Prof. Dr. Oliver Stoll: Wie Fußball, Handball, Basketball, Volleyball oder Eishockey vom Floorball lernen können

Nicht selten werde ich gefragt, weshalb ich mich als Sportpsychologe in der Randsportart Floorball engagiere? In der Frage schwimmt immer mit, dass sich in dieser in Deutschland ja noch kleinen Sportart kaum Geld verdienen lasse. Ich antworte dann gern, dass ich es mag, im Sinne der Sportpsychologie auch in das Kostüm von Robin Hood zu schlüpfen. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit: Denn meist wird im Floorball auch auf Basis der Gebührenordnung abgerechnet – also genauso mäßig wie in klassischen olympischen Sportarten auch. Viel wichtiger ist für mich die tiefe Offenheit im Floorball der Sportpsychologie gegenüber und die Chance, in dieser Sportart Strukturen für die mentale Arbeit zu schaffen, die wir auch für andere Sportarten adaptieren können. Im Text gebe ich einen Überblick über ganz konkrete Maßnahmen als Floorball-Sportpsychologe, die auch im Fußball, Handball, Basketball, Volleyball oder Eishockey anwendbar sind, wenn die jeweiligen Entscheidenden nur wollen.

Zum Thema: Sportpsychologie in Spielsportarten 

Als Sportpsychologe begleite ich die Floorball-Nationalmannschaften. Zuletzt war ich knapp zwei Wochen bei der WM-Endrunde im Dezember in Schweden im Einsatz. Rund um die Turniere fällt mein Arbeitspensum etwas intensiver aus, dazwischen ist es weniger, als es mir lieb ist, da ich so nur eingeschränkt Grundlagen schaffen kann. Aber so ist das eben mit kleinen und von staatlicher Förderung abhängigen Verbänden. Seit einigen Monaten bekomme ich aber regelmäßig Anfragen aus dem Floorball, nicht zuletzt aus dem Nachwuchs.

Beim SC DHfK Leipzig war ich kürzlich mehrfach vor Ort. Erst habe ich beim U13 Team mitgeholfen, die Kids auf die vom Verein ausgerichtete Deutsche Meisterschaft in eigener Halle vorzubereiten. Die Themen waren Ziele, Umgang mit Druck und Körpersprache. Spannend war für mich, die Inhalte unserer Arbeit auf die Sprache und den Erfahrungshorizont von 11- bis 12-Jährigen anzupassen. Aber mein Eindruck und das Feedback der Spieler war überaus positiv:

Konkretes Wissen für eine deutsche Meisterschaft

Schon intensiver verlief die Zusammenarbeit mit dem U15 Team des DHfK Leipzig. Auch diese Mannschaft hat sich für die Endrunde einer deutschen Meisterschaft in ihrer Altersklasse qualifiziert. Hier ging es um Grundlagen der mentalen Arbeit im Sport und ganz konkrete Ableitungen, die sie für das DM-Turnier Anfang Juli in Bremen nutzen können. Den Fokus habe ich auf Visualisierungen gelegt. 

Um das Eis zu brechen und die Relevanz deutlich zu machen, habe ich mit einem Video meines Kollegen Dr. Hanspeter Gubelmann gearbeitet. Gemeinsam mit Cristina Baldasarre hat er die Schweizer Floorball-Nationalmannschaft zur WM 2018 in Prag begleitet. Für die Kids war es super, anhand ihrer eigenen Sportart und des ehemaligen Superstars Matthias Hofbauer zu zeigen, wie gut Visualisierungen funktionieren können. (Link zum Beitrag siehe unten) Mein Credo war dabei: “Schaut mal, das machen Nationalspieler, das Gleiche macht ihr. Visualisierungen sind vollkommen normal, sie sind einfach eine sehr zielführende Trainingsmethode.”

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Techniken umsetzbar machen

Klar ist auch, dass mentales Training dann wirkt, wenn es wiederholt wird. Wie es bei physischem Training normal ist und auch so im Sport verstanden wird. Diesbezüglich haben wir mit der Sportpsychologie noch Nachholbedarf. Aber ich bin sehr gespannt, was ich vom Team und deren Trainern nach der deutschen Meisterschaft höre. Ich bin überzeugt, dass einige auf ausgewählte Techniken zurückgreifen werden. Zumal der junge Trainerstab meine Arbeit auch super unterstützt hat.

Noch während des Trainings wurde in der WhatsApp-Gruppe des Teams ein Video der Veranstaltungsstätte des DM-Turniers in Bremen geteilt. Ein TV-Beitrag von Radio Bremen, in dem die Halle gut zu sehen ist. Mit Hilfe dieses Films können sich die Jungs und Mädchen schon auf dem Weg nach Bremen mit der Örtlichkeit auseinandersetzen. Sich vertraut machen. Wenn darüber hinaus einige, wie geübt, ihre Penalty-Strategien im Kopf 50 bis 60 Mal wiederholen, werden sie gut vorbereitet sein. Besser als diesbezüglich manche Profi-Sportler.

Auftrag im Mutterland des Floorballs

Im Floorball ist meiner Erfahrung nach in der jüngeren Vergangenheit eine große Offenheit gegenüber der Sportpsychologie entstanden. Erst vergangene Woche habe ich die Einladung von einem weiteren Top-Verein bekommen, wo ich einen Workshop im Nachwuchs umsetzen soll. Der frühere Bundestrainer Martin Brückner hat mich unterdessen schon zum zweiten Mal zu seinem Club eingeladen, wo ich mehrtägig in der Vorbereitung mit im Boot bin. Dieser Auftrag führt mich nach Schweden, wo Brückner, mit dem ich im Nationalteam sehr gut zusammengearbeitet habe, inzwischen unter professionellen Bedingungen arbeitet. Im Mutterland des Floorballs.

Eine Erkenntnis meiner Arbeit ist es, die Arbeit zwischen dem Top-Level im Erwachsenenalter und dem Nachwuchs zu verzahnen. In die eine, wie in die andere Richtung. In anderen Sportarten, insbesondere im Fußball, erlebe ich eine klare Zweiteilung. Wenn im Floorball so weiter gearbeitet wird wie zuletzt, wird sich die Sportart als Muster für andere Spielsportarten bei der Implementierung der Sportpsychologie beweisen. Es wäre mir persönlich eine große Freude. 

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Prof. Dr. Oliver Stoll
Prof. Dr. Oliver Stollhttp://www.die-sportpsychologen.de/oliver-stoll/

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