Ausdauersportarten wie Schwimmen, Laufen und Radfahren, die das Herz und den Kreislauf über längere Zeit moderat und gleichmäßig belasten, sind nicht nur gesund für den Körper, sondern auch für den Geist. Ich begehe also keinen Geheimnisverrat, wenn ich hier noch einen drauf setze und betone, dass reguläres kardiovaskuläres Training einen Einfluss auf viele Gehirnfunktionen hat und dazu kognitive Alterungsprozesse verlangsamt. Eine aktuelle Metaanalyse von Blomstrand und Engvall (2020), die 13 Studien zu den Effekten einer einzelnen Einheit kardiovaskulären Trainings auf die Gehirnfunktion umfasst, liefert dazu spannende Aussagen.
Zum Thema: Wie körperliche Bewegung unseren geistigen Ressourcen nutzt
Die Teilnehmer dieser Studien unternahmen Trainingseinheiten zu Fuß oder auf dem Rad, bevor dann anhand kognitiver Tests Maße zu Aufmerksamkeit, Konzentration, Arbeitsgedächtnis, Kurz- und Langzeitgedächtnis sowie Problemlösefähigkeiten erhoben wurden.
Eine Folgerung dieser Metaanalyse war, dass ein einzelnes kardiovaskuläres Training mit einer Dauer von zwei Minuten bis zu einer Stunde bei moderater bis hoher Intensität einen Einfluss auf die Aufmerksamkeit, Konzentration, sowie Lernen und das Gedächtnis für eine Dauer von bis zu zwei Stunden hat. Ausdauertraining scheint die Lernfähigkeiten und den Übertrag des Gelernten ins Gedächtnis zu verbessern, wenn die Arbeit dem Sport nach einer kurzen Erholungspause folgt.
Implikationen für den Alltag
Die Autoren nennen als mögliche Mechanismen Langzeitpotenzierung oder einen Anstieg entsprechender Proteine und von BDNF. Bei Interesse schreiben Sie mich gern an, darum soll es an dieser Stelle jedoch nicht gehen. Viel wichtiger sind hier und heute Implikationen für den Übertrag in Schule und Studium, Ausbildung und Berufsleben. Wie lässt sich die Produktivität im Job steigern oder die Klausurvorbereitung effizienter gestalten? Wie so oft im Leben, lassen sich viele Ideen ganz einfach in den Alltag einbauen.
Die Tagesstruktur bietet verschiedene Möglichkeiten. Morgens könnte das Fahrrad das Transportmittel der Wahl sein. Sollten Sie auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sein, ist es vielleicht möglich, zwei Haltestellen eher auszusteigen, um strammen Schrittes ins Büro zu gehen. Und wenn das alles nicht passt, kann eine Laufrunde oder der Gang ins Schwimmbad unterstützen, den Kopf auf Betriebstemperatur zu bringen.

Christian Hoverath
Sportarten: Tennis, Triathlon, (Beach-)Volleyball, Radsport (MTB und Straße), Einradsport, Leichtathletik, Schwimmen
Darüber hinaus beschäftigt sich Christian Hoverath mit der Prävention von Dopingverhalten und sexualisierter Gewalt.
Kontakt:
+49 (0)163 736 2987
Mehr Infos: Zur Profil
Ideen brauchen Platz
Wenn der Arbeitsalltag es ermöglicht, macht vielleicht auch die Joggingrunde in der Mittagspause oder zwischen Vorlesung und Nachbereitung Sinn und Spaß. Falls das alles Sie nicht mitnimmt, kann eine intensive, jedoch kurze und knackige Runde aus Ausfallschritten, Liegestützen, Hampelmann und Seilspringen für ein paar Minuten alle zwei Stunden helfen, die Konzentration aufrecht zu halten und nebenbei auch etwas für seine Gesundheit zu tun. Das sollten Sie übrigens auch tun, wenn Sie Vokabeln oder Formeln lernen müssen. Können Sie ihrem Gehirn die Möglichkeit, das soeben Gelernte zu verarbeiten und machen Sie gleichzeitig den Weg frei für die nächsten Items.
Denken Sie auch an diese Studie, wenn Sie das nächste Mal an einem Problem sitzen und nicht weiterkommen. Ein paar Minuten Sport können hier wahre Wunder bewirken und Ihre Kreativität neu ankurbeln. Dafür hilft es wahrscheinlich, auch mal im Gedächtnis zu kramen. Die besten Ideen kamen Ihnen doch bestimmt häufiger, nachdem Sie aufgehört haben, sich am Schreibtisch mit dem Problem zu befassen, sondern als Sie sich im Wald bewegt haben oder unter der Dusche standen.
Es lohnt sich in vielerlei Hinsicht und der Einsatz ist auch recht überschaubar. Viel Spaß!
Literatur:
Peter Blomstrand and Jan Engvall. “Effects of a Single Exercise Workout on Memory and Learning Functions in Young Adults—A Systematic Review.” Translational Sports Medicine (First published: August 08, 2020) DOI: 10.1002/tsm2.190
Views: 381