Kathrin Seufert und Klaus-Dieter Lübke Naberhaus: Gedankensteuerung nach Joshua Kimmich

Führungsspieler des FC Bayern München sowie des Nationalteams und für viele junge Fußballer im Land ein glühendes Vorbild – und das mit gerade einmal 25 Jahren. Mittlerweile ist Joshua Kimmich auch Vater. Ein Umstand, der ihn im Frühjahr 2019 vor eine echte Herausforderung stellte: Berliner Olympiastadion oder Kreißsaal? In einer ZDF-Dokumentation von Jan Medelin und Lars Ruthemann (31.05.2020, https://www.zdf.de/sport/zdf-sportreportage/fussball-fc-bayern-joshua-kimmich-doku-100.html) lässt Kimmich private Einblicke zu. Eine Aussage, die er bezüglich der Schwangerschaft seiner Freundin Lina tätigt, lässt aufhorchen. Und es zeigt, an einem besonderen Beispiel, wie die Gedankensteuerung funktionieren kann.

Zum Thema: Aufmerksamkeit lenken und Fokus setzen

Der errechnete Geburtstermin des gemeinsamen Kindes von Joshua Kimmich und seiner Freundin Lina lag zwischen dem letzten Bundesligaspiel der Saison 18/19 und dem DFB-Pokalfinale, in welchem der Bayern-Spieler auf seinen früheren Arbeitgeber RB Leipzig traf.

Obwohl wir unterstellen dürfen, dass Kimmich als werdender Vater emotional hochgradig beteiligt war, schaffte er es nach eigenem Bekunden in der Doku, für die Dauer des Pokalspiels am 25.05.2019 im Berliner Olympiastadion die Gedanken an die bevorstehende Geburt seines Sohnes vollkommen auszublenden. Sein Fokus war einzig und allein auf das Spiel ausgerichtet, auf das Finale und die Möglichkeit, nach der Meisterschaft und dem Pokalsieg eine grandiose Woche einzuläuten, welche mit der Geburt seines Kindes gekrönt werden kann.

Es müssen nicht immer die großen Räder sein, an denen wir drehen  

Doch wie kann das gehen? Wie funktioniert es, dass sich ein Sportler trotz eines solch einschneidenden Ereignisses mit dieser immensen emotionalen Tragweite seinen Fokus voll auf die sportliche Höchstleistung ausrichten kann? Damit wollen wir uns nun konkret beschäftigen: 

Eines vornweg. Oft helfen uns scheinbar kleine Dinge, um unseren Fokus zu behalten. Es geht vor allem darum, Gedanken, die dazu führen, dass ich vom Fokus abschweife, möglichst nicht zuzulassen oder wenn sie auftreten, schnellstmöglich wieder zum Fokus des Spiels zurückzukehren. Verlieren wir unser Ziel aus dem Blick, fehlt die notwendige Fokussierung, dann geht unsere Aufmerksamkeit und die Wirksamkeit unserer Handlungen zurück. Damit können wir nicht mehr die volle Leistungsfähigkeit auf den Platz bringen. 

Klaus-Dieter Lübke Naberhaus

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Anker setzen und Pendelübungen

Wenn wir sogenannte Anker setzen, Bezugspunkte haben, um unsere abschweifenden Gedanken loszulassen und zu unserem Fokus zurückzufinden, dann ist dies hilfreich. Und das sind ganz einfache Dinge, wie z.B. ein bestimmter Punkt an der Wettkampfkleidung, der mich dabei unterstützt, bei aufkommenden abweichenden Gedanken zurück ins Hier und Jetzt zu gelangen. Ein konkretes Beispiel ist das Patch am Oberarm, die Werbung auf der Brust oder die Nahtkante am Unterrand des Trikots. Die Kontaktaufnahme mit dieser auserwählten Stelle soll mich selbst daran erinnern, mich wieder voll auf die jetzige Aufgabe zu fokussieren. Der „Hier und Jetzt-Punkt“ kann jederzeit, ohne dass es jemanden auffällt, genutzt werden und durch die taktile Berührung des Ankers speichert unser Gedächtnis diesen Punkt als Unterstützung zur Aufmerksamkeitslenkung. Und auch hier bestimmt die Übung den Meister. Je öfter ich diesen Punkt nutze, trainiere, desto effektiver kann er auch in schweren Situationen eingesetzt werden.

