USA, Polen, Italien, Spanien und Taiwan – Marie Gülich ist eine Basketball-Globetrotterin. In einer NDR Dokumentation lässt die Nationalspielerin, die als Kapitänin die DBB-Auswahl im Sommer 2025 bei der Heim-EM anführen will, einen sehr emotionalen und unverstellten Blick zu, was es heißt, Profi-Sportlerin zu sein. Im Fokus steht dabei ihr Wechsel nach Taiwan. Wir haben die Freude, mit Marie Gülich zu besprechen, welche Rolle bei ihr die Sportpsychologie spielt.
Marie, mit welchem sportpsychologischen Werkzeug hast du zuletzt gearbeitet und inwiefern hat es dich ganz konkret weitergebracht?
Ich glaube tatsächlich, dass ich ziemlich viel von meinem Studium und meiner Arbeit mit meinem Sportpsychologen immer wieder anwende und ausprobiere. Ein sportpsychologisches Werkzeug, welches ich zuletzt und auch immer wieder benutze, ist basierend auf Nideffers Theorie von Aufmerksamkeit. Ich wollte meine Freiwurfquote verbessern, aber war oft entweder nervös oder abgelenkt von Emotionen an der Freiwurflinie. Ich habe in meinem Studium viel über die Theorie gelernt und natürlich auch darüber reflektiert, wo meine Aufmerksamkeit hingeht, wenn ich auf einmal an der Freiwurflinie stehe. Oft merke ich dann mein Herz oder wie stark ich atme, und manchmal kommen dann natürlich auch Gedanken wie: “Du musst den Wurf jetzt machen.”
Woran ich im Training viel gearbeitet habe, ist mein Fokus auf einen engen externen Fokus zu shiften, wie zum Beispiel auf die Ausführung vom Wurf und mit Cues zu arbeiten, wie “Shoot high over the front of the rim.” Außerdem fokussieren sich meine Augen auf den Korb und spezifisch auf den Ring. Seitdem ich mit dem Cue arbeite und meine Augen auf den Ring fokussiere, hat sich meine Freiwurfquote nicht nur verbessert, sondern ich fühle mich auch viel sicherer und wesentlich ruhiger, wenn ich einen Freiwurf werfen muss.
In der NDR Sportclub Story berichtest du, dass du die sportpsychologische Unterstützung auch in Situationen in Anspruch genommen hast, als du als Profi-Sportlerin mit dem Thema Einsamkeit zu kämpfen hattest. Kannst du verraten, was dir in dieser Situation geholfen hat?
Wenn man über Sportpsychologie nachdenkt, dann verbindet man das wahrscheinlich oft einfach nur mit Sport, Training, mentaler Stärke und denkt nicht darüber nach, welche Faktoren außerhalb des Sports auch Einfluss auf die Leistung haben. Ich müsste jetzt komplett ausholen, um das Thema Einsamkeit im Profisport hier für mich persönlich aufzubrechen. Diesbezüglich empfehle ich die Doku. Im Großen und Ganzen lässt sich aber sagen, dass es schön und wichtig ist, eine Person im Leben und Umfeld zu haben, wo man sich zu 100% sicher fühlt, alles auszusprechen und Dinge so zu benennen, wie man es fühlt. Das alleine hilft oft schon, um sich etwas leichter zu fühlen und vielleicht auch eine andere Perspektive zu bekommen. Was mir immer sehr geholfen hat, war einfach diesen Outlet zu haben und sich vor Augen zu halten, dass man vielleicht in dem Moment alleine, aber nicht einsam ist. Was ich wiederum lernen musste, war nach Hilfe zu fragen, und den Mut zu haben, meine Familie und Freunde auch einfach mal anzurufen und zu sagen “Hey, ich fühle mich heute richtig einsam, können wir ein bisschen telefonieren.”
Außerdem haben wir viel an meinen Core Values gearbeitet, die mir auch geholfen haben, mich selbst mehr zu sehen und zu verstehen, und mir treu zu bleiben in turbulenten Zeiten. Auf dem Spielfeld helfen mir die Core Values in Hinsicht auf emotionale Regulation sehr. Abseits des Spielfelds, um mich auf das zu konzentrieren, was ich kontrollieren kann.
Woran erkennst du eigentlich als Sportlerin, dass zwischen dir und einem Sportpsychologen oder einer Sportpsychologen matched? Denn zwischenmenschlich sollte es in der Zusammenarbeit ja bekanntlich passen.
Wie ich es oben schon angesprochen habe, ist es wichtig, dass man sich wohl fühlt mit dem Sportpsychologen, mit dem man arbeitet. Dass der Therapeut einen Raum schafft, in dem man sich fallen lassen kann und traut, ehrlich mit sich selbst zu sein und das dann auch aussprechen möchte. Ich hatte auch schon Sessions mit Sportpsychologen, wo ich das Gefühl hatte, dass es mir nicht so hilft, hier zu sein. Weil ich das Gefühl hatte, dass die Person mich nicht so verstanden hat und das ist dann auch völlig in Ordnung. Am Ende war es dann ein Bauchgefühl, das mir gesagt hat, das war irgendwie nicht der richtige Fit für mich persönlich, weil ich aus den Sessions oft rausgegangen bin und oft irgendwie frustriert war, weil ich mich nicht gehört oder verstanden gefühlt habe.
Wir von Die Sportpsychologen empfehlen von Herzen die NDR Sportclub Doku von Irina Gnep und Jonas Freudenhammer über Marie Gülich:
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