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Feature: Edinson Cavani als Joker? Dass muss nicht funktionieren

Im Achtelfinale gegen Portugal wurde Edinson Cavani von keinem geringeren als Cristiano Ronaldo vom Platz geleitet. Ein Zeichen des absoluten Respekts gegenüber der dreifachen WM-Torschützen, der mit Luis Suarez allen voran gegen Portugal ein offensives Traumpaar abgab. Allerdings: Cavani plagt ein Bluterguss im Oberschenkel, der zumindest einen Einsatz im Viertelfinale gegen Frankreich von Beginn an unwahrscheinlich erscheinen lässt. Was müsste der 31-Jährige leisten, käme er von der Bank?

Zum Thema: Die besonderen Fähigkeiten von Jokern

Entscheidend ist für Thorsten Loch, dass eingewechselte Spieler, allen voran Stürmer, in der Lage sein müssen, direkt im „Hier und Jetzt“ zu sein. Auf Cavani bezogen heisst dies, dass zahlreiche berichtigte Gedanken keinen Platz haben sollten: Die Behinderung durch seine Verletzung, eine durch seinen Einsatz potentielle Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustands oder der Ärger, dass er mit den versäumten Spielminuten viel weniger Zeit für weitere Torerfolge zur Verfügung hat. Für Cavani ginge es als Einwechsler einzig darum, mit der ersten Aktion voll da zu sein.

Loch erinnert sich an seine eigene fußballerische Laufbahn und weiß nur allzu gut, wie schwierig es sein kann, von jetzt auf gleich da zu sein: “Der Spieler muss in der Lage sein, sich ausschließlich mit den Dingen zu beschäftigen, die handlungsdienlich sind. Der Fokus muss absolut geschärft sein.”

Was ist wesentlich?

Häufig existiert allerdings das Phänomen, dass viele Sportler in Wettkampfsituationen Schwierigkeiten haben, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Dies lässt sich zum Beispiel anhand eines Zeitstrahls (vgl. Hermann/Mayer 2009) zeigen. Unzweckmäßige Gedanken können sein, dass ein negatives Konsequenzendenken vorliegt und den Einzelnen beeinflusst.

Die angewandte Sportpsychologie gibt dem Sportler unterschiedliche Methoden an die Hand, um die erforderliche Kompetenz zu erlangen. Eine Möglichkeit unter vielen ist die so genannte „5-4-3-2-1-Übung“ (siehe dazu Merkblatt). Insgesamt ist dies ein hoch interessantes Arbeitsfeld für Sportpsychologen. Thorsten Loch wird nun am Freitagnachmittag gespannt zuschauen. Sollte Cavani tatsächlich von der Bank kommen müssen, dann umso fokussierter. Loch weiß, wie schwer es Einwechselspieler haben können.

 

Lust, die genannte mal auszuprobieren?

Thorsten Loch

5-4-3-2-1-Übung (2003)

Die außenorientierte 5-4-3-2-1-Übung ist eine effektive Stabilisierungstechnik im Rahmen der Traumatherapie. Yvonne Dolan entwickelte die Übung speziell als Hilfe für Überlebende von sexuellem Missbrauch. Sie ist eine Abwandlung der 5-4-3-2-1-Selbsthypnosetechnik von Betty Erickson. Der Unterschied zu dieser besteht darin, dass keine inneren Bilder sondern ausschließlich konkrete Wahrnehmungen im „Hier und Jetzt“ beschrieben werden.

Durch eine Orientierung der Wahrnehmung nach außen und eine Durchführung der Übung mit geöffneten Augen, unterscheidet sie sich grundlegend von der Mehrzahl anderer Stabilisierungs- und Entspannungstechniken. Im Unterschied zu anderen Meditationsformen, ist die 5-4-3-2-1-Übung leichter zu erlernen und verhilft vielen Klienten zu schnelleren Erfolgen.

Außenorientierte 5-4-3-2-1-Übung (Anleitung)

Finden Sie eine angenehme Position für ihren Körper und einen Punkt im Raum, auf dem Sie ihren Blick ruhen lassen. Die Augen sind dabei zunächst offen!

Am Ende der Übung nehmen Sie sich entweder wie bei einem Ihnen schon vertrauten Entspannungstraining zurück oder zählen einfach rückwärts von 4 bis 1. Bei der Zahl 4 bewegen Sie die Füße und Beine wieder, bei der Zahl 3 nehmen Sie die Hände und Arme hinzu, bei der Zahl 2 räkeln und strecken Sie den ganzen Körper mit Rumpf und Kopf, atmen wieder tief und erst bei der Zahl 1 öffnen Sie erfrischt und hellwach die Augen.

Sie wissen, dass Sie sich während der ganzen Übung erlauben können, jede körperliche Veränderung durchzuführen, die wichtig ist, um Ihr Wohlbefinden zu erhalten. Natürlich können Sie sich auch jederzeit vorher in der oben beschriebenen Weise zurücknehmen oder aber die Übung ohne Rücknahme bewusst zum Einschlafen nutzen!

Sagen Sie sich laut oder in Gedanken, was Sie mit ihren Sinnen im Moment gerade wahrnehmen!

5 mal: Ich sehe … ! → 5 mal: Ich höre … ! → 5 mal: Ich spüre … ! →
4 mal: Ich sehe … ! → 4 mal: Ich höre … ! → 4 mal: Ich spüre … ! →
3 mal: Ich sehe … ! → 3 mal: Ich höre … ! → 3 mal: Ich spüre … ! →
2 mal: Ich sehe … ! → 2 mal: Ich höre … ! → 2 mal: Ich spüre … ! →
Zuletzt, einige Zeit lang mehrmals
1 mal: Ich sehe … ! → 1 mal: Ich höre … ! → 1 mal: Ich spüre … !

Hinweise, damit es funktioniert:

  1. Es ist in Ordnung, immer wieder dieselben Wahrnehmungen zu benennen!
  2. Wenn z.B. während der Phase des Sehens Geräusche stören, wechseln Sie einfach zum Hören und integrieren Sie die Geräusche auf diese Weise in Ihre Wahrnehmung!
  3. Wenn Sie mit der Abfolge der Übung durcheinander geraten, ist dies ein Zeichen, dass Sie es gut machen und besonders schnell entspannen. Sie können dann entweder in diesem Zustand verweilen oder „raten“, wo Sie waren und fortfahren.
  4. Wenn Sie während der Übung merken, wie sich die Augen schließen wollen, lassen Sie die Augen sich schließen! Sie können dann entweder die konkreten Wahrnehmungen der geschlossenen Augen beschreiben oder nur noch hören und spüren.
  5. Bei manchen verstärkt es den positiven Effekt der Übung, wenn Sie die Wahrnehmungen laut aussprechen und dabei die eigene Stimme hören!

Deutsche Version von Steffen Bambach, nach DOLAN, Yvonne (1991). Resolving Sexual Abuse. New York: Norton.

