Prof. Dr. Oliver Stoll: Zehn Jahre Masterstudiengang “Angewandte Sportpsychologie” – Am Anfang stand die Sinnfrage

Im Wintersemester 2008/2009 wurde der erste Jahrgang des Master-Studiengangs Angewandte Studiengangs an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg immatrikuliert. Der Weg bis zu diesem Ereignis war steinig und schwer, denn ich musste die Universitätsleitung sowie das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt überzeugen, dass ein solcher Studiengang „Sinn macht“ und auch eine berufliche Zukunft für mögliche Absolventinnen und Absolventen bietet. Kurz vor dem Start des Studiengangs im Oktober 2008 kann ich gerade als Sportpsychologe der Nationalmannschaft Wasserspringen von den Olympischen Spielen 2008 aus Peking zurück und war….um es kurz zu sagen „geflasht“ von dieser Erfahrung. Zuvor waren von der Konzeption bis zum Beginn dieses Studiengangs fast zwei Jahre ins Land gegangen, die von harter Überzeugungsarbeit und intensiver Studiengangentwicklung sowie dessen Akkreditierung geprägt waren. Hat sich das gelohnt?

Zum Thema: Resumée zu zehn Jahren Masterstudiengang “Angewandte Sportpsychologie” an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Kürzlich kam ich nach Hause nachdem ich mich gut acht Stunden mit den Bewerberinnen und Bewerbern für das kommende Semester 2019/2020 beschäftigt hatte. Wie schon in den Jahren 2010 bis 2019 haben sich wieder einmal zwischen 80 und 100 Bewerberinnen und Bewerber bei mir (bzw. im Immatrikulationsamt der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) gemeldet – um ganz genau zu sein, insgesamt 86. Ich kann jedoch nur zehn Bewerberinnen und Bewerber aufnehmen.

Parallel dazu geht der 10. Jahrgang gerade…, dass heißt sie schreiben und verteidigen gerade ihre Master-Arbeiten. Ein passender Moment, um einmal Revue passieren zu lassen, was in diesen zehn Jahren alles passiert ist. 

Mehr Infos zu Prof. Dr. Oliver Stoll: https://www.die-sportpsychologen.de/oliver-stoll/

Keine Vermittlung in die Arbeitslosigkeit

Ich versuche so lange wie möglich Kontakt zu meinen Absolventinnen und Absolventen zu halten und das Resumée ist erstaunlich. Nicht einer oder eine ist bis zum heutigen Tag arbeitslos. Insgesamt 89 Studierende haben ihren Weg nach dem Start im Oktober 2008 gefunden. Einige wenige in der Wissenschaft – national und international, aber ein Großteil ist wirklich in der Anwendung tätig. Viele der Absolventinnen und Absolventen sind im professionellen Fußball gelandet, und hier vor allen Dingen in den Nachwuchsleistungszentren der Profi-Ligen 1 bis 3. Spontan fallen mir da die Vereine RB Leipzig, Mainz, Hamburger SV, Braunschweig, Jena, Hallescher FC ein. Andere sind heute bei großen Sportartikelherstellern unterwegs und einige wenige haben den Weg in die Klinische Psychologie gesucht und genommen. Nur wenige haben dem Sport den Rücken gekehrt. 

Manchmal frage ich mich, womit dieser „Erfolg“ zu tun hat. Ein Grund ist sicherlich, dass ich auf tolles „Personal“ auch von außen zurückgreifen kann. Dazu gehören regelmäßig so renommierte Sportpsychologen und Dozenten wie Hanspeter Gubelmann (zum Profil bei Die Sportpsychologen), Christian Heiss und Henning Thrien sowie unregelmäßig Jürgen Walter (zum Profil bei Die Sportpsychologen), die alle jeweils auch ihre Sicht auf unser Berufsfeld vermitteln und sehr praktisch darstellen (es ist immer gut, wenn man immer nicht nur „Stoll“ hört). Ein weiterer Grund ist auch, dass wir diese innovative Plattform „Die Sportpsychologen“ gegründet haben, die uns nicht nur in einem Netzwerk verbindet, sondern eben auch hilft, unsere Arbeit nach außen darzustellen. Ich kann mich noch gut an die vielen Netzwerktreffen und die Fortbildungsveranstaltungen erinnern, die wir – eigentlich Mathias Liebing mit der „Roten Couch“ (die nächste Auflage von Die Rote Couch – Das Sportpsychologie Barcamp findet übrigens Ende September 2019 in Leipzig statt, seid dabei!) – umgesetzt haben. 

Weiterhin nicht gut elaborierte beziehungsweise professionell untersetztes Berufsfeld

Und ein weiterer Grund ist sicherlich die Attraktivität und das – nach wie vor – nicht gut elaborierte bzw. professionell untersetzte Berufsfeld der Praktischen bzw. „Angewandten Sportpsychologie“. Aus den sehr engen Lehrkontakten, die sich im Wesentlichen mit der Praxis beschäftigt haben, ergaben sich viele interessante Forschungsideen, die häufig in Masterarbeiten umgesetzt wurden. Dazu gehörten solche Fragestellungen, wie Selbstinstruktionen beim Elfmeterschießen im Fußball, im Dart oder beim Putten im Golf wirken oder aber auch die Wirksamkeit von erlebnispädagogischen Maßnahmen in der Vorbereitungsphase von Sportspielmannschaften zur Erhöhung des Mannschaftszusammenhalt. Andere Fragestellungen beschäftigten sich mit sportpsychologischen Anforderungsprofilen verschiedener Sportarten. Auch das Entscheidungsverhalten im eSport und auch das Thema Sexualisierte Gewalt im Leistungssport wurden in solchen Arbeiten erforscht und diskutiert.

Der Studiengang in Halle ist bis heute der einzige, der vom Berufsverband ASP als äquivalent zum post-gradualen Fortbildungsprogramm der ASP anerkannt wurde und somit auch (nach Prüfung weiterer Kriterien wie z.B. der Arbeit mit Athleten mit A- und B-Kader-Athletinnen und Athleten in deutschen Sportspitzenverbänden) zur Bewerbung zur Aufnahme in die BISp/DOSB-Datenbank berechtigt. 

Zuversichtlich in die Zukunft

In Deutschland existieren mittlerweile drei sportpsychologische Master-Studiengänge, davon einer in einer privaten Fachhochschule in Berlin, und ein weiterer (eher forschungsorientierter) an der Sporthochschule in Köln. Der Studiengang in Halle war der erste an einer Universität in Deutschland. Aus meiner Sicht, ein Grund stolz zu sein und zuversichtlich in die Zukunft zu schauen. 

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Mehr zum Thema:

https://www.die-sportpsychologen.de/2018/09/12/johannes-stuppi-bin-ich-sportpsychologe/

https://www.die-sportpsychologen.de/2019/07/22/dr-hanspeter-gubelmann-the-best-a-sport-psychologist-can-be/

https://www.die-sportpsychologen.de/2018/06/20/thorsten-loch-sportpsychologe-der-multi-leistungssportler/

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