiten will. Die Spannbreite erstreckt sich dabei von der Wahl der ersten wahrgenommenen Route bis zum Ausfindigmachen mehrerer Alternativen. Zu beachten gilt, dass der Mehraufwand beim Kartenlesen durch die schnellere Strecke zumindest kompensiert, besser noch Zeit herausgeholt werden kann.

Routenwahl (Entscheidungsfindung)

Die Kartenschreiber versuchen oft, die Posten so zu legen, dass auf den ersten Blick möglichst mehrere Routen zur Auswahl stehen. Welcher Weg der Schnellste ist, zeigt sich meist erst nach dem Rennen in der Auswertung. Da sich die Wege zeitlich nicht viel nehmen, ist eine schnelle Entscheidungsfindung notwendig, denn Zeit kann nicht nur beim Laufen, sondern auch bei unnötig langem Kartenlesen verloren werden. Um die Entscheidungsfindung effizient zu halten, ist es hilfreich, sich im Vorfeld mit der Umgebung auseinanderzusetzen. Dabei können charakteristische Merkmale des Terrains identifiziert werden, welche während des Rennens helfen, die relevanten Zeichen auf der Karte schneller zu erkennen.  

Selbstregulationsmechanismen

Zuschauer haben eine anspornende und motivierende Wirkung auf die Sportlerinnen und Sportler. Die hohe Anzahl der Beobachter bei den Sprintrennen, welche bei Rennen im Wald nicht zugange sind, können einem somit regelrecht beflügeln. Es gilt trotzdem, sich davon nicht ablenken zu lassen, einen kühlen Kopf zu bewahren und die Routen sauber zu planen, sowie die Kräfte optimal einzusetzen.

Bei den längeren Distanzen mag es verziehen werden, wenn man erst nach den ersten Posten richtig im Wettkampf ankommt. Im Sprint ist es von grosser Wichtigkeit, von Anfang an bei der Sache zu sein. Denn es gilt: Achtung, fertig, los!

Orienteering. Control point Prism and composter for orienteering in the autumn forest. Quelle: Adobe Stock

Mitteldistanz

Bei der Ausarbeitung der Strecken für die Mitteldistanz wird darauf geachtet, dass die Siegerzeit zwischen 30 und 35 Minuten erzielt wird. Somit dauert die Mitteldistanz etwa doppelt so lange wie der Sprint. Die physische und psychische Ausdauer gewinnt daher zunehmend an Bedeutung. Zudem wird ein Augenmerk auf die orientierungsfeintechnischen Komponenten gesetzt. Die Karten sind dadurch sehr genau und detailreich. Es ist eine präzise Planung – gepaart mit einer hohen Geschwindigkeit – gefragt.

Wettkampfstrategie

Vor den Wettkämpfen dürfen die Athletinnen und Athleten das Gebiet rund um die Austragungsorte nicht betreten. Dennoch gibt es viele Möglichkeiten, an Informationen heranzukommen. Zu einer seriösen Vorbereitung zählt deshalb auch das Studium alter Karten. Mit den gewonnenen Informationen können mögliche Szenarien erarbeitet werden. Beispielsweise, wie das Gelände in etwa und eine dazu passende Wettkampfstrategie aussehen könnte. Obwohl eine hohe Laufgeschwindigkeit erzielt werden sollte, darf das Planen und Orientieren nicht vernachlässigt werden. Das Laufkonzept muss deshalb genügend Raum für die Planung beinhalten und auch die Zeitpunkte für diese festhalten. So sollte bereits vor dem Erreichen des nächsten Postens, die Route für den darauffolgenden Kontrollpunkt geplant sein, damit die Richtung beim Weglaufen vom Checkpunkt stimmt.   

Routenwahl (Entscheidungsfindung)

Da die Karten detailreich sind, ist eine saubere Planung notwendig. Dazu zählen nebst den Informationen auf den Karten auch die Hinweise des Postenbeschriebs. Während beim Sprint jede Sekunde beim Planen zählt, sollte bei der Mitteldistanz etwas mehr Zeit investiert werden. Mit dem Ausarbeiten von mindestens zwei Routen kann ein Übersehen relevanter Informationen umgangen werden. Die Wahrscheinlichkeit, die schnellste Route zu finden, wird dadurch erhöht. Ausserdem sind die Übergänge zwischen den Planungsphasen und deren Bestimmung wichtig. Diese beinhalten zum Beispiel, dass eine Route bis zum Bereich um den Kontrollpunkt geplant wird und anschliessend kurz davor nochmals eine Feinplanung stattfindet. Somit kann auf geraden Strecken das Tempo forciert werden, ohne den nächsten Kontrollpunkt zu verpassen.

Selbstregulationsmechanismen

Das Startintervall bei Mitteldistanzrennen beträgt normalerweise zwei Minuten. Dies hat zur Folge, dass es bei schwierigem Gelände zu Gruppenbildung kommen kann. Das mentale Verarbeiten des Eingeholtwerdens benötigt viel Energie. Zum einen müssen die negativen Emotionen, meist Ärger, unter Kontrolle gebracht werden. Zum anderen kreisen viele Fragen durch den Kopf: Wo habe ich so viel Zeit verloren? Warum wurde ich eingeholt? Soll ich jetzt der Person nachlaufen, oder selber weiterplanen? Das Ziel in solchen Situationen ist, die Gedanken zu sammeln und den Fokus wieder auf das eigene OL-Konzept zu lenken.

Orientierungslauf, Quelle: Adobe Stock

Langdistanz

Die Langdistanzrennen dauern normalerweise zwischen 70 und 80 Minuten bei den Frauen und 90 bis 100 Minuten bei den Männern. Die konditionelle Komponente verlagert sich somit zunehmend in den aeroben Bereich. Eine gute Ausdauer ist deshalb nicht nur in den Beinen, sondern auch im Kopf gefragt.

Wettkampfstrategie

Damit auch zum Schluss noch genügend Energie zur Verfügung steht, müssen die verfügbaren Kräfte sinnvoll geplant und eingesetzt werden. Auch mit den mentalen Ressourcen muss sparsam umgegangen werden. Die Wettkampfstrategie sollte deshalb definieren, ob man zum Beispiel schnell oder eher konservativ starten will. Desweiteren kann definiert werden, welche geländespezifischen Strukturen man bevorzugen oder vermeiden möchte.

Routenwahl (Entscheidungsfindung)

Mit einer sauberen Routenplanung kann einiges herausgeholt werden. Dabei müssen nicht immer die direktesten Routen auch die schnellsten sein. Manchmal lohnt es sich, die zusätzlichen Meter in Kauf zu nehmen, wenn dadurch Zeit und Kraft eingespart werden können. Dafür werden die in der Wettkampfstrategie definierten geländespezifischen Strukturen in die Routenplanung einbezogen.

