In der Welt des Sports ist lange bekannt, wie entscheidend regelmäßiges Training, mentale Stärke und die richtige Ernährung für unsere sportliche Leistung sind. Doch ein oft vergessener Faktor verdient mehr Aufmerksamkeit: unser Schlaf. Aus sportpsychologischer Sicht beeinflusst Schlaf nicht nur die physische Regeneration und unser Energielevel, sondern auch Konzentration, Motivation, Entscheidungsverhalten und emotionale Stabilität – alles Hauptbestandteile für sportlichen Erfolg (Fullagar et al., 2015).

Zum Thema: Was Sportler:innen zum Thema Schlaf wissen sollten
Schlaf ist ein aktiver Prozess, in dem sich der Körper erholt, Wachstumshormone ausschüttet und das Gehirn neue Informationen verarbeiten kann. Gerade im Hochleistungssport führt der Mangel an qualitativ hochwertigem Schlaf häufig zu einer verminderten Reaktionsfähigkeit, kognitiven Leistung und Entscheidungsqualität (Watson, 2017). Eine Studie an zehn gesunden jungen Männern zeigte, dass schon eine einzige Nacht mit zu wenig Schlaf die Sprintleistung, die Koordination und die subjektiv empfundene Anstrengung beeinflusst (Reilly & Edwards, 2007). Eine Forschungsgruppe der Stanford University untersuchte zudem die Wirkung von zusätzlichem Schlaf auf die sportliche Leistung. Basketballspieler, die über mehrere Wochen mindestens zehn Stunden Schlaf pro Nacht erhielten, konnten ihre Sprintgeschwindigkeit, Trefferquote und auch ihre Stimmung massgeblich verbessern (Mah et al., 2011). Interessant ist hierbei der psychologische Faktor: Die Spieler berichteten nicht nur von besserer Leistung, sondern auch von einem gesteigerten Selbstvertrauen und allgemein mehr Freude am Training.
Schlaf wirkt also direkt auf die emotionale Stabilität, Motivation und Stressverarbeitung. Schlafmangel erhöht die Aktivität der Amygdala – dem Hirnareal, das für emotionale Reaktionen wie Ärger oder Angst zuständig ist – und reduziert die Verbindung zum präfrontalen Kortex, der für rationale Entscheidungen zuständig ist (Yoo et al., 2007). Für Athlet:innen bedeutet das im Umkehrschluss eine höhere Reizbarkeit, mehr Wettkampfangst und eine geringere Fähigkeit zur Selbstregulation. Alle diese Faktoren können einen direkten negativen Einfluss auf die sportliche Leistung haben. Dabei spielt nicht nur die Schlafdauer, sondern insbesondere auch die Schlafqualität eine entscheidende Rolle für die körperliche und mentale Leistungsfähigkeit. So können beispielsweise Durchschlafstörungen oder ein Mangel an REM- und Tief-Schlaf trotz ausreichender Gesamtdauer zu Leistungsabfällen führen (Fullagar et al., 2015).
Wege zum besseren Schlaf
In der Sportpsychologie spielt Schlaf deshalb auch im mentalen Training eine zentrale Rolle. Entspannungsübungen, Schlafhygiene und der gezielte Einsatz von Einschlafroutinen können Athlet:innen helfen, eine bessere Schlafqualität zu erreichen. Methoden wie das Einführen eines Schlafprotokolls oder das Lernen von bestimmten Atemtechniken vor dem Einschlafen können nachweislich die Schlafdauer und -qualität deutlich verbessern (Lastella, Lovell, & Sargent, 2014). Wie Schlafforscherin und Psychologin Dr. Christine Blume von der Universität Basel unterstreicht, ist Schlaf weit mehr als reine Erholung – insbesondere mentale Faktoren wie der innere Leistungsdruck oder emotionale Anspannung beeinflussen unsere Schlafqualität stark und sind in einer Beratung gezielt zu berücksichtigen (Blume & Cajochen, 2020).
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel liefert der ehemalige deutsche Fußballnationaltorwart Oliver Kahn, der stets betonte, wie zentral Schlaf für seine mentale Vorbereitung war. Er mied in den Tagen vor wichtigen Spielen elektronische Medien am Abend und etablierte feste Rituale wie Lesen und Atemübungen, um besser zur Ruhe zu kommen und in seinen regenerativen Schlaf zu finden (Kahn, 2008).
Schlaf als Baustein der Leistungsoptimierung
Eine Zusammenfassung verschiedener wissenschaftlicher Studien zeigt, dass Athlet:innen, die an Schlafstörungen leiden – beispielsweise durch Faktoren wie häufiges Reisen, starken Leistungsdruck oder hohe Trainingslast – ein erhöhtes Risiko für psychisches Leiden wie Depressionen oder Angststörungen aufzeigen (Gupta et al., 2017). Schlaf wird daher nicht nur als Erholungsfaktor, sondern auch als präventiver Schutzfaktor im Rahmen der sportpsychologischen Betreuung betrachtet. Besonders in der Phase vor wichtigen Wettkämpfen oder nach einer tiefgreifenden Verletzung kann ein verbesserter Schlaf nicht nur die körperliche Regeneration fördern, sondern unter anderem auch die emotionale Stabilität und Motivation wieder stärken. Der Schlaf ist damit kein passives Element der Regeneration, sondern ein aktiver Baustein sportlicher Leistungsoptimierung.
„Schlaf ist die beste Meditation.“
Dalai Lama
Literatur:
Blume, C., & Cajochen, C. (2020). Schlafstörungen in modernen Gesellschaften: Ursachen, Folgen und Lösungsansätze. Somnologie, 24(3), 143–149. https://doi.org/10.1007/s11818-020-00244-7
Fullagar, H. H. K., Skorski, S., Duffield, R., Hammes, D., Coutts, A. J., & Meyer, T. (2015). Sleep and athletic performance: The effects of sleep loss on exercise performance, and physiological and cognitive responses to exercise. Sports Medicine, 45(2), 161–186. https://doi.org/10.1007/s40279-014-0260-0
Gupta, L., Morgan, K., & Gilchrist, S. (2017). Does elite sport degrade sleep quality? A systematic review. Sports Medicine, 47(7), 1317–1333. https://doi.org/10.1007/s40279-016-0650-6
Kahn, O. (2008). Ich. Erfolg kommt von innen. München: Riva Verlag.
Lastella, M., Lovell, G. P., & Sargent, C. (2014). Athletes’ precompetitive sleep behaviour and its relationship with subsequent precompetitive mood and performance. European Journal of Sport Science, 14(Suppl 1), S123–S130. https://doi.org/10.1080/17461391.2012.660505
Mah, C. D., Mah, K. E., Kezirian, E. J., & Dement, W. C. (2011). The effects of sleep extension on the athletic performance of collegiate basketball players. Sleep, 34(7), 943–950. https://doi.org/10.5665/SLEEP.1132
Reilly, T., & Edwards, B. (2007). Altered sleep–wake cycles and physical performance in athletes. Physiology & Behavior, 90(2-3), 274–284. https://doi.org/10.1016/j.physbeh.2006.09.017
Watson, A. M. (2017). Sleep and athletic performance. Current Sports Medicine Reports, 16(6), 413–418. https://doi.org/10.1249/JSR.0000000000000418
Yoo, S. S., Gujar, N., Hu, P., Jolesz, F. A., & Walker, M. P. (2007). The human emotional brain without sleep — a prefrontal amygdala disconnect. Current Biology, 17(20), R877–R878. https://doi.org/10.1016/j.cub.2007.08.007
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