Michael Wigge: Zurückhaltung ist selten ein Erfolgsrezept

Reden wir nicht drumherum: Die Sportpsychologie verkauft sich schlecht. Viele Experten und Expertinnen sind sehr zurückhaltend, gehen geradezu devot mit ihren Qualitäten, Fähigkeiten und Erfolgen um. Alles aus gutem Grund und mit dem Blick auf die Berufsethik einfach zu begründen. Allerdings wächst der Markt für sportpsychologische Dienstleistungen und seit Jahren stellen viele schlecht bis mäßig ausgebildete Mentalcoaches ein Problem dar, wenn sie viel lauter agieren und gleichzeitig fachlich wenig zu bieten haben. 

Also, was können wir besser machen, wollen wir vom Vortrags- und Motivationsredner sowie Autor und Moderator Michael Wigge wissen. Von einem, der weiß, wie man sich seriös in der Wirtschaft, in den Medien und unter Führungskräften verkauft…  

In der Sportpsychologie ist es verpönt, sich allzu werblich zum Beispiel als Vortragsredner oder Coach am Markt zu platzieren. Wie ist deine Erfahrung: Mit welcher Strategie überzeugst du deine Kunden und Kundinnen am besten?

Aus meiner Erfahrung als Speaker und Coach in Deutschland und den USA ist Zurückhaltung selten ein Erfolgsrezept, wenn man Menschen wirklich erreichen will. Aber: Werblich zu sein heißt nicht, marktschreierisch aufzutreten. Es geht um authentische Sichtbarkeit. Ich gewinne meine Kunden meist nicht durch Verkaufsrhetorik, sondern durch:

  • authentische Geschichten aus meinen Selbst-Experimenten („Ohne Geld bis ans Ende der Welt“, etc.)
  • humorvolle Selbstironie – das bricht das Eis und schafft Nähe
  • und konkreten Nutzen, den ich vermittle: etwa zu Themen wie Resilienz, Selbstführung, mentaler Stärke

Ich platziere mich nicht als „der Coach mit der Lösung“, sondern als jemand, der durch Herausforderungen gewachsen ist – das überzeugt mehr als jede Hochglanzbroschüre. So würde ich das auch in der Sportpsychologie sehen: Persönlich, authentisch und als Person mit offen gezeigten Facetten (Stärken und Schwächen)

Die Sportpsychologie ist nicht zuletzt wissenschaftlich geprägt. Was ist dein Rat an die Kollegen und Kolleginnen aus der Sportpsychologie – wie viel Wissenschaftsfesseln müssen sie über Bord werfen oder reicht es schon, sich an prominenten Speakern zu orientieren? Welche beispielhaft agierenden Personen kannst du nennen und wie hast du deine Performance im Laufe der Jahre angepasst?

Wissenschaft ist wichtig – aber sie darf auf der Bühne nicht trocken wirken. Mein Rat an Kolleginnen und Kollegen aus der Sportpsychologie: Die Inhalte dürfen fundiert sein, aber die Verpackung muss lebendig sein.

Wissenschaft und Wirkung schließen sich nicht aus, aber der Transfer zur Bühne muss empathisch, emotional und visuell erfolgen. Ich habe z.B. gelernt:

  • weniger Theorieblöcke, mehr Erlebnisse und Bilder im Kopf
  • statt PowerPoint: Storytelling, Selbstversuche, Metaphern
  • statt Zahlen: Emotionale Erkenntnisse und interaktive Übungen

Beispiele für gelungene Speaker mit wissenschaftlichem Hintergrund:

  • Prof. Volker Busch – verbindet Neurowissenschaft und Humor brillant.
  • Dirk Nowitzki (in Speaker-Rolle) – keine Wissenschaft, aber Authentizität pur mit starker Wirkung.

Ich selbst habe meine Performance im Laufe der Jahre weg von „ich erzähle euch etwas“ hin zu „ihr erlebt mit mir etwas“ entwickelt. Heute kombiniere ich Keynote, Coaching-Elemente und Entertainment – das bleibt hängen.

Fakt ist, Geschichten aus dem Sport interessieren ein breites Publikum. Mit welchen Zutaten würdest du daraus ein feuriges Bühnenprogramm zaubern?

Sport hat alles, was gute Geschichten brauchen: Kampf, Krisen, Comebacks, Charakter. Um daraus ein packendes Bühnenprogramm zu machen, braucht es drei Zutaten:

  1. Identifikation statt Heldenverehrung

Zeige nicht nur den Sieg, sondern auch das Scheitern, den Zweifel, die Angst. Dann fühlen sich Menschen abgeholt – auch wenn sie keine Sportler sind.

  1. Interaktive Elemente

Ich lasse mein Publikum gerne kleine Challenges lösen (z. B. Mini-Nein-Sagen-Challenge oder Balanceübung auf der Bühne), um Mentales erlebbar zu machen.

  1. Starker Spannungsbogen

Vom Tiefpunkt zur Transformation – das zieht. Eine gute Sportgeschichte folgt dramaturgisch dem Prinzip.

Mit diesen Elementen entsteht kein Vortrag, sondern ein Erlebnis. Und genau das motiviert Menschen wirklich – im Sport wie im Leben.

Zur Person: Redner und Challenger Michael Wigge

Der Motivationsredner und Abenteurer Michael Wigge hat sich darauf spezialisiert, unglaubliche Challenge-Geschichten zu dokumentieren. „Ohne Geld bis ans Ende der Welt“ und  „Wigges Tauschrausch“ (als er einen Apfel in ein hawaiianisches Traumhaus nur durch das Tauschen verwandelte), sind nur zwei seiner Reiseaktionen.   

Sein Selbstversuch „Ohne Geld bis ans Ende der Welt“ wurde zum Erfolg. Das ZDF verlieh ihm dafür den VJ Award in der Kategorie „Bester Videojournalist-Newcomer“. Die Reportagereihe wurde für den Grimme Preis nominiert. Der Keynote Speaker trat in den USA in der Tonight Show zusammen mit Katy Perry auf, um sein Projekt dort vorzustellen.

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Bilder:

Michael Wigge (Quelle: Julia Nitschke, zur Verfügung gestellt von Michael Wigge)

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Mathias Liebing
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Redaktionsleiter bei Die Sportpsychologen und freier Journalist Leipzig Deutschland +49 (0)170 9615287 E-Mail-Anfrage an m.liebing@die-sportpsychologen.de