Auf längeren Abschnitten ist die Versuchung gross, zu oft einen Blick in die Karte zu werfen. Dies kostet einerseits unnötig Zeit und anderseits auch unnötigen mentalen Kraftaufwand. Bei der Routenwahl ist es deshalb auch wichtig, den nächsten Punkt fürs Kartenlesen zu definieren. Dieser Punkt ist meistens kurz vor einem Übergang von einer groben zu einer feinen Planungsphase. Eine Route zum nächsten Posten wird deshalb in mehrere Teilstrecken aufgeteilt. Dies hat ebenfalls den Vorteil, dass auch unmittelbare umgebungsspezifische Informationen in die weitere Routenwahl einbezogen werden können.

Selbstregulationsmechanismen

Da die Distanzen zwischen den Posten grösser sind, gibt es oftmals längere Abschnitte, bei denen man einer Leitlinie, z.B. einem Weg folgt. Diese sind technisch wenig anspruchsvoll und bieten deshalb viel Raum zum Denken. Gerade wenn die Kraftreserven schwinden oder vermeintliche Fehler begangen wurden, kommen häufig negative Gedanken auf. Auch das Gefühl, dass jemand im Nacken sitzt und man jeden Moment eingeholt werden könnte, kann aufkommen. In solchen Situationen gilt es möglichst rasch die Oberhand über die Gedanken zurückzugewinnen und eine Negativspirale zu verhindern. Dabei helfen positive Selbstgespräche oder auch die Aufmerksamkeitslenkung zurück zur Karte.

 

Kontakt zu Philippe Müller:

Ich würde mich freuen, wenn meine Kollegen (Übersicht aller Profilinhaber) und ich (zum Profil von Philippe Müller) eure Fragen zur sportpsychologischen Betreuung im Orientierungslauf beantworten kann:

https://www.die-sportpsychologen.de/philippe-mueller/

Mehr zum Thema: 

https://www.die-sportpsychologen.de/2018/08/03/philippe-mueller-orientierungslauf-laufen-mit-koepfchen/

https://www.die-sportpsychologen.de/2015/03/17/prof-dr-oliver-stoll-nie-wieder-party-am-kontrollpunkt/

 

 

Views: 268

Philippe Müller: Orientierungslauf – Laufen mit Köpfchen

Am ersten Augustwochenende starten die Wettkämpfe der 35. Orientierungslauf-Weltmeisterschaft in Lettland. Um in den WM-Tagen erfolgreich zu sein, sind nebst einer guten physischen Verfassung auch viele psychologische Komponenten von Bedeutung. Jede Disziplin stellt unterschiedliche Anforderungen an die Psyche. In den weiteren Beiträgen, jeweils vor den betreffenden Rennen, werde ich die disziplinspezifischen psychologischen Komponenten beleuchten.

Zum Thema: Welche Anforderungen stellt der Orientierungslauf an die Psyche?

Obwohl fast jeder schon einmal von dieser Sportart gehört hat, zählt sie zu den Randsportarten. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern besitzt der Orientierungslauf in der Schweiz gewisse Popularität. Dies wohl auch dadurch, dass die eidgenössischen Athletinnen und Athleten seit Jahren zur Weltspitze zählen.

Um erfolgreich Orientierungslauf zu betreiben, sind, nebst einem guten Laufvermögen, viele psychologische Komponenten von Bedeutung. Zum einen sind es die spezifischen OL-Techniken wie zum Beispiel Kartenlesen, Arbeit mit dem Kompass, Routenwahl und zum anderen Selbstregulationsmechanismen vor, während und nach dem Wettkampf. Spannend wird es, wenn man die sportpsychologischen Anforderungen der einzelnen Disziplinen miteinander vergleicht. Denn jede Sparte stellt die Sportlerinnen und Sportler vor neue Herausforderungen.

Wettkampfstrategie und Routenwahl (Entscheidungsfindung)

Es gibt nie ein und dasselbe Rennen. Sowohl die Karten mit den Posten als auch die Lokalitäten ändern immer aufs Neue. Während sich zum Beispiel ein Gebiet durch einen dichten Wald mit vielen unpassierbaren Abschnitten kennzeichnet, gibt es anderseits Regionen mit vielen offenen Flächen. Dementsprechend muss die Wettkampfstrategie auf jedes Terrain angepasst und festgelegt werden.

In engem Zusammenhang mit dem Gelände steht die Routenwahl. Anspruchsvolle Gebiete benötigen mehr Zeit, um die beste Route identifizieren zu können. Auch je nach Beschaffenheit der Topographie sind bestimmte Strukturen zu bevorzugen oder zu meiden. Steile Anstiege mögen manchmal die direkteste, jedoch nicht die schnellste Route sein. Somit ist es bei der Entscheidungsfindung von zentraler Bedeutung, die relevanten Merkmale zu erkennen.

Selbstregulationsmechanismen

Auch im OL-Sport muss gegen viele verschiedene mentale Herausforderungen gekämpft werden. Diese können zum Beispiel die Verarbeitung von Fehlern, die Emotionskontrolle beim Überholt werden, die positive Selbstregulation bei Ermüdungserscheinungen, oder auch die Aufmerksamkeitslenkung zwischen den Posten sein.  

In den kommenden Tagen werde ich einige Texte zum Thema beisteuern. Wenn ihr Orientierungslauf betreibt oder euch dafür interessiert, nehmt gern Kontakt auf. Ihr könnt auch spezielle Themenwünsche äußern oder Fragen zu Herausforderungen stellen, bei denen sportpsychologische Unterstützung vielleicht helfen kann. Hier geht es zum Profil von Philippe Müller:  

https://www.die-sportpsychologen.de/philippe-mueller/

Views: 260

Christian Hoverath: Selbstgespräche gegen Hitze

Der Sommer hat uns immer noch fest im Griff und somit ist das Thema Sport bei Hitze weiterhin so aktuell, dass ich mich gefragt habe, was die Literatur an Ideen bereithält. Einerseits ist das Wissen darum, dass wir sehr anpassungsfähig sind und somit auch die Möglichkeit haben, uns an die Hitze anzupassen, nicht neu. Doch gibt es mentale Strategien, die uns helfen können?

Zum Thema: Mit Selbstgesprächen zur Hitzetoleranz

Physiologisch gibt es einige Strategien, um der Hitze zu begegnen. Faude und Donath (2016) nennen als effektive Möglichkeit mit Hitze umzugehen, die Akklimatisierung, eine adäquate Flüssigkeitszufuhr, Kälteanwendungen vor der Belastung und auch das kühlen unter der Belastung. Stevens und Kollegen (2017) verglichen den Einfluss von Kühlung vor der Belastung mit dem Einfluss von Kühlung während der Belastung bei Läufern und konnten in dieser Studie feststellen, dass Kühlung während der Belastung einen größeren Einfluss auf die Leistungsfähigkeit hat als Kühlung vor der Belastung. Beide Arten der Kühlung jedoch hatten Einflüsse auf physiologische Faktoren wie die Körperkerntemperatur und das EMG. Die Autoren vermuteten endokrinologische und psychophysiologische Einflüsse. In einer weiteren Studie stellte eine Gruppe um Stevens (2017) ähnlich wirksame Effekte auf die Leistung von Kühlung vor der Belastung und dem Sprühen kalten Wassers ins Gesicht während der Belastung fest. Beide Methoden scheinen also gut geeignet zu sein, um die Leistung auch bei Hitze aufrecht erhalten zu können. 

