Sommerspiele-Special: Kopf und Leistung

Viele unserer ExpertInnen betreuen aktuelle Olympia-TeilnehmerInnen oder haben Sportler und Sportlerinnen auf ihrem Weg zu Spitzenleistungen begleitet. Und tatsächlich, die mentalen Aspekte von sportlicher Leistung waren oberflächlich betrachtet noch nie so präsent wie im Moment. Was in der medialen Sportberichterstattung aber immer noch viel zu kurz kommt und selbst im System Leistungssport noch deutlich zu unbekannt ist, ist der Fakt, wie unterschiedlich diese Wege sind.

Zum Thema: Sportpsychologie im Leistungssport

Die Olympischen Spiele in Tokio liefern aktuell im Viertelstundentakt ganz unterschiedliche Belege, wie omnipräsent mentale Faktoren für die sportliche Leistung sind. Sei es in den Formulierungen der KommentatorInnen, in den Aussagen der SportlerInnen vor oder nach den Wettkämpfen oder aber in Handlungen, die uns alle fragend und unsicher zurücklassen.

Entsprechend wächst das öffentliche Interesse an der Sportpsychologie – belastbar und fundiert, wie kürzlich in einem Interview von Prof. Dr. Oliver Stoll (zum Profil) mit dem Sportradio Deutschland deutlich wurde. Hier wurde unser Experte gefragt, was seine psychologische Arbeit mit Leistungssportlern im Wesentlichen umfasst:

Problemvermeider versus Problemlöser

Weit verbreitet ist die Annahme, dass es, bevor es SportpsychologInnen wirklich braucht, erst einmal ein Problem geben muss. Aus vielen Sportler-, Trainer- und Funktionärsköpfen ist die rote Couch zwar mittlerweile verdrängt, die rote Feuerwehr hält sich als Sinnbild für sportpsychologische Einsatzszenarien aber weiterhin hartnäckig. Es wird etwas Zeit dauern, bis unsere ExpertInnen bildlich gesprochen im Beiboot, Mannschaftswagen oder auf der Bank sitzen. Bis dass so weit ist, bleibt es nicht verwunderlich, dass auch aus journalistischer Perspektive häufig erst dann das Mentale in den Fokus gerät, wenn Ziele verfehlt worden sind.

Aber sind wir ehrlich: Das Bearbeiten von Fehlern macht ja auch Spaß und ist natürlich auch ein Kernpunkt sportpsychologischer Arbeit. Dr. Rita Regös (zum Profil), die unter anderem deutsche SportschützInnen betreut, wurde wiederum vom Sportradio Deutschland in der ersten Olympiawoche gefragt, wie Ihre AthletInnen in der konkreten Situation mit Misserfolgen umgehen. Ihre Antwort gilt genauso für Fußballer wie für Schachspieler, die menschlich agieren und damit trotz aller Vorbereitung Fehler machen: “Es geht darum, dass Sportler in Vorbereitung und während der Handlung nicht an das Ergebnis denken. Ziel muss es sein, handlungsleitend zu denken, also sich zum Beispiel mit der technischen Abfolge zu beschäftigen anstatt mit den Konsequenzen einer möglichen Fehlhandlung. Und selbst, wenn Fehler passieren und Sportler aus dem Rhythmus kommen, sollten sie in der Lage sein, die Aufmerksamkeit wieder zurücklenken zu können.”

Mehr als nur Sport

Trotz aller in Tokio erlebten Top-Leistungen und mit durchlittenen Fehlhandlungen ist es besonders eine Aktion, welche nach einer Woche die weltweite Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat: Der Wettkampfabbruch der amerikanischen Top-Turnerin Simone Biles im Mannschaftsmehrkampf. Nach ihrem ersten Sprung verabschiedete sich die 24-Jährige von ihren Teammitgliedern, verschwand in den Katakomben und machte danach öffentlich, dass sie Probleme mit ihrer mentalen Gesundheit habe. Wie ein Blitz traf diese Entscheidung die sportliche Weltöffentlichkeit – vielleicht ein wichtiger Wendepunkt im offenen Umgang von Athleten und Athletinnen mit deren psychischer Gesundheit. Eine Entwicklung, die in den vergangenen Jahren vor allem in der internationalen Popmusik stattfand und nun auch auf der der größten Bühne der Weltsports nötigen Raum bekam.