 

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Feature: Schweden und ein Berg voller Probleme – Wenn Stürmern das Selbstvertrauen fehlt

Auf 13 Torschüsse kann der schwedische Stürmer Marcus Berg bei den bisherigen vier WM-Partien verweisen. Sechs davon brachte er auf das Tor, viermal gingen die Abschlussaktionen daneben, dreimal wurde er geblockt. Großes Manko: Keiner seiner Versuche war drin. Wie groß dieses Manko ist, macht ein Vergleich deutlich: Harry Kane, Stürmer der Engländer, die im WM-Viertelfinale am Samstagnachmittag auf Schweden treffen, hat bereits sechs Treffer erzielt, bei gerade einmal neun Versuchen. Pikant ist, dass sich über die Effektivität hinaus die Leistungsdaten der beiden Stürmer kaum unterscheiden. So geht Berg, trotz des bislang beeindruckenden Mannschaftserfolg der Skandinavier, als Ritter der traurigen Gestalt in die nächste – und wegen seiner Abschlussschwäche vielleicht letzte – WM-Runde.

Zum Thema: Wenn Stürmer nicht treffen

Ein Erklärungsansatz aus sportpsychologischer Perspektive ist das Selbstvertrauen, welches auch TV-Kommentatoren glücklosen Angreifern schnell vorwerfen. Selbstvertrauen bedeutet, dass jemand die Überzeugung besitzt, dass seine eigenen Fähigkeiten ausreichen, um eine Handlung zielgerichtet und erfolgreich durchführen zu können”, erklärt Dr. René Paasch. Die fachliche Grundlage stammt aus der sozial-kognitiven Lerntheorie von Albert Bandura (1986), im Sport wurde dieses Konstrukt häufig nachgewiesen (Barling & Abel, 1983; Lee, 1982; Eberspächer, 2007, 2008; Hermann, 2006; Short et. al., 2005).

“Selbstvertrauen” fällt aber nicht vom Himmel. Diesen Eindruck könnte man haben, wenn wir uns zum Beispiel an Ausführungen vom Bundesliga-Trainer Bruno Labbadia vom Relegationsgewinner VfL Wolfsburg erinnern, der kurz vor Saisonschluss betonte, dass sich die Spieler das nötige Selbstvertrauen nur auf dem Platz holen könnten. Prof. Dr. Oliver Stoll zeigte daraufhin auf (hier direkt zum Text), dass es sehr wohl Methoden in der Trainingsarbeit gibt, die darauf abzielen, dass Spieler in den entscheidenden Situationen an ihre Fähigkeiten glauben. 

Prof. Dr. Oliver Stoll: Die Sache mit dem Selbstvertrauen im Fußball…

Quellen des Selbstvertrauens

Dr. René Paasch ergänzt, dass viele Komponenten zusammenkommen, um Selbstvertrauen aufzubauen: Es braucht eine gute Eigen- und Fremdwahrnehmung, Erfahrungen, stellvertretende Erfahrungen, handlungsförderliche Selbstgespräche, konditionelle Fähigkeiten, kleine Erfolge während des Trainings, regelmäßige Rückmeldungen des Trainers und den nötigen Respekt vor jeder gegnerischen Mannschaft.” Hier kann der schwedische Trainerstab also in der Vorbereitung auf das England-Spiel ansetzen. Ziel muss es sein, dass Marcus Berg die Erfolge auf eigene Fähigkeiten (stabil-internale Ursachenzuschreibung) und die Misserfolge auf äußere Zustände (variabel-externale Ursachenzuschreibung) zuweist.

Im Achtelfinale gegen die Schweiz war Marcus Berg der Frust nach den wieder einmal ungenutzten Chancen anzusehen. Aber schon ein einziger Treffer am Samstag gegen England kann ihn zum Volkshelden machen. Dieser Status winkt den schwedischen Kickern, wenn sie tatsächlich ins Halbfinale einziehen. Nicht auszuschließen, dass Marcus Berg aus dieser Situation Kraft schöpft. Denn eines steht fest, betont Dr. René Paasch in Bezug auf alle Stürmer, die mit dem Selbstvertrauen bereits zu kämpfen hatten: “Viele Schwierigkeiten entstehen in unseren Köpfen und  sind damit veränderbar.”

Lust, tiefer in das Thema einzusteigen?

Dr. René Paasch: Selbstwirksamkeit im Fußball

 

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Kommentar von Dr. Hanspeter Gubelmann: Niederlagen und WM-out sind auch eine Frage des Stils, der Haltung und möglicher Konsequenzen

Was Japan mit der Schweiz teilt: das Out ihrer Fussballteams an der WM in Russland! Bezüglich WIE dieses jeweilige Ausscheiden zustande gekommen ist und vor allem – wie sich die Teams und ihre Fans darin verhalten haben – scheint einen gewichtigen Teil der Limiten der Schweiz aufzuzeigen. Mir gefällt aber auch Valon Behramis ehrliches Statement: «Wir waren nicht gut genug. Und darum hätten wir das Weiterkommen nicht verdient.»

Zum Thema: Scheitern als Lehrstoff

Es ist ein heikles Unterfangen, wenn sich die Sportpsychologie zum Scheitern im Sport und zu den möglichen mentalen Ursachen einer Niederlage äusserns soll. Wenn ein sportliches Ausscheiden gar einer nationalen Tragik gleichkommt, werden Spieler und Team fast schon „reflexartig“ mit ganz viel Häme, Beleidigungen und Verunglimpfungen bedacht. Diese „Fans“ sehen dann auch im Tun und Handeln der Sportpsychologie absolut keinen Sinn, wie dies der User „1984 in seinem Kommentar zu meinem 20Minuten-Interview prächtig zum Ausdruck bringt! «Sportpsychologe? Ich lach mich schlapp jetzt brauchen die überbezahlten, tätowierten Diven schon spezialisierte Psychologen. Ich lebe in einer Irrenanstalt!“»


Link zum 20min-Text: http://www.20min.ch/wm2018/schweizernati/story/asdf-13493359

Zum Glück für mich verbringe ich einen Teil meines Lebens an der ETH Zürich, wo es einen Lehrstuhl mit Forschungsschwerpunkt „productive failure“ gibt. Der Lernforscher Prof. Manu Kapur und sein Team nehmen sich dort insbesondere der Fragestellung an, wie der Mensch aus Fehlern besonders effizient und nachhaltig lernen kann. Aus diesem Blickwinkel betrachtet erachte ich auch die Entscheidung des Englischen Fussballtrainers, einen Sportpsychologen zu engagieren und ein systematisches Elfmeter-Training einzuführen, als ziemlich einleuchtend. Nach drei WM-Niederlagen im Elfmeterschiessen schrie diese „massive failure“ geradezu nach entsprechenden (psychologischen) Konsequenzen. Well done, Gareth Southgate!

Übrigens: eine ähnliche Ausgangslage präsentiert sich der Schweizer Nationalmannschaft nach dem dritten WM-out in den Achtelfinals jetzt auch! Ich bin sehr gespannt, welche Konsequenzen daraus in unserer Nationalmannschaft gezogen werden!