Nun interessiert mich (natürlich) auch der Einfluss von mentalen Strategien auf die Leistungsfähigkeit unter Hitze. Castle und Kollegen (2012) zeigten, dass die Vortäuschung einer niedrigerer Körperkerntemperatur und einer niedrigeren Außentemperatur die Leistungsfähigkeit im Sport signifikant steigern kann. Wir können uns dies zunutze machen. Auch ein mentales Training sorgt für eine größere sportliche Leistungsfähigkeit unter Hitze (Barwood, Thelwell & Tipton, 2008). Eine interessante Studie zum Einfluss von Selbstgesprächen stammt von Wallace und Kollegen aus dem Jahr 2017. Sie untersuchten den Einfluss von Selbstgesprächen auf Ausdauerleistungsfähigkeit und kognitive Funktionen in der Hitze bei Radfahrern. Ein zweiwöchiges mentales Training mit Fokus auf Selbstgespräche, welche die Ausdauerleistungsfähigkeit und motivierende Affirmationen („bleib dran, du siehst gut aus“ oder „du bist fokussiert“) im Blick hatten, half den Athleten dabei, auch unter Hitze ihre Leistung abrufen und steigern zu können. Diesen Einfluss führten sie auf eine Steigerung der Willensstärke und die Steigerung von psychophysiologischer Toleranz auf Hitze zurück.

Eine Anwendungsidee 

Was machen wir daraus? Eine Idee: Fertige eine Liste mit positiven Affirmationen an, gern auch zusammen mit Trainingskollegen, um mehr Ideen zu generieren. Dann denke an die vergangenen Trainingseinheiten und Wettkämpfe zurück und überlege, welche negativen Äußerungen dir durch den Kopf gegangen sind. Stelle diese Listen gegenüber und suche dir die fünf motivierendsten Statements aus, die du dann in den kommenden Trainingseinheiten einsetzt und mit denen Du verstärkt arbeitest. Mache dich stark und hitzetolerant!

 

Literatur

Barwood MJ, Thelwell RC, Tipton MJ. Psychological skills training improves exercise performance in the heat. Med Sci Sports Exerc. 2008;40(2):387–96.

Castle PC, Maxwell N, Allchorn A, Mauger AR, White DK. Deception of ambient and body core temperature improves self paced cycling in hot, humid conditions. Eur J Appl Physiol. 2012;112(1):377–85.

Faude, O., & Donath, L. (2016). Thermoregulation during marathon running. Marathon running: Physiology, psychology, nutrition and training aspects, pp. 69-81.

Stevens, C. J., Bennett, K. J. M., Sculley, D. V., Callister, R., Taylor, L., & Dascombe, B. J. (2017). A comparison of mixed-method cooling interventions on preloaded running performance in the heat. The Journal of Strength and Conditioning Research, 31(3), p. 620629.

Stevens, C. J., Kittel, A., Sculley, D. V., Callister, R., Taylor, L., & Dascombe, B. J. (2017). Running performance in the heat is improved by similar magnitude with pre-exercise cold-water immersion and mid-exercise facial water spray. Journal of Sports Sciences, 35(8), pp. 798-805.

Wallace, P. J., McKinlay, B. J., Coletta, N. A., Vlaar, J. I., Taber, M. J., Wilson, P. M., & Cheung, S. (2017). Effects of motivational self-talk on endurance and cognitive performance in the heat. Medicine & Science in Sports & Exercise, 49(1), pp. 191-199.

Views: 1856

Dr. René Paasch: Regenerationsmanagement im Fußball

Timo Werner, einer der besten deutschen Torjäger in der Fußball-Bundesliga, war in den vergangenen Jahren häufig verletzt. Sein Coach vermutete, dass neben der körperlichen Belastung auch die mentale Drucksituation ihren Tribut forderte. Bundesliga, Champions League, DFB-Pokal und Nationalmannschaft – bei vielen Spielen und kurzen Pausen wird das richtige Maß an Regeneration immer wichtiger. 

Zum Thema: Erholung und Beanspruchung im Fußball gezielt steuern

In den letzten Jahren ist die Aufmerksamkeit für physische und mentale Erholung in  Forschung und Praxis gestiegen (Hauswirth & Mujika, 2013; Meyer, 2010; Venter, 2014). Die Balance zwischen Training und Pause (Erholung & Beanspruchung) spielt eine große Rolle im Leistungssport und ist eine wichtige Voraussetzung für die Gesunderhaltung und Wettkampfvorbereitung. Gerade die erhöhte Anzahl von Wettkämpfen im Fußball, die mit sozialem und medialem Druck gestiegen sind, hat die Bedeutung von schneller und effektiver Erholung zugenommen.

Die Fragebögen Akutmaß Erholung und Beanspruchung (AEB) und Kurzskala Erholung und Beanspruchung (KEB) bilden den aktuellen Erholungs- und Beanspruchungszustand jeweils auf emotionaler, mentaler, allgemeiner und physischer Ebene ab. Die KEB eignet sich mit ihrer kurzen Form vor allem für den täglichen Einsatz (Trainingsmonitoring). Von dem AEB lassen sich hingegen detaillierte Informationen ableiten (Kellmann, Kölling, Hitzschke, 2016). Diese sind standardisierte Selbstbeurteilungsverfahren und umfassen die Skalen:

Akutmaß Erholung und Beanspruchung (AEB) und Kurzskala Erholung und Beanspruchung (KEB)

Das AEB umfasst 32 Adjektive und der KEB acht Adjektive, welche anhand einer sieben-stufigen Skala von 0 (trifft gar nicht zu) bis 6 (trifft voll zu) für den aktuellen Erholungs- und Beanspruchungszustand bewertet sollen. Aus den Punktzahlen werden anschließend die oben genannten Skalen gebildet. Hier ein Beispiel des Akutmaßes Erholung Belastung:

Abb.1.: Beispielitems zur Beantwortung des Akutmaßes Erholung und Belastung

Für die Anwendung des AEB wird der entsprechende Fragebogen sowie das Fragebogenmanual (Kellmann, Kölling, Hitzschke, 2016) benötigt. Die Zusammenarbeit mit einem Sportpsychologen bzw. Sportpsychologin und/oder der Uni Bochum Abteilung Sportpsychologie wird empfohlen. Aufgrund des Umfangs möchte ich Ihnen die Kurzskala Erholung und Beanspruchung (KEB) näher erläutern, da diese in der Praxis einfacher und schneller nutzbar ist.  