Die mentale Gesundheit ist natürlich auch für Sportpsychologen ein Thema. Auch wenn ein zu Teilen missverständliches. Viele JournalistInnen oder auch EntscheiderInnen im Sport ist nicht klar, dass klinische Probleme zwar von SportpsychologInnen – abhängig von der Qualität ihrer Ausbildung – erkannt werden können aber nicht behandelt werden dürfen. Mehr denn je geht es in der sportpsychologischen Praxis aber um Menschlichkeit, um ein funktionierendes Miteinander zwischen allen Akteuren im System und letzten Endes auch um die Relativierung von sportlicher Leistung.

Biles und Osaka als Vorbilder

Biles mutiger Schritt führte dazu, dass zahlreiche ProfilinhaberInnen von Die Sportpsychologen gleich mehrfach für Interviews angefragt worden sind. Gleich doppelt hat die Plattform Watson bei unseren ExpertInnen zugegriffen. Für die Schweizer Auflage des Mediums wurde Cristina Baldasarre (zum Profil) gebeten, Biles Entscheidung zu bewerten: “Es zeigt sehr viel Stärke und den langen Leidensweg von Biles. Eines der wichtigsten Turniere sausen zu lassen, das entscheidet man nicht einfach aus einer Laune heraus. Das war ein langer Prozess. Bis jetzt hat sie sich immer durchgebissen. Doch jetzt ging es nicht mehr. Es zeigt, wie die Turnerin unter allen Erwartungen und dem Druck fast zerbricht. Sie hat es Gott sei Dank gemerkt und für sich entschieden, «das ist es mir nicht wert».” Janosch Daul (zum Profil) wurde von Watson-Deutschland befragt und betonte vor allem die Vorbildrolle von Biles und Naomi Osaka, der japanischen Tennisspielerin, die jüngst auch von mentalen Problemen berichtete: “Sowohl Simone Biles als auch Naomi Osaka sind absolute Vorbilder, gerade für die junge Generation, in Bezug auf ihren verantwortungsbewussten Umgang mit sich selbst. Nämlich bewusst die Notbremse zu ziehen und, gefangen in ihrem Leid, nicht einfach wie eine Maschine weiterzumachen. Der Schlüssel für das Wohlergehen und auch die (sportliche) Leistungsfähigkeit eines Menschen ist immer die psychische Gesundheit.”

Vom Sportradio Deutschland wurde Dr. René Paasch (zum Profil) zum Druck interview, den Sportler und Sportlerinnen insbesondere bei den Olympischen Spielen aushalten müssen:

Abliefern, wenn es darauf ankommt

Wir von Die Sportpsychologen haben in den vergangenen Monaten ein einzigartiges Online-Coaching entwickelt, in dem SportlerInnen, TrainerInnen und Coaches einen intensiven und praxisnahen Einblick in mentale Techniken und Methoden bekommen.

Mehr Informationen:

https://www.die-sportpsychologen.de/2021/02/abliefern/

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Quellen:

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https://www.watson.de/sport/analyse/613212108-olympia-nach-der-absage-von-turnerin-simone-biles-sie-ist-ein-vorbild

https://www.watson.ch/!505588478?utm_source=whatsapp&utm_medium=social-user&utm_campaign=watson-app-ios

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Mathias Liebing
Mathias Liebinghttps://www.torial.com/mathias.liebing
Redaktionsleiter bei Die Sportpsychologen und freier Journalist Leipzig Deutschland +49 (0)170 9615287 E-Mail-Anfrage an m.liebing@die-sportpsychologen.de