Mehr zum Thema:

Kommentar: England hat den Beweis erbracht. Elfmeter sind trainierbar

http://says.com/my/sports/japanese-world-cup-players-praised-for-cleaning-up-dressing-room-after-losing-to-belgium

http://www.spiegel.de/sport/fussball/wm-2018-gareth-southgate-der-perfekte-elfmeter-trainer-fuer-england-a-1216580.html

http://www.20min.ch/wm2018/schweizernati/story/asdf-13493359

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Kommentar: England hat den Beweis erbracht. Elfmeter sind trainierbar

Jordan Pickford blieb nach außen hin ganz rational: “Ich habe getan, was ich als Torwart machen muss. Hauptsache man bewahrt die Ruhe. Wir waren mental stark.“ Die Worte stammen vom Keeper der englischen Nationalmannschaft, die als allererste ein Elfmeterschießen bei einer Weltmeisterschaft gewann. Pickford war am Dienstagabend im Achtelfinale gegen Kolumbien ganz offenkundig ein Teil eines gut vorbereiteten Teams, welches sich sehr bewusst auf eine mögliche Entscheidung im Elfmeterschießen vorbereitete und dies auch öffentlich kommunizierte. Die Rede war explizit von der Zusammenarbeit mit einem Sportpsychologen. Aber nicht nur in der britischen Yellow Press, selbst in deutschsprachigen Medien wurde Pickfords Coach Gareth Southgate vor wenigen Wochen dafür noch verlacht…

Zum Thema: Routinen und Störfaktoren beim Elfmeterschießen

Gerade Pickford bekam im Elfmeterschießen eine gesonderte Rolle zu. Nicht nur, weil er von den fünf Schüssen der Kolumbianer einen gehalten und einer an die Latte fliegen sah, sondern weil er seine Schützen vor zusätzlichen Störfaktoren bewahrte. Der Keeper vom FC Everton holte sich nämlich nach jedem Schuss der Kolumbianer den Ball und übergab diesen dem nächsten Schützen aus seinem Team. So mussten sich Kane, Rashford, Henderson, Trippier und Dier keiner Auseinandersetzung mit Kolumbiens Keeper Ospina aussetzen und konnten ihre individuellen Routinen abspulen.

Die einzelnen Abläufe, welche die englischen Schützen wählten, waren dann sehr unterschiedlich. Aber dies kann kaum anders sein, da jeder Sportler seinen eigenen Weg finden muss, um in einer solchen extremen Situation klarzukommen. Dr. René Paasch hatte dazu bereits vor zwei Jahren in einem Text einige interessante Ansätze ausformuliert, die nicht nur für Spieler vor WM-Achtelfinal-Herausforderungen relevant sind: 

Dr. René Paasch: Druck im Elfmeterschießen

Elfmeter sind trainierbar

Festhalten können wir: Elfmeterschießen lassen sich trainieren. Letzteres wird zwar immer noch von einigen versierten Trainern angezweifelt, der Gegenbeweis von Gareth Southgate dürfte aber dauerhafte Wirkung haben. Denn wem wenn nicht ihm, will man glauben, dass es besser ist, sich auf eine solche Situation bestmöglich vorzubereiten? 1996 war es Southgate höchstpersönlich, der  bei der Heim-EM 1996 als sechster Schütze seines Teams gegen Deutschland antrat und kläglich scheiterte. Jetzt hat er in seiner Rolle als Trainer zumindest englische Sportgeschichte geschrieben.

Mehr zum Thema:

Kommentar von Markus Gretz: Modric Angst vor dem Elfmeter

Michele Ufer: Elfmeter sind trainierbar

Thorsten Loch: Was könnt ihr Fußballer von uns lernen?

 

 

 

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Prof. Dr. Oliver Stoll: Krisenmonat Juni (Streakrunning-Serie, Teil 7)

Es waren 243,4 Kilometer im Juni meines geplanten „Streakrunning-Jahres 2018“. Nur im Januar bin ich noch weniger gelaufen. Das deutet schon mal an, wie es mir im Juni so ergangen ist. 1564 Kilometer sind es mittlerweile in diesem Jahr. Das werden dann wohl sicher über 3000 Kilometer bis Jahresende (wenn ich denn mein Pensum durchziehen kann). Die vielleicht wichtigste und schönste Nachricht ist wohl, dass ich mittlerweile seit 182 Tagen – täglich laufe. Das ist exakt ein halbes Jahr!

Zum Thema: Streakrunning-Serie, Teil 7

Abbildung: Screenshot aus RUNALYZE. Die wichtigste Information steht wohl genau in der Mitte

Der Juni war der bisher schwierigste Monat für mich. Als Läufer (auch wenn man nicht streakt), stellt man sich manchmal die „Sinnfrage“ – also „Warum mache ich das überhaupt?“ Während des halben Jahres ist mir das bis Juni eigentlich nur ein einziges Mal passiert. Und die Antwort habe ich schnell gefunden. Es war eben eine kleine Sinnkrise, die sich nach so ca. 5 Kilometern Laufen automatisch wieder verzogen hatte. Im Juni allein habe ich mich das vier bis fünf Mal gefragt. Oftmals bin ich einfach nur lustlos vor mich hin gejoggt, habe meine Gedanken mit Musik aus dem Ipod vertrieben und den Fokus dann nur meine Lieblingssongs gerichtet. Am 12. Juni hat mir Frauke den Streak gerettet, als ich früh morgens so gegen 6 Uhr schon nach Halle zur Arbeit gefahren bin und erst so gegen 21 Uhr wieder zurück war. Da saß ich schließlich total erschöpft mit ihr auf dem Balkon und sie fragte mich, ob ich denn schon gelaufen sei, was ich verneinte. An diesem Tag hatte ich nicht einmal die notwendigen 20 Minuten gefunden, um wenigstens diese eine Meile zu laufen. Also saßen wir da, und Sie fragte mich, was den mit dem Streak sei, und ich zuckte nur mit den Schultern. Darauf sagte Sie: „Komm zieh dir die Laufklamotten an, wir laufen jetzt noch eine kleine Runde“.

Es war aber eben auch der Monat eines ziemlich emotionalen Ereignisses, nämlich die Rückkehr zum Ort, an dem ich mir 2014 einen läuferischen Lebenstraum erfüllt habe, nämlich die 100 Kilometer von Biel zu laufen. Es war dann auch der erhoffte, emotionale Lauf. Da ich ja nicht die 100, sondern nur die 56 Kilometer gelaufen bin, war ich im Vorfeld recht zuversichtlich, dass das zu machen ist, ohne mir mein Erlebnis aus dem Jahr 2014 mit einem Misserfolg zu zerstören. Hingefahren bin ich allein, weil Frauke an diesem Freitag noch lange arbeiten musste. Das heißt auch, dass ich die Vorbereitung bis zum Start um 22 Uhr allein umsetzen musste – da war keine soziale Unterstützung, die den möglicherweise aufkeimenden Stress abpuffern konnte. Aber das war gar kein Problem. Das Umfeld war mir ja bekannt, ich wurde sogar persönlich von der Organisation begrüßt, die ja das Buch von Frauke und mir „Einmal war ich in Biel“ für die Siegerehrung der Top 3 jeder Altersklasse bekommen sollten. Die Bücher hatte ich ja mitgebracht. Ich war sehr gelassen und positiv aufgeregt bis zum Start. Und wieder spürte ich diesen „energiegeladenen Startkanal“, die positive Kraft eines jeden und einer jeder, die diese Nacht unter die Füße nehmen wollten. Frauke hatte mir dieses Jahr wieder eine kleine „Überraschung“ vorbereitet. Ich hatte zehn kleine Zettel dabei, auf jedem eine kleine kognitive Aufgabe, die ich alle fünf Kilometer lösen musste. Es war anders als 2014, kein Vollmond, kein sternenklarer Himmel, sondern bewölkt und immer kamen kleine Regenschauer durch, was uns aber nicht störte, denn es war relativ warm. Und dann ging es los. Viele Erinnerungen poppten vor meinem inneren Auge auf. Und es war ein einziger Genuss, dieser Lauf durch die Nacht. Am emotionalsten war dann auch wieder der Punkt, an dem sich „ganz plötzlich wieder alles zu verändern begann“ – die Nacht ging und der neue Tag kam. Und wieder rollten mit Tränen über die Wangen. Und da war es dann schon ziemlich nah bis zum Ziel, denn es war so ca. 4 Uhr und gegen 5 Uhr war ich dann auch im Ziel in Kirchberg, wo mich Frauke erwartete und mich in ihre Arme schließen konnte. Und der Tag „danach“ – Ja, der war natürlich schmerzhaft, aber bei weitem nicht so schlimm, wie ich erwartet hätte. Ich musste auch hier nicht einmal das Minimum – „also nur die 1 Meile-Karte“ ziehen, sondern es waren dann sogar 2,5 Kilometer. Vielleicht auch deshalb, weil ich es schon Vorfeld akzeptiert hatte und das eben genau diese Situation zum Streakrunning dazugehört, vor allen Dingen, wenn man den Spagat Täglichlaufen und Wettkämpfe laufen hinkriegen will. Ich habe diesen Lauf nach Biel stoisch und geduldig ertragen – vielleicht sogar mit einer insgeheimen Dosis „Genugtuung“.