Kurzskala Erholung Beanspruchung

Die KEB erfasst den aktuellen Erholungs- und Beanspruchungszustand mehrdimensional mit acht Items auf emotionaler, mentaler, allgemeiner und physischer Ebene. Durch die Erfassung können Überbeanspruchungen eines Spielers bzw. Spielerin frühzeitig identifiziert und so die Sportler optimal unterstützt werden. Die KEB bestehen aus jeweils vier Items (Erholung & Beanspruchung). Hier ein Beispielitem der Kurzskala, die sie dann auf die 8 Items (Erholung: Körperliche Leistungsfähigkeit, Mentale Leistungsfähigkeit, Emotionale Ausgeglichenheit, Allgemeiner Erholungszustand und Beanspruchung: Muskuläre Beanspruchung, Aktivierungsmangel, Emotionale Unausgeglichenheit, Allgemeiner Beanspruchungszustand) erweitern können:

Körperliche Leistungsfähigkeit z.B. kraftvoll, leistungsfähigkeit, energiegeladen, voller Power

Anschließend können Sie die 8 Items tabellarisch ergänzen, um diese dann für die tägliche Überprüfung Ihrer Spieler bzw. Spielerinnen zu nutzen. Wichtig! Je höher der Wert auf einer Skala, desto höher ist der aktuell Erholungs- und Beanspruchungszustand in diesem Bereich. Bitte beachten Sie, dass die Ausprägungen interindividuell sehr unterschiedlich ausfallen und dadurch stark variieren können (vgl. Meyer et al. 2016).

Fazit:

Beide Fragebögen können für ein längerfristiges Monitoring eingesetzt werden. Aufgrund des Umfangs erlaubt der Kurzfragebogen (KEB) eine einfach zu verfolgende Rückmeldung über den aktuellen Erholung-Beanspruchungszustand. Empfehlenswert ist allerdings, das Akutmaß zur Erfassung von Erholung und Beanspruchung (AEB) vor dem ersten Einsatz ausfüllen zu lassen, um die Spieler bzw. Spielerinnen mit dem Befragungsmodus vertraut zu machen. Insgesamt zeigt der AEB eine günstigere Skalenhomogenität gegenüber dem KEB. Dennoch ist die einfache Handhabung des KEBs in der täglichen Nutzung zu empfehlen. Bei allem Monitoring kommt es auf die optimale Dosierung an. Allein viel und oft zu trainieren, wird nicht die erhofften Effekte bringen, genauso wie zu wenig. Ein Übertraining kann genauso zu mentaler Müdigkeit und Konzentrationsschwäche führen wie eine zu schwache Physis. Die Zusammenarbeit mit einem Sportpsychologen bzw. Sportpsychologin aus unserem Netzwerk, der BISp-Datenbank und/oder von der Uni Bochum Abteilung Sportpsychologie wird empfohlen.

 

Literatur

Hauswirth, C. & Mujika, I. (Eds.) (2013): Recovery for performance in sport. Champaign, IL: Human Kinetics

Kellmann, M. (2000): Psychologische Methoden der Erholungs-Beanspruchungs-Diagnostik. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 51, 253-258

Kellmann, M. & Golenia, M. (2003): Skalen zur Erfassung der aktuellen Befindlichkeit im Sport. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin

Kellmann, M., Kölling, S., Hitzschke, B. (2016): Das Akutmaß und die Kurzskala zur Erfassung von Erholung und Beanspruchung im Sport – Manual. Sportverlag Strauß. Hellenthal – 1. Aufl. 2016

Meyer, T.; Ferrauti, A., Kellmann, M. & Pfeiffer, M. (2016): Regenerationsmanagement im Spitzensport. REGman – Ergebnisse und Handlungsempfehlungen. Köln: Sportverlag Strauß

Meyer, T. (2010): Regeneration im Leistungssport. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 61, 127-128

Venter, R. E. (2014): Perceptions of team athletes on the performance of recovery modalities. European Journal of Sport Science, 14 (S1)  S69-S76

 

Views: 774

Miriam Kohlhaas: Wie Ziele dein größter Motivator werden können

„IF YOUR DREAMS DON´T SCARE YOU, THEY ARE NOT BIG ENOUGH.“

Neulich ging es in meiner Arbeit mit Niels Schroedter von den Berlin Rebels, einem Top Spieler aus einem der besten Football Vereine Deutschlands, genau um dieses Thema. Er hatte sich schwer verletzt und stand kurz vor seiner Operation. In den Tagen davor unterhielten wir uns viel darüber, dass er sich eigentlich eine Deadline gesetzt hatte. Diese Deadline besagte, dass er bei der nächsten Verletzung mit der Ausübung dieses Sportes aufhören würde.

Zum Thema: Zielsetzung im Verletzungsfall

Aber so aufhören? Diese Fragen stellte sich auch Niels Schroedter: „Würde ich diesen so geliebten Sport ohne Ring an meiner Hand, ohne den letzten „Kampf“ mit meinen Brüdern einfach an den Nagel hängen? Könnte ich dieses Kapitel meines Lebens jemals ohne Reue abschließen und beiseite legen?“

Schon im Aufwachraum des Krankenhauses war offenbar plötzlich alles klar und ich bekam von Niels Schroedter zum ersten Mal diese eine Nachricht… “ICH WILL MEHR!”

Von einem, der mehr will

Mit diesem klaren Gedanken, dieser Richtung im Kopf, (zunächst war ich vorsichtig und schob die Aussage auf die noch rückständigen Betäubungsmittel in seinem Körper) war plötzlich der Weg ganz klar. Plötzlich ging es darum, dass er „im September wieder auf dem Platz stehen“ wolle. Dieser Wunsch wurde in den folgenden Tagen dem Realitätsabgleich unterzogen, jeden Tag aufs Neue wurden Ärzte und Rehafachkräfte dazu von jeden Tag aufs Neue von Niels Schroedter befragt.

Da war dieser nicht zu brechende Wille! Ein neues, noch schnelleres Ziel wurde gesteckt: „Miriam du weißt ich will mehr!“ – war auf meinem Handy zu lesen. „Ich will eventuell schon nach der Sommerpause wieder an der Seite meiner Brüder spielen.”

Wie Ziele aussehen sollten

In diesem Moment sah ich meine Aufgabe als sportpsychologischer Coach darin, dem Sportler zu spiegeln, dass realistische, überprüfbare Ziele unser Streben sein sollten. Dass ich Sorge davor habe, dass er im Nachhinein ein Gefühl der Enttäuschung erleiden würde, würde er es nun nicht schaffen, dieses eigentlich unrealistische Ziel zu erfüllen. Dass er dabei vergessen würde, wie seine Gedanken noch vor ein paar Tagen und Wochen waren. In den Stunden, in denen er aufhören wollte zu spielen. Dass er dankbar sein sollte, wenn er sein realistisches Ziel nach so einer kurzen Reha Zeit überhaupt erreichen würde.

Und ja, er versicherte mir all meine Bedenken zu verstehen – aber da war dieser Gedanke in seinem Kopf, der nicht mehr zu stoppen war: ICH WILL MEHR!

