Die III. Olympischen Jugend-Winterspiele 2020 finden vom 9. bis am 22. Januar in Lausanne, Schweiz, statt. 1792 AthletInnen aus 79 Länder messen sich in insgesamt 16 Sportarten und 81 Wettkämpfen. Ein Ort der Triumphe für die einen, eine Stelle des Scheiterns für die anderen. Denn leider gelingt es jungen SportlerInnen oft nicht, an Grossanlässen ihre Top-Leistung abzurufen. Im Beitrag will ich zeigen, was dabei helfen kann.
Zum Thema: Gut sein wenn’s zählt…
Die Olympischen Jugendspiele vereinen jugendliche Nachwuchstalente im Alter von 15 bis 18 Jahren, die auf dem Weg in den Spitzensport sind. Für die jungen Sportler ist Lausanne 2020 das Highlight ihrer bisherigen Karrieren und der Lohn zahlloser gezielter Trainingseinheiten, nun gefolgt von hohen Erwartungen – wir können uns alle vorstellen, dass grosse Emotionen zur Tagesordnung gehören.
Was aber, wenn die Grösse des Anlasses oder der eigene Leistungsdruck die jungen AthletInnen überwältigt? Welcher Sportler hat das noch nie erlebt…, dass sich trotz guter Vorbereitung und optimalen Bedingungen vor dem Wettkampf der Magen verkrampft, die Beine nicht mehr gespürt werden, der Kopf ganz leer oder die Überzeugung riesig ist, dass mit Sicherheit alles schief laufen wird und die langersehnte Leistung heute nicht abgerufen werden kann. In Interviews hören wir dann oft Erklärungen wie «….heute war einfach nicht mein Tag…» oder «….manchmal fehlt eben das Glück…..».
Ein Zustand, viele Namen
Dieser Zustand hat sehr unterschiedliche Namen: Angst, Nervosität, Blockade, Black out, Chocking under pressure, Lampenfieber, Stress, Übererregung, Panik oder Mattscheibe oder, oder, oder…..
Keiner möchte diese Zustände erfahren, dennoch sind sie ein Teil des Erlebens und gehören ganz einfach auch dazu. Die Sportpsychologie spricht von Arousel, ein wertneutraler Begriff, der die Höhe des inneren Erregungszustandes darstellt. Die negative Konnotation dazu, wenn das Arousel sehr hoch ist, ist eine Erfindung von uns Menschen. Dabei geht oftmals vergessen, welches die ursprüngliche Funktion ist, die bereits von Walter Carron 1915 benannt wurde. Den Körper nämlich auf fight-or-flight vorzubereiten – um in Gefahrensituationen raschmöglichst eine Anpassung an die Bedrohung zu ermöglichen und so hoffentlich zu Überleben.
Spannungstanz
Sportliche Höchstleistungen, wie sie dieser Tage in Lausanne erwartet werden, sind ein Balanceakt, um das individuell passende Mass zwischen genügend Arousel vs. ein Überarousel zu finden. Wer diesen Spannungstanz zum richtigen Zeitpunkt am besten beherrscht, zieht dadurch einen deutlichen Vorteil für sich und befindet sich dann im optimalen Leistungszustand (OLZ).
Erfahrungswerte unterschiedlichster Wettkampfsituationen helfen dabei, sich immer wieder mit diesen mentalen Herausforderungen auseinander zu setzen und die Copingstrategien stets zu verfeinern. Was aber passiert, wenn dieser OLZ nicht erreicht wird und die Nervosität überhand nimmt?
Wenn Drucksituationen Chaos auslösen
Dann steht dem Athleten das Gelernte und sein Können nur noch zu Teilen zur Verfügung. Der Frontalkortex, wo das logische und planerische Denken stattfindet, arbeitet dann kaum noch. Dafür übernimmt das Lymbische System die Steuerung. Dort befinden sich die Mandelkerne (Amygdala), welche für die emotionalen Reaktionen und für die Erkennung von Gefahrensituationen zuständig sind. Ist die Amygdala erstmal aktiviert, empfinden wir Angst und Nervosität, das Chaos im Kopf ist gross und das Gefühl zu versagen wächst heran.
Dass die jungen AthletInnen extrem Stolz sind über ihre Qualifikation und Teilnahme in Lausanne, versteht sich von selbst. Da wir alle soziale Wesen sind, spielen die Erwartungen von anderen, hier vielleicht der Trainer, Eltern, Teamkollegen oder Fans, und natürlich auch die eigenen, eine bedeutende Rolle. Schliesslich haben sich die AthletInnen ausgiebig und zielgerichtet vorbereitet, nun sollen auch die Leistung und der Lohn dafür folgen. Das kann zu emotionalen Überforderungssituationen führen. Auch darum, weil gerade die jungen AthletInnen oft noch nicht so viel Erfahrungen im Umgang mit Drucksituationen und Niederlagen sammeln konnten.