Abbildung: Freude und Genuss pur beim Ultramarathon in Biel

Diese Läufe mit Startnummer…

Am letzten Tag diesen Monats war aber erneut ein Lauf „mit Startnummer“ auf der Tagesordnung. Der Sachsentrail, ein wirklich sehr schöner und erlebnisreicher Landschaftslauf durch die Gegend um Breitenbrunn im Erzgebirge. Gemeldet hatte ich für die 19 Kilometer mit ca. 500 positive Höhenmeter. Diesen Lauf kenne ich gut. Seit es diesen Lauf gibt (also seit 2014) war ich immer mit dabei und alleine viermal von fünf Veranstaltungen auf dieser 19 Kilometer-Distanz. Also – alles in allem kein großes Problem, alles bekannt – die Strecke, das Profil, die Umgebung, super Wetter – eben alles eine Angelegenheit, auf die man sich nur freuen kann. So ging ich auch an den Start. Ich war sehr entspannt und gelassen, als es los ging. Die ersten sechs Kilometer sind traumhafte Downhill-Singletrails, auf denen man sich zwar stark konzentrieren muss, aber ansonsten ein einziges „Runtergeballere“ – voll geil! Bis KM zwölf war auch noch alles im grünen Bereich, aber danach hat es mir komplett „den Stecker gezogen“. In den folgenden Anstiegen hatte ich mit heftigen Kreislaufproblemen zu kämpfen, musste teilweise stehen bleiben und wandern, um halbwegs vernünftig weiter zu kommen. Diese sieben Kilometer waren eine einzige Qual. Im Ziel waren es dann 2 Stunden und 25 Minuten. Eine Strecke, die ich ansonsten leicht zehn Minuten schneller laufen kann.

Natürlich beschäftigt mich das alles im Nachhinein. Das emotionale Auf und Ab, rund um das Laufen. Die relativ vielen motivationalen Krisen in diesem Monat. Irgendwas war anders im Monat Juni. Der schöne Sommermonat Juni, an dem es hell ist, bis 22 Uhr und der dich mit Wärme und eine blühenden Natur verwöhnt war ein schwieriger für das Vorhaben: „Ein Jahr Streakrunning“. Vielleicht aber fordert auch die Arbeitsbelastung gerade seinen Tribut, wobei ich das Laufen immer als hervorragenden Ausgleich empfunden habe. Vielleicht ist es aber auch das Dilemma, indem ich mich schon seit Anfang an befinde: Wettkämpfe zu laufen bedeutet sich eben immer wieder einer leistungsbezogenen Herausforderung zu stellen. Es bedeutet eben, sich immer wieder einem inter- und intraindividuellen Vergleich zu unterwerfen. Es geht dann eben immer entweder gegen „Gegner“ oder gegen eine individuelle, leistungsbezogene Verbesserung der Zeit im ZIel. Man könnte ja jetzt empfehlen, die Wettkämpfe einfach so mitzulaufen, ohne ein Leistungsziel. Aber das eben – konterkariert das Wesen eines „Wettkampfes“. Es ist eben ein Unterschied, ob ich mich einem Wettkampf stelle, oder ob ich eben einfach nur raus gehe, und schaue, wie weit und wie lange mich der „Impuls“ treibt – ob eine, zwei oder fünf Stunden – ob 1 Meile, 5, 10 oder 40 Kilometer weit. Und bis heute kämpfe ich diesen Entscheidungskampf, den ich irgendwann einmal für mich persönlich beenden werden muss. Der Juli hat schon begonnen, und ich laufe….weiter….

 

Die komplette Serie:

Prof. Dr. Oliver Stoll: Streakrunning ist „Mentales Training“ (Streakrunning-Serie, Teil 1)

Prof. Dr. Oliver Stoll: Grenzenlose Gelassenheit (Streakrunning-Serie, Teil 2)

Prof. Dr. Oliver Stoll: Die Sinne schärfen sich (Streakrunning-Serie, Teil 3)

Prof. Dr. Oliver Stoll: Gefangen zwischen Leistungsorientierung und Bauchgefühl (Streakrunning-Serie, Teil 4)

Prof. Dr. Oliver Stoll: April – der Monat, in dem sich alles verändert… (Streakrunning-Serie, Teil 5)

Prof. Dr. Oliver Stoll: Laufen im Mai – Von Hitze, viel Grübeln und mit allen Sinnen genießen (Streakrunning-Serie, Teil 6)

 

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Kommentar von Markus Gretz: Modric Angst vor dem Elfmeter

Luka Modric hätte in der Verlängerung gegen Dänemark das Achtelfinalspiel spät entscheiden können. Kurz vor Schluss der 2x15Minuten andauernden Ehrenrunde eines spielerisch zähen WM-Spiels stand Luka Modric am Elfmeterpunkt. Der Druck war groß, denn mit einem Treffer hätten die Kroaten ziemlich sicher das Elfmeterschießen vermieden und wären ins Viertelfinale eingezogen. Der quirlige Mittelfeldspieler konnte die Chance aber nicht nutzen und schenkte dem dänischen Torhüter Kasper Schmeichel mit einem schwachen halbhohen Schuss eine Parade und damit weiterhin die Chance aufs Elfmeterschießen und das Viertelfinale. 

Zum Thema: Warum man nach einem verschossenen Elfmeter nochmal schießen sollte

Nach mehreren Paraden im Elfmeterschießen und mit großem Druck stand Luka Modric kurze Zeit später wieder am Elfmeterpunkt vor Kasper Schmeichel. Warum sollte der Spieler, der eben schon verschossen hatte, sich nochmal in diese Situation bringen?