Der theoretische Hintergrund

Zu diesem Zeitpunkt ging ich mit einer Masterstudentin unseres Netzwerkes Die Sportpsychologen in den Austausch und wir erarbeiten folgenden theoretischen Hintergrund:

Nach einer Verletzung zurückzukommen, ist immer ein schwerer Weg. Zur Unterstützung ist das Erstellen eines Come-Back-Planers hilfreich. In diesem, werden verschiedene Bausteine eingefügt, die dem Sportler helfen sollen, eine positive Denkweise nicht zu verlieren und Mut für den Weg zurück zu schöpfen. Inhalte können sein, dass Bezug auf andere Sportler genommen wird, die bereits diese Verletzung überstanden haben oder Personen, die den Rehabilitationsverlauf begleitend unterstützen. Es können auch eigene Erfolge in den Fokus gerückt werden, um die Selbstwirksamkeitserwartung auf einem guten Level zu halten bzw. wieder zurückzubringen. Es lässt sich auch versuchen, einen „positive“ Nutzen aus der Verletzung zu ziehen, oder eine Rückschlagprophylaxe einzubauen. Aber vor allem geht es darum, über die kleinschrittige Zielsetzung die Motivation für die Reha und die Zeit danach aufzubringen.

Betrachten wir doch noch mal genauer den Bereich der Zielsetzung:

Grundsätzlich ist der Anspruch an ein Zieles oder mehrere Ziele, dass sie einerseits herausfordernd aber auch realistisch sind. Engbert hat 2011 hierzu die SMART Regel erstellt, die uns dabei helfen soll, dass unsere Ziele bestmöglich aufgestellt sind. Was bedeutet dieses SMART im Detail?

Das S steht für Spezifisch. Das Ziel soll so genau und detailliert wie möglich beschrieben werden.

Das M steht für Messbar. Die Nutzung von qualitativen bzw. quantitativen Formen wie z.B. das Erreichen einer bestimmten Zei.t

Das A steht für Attraktiv. Hierbei soll das Ziel unbedingt positiv formuliert sein und „von Innen heraus“ kommen.

Das R steht für Realistisch. Eine gesunde Selbsteinschätzung und Reflektion inwieweit das Ziel wirklich umsetzbar ist.

Das T steht für Terminiert. Und zu guter letzt muss das Ziel klar festgelegt sein, wann dies erreicht werden soll.

Dabei ist es sinnvoll, jeweils über ein kurzfristiges Ziel nachzudenken, welches etwa in einem Zeitumfang von vier Wochen liegt, einem Mittelfristigen welchen etwa zwei bis sechs Monate umfasst und einem langfristigem, welches zwischen mehreren Monaten und Jahren liegen kann.

Drei Arten von Zielen

Ebenso lassen Sich nach Engbert drei verschiedene Zielarten unterscheiden. Zum einen das Ergebnisziel, mit dem Inhalt von Titelgewinnen, Platzierungen, Siegen usw., das Prozessziel in dem es darum geht, eine bestimmte Art und Weise im Verlauf umzusetzen, wie z.B. offensiver oder aggressiver zu spielen und das Leistungsziel, in dem klar formuliert, eine bestimmte Veränderung angestrebt wird, wie z.B. eine Trefferquote um 10% zu steigern.

Und wenn wir uns nun fragen, warum das alles, so zeigt sich relativ schnell, welche Wirkung Ziele auf uns haben können? Ziele lenken zunächst einmal unsere Aufmerksamkeit und damit das Handeln für die Aufgabe. Durch das konkrete Ziel kann aber auch Energie und Anstrengungsbereitschaft mobilisiert und das Durchhaltevermögen erhöht werden.

Wichtige Einschränkung: Auf dem Weg zum Ziel sollten immer mögliche Hindernisse einkalkuliert werden oder im Bedarfsfall eine Überarbeitung des angestrebten Zieles stattfinden, um weiterhin die Wirkungen voll ausschöpfen zu können und kontraproduktiven Misserfolgen aus dem Weg zu gehen.

Theorie trifft Praxis

Zurück zu Niels Schroedter konkreter Situation: Und hier spürte ich, dass es genau diese so unheimlich hoch gesteckten Ziele waren, die in ihm eine unbeschreibliche Energie freisetzten. Eine Energie, die wohl auch seinen Heilungsprozess enorm verbesserte.

Was also ist in diesem Moment der „richtige“ Weg? War es nicht verrückt, würden wir diese enorme Energie nicht nutzen, nur weil wir auf realistische Ziele bestehen würden?

Sportliche Inspiration

Sebastian Thieme von den Potsdam Royals sagte mir zu diesem Thema, dass das Problem mit realistischen Zielen darin bestehe, dass man sich den Weg, der vor einem liegt, dann eben nur bis zu diesem realistischen Punkt vorstellt. Man muss den Weg aber weiter denken, damit überhaupt die Möglichkeit besteht, ihn über alle Grenzen hinaus gehen zu können.

Wie Recht er doch hat! Oder? (lasst uns gern bei Facebook dazu diskutieren, mich interessieren auch eure eigenen Erfahrungen)

Achtung, wichtige Dankesworte

Danke Niels, dass du mir jeden Tag aufs Neue zeigst, wie stark und ungebrochen du doch bist! Wie sehr ich mich darauf freue, dich bei deinem ersten Spiel nach dieser harten Zeit begleiten zu können.

Danke Basti für deine inspirierenden Gedanken und dafür, dass ich mir diesen Weg nun auch mit euch vorstellen werde.

All ihr fantastischen gerade verletzten Spieler, alle die, die ihr comeback gerade planen …

Greift ruhig nach den Sternen und lasst euch von niemanden sagen, ihr könnt etwas nicht! Überwindet diese Grenzen – es sind ihre, nicht eure!

Ihr selbst bestimmt, ob ihr mehr wollt!!!

An dieser Stelle möchte ich die Chance nutzen, euch die Kollegin vorzustellen, die mit mir in den theoretischen Austausch für dieses Thema gegangen ist und, die nun auch zum Ende ihres Master Studienganges in unserem Netzwerk aktiv wird:

Zum Profil: Kathrin Seufert

Vielen Dank Kate, dass ich im Rahmen des Mentorings deinen Weg besonders in den vergangenen Wochen und Monaten so eng begleiten darf. Es ist mir eine große Freude, eine so ambitionierte junge Frau auf ihren ersten Stationen in diese so wahnsinnig tolle Fachrichtung begleiten zu dürfen. In dir erkenne ich so viel von mir selbst wieder!

 

Literatur:

Alfermann, D. & Stoll, O. (2007). Ein Lehrbuch in 12 Lektionen. Sportwissenschaft studieren. Aachen: Meyer & Meyer.

Engbert, K. (2011). Mentales Training im Leistungssport. Ein Übungsbuch für den Schüler- und Jugendbereich. Stuttgart: Neuer Sportverlag.

