Johanna Constantini: Digital gestresste Sportlerjugend? Mittel und Wege zur Vorbeugung

Von Befürwortern Digitaler um Sozialer Medien wird sehr gerne argumentiert, dass jene unseren ureigenen menschlichen Bedürfnissen der Kommunikation und der Zugehörigkeit gerecht werden. Und doch gibt es mittlerweile zahlreiche Studien, die diese Motive der Nutzung zwar bestätigen, jedoch weit tiefer greifen. Nämlich dorthin, wo auch negative Auswirkungen folgen. Allen voran ist es Digitaler Stress, den Digitale Medien vor allem im Jugendalter verstärken (Misra und Stokols, 2012; Turkle, 2012; Hefner und Vorderer, 2016). Dabei handelt es sich um eine Art von Stresserleben, dass durch moderne Kommunikationsmittel– und Informationstechnologien verstärkt wird (Hefner und Vorderer, 2016) – nach Hofmann (2018) auch Medienstress genannt. Sogar die individuelle Bewegungsfreude, die sportliche Aktivität und die Teilhabe an realen Gesellschaften vermindert sich durch Digitalen Stress zunehmend. 

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Johanna Constantinis Beitrag zum Hören

Zum Thema: Was moderne Sportpsychologen von Sozialen Medien wissen sollten 

Nicht zuletzt aus diesen Gründen ist digitaler Stress auch etwas, worüber im Nachwuchssport gesprochen werden sollte. Immerhin führt jeder Stress, der ein negatives Empfinden mit sich bringt, zu einer übermäßigen Ausschüttung von Cortisol. Dieses sogenannte „Stresshormon“ führt nachgewiesenermaßen dazu, dass unser Körper und alle seine Kräfte darunter leiden. Negativfolgen, die allen voran Sportler tunlichst meiden sollten. Besser noch, präventiv – also vorausschauend – dafür sorgen, dass digitaler Stress gar nicht erst zum Thema wird. 

Natürlich sind Darstellungsformen über Soziale Medien und die entsprechende Platzierung potentieller Sponsoren heute wichtig, keine Frage. Doch sollten auch Konzentrationsschwierigkeiten, negative Stimmungen, Stress durch das berüchtigte „Nicht–mehr–abschalten–können“ und die Vernachlässigung realer Kontakte zur Sprache kommen. Das Erstellen eines Online–Profils bedeutet heute so etwas wie seine eigene Identität nach außen zu gestalten. Dabei ist es vor allem der Sport, der per se identitätsstiftend sein kann. Erfolge werden mit Ruhm belohnt, Trainings und Entbehrungen durch immer bessere Leistungen in ihrer Richtigkeit bestätigt. Dabei ist es die innere Motivation, die die treibende Kraft aller positiven Emotionen bildet. 

Johanna Constantini, die-sportpsychologen.at

Johanna Constantini

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Vier Tipps für die Praxis

Sofern das eigene Sportler–Erleben hauptsächlich online geführt und dargestellt wird, vermindert sich diese Erinnerung und Bekräftigung der ureigenen Motivation. So sehr sind wir dann auf unsere Außenwirkung konzentriert, dass der Innenwirkung, also unserem ganz persönlichen Belohnungserleben weit zu wenig Beachtung geschenkt wird. 

Was können wir im Sport tun, um dem digitalen Stresserleben entgegenzuwirken? 

  • Abgrenzungen schaffen 

Förderlich kann es sein, sowohl eine öffentliche Seite als Sportler, als auch ein privates Profil in Sozialen Medien zu betreiben. Vorausgesetzt, man wünscht sich letzteres zusätzlich. Wie gesagt, die mediale Präsenz ist heute Teil des erfolgreichen Sportmarketings. Hilfreich ist es jedoch, private Angelegenheiten privat zu belassen und sich auch online abzugrenzen. 

  • Teaminterne Absprachen

Oft werde ich gefragt, ob es Sinn macht, das Smartphone im Mannschaftsbus zu verbieten. Darauf habe ich keine Antwort, da ich denke, dass derartige Strategien individuellen Absprachen unterliegen sollten. Wichtig ist jedoch, dass der Umgang mit digitalen Geräten wie Smartphones, Tablets und dergleichen innerhalb des Teams zum Thema gemacht wird

  • Miteinander reden

Auch der nächste Tipp bezieht sich darauf, unbedingt miteinander zu reden. Um Missverständnissen vorzubeugen oder einfach, um die zwischen–menschliche Kommunikation im Sportverein oder im Team zu fördern, empfiehlt es sich tatsächlich, Gesprächsrunden zu etablieren. Und zwar solche, die keiner digitalen Kommunikation bedürfen. Einfach, um analoges Sein zu fördern und damit allem gerecht zu werden, wonach der Mensch und damit auch der Sportler tatsächlich bedarf. 

• Individuelle Motive hinterfragen

Der Mensch ist komplex, so auch der Junge Sportler, dessen Lebenswelten sich zunehmend in Sozialen Medien abspielen mögen. Wichtig ist für Betreuer, Trainer und Psychologen daher auch, individuelle Motive der Nutzung selbiger zu hinterfragen. Denn, so überspitzt es auch klingen mag: vielleicht ist es nicht die Atemübung, die dem jungen Athleten helfen wird, vielleicht ist es vielmehr die Beachtung beeinträchtigender Dynamiken Sozialer Medien, die seine Konzentration nach und nach wieder verbessern…

Mehr zum Thema:

Mehr Interesse am Thema? Johanna Constantini hat bereits zahlreiche Texte verfasst – hier eine kleine Übersicht:

Quellen

Hefner, Dorothée und Vorderer, Peter: Digital Stress. Permanent Connectedness and Multitasking. In: The Routledge Handbook of Media Use and Well-Being: International Perspectives on Theory and Research on Positive Media Effects. Hg. v. Mary Beth Oliver und Leonard Reinecke. New York und Abingdon 2017

Hofmann, Jana: Medienstress durch Smartphones? Eine quantitative und qualitative Analyse. Köln 2018. 

Misra, Shalini und Stokols, Daniel: Psychological and Health Outcomes of Perceived Information Overload. In: Environment and Behavior, 6/2012. 

Turkle, Sherry: Verloren unter 100 Freunden: Wie wir in der digitalen Welt seelisch verkümmern. München 2012.

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Johanna Constantini
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