Verletzungen im Sport gehören dazu und könnten unterschiedlicher nicht ausfallen. Das zeigt auch die aktuelle Verletztenliste in der 1. Bundesliga. Von kleineren Blessuren bis hin zu schwerwiegenden Verletzungen inklusive mehrfachen Operationen ist alles dabei. Alle Betroffenen verbindet der Wunsch, möglichst schnell wieder auf dem Platz zu stehen und ihrer Mannschaft zu helfen. Dass das nicht immer so einfach ist, auch davon können einige Spieler ein Lied singen. Benjamin Henrichs von RB Leipzig beispielsweise laboriert bereits seit elf Monaten an einem Achillessehnenriss. Daniel-Kofi Kyereh vom SC Freiburg fehlt seiner Mannschaft sogar schon seit zwei Jahren und neun Monaten aufgrund eines Kreuzbandrisses. Beide verfolgen einen auf sie individuell zugeschnittenen Reha-Plan und machen dabei auch Fortschritte. Trotzdem wurden sie immer wieder durch zahlreiche Rückschläge zurückgeworfen und mussten sich sogar jeweils einer zweiten Operation unterziehen. Ein Comeback in der Bundesliga? Für Henrichs und Kyereh eine Frage, die sie sich vermutlich tagtäglich stellen. Eine konkrete Antwort gibt es für sie darauf jedoch leider nicht.
Zum Thema: Umgang mit Verletzungen
Henrichs und Kyereh. Natürlich sind das beides extreme Beispiele. Aber egal, ob man nun mehrere Monate bis Jahre oder „nur“ einige Tage bis Wochen ausfällt – Verletzungen gehen an keinem Sportler spurlos vorbei.
- „Was ist, wenn ich länger ausfalle als geplant?“
- „Ich habe Angst, mich erneut zu verletzen“
- „Was passiert, wenn ich nach der Verletzung nicht mehr so gut performen kann wie davor?“
- „Ich habe mehr und mehr das Vertrauen in meinen Körper verloren“
All das sind typische Gedanken, die mit einer Verletzung einhergehen (können). Hier ist erst einmal wichtig zu erwähnen, dass das natürlich ganz normal ist. Problematisch wird es, wenn diese Gedanken immer mehr werden und sich zu einer Negativspirale entwickeln. Dann dreht sich das Leben auf einmal nur noch um die Verletzung, sowohl physisch als auch psychisch. Durch die zunehmende Beschäftigung mit der eigenen Situation kann irgendwann sogar der Alltag so stark beeinträchtigt werden, dass Betroffene sich selbst bei gewöhnlichen Tätigkeiten eingeschränkt sehen. Im schlimmsten Fall können Verletzungen sogar in Depressionen und Angststörungen münden.
Achtsamkeit und Akzeptanz
Was kann man nun also konkret dagegen tun? Was ist der beste Weg, eine Verletzung nicht zu groß werden zu lassen? Natürlich ist der Umgang mit Verletzungen genauso individuell wie Verletzungen selbst – nichtsdestotrotz gibt es einige Strategien und Ratschläge, die von jedem und jeder angewendet werden können.
Am wichtigsten ist es, sich während der verletzungsbedingten Ausfallzeit in Achtsamkeit und Akzeptanz zu üben. Genauer gesagt heißt das, die Perspektive einzunehmen „Ich kann zwar nicht mehr ändern, dass ich mich verletzt habe. Ich kann aber beeinflussen, wie ich selbst damit umgehe“. Darüber hinaus können auch Achtsamkeitsübungen wie progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training dabei helfen, den eigenen Körper im Ganzen zu spüren und sich nicht nur auf die Verletzung zu fokussieren bzw. man kann dadurch die verletzte Stelle auch ganz bewusst als Teil des Körpers wahrnehmen und erkennen, dass dieser trotzdem noch wie vorher funktioniert.
Raum für positive Dinge
Wie bereits beschrieben, können Verletzungen alltagsbestimmend sein und somit auch das soziale Umfeld beeinflussen. Freunde und Familie fragen sich dann häufig, was sie tun können, um zu unterstützen. Hier heißt die Devise: Ablenkung! Gemeinsame Unternehmungen, die trotz der Verletzung möglich sind, helfen den Betroffenen auf andere Gedanken zu kommen und mal nicht ausschließlich die Verletzung im Kopf zu haben. Zudem kann es schon Wunder bewirken, einfach ein offenes Ohr zu bieten und die Verletzung ganz bewusst mal nicht zu thematisieren, sondern über ganz belanglose Dinge zu sprechen. So rückt die Verletzung in den Hintergrund und bietet Raum für alltägliche und positive Dinge. Dadurch merken die Betroffenen auch, dass ihre Verletzung nicht den ganzen Tag oder ihr ganzes Leben einnimmt.
Ganz generell gesprochen können Sportler versuchen, insgesamt mental stabiler zu sein, um mit Rückschlägen (wie z.B. Verletzungen) besser umgehen zu können. In einem Wort zusammengefasst: „Resilienz“ ist das, worauf es ankommt.
Genau deshalb ist es auch so wichtig, während der Reha nicht nur aus athletischer Sicht an einer Rückkehr zu feilen, sondern auch den mentalen Umgang mit der Verletzung zu begleiten – im besten Fall mit Hilfe sportpsychologischer Unterstützung. Meine KollegInnen (zur Übersicht) und ich (zum Profil von Nathalie Klingebiel) stehen gern parat.
Views: 75