 

Views: 275

Prof. Dr. Oliver Stoll: Das Ende? (Streakrunning-Serie, Teil 8)

Ich beginne mit dem Schreiben der aktuellen Folge meiner Streaking-Serie schon zwei Tage vor Ende des Monats Juli 2018, weil ich – offen gesagt nicht genau weiß, wie die Sache letztendlich ausgeht. Ich würde vermuten, die Zeichen stehen gut. Aber manchmal kommt es eben anders, als man denkt. Eines vorweg: Wahrscheinlich zieht dieser Blog-Beitrag möglicherweise einen Shit-Storm nach sich. Da lasse ich mich mal überraschen. Und wenn es denn so kommt, dann werde ich damit leben.

Zum Thema: Streakrunning-Serie, Teil 8

Aber fangen wir von vorn an. Der Juni mit den beiden „einerseits belastenden – andererseits so beliebten“  Wettkämpfen war vorbei. Kein Druck mehr – nur noch laufen wie und wann man will – Urlaub steht vor der Tür. Es kann nur besser werden. Der erste Teil des Monats Juni, war, trotz Stress in der Uni (Prüfungsphase), ein Traum von Laufgefühl. Ich hatte es mir zurückgeholt, das Glück und die Leidenschaft, die ich mit dem Laufen verbinde (Link zur Juni-Folge der Streaming-Serie: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/07/02/prof-dr-oliver-stoll-krisenmonat-juni-streakrunning-serie-teil-7/).  Jeder Tag war, als gäbe es gar keine „Finish-Line“, die ich ja auch immer so oft haben und erleben muss.

Am 17. Juli joggte ich gemeinsam mit Frauke gemütlich durch unser Lieblingslaufgebiet, und ich war angeregt in ein Gespräch vertieft. Wir querten Straßenbahngleiße, mit anschließenden hohen Bürgersteig und „ZACK“ – ich stolpere – lege allerdings auch eine geniale „Ronaldo-Rolle“ hin und kam schnell wieder ins Stehen. Das Ergebnis: Ein ziemlich ramponiertes linkes Knie, ansonsten alles gut. Die Wunde, im Wesentlichen oberflächlich aber breit. Mein erster Gedanke: Das war`s jetzt. Aber nein – Erstversorgung war hervorragend – alles super – auch am nächsten Tag kein Eiter oder Entzündung – alles gut – nochmal Glück gehabt (es gibt dazu auch Bilder, aber die muss man jetzt nicht haben – da kommt später noch was anderes). Nun ja – nicht funktionale Aufmerksamkeitsregulation. Man könnte ja meinen, dass ich daraus gelernt hätte. Die Aktion behinderte mich jedenfalls nicht weiter beim Streaken – das hätte allerdings auch anders ausgehen können.

Urlaub auf Sardinien

Am 22. Juli reisten wir dann nach Sardinien. Der so lange geplante und erwartete Urlaub. Die Hinreise war für einen Streak-Runner eher schwierig. Flug von Berlin nach Stuttgart um 8 Uhr – dann fünf Stunden Overlay, bevor es dann nach Cagliari weiterging. Wann laufe ich? Nein – nicht am Flughafen die Gateway rauf und runter – und auch nicht in der Overlay-Phase – das war mir zu blöd! Also raus aus dem Bett um 4:00 Uhr und dann eine lockere halbe Stunde in Leipzig (Stötteritz), die ich im übrigen sehr genossen habe, mit so viel Vorfreude und tollen Bildern im Kopf. Bilder und Visionen darüber, was uns wohl erwarten würde.

Es ging alles super. Die beiden Flüge gingen rechtzeitig und wir beide waren an Bord. Ankunft in Cagliari spät abends, Mietauto abholen, ab ins Hotel, einem kurzen ersten Eindruck der Stadt mitnehmen und dann erst mal ausschlafen.

Fehlende Aufmerksamkeit

Am nächsten, frühen morgen bin ich dann schon mal losgelaufen, weil es noch einiges zu erledigen gab, unter anderem Bargeld besorgen. Der Morgen war angenehm für südeuropäische Verhältnisse, vielleicht knapp 22 Grad und eine leichte Brise fegte durch die engen Straßen Cagliaris. Ich war voll auf beschäftigt mit „laufendem Genießen“ und den Kopf immer oben, auf der Suche nach einem Geldautomaten. KEINE GUTE IDEE. Ich habe einen Fehler gemacht und war unaufmerksam, als ich so vor mich hinlief (da hatte ich wohl doch nichts gelernt aus der Aktion, eine Woche zuvor). Mein rechter Fuß trat auf einen im Weg liegenden großen Stein und knickte rechts weg. In dem Moment als es passierte, war mir klar – das ist jetzt keine Kleinigkeit. Ich kannte ja das Gefühl schon, dass ich vor ca. zehn Jahren schon mal erlebte. Es ist, wie wenn dir jemand von rechts hinten ein Messer in das Sprunggelenk rammt. Genau das hatte ich schon mal, als ich als Eishockeytrainer mal sehr blöd von der Auswechselbank aus ca. einem Meter Höhe ohne zu schauen abstieg und genau so umknickte, weil ich auf ein Schlägerende trat. Damals schon – nach gehaltener Röntgenaufnahme – Bänderriss. Ich wusste genau in diesem Moment, was da passiert war – und nein – ich wollte nicht wieder eine „gehaltene Röntgenaufnahme“ um sicher zu gehen. Ich wusste – das Band ist sicher durch. Ich kam noch gut bis ins Hotel zurück, und dann war klar, was passieren würde – mächtige Schwellung (siehe Abbildung 1), Bewegungseinschränkung und anhaltender Schmerz. War es das jetzt mit meinem Vorhaben: „Ein Jahr Streak-Running“? Nein – ich war noch nicht bereit, dieses Projekt aufzugeben. In meinem Kopf ging immer wieder der Gedanke herum: „Eine Meile geht immer irgendwie“. Andererseits begann ich mir auch richtig Sorgen zu machen, nicht unbedingt wegen des drohenden Ende des Streaks, sondern weil damit der so geliebte Jahresurlaub „auf der Kippe stand“.

Diejenigen unter Euch Leserinnen und Lesern, die mit Frauke und mir auf Facebook befreundet sind, kennen ja nur die tollen Superfotos aus unserem Urlaub. Und ja, genau so war es auch – aber die Sache mit dem Sprunggelenk habe ich erst einmal für mich behalten.

Abb.1: Das rechte Sprunggelenk drei Tage nach dem Außenbandriss; Abb.2: Das rechte Sprunggelenk vier Tage nach dem Außenbandriss, stabilisiert

Was kann passieren?