Psychologisch gesehen ist es die richtige Entscheidung, noch einmal zu schießen. Wenn der Spieler nun aus Angst nicht schießen würde, könnte dies verheerende Folgen für ihn haben. Wenn auf eine Angstreaktion eine Vermeidung folgt, spricht man in der Psychologie von negativer Belohnung oder negativer Verstärkung. Der Spieler kann sich dem negativen Gefühl entziehen, indem er der Situation ausweicht. Das kann aber dazu führen, dass die Angst beim nächsten Mal noch stärker wirkt und die Lösungsstrategie der Vermeidung ja eine Erleichterung, also eine Belohnung gebracht hat. Im schlimmsten Fall könnte ein ängstlicher Spieler in der Folge keinen Elfmeter mehr schießen. Luka Modric lief aber an und hämmerte den Ball selbstbewusst in die Mitte des Tores. Damit hat er den Fehler von der Verlängerung korrigiert und wird auch die nächsten Elfmeter ohne Angst schießen können. Vielleicht ja sogar schon beim Viertelfinale, am Samstag gegen die Gastgeber aus Russland.

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Feature: Cristiano Ronaldo – Die WM verliert den eigenwilligsten und beispielhaftesten Star

Cristiano Ronaldo ist vieles. Eigenwillig, egozentrisch, perfektionistisch. Der neben Lionel Messi bis heute noch größte aktuelle Star des Weltfußballs ist aber vorbildhaft, lernfähig und mannschaftsdienlich. Und vor allem deshalb, weil er in seiner reiferen Phase gerade letztere Eigenschaften immer häufiger zeigt, fehlt der WM in Russland nun etwas. Was bleibt, sind seine Routinen und Automatismen bei Standardsituationen. Denn diese haben viele andere Spieler aus aller Welt längst für sich auf ihre ganz individuelle Art und Weise adaptiert. Wir beschreiben genau wie und zeigen auf, wie dies jeder andere Spielsportler auch tun kann. Und dann schauen wir ins Archiv und stellen fest, dass der Volksheld aus Portugal in wenigen Jahren einen immensen Wandel vorangetrieben hat.

Dr. Fabio Richlan, die-sportpsychologen.at

Dr. Fabio Richlan (zum Profil): Cristiano Ronaldo – der Meister der Routine (Bewegungsablauf beim Freistoß)

Ball nehmen – auflegen – Hose richten – 5 Schritte nach hinten – zwei Schritte zur Seite – Körperhaltung einnehmen – durchatmen – durchziehen.

So sieht der von außen beobachtbare Anteil von Cristiano Ronaldos “pre-performance routine” bei einem Freistoß aus. Diese Routine hilft ihm dabei – unabhängig vom Kontext, egal ob Training oder WM-Spiel, egal ob 1. oder 90. Minute – stabil seine Leistung in dieser Standardsituation abzurufen. Durch die immer gleich ablaufende Routine “entkoppelt” er sich gewissermaßen von den äußeren Bedingungen, welche nicht seiner Kontrolle unterliegen und kann sich stattdessen auf die bevorstehende Aufgabe und seine Handlung konzentrieren.

Lohnende Investition in Zeit

Neben einem fixen Bewegungsablauf ist es entscheidend, dass die Routine auch einen mentalen Anteil beinhaltet. Diesen mentalen Anteil an CR7s Freistoß-Routine können wir zwar leider nicht direkt beobachten (nur seine Auswirkungen), aber wir können mit Sicherheit davon ausgehen, dass ein solcher mentaler Anteil existiert. Der Mann weiß ganz genau, welchen Gedanken er vor der Ausführung haben möchte, welches Gefühl, welches Bild, welches Selbstgespräch, welche Einstellung, welchen Fokus und welchen Aktivierungszustand. Um dies zu erreichen, hat er viel Zeit und Arbeit in die Entwicklung seiner persönlichen Routine investiert. Es ist eine Investition, die sich letztendlich bezahlt macht.

Folgende Punkte sind in Bezug auf die Entwicklung einer persönlichen Routine wesentlich:

  • Die Routine muss sowohl Verhalten, als auch Gedanken beinhalten
  • Die Gedanken müssen kurz, einfach und positiv sein
  • Die Routine muss individuell und aufgabenspezifisch sein
  • Die Routine muss immer gleich ablaufen; alle Schritte müssen auch im Training geübt werden
  • Die Routine muss sich auf Dinge beziehen, welche der eigenen Kontrolle unterliegen: Gedanken – Gefühle – Körper – Verhalten
  • Die Routine nutzt verschiedene Techniken des Mentaltrainings: Visualisierung, positive Selbstgespräche, Atemtechniken, Körpersprache, usw.

Johanna Constantini, die-sportpsychologen.at

Johanna Constantini (zum Profil): Wie lassen sich Routinen, z.B. bei einem Eckball üben?

Mittlerweile sind selbst in der Fußball-Bundesliga und natürlich auch bei der Weltmeisterschaft Handlungsroutinen bei Eckbällen zu beobachten. Diese CR7-Moves in light laufen dann meist in Form von kurzen Trippelschritten ab, die vor der Ausführung des Eckballs vorgeschalten werden. Aber gehen wir der Sache mal konkret nach: Wie lassen sich Routinen – zum Beispiel beim Eckball – üben?

Indem entsprechende Bewegungsabfolgen mental trainiert werden. Dafür bietet sich die sportpsychologische Technik der Bewegungsvorstellung an. Anfangs sollte die einzuübende Routine von dem Athleten in eigenen Worten ausformuliert werden. Es empfiehlt sich, dies auch niederschreiben zu lassen. In weiterer Folge werden die für den Bewegungsablauf entscheidenden Knotenpunkte markiert, um die ausführliche Bewegungsbeschreibung um genau jene Signalwörter kürzen zu können. Während der Athlet im nächsten Schritt die Knotenpunkte in der Reihenfolge des tatsächlichen Bewegungsablaufs laut vorsagt, kann er sich einen Rhythmus dazu überlegen.

Wichtig: Mentale Vorstellung macht dann Sinn, wenn die dafür benötigte Zeit der Dauer der tatsächlichen Ausführung dieser trainierten Routine entspricht (Guillot,A. & Collet C., 2005)

Quelle: Guillot,A. & Collet C.Duration of Mentally Simulated Movement: A Review (2005) Journal of Motor Behavior, Vol. 37, No. 1, 10-20

Prof. Dr. Oliver Stoll (zum Profil): Zum Perfektionismus von CR7

Vor vier Jahren war Cristiano Ronaldo schon einmal ein großes Thema für uns. Natürlich war schon damals, also zur Fußball-WM 2014 in Brasilien, klar, dass er ein wirklich Großer der Weltfußballs ist. Wie groß er wirklich ist, hat er aber allen voran in den vergangenen vier Jahren gezeigt. Aus dem hochnäsigen, arroganten und selbstverliebten Perfektionisten ist ein in besonderen Grenzen mannschaftsdienlicher Spieler geworden, der seine Stärken für den Mannschaftserfolg investiert und zumindest im Ansatz seine Gegner respektiert – wie er Edinson Cavani nach dessen Verletzung zur Außenlinie begleitete, dies war schon feinste Zivildienstschule.

Ganz ehrlich: Ronaldo, der in Portugal vor allem deshalb verehrt wird, weil er Hoffnung macht, hat in den vergangenen Jahren an sportlicher und menschlicher Größe gewonnen. Selbst sein Firlefanz rund um die Freistöße können wir aus sportpsychologischer Sicht so eintüten, dass er allen anderen Kickern der Erde verdeutlicht hat, wie wertvoll Automatismen und Routinen sein können. Vielleicht hat er nun im Herbst seiner Karriere auch bewiesen, dass er seinen Perfektionismus zu beherrschen gelernt hat. Wir erinnern an dieser Stelle an den Text von Prof. Dr. Oliver Stoll aus dem Jahr 2014 und hauchen leise “adeus”:

Prof. Dr. Oliver Stoll: Cristiano Ronaldo – Gefangen im Perfektionismus?