Cristina Baldasarre
Fachpsychologin für Sportpsychologie FSP
Sportarten: Kunstturnen, Eiskunstlaufen, Synchronschwimmen, Rhythmische Gymnastik, Curling, Langlauf, Fussball, Wasserball, Bob, Golf, Motocross, Judo, Bogenschiessen, Schiedsrichter von Mannschaftssportarten, Trainerberatung
Kontakt:
c.baldasarre@die-sportpsychologen.ch
+41 (0)79 434 09 57
Zur Profilseite: https://www.die-sportpsychologen.de/cristina-baldasarre/
Optimalerweise befassen sich schon junge AthletInnen im Vorfeld von Grossanlässen auch mit diesem Thema der mentalen Vorbereitung. Und reisen mit einem Rucksack an Techniken und einer mentalen Routine an. Neben den gängigen sportpsychologischen Ansätzen lege ich jeweils den Schwerpunkt in meiner Arbeit auf die Konzepte, die über und mit dem Körper arbeiten, sogenannte Embodiment-Techniken. Forschungen haben gezeigt, dass zum Beispiel bei Bewegungen und Körperhaltungen der Einsatz von Rhythmus (schnell-langsam) oder von Richtung (aufwärts-vorwärts) einen signifikanten Einfluss auf die Befindlichkeit und Gefühle, die Erinnerung und die Handlung haben.
Praktische Entspannungstechniken
Zu den gängigen Embodiment-Techniken gehören unter anderem grundlegende Atemübungen wie das Entspannungsatmen (siehe Bilder), welches im und neben dem Training geübt werden soll. So lernt der Körper, sich schnell durch gezieltes Ausatmen zu beruhigen und negative Gefühle können reguliert werden. Am Wettkampftag gipfelt die Endversion dieser Technik im bewussten Ausatmen, oft zwei- dreimal, kurz vor dem Start.
Oder die Blitzentspannung (siehe Bilder), welche mit inneren Bildern von Leichtigkeit arbeitet und innerhalb einiger Sekunden ein spürbares, muskuläres Entspannungsgefühl auslöst. Diese Technik kann jederzeit, auch im unmittelbaren Vorfeld des Wettkampfes in die Vorstartroutine eingearbeitet werden.
Klopftechniken und digitaler Support
Um aufkommenden, negativen Stress zu regulieren, arbeite ich auch sehr gerne mit den Klopftechniken von PEP® nach Bohne. Er geht davon aus, dass Gefühle zu einem grossen Teil aus Körperwahrnehmungen bestehen. Darum erscheint es nur logisch, den Körper bei der Veränderung dieser störenden und leistungshemmenden Emotionen einzubeziehen. Es ist sinnvoll, zusätzlich dazu eine positive Botschaft für sich selber zu formulieren, wie beispielsweise «Ich habe gut trainiert und kann das!» oder «Ich bin stark und bereit!». So wird die Aufmerksamkeit gesteuert und emotional erwünschte Zustände werden wieder möglich. Quasi als Nebenprodukt aktiviert die Klopftechnik PEP® die Selbstwirksamkeit und ist eine Methode, die sich sehr gut im sportpsychologischen Coaching, aber auch in die unmittelbare Vorstartroutine integrieren lässt.
Abschliessend noch die Idee, den AthletInnen mittels der App Body2Brain® selber ein online Tool anzubieten, wo sie ihre Emotionen mittels einfachster Körperübungen selber regulieren können. Wenn dabei Unterstützung gefragt ist…
Kontakt
Meine Kollegen (zur Übersicht) und ich (zum Profil von Cristina Baldasarre) helfen euch gern, so dass eure großen und kleine Wettkämpfe zu tollen Erlebnissen werden, bei denen ihr das zeigen könnt, was ihr drauf habt.
Literatur
Baldasarre, C., Birrer, D. & Seiler, R. (2003). Krafttraining für die Psyche: Praxisbeilage zur
Fachzeitschrift für Sport mobile, 6 Bd. Magglingen: mobile.
http://www.croos-mueller.de/bodytobrainmethode.html (11.1.20)
https://www.lausanne2020.sport/de/die-spiele (11.1.20)
https://de.wikipedia.org/wiki/Kampf-oder-Flucht-Reaktion, (10.1.2020)
https://www.dr-michael-bohne.de/was-ist-pep.html (10.1.2020)
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