Es folgten lange Gespräche mit Frauke und einiges an Internet-Recherche. Was also könnte denn passieren, wenn ich trotzdem (in gewissen Grenzen) weiterlaufen würde? Nach meinen Gesprächen und der Internet-Recherche kam ich zu dem Schluss, dass eigentlich nichts weiter passieren kann. Das Band ist kaputt – eine Operation kommt nicht in Frage – ich muss sehen, wie ich die nächsten nächsten Wochen damit klar komme und darf nur nicht noch einmal umknicken. Die nächste Apotheke verkaufte mir jedenfalls erst einmal eine Großpackung Mobilat und Ibuprofen 400er Tabletten. Ich hatte kurz an einen Air-Cast gedacht, den aber dann nicht gekauft, weil ich jetzt bewusst laufen wollte, um nicht noch einmal umzuknicken. Und so lief ich weiter. Am Tag nach dem Vorfall, vier Kilometer, am Tag darauf neun Kilometer und dann noch mal einen Tag später fünf Kilometer – sehr kontrolliert – auf flacher Strecke – Asphalt und unter „Drogen“ – sprich Ibuprofen. Schmerzen – ja – trotz Ibu, aber erträglich. Mir schwante aber eben auch nichts Gutes, weil ich wusste, dass es am nächsten Tag nach Fonni gehen sollte, also dem Ausgangsprunkt für unser Trail-Run Highlight hier in Sardinien. Rauf und wieder runter auf die Punta la Marmola – dem Dach Sardiniens auf fast 2000 Meter und das eben vor allen Dingen auf den letzten 300 Höhenmetern, sehr unwegsames Gebiet. Laufen mit Außenbandriss auf Asphalt flach ist eine Sache – Trailrunning damit im Hochgebirge ist eine andere Angelegenheit. Wir entschieden uns für einen „Walk-Run“. Laufen immer dann, wenn es auch für mich möglich erscheint und Wandern immer dann, wenn es „technisch wird“. Am Vorabend teilten wir die Unterkunft mit zwei Medizinstudenten, kurz vor ihrem Abschluss, eine angehende Allgemeinmedizinerin, und ein angehender Radiologe aus Frankreich. Die beiden wollten auch auf die Punta und sie haben sich meinen Knöchel dann mal angeschaut. Felicitas, die Allgemeinmedizinerin, schaute zu ihrem Freund und meinte: „Was denkst Du – sechs Wochen Sportverbot“! Dann wandte sie sich mir und Frauke zu und sagte mit ernster Stimme: „Ich weiß, das machst du sowieso nicht – wahrscheinlich nicht mal die zwei Wochen, die Du jetzt eigentlich mindestens brauchst, aber ich bitte Dich – hole dir einen Air-Cast , bevor ihr auf die Punta hoch geht!“ Wir hatten mit den beiden noch einen langen Abend. Sehr interessante Gespräche und natürlich kam auch wieder das Thema „Sportsucht“ auf das Tableau – aber dazu komme ich später beim meinem Fazit noch einmal.

Liebe Leserinnen und Leser, was jetzt kommt: „Bitte nicht nachmachen“! Ich weiß, dass das unvernünftig war und ich weiß auch, dass ich damit kein Vorbild für andere Menschen bin. Dass wir dann am nächsten Tag tatsächlich los marschiert/gerannt sind, hat mit einem tiefen Urvertrauen in unsere (Frauke und meine) Fähigkeiten zu tun und wahrscheinlich auch damit, dass ich dann tatsächlich, bevor wir los sind, in einer Apotheke hier – zwar keinen echten Air-Cast – aber einen brauchbaren Knöchel-Stabilisator bekommen habe. Und dann sind wir beide – also Frauke und ich los in Richtung Punta la Marmola – und ich möchte keine Minute davon missen. Dieses gemeinsame Abenteuer da hinauf, das „Sein im Hier und Jetzt“ in dieser wilden, rauen Natur, ganz alleine mit uns und dem Berg. Das war trotz des Knöchels, ein unvergessliches Erlebnis. Wir haben kurz vor dem Gipfel dann sogar noch unsere beiden angehenden Ärzte getroffen und ein schönes Wiedersehen gefeiert. Der Abstieg war dann sehr fordernd für mich, vor allen Dingen, was Konzentration und Aufmerksamkeit betraf. Wir haben fast sechs Stunden für die 30 Kilometer und 1500 positive Höhemeter gebraucht, aber das Erlebnis und der Ausblick bei diesem Traumwetter von dort oben, was es absolut wert.

Abb. 3: Oliver – mit seinen Freunden, den Bergziegen

Wieder Schmerzmittel 

Es gibt auch noch eine Geschichte in dieser Geschichte, die aber mit dem Laufen im engeren Sinne erst Mal nichts zu tun hat und die ich Euch an dieser Stelle auch vorenthalte. Die bekommen dann diejenigen von Euch erzählt, mit denen wir uns mal persönlich treffen.

Dieser Tag war jedenfalls atemberauend schön und trotz Schmerzen und dem einen oder anderen ganz kleinen „Umknicker“ unvergesslich. Ja, der Knöchel war wieder dicker am nächsten Tag, und es ging erst mal wieder nicht mehr ohne Schmerzmittel, aber am heutigen Tag, sechs Tage nach dem Bänderriss bin ich das erste Mal wieder ohne Schmerzmittel gelaufen und die Schwellung nimmt weiter ab (die Laufeinheiten sind aber auch nicht länger als 30 Minuten gerade).

Beta-Endorphine und das „Runner`s High“

Auf dem Dach Sardiniens, der Punta la Marmora (Frauke jubelt im Vordergrund)

Ich hatte mich dann doch mal an meine Magister-Arbeit 1990 erinnert. Damals untersuchte ich die Funktion der Beta-Endorphine, die ja bekanntlich immer für das „Runner`s High“ verantwortlich gemacht werden. Das ist nachweislich aber „Blödsinn“. Endorphine wirken natürlich, aber eben ganz anders. Sie sind Teil unseres körpereigenen Opiodsystems, dass Schmerzen lindert. Konkret heißt das (im Selbstversuch getestet): Ich laufe los und schätze die Schmerzintensität auf eine Skala von 0 bis 10 bei etwa 7 ein. Im Laufe der zeit nimmt diese Wahrnehmung ab. Nach ca. 30 Minuten liegt sie bei etwas 2. Na ja und länger als eine halbe Stunde muss ich zur Zeit ja auch nicht unbedingt laufen.

Am heutigen Tage stehen 206 Kilometer in diesem Monat – zwei Tage haben wir noch: Ja, das ist für einen 31-Tage-Monat wenig – aber dann auch schon wieder viel, wenn man bedenkt, was alles passiert ist.

Fazit  

Kann man mit einem Bänderriss im Sprunggelenk (auch weiter täglich) laufen? Ja, das kann man. Kann man damit einen anspruchsvollen Trail-Lauf hinlegen? Ja, das geht (notfalls) auch. Ist das vernünftig? Nein, dass ist es sicherlich nicht. Soviel habe ich daraus erst einmal gelernt.

Bin ich sportsüchtig? Ich würde nach wie vor behaupten: Nein. Nach der Diskussion mit den beiden Medizinstudenten musste ich schon zugeben, dass ich zwei der sieben Suchtkriterien erfülle, aber eben keine vier, die für diese Diagnose zutreffen müssten. Allerdings erfülle ich ein Kriterium, dass ein zentrales ist, nämlich dass der Inkaufnahme einer weiteren Verletzung/Schädigung bei weiterer, sportlicher Aktivität. Ich bin nicht darauf voll fokussiert, vernachlässige nicht meine sozialen Kontakte, erhöhe nicht die Dosis, habe kein Kontrollverlustgefühl, und ob ich unter Entzugssymptomen leide, wenn ich nicht laufen würde, müsste ich erst mal ausprobieren. Im Moment zumindest, ist das keine Option. Ein weiteres zentrales Kriterium erfülle ich ebenso nicht. Ich leide nicht, weil ich laufen muss! Ich tue es nach wie vor, weil ich es liebe.