 

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Feature: Das deutsche Team in der Kritik

Das Scheitern der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der WM 2018 ist historisch. Sehr ausschweifend wird nun darüber diskutiert, was in Russland nicht nur den Fans auf den Feiermeilen gefehlt hat: Wille, Überzeugung, Kreativität, Zusammenhalt und Führungsstärke. Solche kritischen Ansätzen führen in den allermeisten zurück auf das Team und das Teamgefüge – und genau hier setzen wir an.

Zum Thema: Sportpsychologische Hintergründe zu kritischen Äußerungen gegenüber der deutschen Teamleistung bei der WM 2018

Es ist natürlich schwierig, die Lage eines Teams als Außenstehender zu betrachten. Aber es gibt Gesetzmäßigkeiten, die sich sehr neutral bewerten lassen. So fiel in allen Vorrundenspielen auf, dass das deutsche Team nicht auf einer Welle der Begeisterung unterwegs war. Jeder Schritt, selbst die kleinsten, muteten wie harte Arbeit an. Jede Torchance wurde mühsam aus meist zu ungenauen, wenig ideenreichen und entsprechend leicht ausrechenbaren Kombinationen zusammengesetzt. Besonders bitter: Gelangen unerwartete Dinge – nehmen wir die beiden Pfostenschüsse vom Leverkusener Julian Brandt (einzige Ausnahme Toni Kroos Freistoß) – fehlte das Spielglück.

Nun ist durch der arbeits- als auch in der sportpsychologischen Forschung mehrfach bestätigt, wie Johanna Constantini betont, dass es einen Zusammenhang zwischen der Atmosphäre und dem Ergebnis gibt. Korrekter formuliert: Je positiver die Stimmung eines Teams, desto stärker der Zusammenhalt, desto besser die Leistung (Carron et al.,2002). In diesem Zusammenhang fragen wir uns, welche Faktoren überhaupt relevant sind, wenn es um den Teamzusammenhalt geht?

Johanna Constantini, die-sportpsychologen.at

Johanna Constantini (zum Profil) – Team- und Teamleistung

„Teamwork“ ist, „was Teams machen“ und versteht sich als multikausales Modell. Während also nicht an einem einzelnen Punkt gearbeitet werden kann, gibt es vielmehr zahlreiche Ansätze, um die Stimmung in Teams und damit deren Zusammenhalt zu verbessern (Rousseau, V., Aubé, C. & Savoie, A. 2006). Wichtig dabei ist, dass sich jeder Einzelsportler in seiner Haut und wieder das Team in Zusammenarbeit mit jedem Einzelnen wohl fühlt.

Nach Kurt Lewins (1935) Theorie der Gruppendynamik und auf Basis einer aktuellen wissenschaftlichen Arbeit von McEwan und Beauchamp (2014) kann man zwischen dem generellen Team-Management und der Regulation der Teamleistung unterscheiden. Diese Punkte erscheinen mir wichtig:

Team-Management

Psychologische Unterstützung: Es handelt sich immer um persönliche Probleme, womit wiederum die zuvor angesprochene unabhängige Eigenschaft ins Spiel kommt: Auch bei Mannschaften handelt es sich um einen Zusammenschluss vieler Individuen, die im besten Fall ein gemeinsames Ziel verfolgen. Umso entscheidender für die Stimmung in der Gruppe ist die psychologische Arbeit zugunsten individueller Belastungen.

Wer machts? Während die Unterstützung zwischen einzelnen Teammitgliedern wichtig ist (Rosseau et. al, 2006), sollte gerade für psychische Probleme, die nicht immer den Sport per se betreffen ein ausgebildeter Sportpsychologe zur Stelle sein. Dies ist mit Prof. Dr. Hans-Dieter Hermann seit Jahren beim DFB gegeben – allerdings ist es den Spielern freigestellt, mit ihm zu arbeiten. Und leider hat die Sportpsychologie selbst bei Nationalspielern noch nicht das Standing, dass es zur Selbstverständlichkeit gehören würde, regelmäßig mit dem Teampsychologen oder auch einem persönlichen Experten zu arbeiten.

Konfliktmanagement: Erfolg ist am Ende nicht davon abhängig , ob Konflikte entstehen, sondern viel mehr davon, wie mit ihnen umgegangen wird (Sullivan & Feltz, 2001).

Wer machts? In der Beseitigung von Konflikten, sowie in der Aufarbeitung von Missverständnissen können Teammitglieder einander unterstützen. Zugunsten der Objektivität empfiehlt es sich jedoch, einen Sportpsychologen in einer Mediatoren-Funktion hinzuzuziehen. Und Konflikte, denken wir nur an die Özil/Gündogan-Debatte gab es einige…

Regulation der Teamleistung

Zieldefinition: Während die Teammitglieder sich in der Phase der Vorbereitung auf die Definition gemeinsamer Ziele konzentrieren und dabei ihre einzelnen Ziele mit den Mannschaftszielen in Einklang bringen sollten, wird in der Theorie im nächsten Schritt die Ausführung in eine gemeinsame Praxis umgesetzt. Verfolgen alle das gleiche Ziele? Blieb ein Einzelner mit seinen Vorstellungen auf der Strecke? Wie steht es um die Motivation?

Wer machts? Während die Regulation von Teamleistungen durch einen Sportpsychologen begleitet werden kann, ist hier natürlich ein Trainer bestens positioniert. Denn zu wissen, welche Ziele von jedem Einzelnen erreicht werden wollen, trägt wesentlich zur Gestaltung des Saisonplans bei. Kommunikation spielt hier übrigens – wie so oft – eine Schlüsselrolle und trägt laut aktuellen Studien aus dem arbeitspsychologischen Kontext am meisten zur Optimierung von Leistungen in Teams bei (Pentland, 2013). Diese sollte wiederum in Begleitung eines Sportpsychologen optimiert werden.

Die Evaluation und das Monitoring der Leistungen von Teams ist wiederum wichtig, um neue Ziele zu setzen, Strategien zu überdenken, Trainings zu optimieren und die positive Stimmung im Team zu erhalten.

Wer machts? In der abschließenden Selbstkorrektur können einzelne Teammitglieder einander durch sogenannte Backing-up-Verhaltensweisen helfen (Porter et al, 2003), gut unterstützt sind sie dabei stets von Trainer und Sportpsychologe.

Theorie trifft Praxis

So weit die Theorie. Mit dieser habe ich meinen Vater Didi Constantini, selbst einmal österreichischer Fußball-Nationaltrainer, konfrontiert und er betonte, dass es alles andere als einfach sei, die optimale Stimmung in einem Team herzustellen:  

Didi und Johanna Constantini

„Wenn´s läuft, ist´s immer einfach. Wenn der Erfolg  jedoch auf sich warten lässt, ist es umso wichtiger, auch unter den Spielern Persönlichkeiten zu haben, die die gesamte Gruppe stärken können. Einen Sportpsychologe zur Hilfe zu ziehen, ist dann sinnvoll, wenn er sich in das Team eingliedern und auch mit den Trainern zusammenarbeiten kann.“

Dr. René Paasch (zum Profil) – Die Wertediskussion und die deutsche Nationalmannschaft

Werte sind all das, was uns Menschen im Leben zutiefst wichtig ist. Es sind die Qualitäten, nach denen wir streben. Nicht umsonst wurden auch in der Bewertung der deutschen Fußball-Nationalmannschaft Begriffe wie Werte und Tugenden immer wieder mit in den Topf geworfen. Aber wir übersehen bei solchen Diskussionen viel zu leicht, in welchem einem hoch komplexen System Profi-Fußballer einer Topnation wie Deutschland stecken, wie viele Beziehungen und Verknüpfungen bestehen.  