Doch auch so genannte Pendelübungen sind einsetzbar, gerade wenn es um emotional stark beladene Situationen geht, wenn die Emotionen sozusagen „überkochen“. Dann braucht es einen Regulator, damit ich aus der Situation der emotionalen Überwältigung herauskomme und meine Handlungsfähigkeit mit relativ klarem Kopf zurückerlange. Pendelübung deshalb, weil ich aus mir heraus meine Gedanken auf einen neutralen Gegenstand, wie etwa den Ball, das Trikot des Gegenspielers oder ein Element des Stadions richte. Kurz ein, zwei sachliche Merkmale beschrieben, wie zum Beispiel „der Ball ist rund und schwarz-weiß“ – und schon bin ich aus der Emotion und den nachfolgenden reduzierten Handlungsweisen wie Angriff, Flucht und Schockstarre heraus. Diese Emotionen spielen sich auf der Ebene meines Hirnstammes ab, der entwicklungsgeschichtlichen alten Struktur unseres Gehirns. Genau da wollen wir aber nicht hin, stattdessen leiten wir die Gedanken auf die Ebene des rationalen Bewusstseins – damit werden wir wieder handlungsfähig.

Kathrin Seufert

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Das Stoppschild

Für diejenigen unter euch, die sich ihrer Gedankengänge noch nicht wirklich bewusst sind, kann es helfen, diese zunächst aufzuspüren und zu bewerten, inwieweit diese förderliche oder hinderlichere sind. Notiere dir dafür alle Gedanken, bei denen du glaubst, dass sie dich nervös machen oder dich von deiner vollen Leistungsfähigkeit abbringen. Nutze die Gelegenheit und formuliere für diese „ungünstigen“ Gedanken positive hilfreichere Gedanken, Sätze oder Symbole. Nehmen wir uns das Beispiel von Joshua Kimmich dafür noch mal zur Hand: Vor dem entscheidenden Spiel hat er das Gefühl, bei der bevorstehenden Geburt eventuell nicht dabei sein zu können. Dieser Umstand beschäftigt ihn. Dass diese Gedanken im Endspiel um den DFB Pokal eher als ungünstig bezeichnet werden müssen, ist selbstredend.

Stattdessen muss er versuchen, diese Gedanken beim Aufkommen zu stoppen. Die Vorstellung eines imaginären Stoppschildes aus dem Straßenverkehr ist dafür eine geeignete Variante. Nachdem mit Hilfe dieser Vorstellung die sportlich „hinderlichen“ Gedanken gestoppt wurden, kann die Ausrichtung wieder auf die Zielfokussierung erfolgen. Der Satz, „Ich spiele diese 90 Minuten, für meine Mannschaft, für mich, für meine Freundin und unseren Kleinen, damit ich ihm als Pokalsieger bald auf der Welt begrüßen kann,“ kann der entgegengesetzte positive Satz oder Gedanke sein. Wie gut das funktionieret hat, erfahrt ihr übrigens in der ZDF-Doku.

Hinweis

Unsere Kollegen (zur Übersicht) und wir, Klaus-Dieter Lübke Naberhaus (zum Profil) und Kathrin Seufert (zum Profil), helfen dir gern dabei, die für dich passende Technik zu finden, um deine Aufmerksamkeitslenkung in die richtigen Bahnen zu lenken. Vielleicht ist die Sommerpause eine wunderbare Gelegenheit, um dafür den Grundstein zu legen. Nimm gern Kontakt auf!

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