 

Die komplette Serie:

Prof. Dr. Oliver Stoll: Krisenmonat Juni (Streakrunning-Serie, Teil 7)

Prof. Dr. Oliver Stoll: Streakrunning ist „Mentales Training“ (Streakrunning-Serie, Teil 1)

Prof. Dr. Oliver Stoll: Grenzenlose Gelassenheit (Streakrunning-Serie, Teil 2)

Prof. Dr. Oliver Stoll: Die Sinne schärfen sich (Streakrunning-Serie, Teil 3)

Prof. Dr. Oliver Stoll: Gefangen zwischen Leistungsorientierung und Bauchgefühl (Streakrunning-Serie, Teil 4)

Prof. Dr. Oliver Stoll: April – der Monat, in dem sich alles verändert… (Streakrunning-Serie, Teil 5)

Prof. Dr. Oliver Stoll: Laufen im Mai – Von Hitze, viel Grübeln und mit allen Sinnen genießen (Streakrunning-Serie, Teil 6)

 

Views: 975

Dr. Hanspeter Gubelmann: Fünf Tipps vom Triathlon-Topathleten Ruedi Wild

Kürzlich traf ich eine talentierte und ambitionierte Nachwuchssportlerin zum Erstgespräch. In der lebendigen Diskussion meinte sie: „Ich will von den Besten lernen“!

Zu den besten seines Fachs im Langdistanz-Triathlon zählt Ruedi Wild. Im Juli 2018 wurde er in Dänemark Vizeweltmeister über die Langdistanz, gleichbedeutend mit einem seiner schönsten Erfolge seiner Karriere, wie er dies in seinen Facebook-News bezeichnet. Ich kenne den 36-jährigen Athleten seit vielen Jahren und finde es schlicht faszinierend, welchen Einblick er uns in seinem Bericht „Ruedi Wild: Inside a racing mind“ (zum Beitrag), gewährt. Ruedi hat sich nicht nur bereit erklärt, seinen Text auf die-sportpsychologen.de zu veröffentlichen, sondern äussert sich hier auch zu fünf psychologischen Aspekten seiner „racing mind“! Es sind Statements, die nicht nur die talentierte Nachwuchsathletin interessieren dürften!

Zum Thema: Wettkampfvorbereitung, Selbstgespräche, Mentale Stärke, Erschöpfung, Mentale Müdigkeit im Triathlon

Ruedi Wild bei der WM 2018 (Wagner Aurojo/ITU Media, zur Verfügung gestellt von Rudi Wild)

Optimale psychische Wettkampfvorbereitung:

Ist bei mir immer wieder anders und situativ. In der Regel bin ich ziemlich entspannt und auch zum Scherzen aufgelegt und freue mich generell auf den Wettkampf bzw. die Möglichkeit, mein bestes Können zeigen zu können und zwar dann, wenn es am meisten zählt… 

Wenn es los geht, bin ich 100% da und voll der Wettkämpfer – bereit, alles zu geben. Optimal ist für mich meistens ein gewisses Mass an Aggressivität. Wäre ich schon die ganze Zeit zu angespannt im Vorfeld, wäre ein grosser Teil der Energie schon weg, bevor es losgeht (Energiemanagement). 

Je grösser mein erarbeitetes Selbstvertrauen, umso entspannter bin ich im Vorhinein!

Ruedi Wild bei der WM 2018 (aktiv Images, zur Verfügung gestellt von Rudi Wild)

(Positive) Selbstgespräche:

Auf den möglichen Erfolg konzentrieren und keine Gedanken an ein mögliches Scheitern verschwenden. „Gedankenhygiene“…

Für diese Momente trainierst du die ganzen Jahre und du musst das Risiko bzw. die Herausforderung mit ganzem Herzen annehmen. Ansonsten wirst du sie nicht bestmöglich meistern können. In diesem Falle bleiben dann im Nachhinein Fragen wie „hätte“, „wäre“, „wenn nur“…

Ruedi Wild bei der WM 2018 (aktiv Images, zur Verfügung gestellt von Rudi Wild)

Mentale Stärke, wenn du „all in“ gehst

Ich konzentriere mich auf den korrekten technischen Ablauf und mein Ziel im Wettkampf. Ich rufe mir all die harte Vorbereitung in Erinnerung, die ich und mein Umfeld/Familie investiert haben. „Leiden“ = ich bewege mich im Optimum meiner Leistungsfähigkeit. Also ein gutes Zeichen…

Ruedi Wild bei der WM 2018 (aktiv Images, zur Verfügung gestellt von Rudi Wild)

…und wenn du „auf Eiern läufst“

Wenn das suboptimale Körpergefühl nicht mit dem Kopf/Mentalen übereinstimmt. Der Körper ist kaputt und gibt das Signal an den Kopf, doch langsamer zu laufen, es lockerer zu nehmen etc.

Ich versuche, im Kopf stark zu sein, positive Selbstgespräche zu führen, nicht langsamer zu werden und darauf zu vertrauen, dass der Körper entsprechend reagiert…

Sobald ich im Kopf aufgebe, nimmt die körperliche Müdigkeit überhand und es gibt  ab da kein zurück mehr. Ich kann dann nicht mehr die optimale Leistungsfähigkeit abrufen…

Ruedi Wild bei der WM 2018 (Wagner Aurojo/ITU Media, zur Verfügung gestellt von Rudi Wild)

WM-Debriefing – welche Schlussfolgerungen ziehst du?

1)  Geist über Körper: Zuerst gibst du immer im Kopf auf und der Körper folgt unmittelbar. Erst wenn ich über die ganze Dauer mental hart bleibe, kann ich körperlich über mich hinauswachsen;

2)  Ich kann nicht an jedem Rennen mental in Topform sein und muss versuchen, diese Form selektiv für die wichtigsten Wettkämpfe aufzubauen; 

3)  Die mentale Müdigkeit ist nach einem solchen Wettkampf grösser als die körperliche und dauert auch länger an. Ich gönne mir eine lockere Zeit und steige erst wieder ein, wenn ich auch mental wieder bereit bin – das heisst auch: wieder motiviert bin!

 

Mehr zum Thema:

https://www.die-sportpsychologen.de/2018/07/26/ruedi-wild-inside-a-racing-mind/

https://www.die-sportpsychologen.de/2018/05/15/christian-hoverath-sportpsychologie-tipps-fuer-triathleten/

Christian Hoverath, www.die-sportpsychologen.de

https://www.die-sportpsychologen.de/2016/10/07/konrad-smolinski-sportpsychologie-im-triathlon/

Views: 181