Graves (1974) hat über zwei Jahrzehnte Forschungsarbeit in eine hoch interessante Theorie investiert, auf die ich hinweisen will. Aus meiner Sicht macht es dieser Ansatz möglich, dass Thema Werte zu greifen. Sportler, Trainer, Funktionäre und Journalisten können dies nutzen, um sich und Dritte kritisch zu hinterfragen.

Einige Baustellen zu viel?

Münzen wir mit unserer Außensicht diese Fragestellungen auf die Nationalmannschaft um, wird deutlich, dass es in manchen Bereichen zumindest bei einigen Akteuren Baustellen gab:

  1. Körperliche Befriedigung – Gefühle und Emotionen?
  2. Sichere Art zu leben – Umgang mit Medien, Rückzugsmöglichkeit und feste soziale Strukturen?
  3. Heldentum, Macht und Ruhm – Menschlichkeit oder ICH-Bezug?
  4. Frieden – Akzeptanz sich selbst und der Welt gegenüber?
  5. Materielle Zufriedenheit – Dankbarkeit und Hilfsbereitschaft?
  6. Liebevolle Beziehungen – Glück und Wertschätzung?
  7. Selbstachtung – ICH-Stärke und Fremdachtung?
  8. Frieden in einer unverständlichen Welt – Geben und Veränderungen?

Fazit

Auch bei einer Weltmeisterschaft, selbst wenn auf diese über Monate oder sogar Jahre hingearbeitet wird, geht es um den schnellen Erfolg. Schade dabei ist, dass auf diesem Weg allzu oft vergessen wird, wie komplex die Entstehung von sportlicher Leistung ist. Wir Sportpsychologen sind in diesem Zusammenhang ein kleines Teil im Getriebe – und genau dies hat die WM in Russland aus deutscher Sicht gezeigt. Denn zum einen kann kein seriöser Sportpsychologe zaubern, zum anderen gibt es sehr viele Bereiche, wo wir unser Wissen einbringen können. Im Fokus steht dabei der Erfolg aber auch die handelnden Akteure als Menschen und deren Gesundheit. Es gibt viel zu tun.   

 

Literatur

Graves, C. W., (1966), “The Deterioration of Work Standards”, in: Harvard Business Review, Vol.44, No.5, S.117-126

Graves, C. W., (1974), “Human Nature Prepares for a Momentous Leap”, in: The Futurist Magazine, April, S. 72-87.

Graves, Clare W. (2002), Levels of Human Existence, ECLET Publishing, Santa Barbara.

Graves, Clare W. (2005), The Never Ending Quest, ECLET Publishing, Santa Barbara.

Weitere Artikel: http://www.clarewgraves.com/

Carron, A.V., Bray S.R. and  Eys.M.A. (2002). Team cohesion and team success in sport, Journal of Sports Sciences, 20 (2) , 119-126.

Lewin, K. 1935. A dynamic theory of personality.New York, NY: McGraw-Hill.

McEwan, D. & Beauchamp, M.R. (2014) Teamwork in sport: a theoretical and integrative review, International Review of Sport and Exercise Psychology, 7:1, 229-250,

Rousseau, V.,Aubé, C. & Savoie, A. (2006). teamwork behaviors: A Review and integration of frameworks. Small Group research, 37, 540-570.

Pentland, A. (2013). The new science of building great teams. The chemistry of high-performing groups is no longer a mystery. In J.R. Katzenbach & D.K. Smith (Eds.), Harvard business review´s 10 must reafs on teams (pp.1-20).Boston, MA: Harvard Business School Publishing Cooperation.

Porter, C.O.L.H., Hollenbeck, J.R., Ilgen, D.R., Ellis, A.P.J., West, B.J., & Moon, H. (2003).Backing up behaviors in teams: The role of personality and legitimacy of need. Journal of Applied Psychology, 88, 391-403.

Sulliva, PJ. & Feltz, D. (2001). The relationship between intrateam conflict and cohesion within hockey teams. Small Group Research, 32, 342-355.

 

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Feature: Die Gedanken nach dem deutschen WM-Aus

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist erstmalig bei einer Weltmeisterschaft in der Vorrunde ausgeschieden. Wir haben die erfreulich offenen Aussagen von Spielern, dem Bundestrainer und TV-Experten nach der Niederlage zusammengefasst, um den Eindruck nach dem historischen WM-Aus einzufangen. Deutlich wurde, wie häufig auch in der tv-medialen Auswertung sportpsychologische Aspekte diskutiert werden. 

Zum Thema: Aussagen zum WM-Vorrundenaus der deutschen Nationalmannschaft

Mats Hummels, Nationalspieler

„Ab der 65. Minute sind wir unglaublich hektisch geworden. Haben die Positionen verlassen, sind wild geworden. Haben dann Fehlpässe gespielt, sind in Konter gelaufen. Die wir dann – ich hoffe, dass darf ich sagen – die wir echt noch gut wegverteidigt haben. Ja, da haben wir irgendwo unsere Struktur verloren.“

Joachim Löw, Bundestrainer

„Ich habe das Gefühl gehabt, vielleicht war es gewisse Selbstherrlichkeit vor dem Mexiko-Spiel. So als können wir auf Knopfdruck irgendwie reagieren, wenn es dann losgeht.“

Oliver Bierhoff, Manager Nationalmannschaft

„Wenn die Mannschaften hinten drin stehen, dann spielt der Kopf auch eine Rolle. Kann man den riskanten Pass spielen oder nicht? Dann spielt man ihn einmal, dann wird er vielleicht abgefangen. Da rennt man direkt hinterher. Da ist sicher auch Kopfsache dabei.“

Holger Stanislawski, ZDF-Taktikexperte

„Ohne Selbstbewusstsein, ohne Mumm, ohne Mut, kannst du so ein Ding nicht nach Hause fahren.“

Manuel Neuer, Nationaltorwart

„Ich denke, dass von uns allen die Bereitschaft einfach nicht groß genug war, dieser unbedingte Wille, zu zeigen, dass wir hier bei der Weltmeisterschaft etwas reißen wollen. (….) Wir haben das nicht mit einer hundertprozentigen Bereitschaft angenommen. Und dass war wirklich der ausschlaggebende Punkt, dass es nicht auf den Platz gebracht wurde. Und das ist bitter und wirklich enttäuschend.“

Oliver Kahn, Ex-Nationaltorhüter und ZDF TV-Experte

„Von was träumen wir, wenn wir Fußball spielen? Einmal im Leben Fußballweltmeister zu werden. Und wenn dann das Ziel erreicht ist, dann fällt auch wahnsinnig viel von diesen Spielern ab. Und diese Leistungsbereitschaft, Weltmeister zu werden, die ist so enorm, was ich da auch als Spieler an Disziplin, an Verbreitung, wie ich auch mental in ein solches Turnier reingehe. Was ich da auch an den Tag legen muss, um erfolgreich zu sein, auf diesem Niveau, bei einer Weltmeisterschaft. Und das zweimal zu machen, dass alles dann nochmal aufzubringen, dass ich kann dann doch verstehen, dass das wahnsinnig schwierig ist.“

Christoph Kramer, Weltmeister 2014 und ZDF TV-Experte

„Emotionen sind im Fußball fast das wichtigste. Aber ich würde gegen meine kompletten fußballerischen Werte widersprechen, wenn ich nur über Emotionen versuchen wollen würde, es zu erklären. Am Ende liegt es immer nur am Spiel und dem, was auf dem Spielfeld passiert.“

 

 

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Feature: Mit souveränen Selbstgesprächen zum Erfolg

Weltmeister Deutschland stand bei dieser WM bereits am Abgrund. Im zweiten Gruppenspiel musste das Team von Joachim Löw gewinnen, um realistische Chancen auf einen Einzug ins Achtelfinale haben. In der letzten Minute der Nachspielzeit half ein Geniestreich von Toni Kroos, der mit seinem vielumjubelten Freistosstor gegen Schweden den späten 2:1-Sieg sicherte und uns eine herausragende Vorlage gab: Denn warum ließ sich der dreifache Champions League-Sieger von Real Madrid so auffällig viel Zeit vor der Ausführung des Freistosses?

Zum Thema: Selbstgespräche am Beispiel und in der Anwendung

Unsere Deutung, weshalb Kroos die Ausführung so lang verzögerte: Der Nationalspieler nutzte die über 10 Sekunden, um sich mental auf den so wichtigen Schuss vorzubereiten.

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Weitere Informationen

Was wir beobachten konnten: Kroos diskutierte mit Marco Reus die Situation, wägte dann selber ab und schoss.

Was er aus unserer Sicht gemacht hat: Er lenkte ganz intuitiv und gekonnt sein Selbstgespräch, mit dem Resultat, dass er sich viel Selbstsicherheit für diese unglaublich druckvolle Situation zusprach. Wahrscheinlich hat er das aber so gar nicht gemerkt, sondern aus dem Bauch heraus richtig gehandelt.

Cristina Baldasarre (zum Profil): “Selbstgespräche lösen Probleme”

Das war ein tolles Beispiel für eine gelungene Selbstgesprächsregulation. Denn Selbstgespräche motivieren, geben Sicherheit sowie Fokus und helfen, Probleme zu lösen. Kross richtete seine Aufmerksamkeit erst nach aussen zu Reuss hin, der offensichtlich einen anderen Plan hatte (https://www.welt.de/sport/fussball/wm-2018/article178106044/WM-2018-Deutschland-Schweden-Toni-Kroos-Marco-Reus-vor-dem-Freistoss.html). Das überzeugte ihn aber nicht und er wandte sich automatisch nach innen, um sich zusammen mit seiner inneren Stimme, sprich seinem Gefühl, für die beste Schussmöglichkeit zu entscheiden. Bildlich gesprochen hat er sein inneres «Erfahrungsteam für Fussball» blitzschnell konsultiert. Und glücklicherweise scheint er auf viele gelungene Situationen zurückgreifen zu können, aber auch auf genügend Selbstwirksamkeit und den Glauben an Erfolg. Kompliment, das muss man erstmal zu Stande bringen!

Die Wissenschaft weiss: Es ist von grösster Bedeutung für das eigene Verhalten und somit für die Erbringung von Leistung, dass das eigene Selbstgespräch leistungsfördernd und positiv eingesetzt ist. Am besten wirkt es, wenn man sich mit «du» oder mit dem Vornamen innerlich anspricht. Das schafft die nötige emotionale Distanz und man meistert die Hürden viel souveräner. Es ist fast so, wie wenn man einem nahen Freund einen guten Ratschlag geben würde: «Du kannst das!» oder «Schritt für Schritt, bleibe fokussiert!» oder «Du hast das schon oft gemacht, los!»

Leistungsfördernde Selbstgesprächsregulation ist erlernbar

Leistungsfördernde Selbstgesprächsregulation kann sehr gut trainiert, muss aber von langer Hand eingeübt werden. Wie so oft macht Übung den Meister, dann lassen sich auch hartnäckige Zweifler und Negativdenker in ihren Einstellungen modifizieren. Das Heranziehen dieser Technik macht darum in allen Phasen des Spiels und Turniers viel, viel Sinn. Auch in der Garderobe, bei der individuellen mentalen Spielvorbereitung und -einstimmung, gehört die Gesprächsregulation zwingend dazu. Und als Teaminterventionen gibt es vielerlei leistungsfördernde Selbstgespräche, nämlich alle ritualisierten Mannschaftssprüche und gegenseitigen Anfeuerungen.

Dr. René Paasch (zum Profil): In vier Schritten zur Selbstgesprächsregulation

In der Praxis scheuen sich aber immer wieder Spieler, dieses “innere Sprechen” gezielt auszuüben. Dies ist allein schon deshalb Quatsch, weil jeder Mensch mit sich spricht. Ständig. Im Sport ist der innere Dialog zudem so wichtig, weil er eine Art Probehandeln darstellt und uns auf die nächsten Schritte aufmerksam macht. Positive Selbstgespräche helfen Spielern also, psychische Beanspruchungssituationen erfolgreich zu bewältigen und mentale Stärke zu erlangen. Wie das geht, möchte ich Euch jetzt anhand eines Beispiels näher erläutern:

Die „Selbstgesprächsregulation“ sollte aus folgenden vier Bestandteilen bestehen:

  • Sammeln typischer aktueller innerer Monologe der Fußballer, z.B. „Ich weiß, wie wichtig das innere Gespräch ist, kann mich aber nicht aufraffen dies zu trainieren“.
  • Negative Selbstgespräche umformulieren, z.B. „Ich möchte jetzt meine innere Gespräche vor Drucksituationen positiv führen. Auch wenn es mir schwer fällt, weiß ich, dass es mir gut tut und ich mich auf Dauer leistungsfähiger fühle.“
  • Training der förderlichen Selbstgespräche, z.B. die umformulierten Sätze morgens 4-mal laut vor dem Spiegel oder während der Drucksituation vorsprechen und sich das Handeln täglich immer wieder vorstellen.
  • Gezielter Einsatz von Atementspannung in kritischen Momenten, am Anfang gemeinsam üben, dann müssen die Fußballer selbst üben.

Es ist eine lohnende Technik im Fußball, mentale Maßnahmen wie „innere Monologe“ zu trainieren, da die Bedeutung der emotionalen Befindlichkeit, die innere Haltung zu einer Handlung ganz wesentlich die Funktion der dazu benötigten Wirkmechanismen beeinflusst, damit die Handlung überhaupt möglich wird. Folgende weiterführende Texte empfehle ich Euch zum Thema Selbstgespräche:

Dr. René Paasch: Analyse NIR vs. GER

Prof. Dr. Oliver Stoll: Gute Selbstgespräche

Darüber hinaus stehen Euch Cristina Baldasarre (zum Profil), Dr. René Paasch (zum Profil) und alle weiteren Profilinhaber von Die Sportpsychologen (zu den Profilen) gern für Rückfragen zur Verfügung!

 

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