Wer sich für das Thema Sportpsychologie interessiert, der ist in der wunderbaren Situation, dass aktuell immer mehr hoch interessante Veranstaltungsformate das Licht der Sportwelt erblicken. Ich denke da an die VIRTUAL APPLIED SPORT PSYCHOLOGY SUMMIT 2019 vom 24. bis 27. September 2019 oder an unser Event “Die rote Couch – Das Sportpsychologie Barcamp” vom 28. bis 29. September in Leipzig (mehr Infos). Aber auch die etablierten Konferenzen wie zum Beispiel die asp-Jahrestagung oder neue und wachsende Formate wie den Tag der Sportpsychologie NRW von Jürgen Walter gehören in diese Liste. Kürzlich war ich bei einer Veranstaltung, die für viele – mich inbegriffen – unverrückbar zum Jahreskalender gehört: Der Tag der Sportpsychologie in Innsbruck. Ein wunderbarer Ort zur Weiterbildung, zum Netzwerken und zum Erfahrungsaustausch.
Zum Thema: Rückblick auf den Tag der Sportpsychologie 2019
“Was muss passieren, wenn der Flow abreißt?”, diese Frage stellt Christopher Willis, Begründer und Ausbilder des Center of Mental Excellence zum Auftakt des Tages der Tiroler Sportpsychologie 2019.
“It’s about having a good shitty day” wurde dem jungen Willis diese Frage einst von Ken Ravizza beantwortet. Den Sportpsychologen und Supervisor lobt Willis in höchsten Tönen, hat der US-Amerikaner es zu Lebzeiten schließlich stets geschafft, über den Tellerrand zu blicken. Nämlich dorthin, wo die trainingsspezifischen Grenzen aufgezeigt werden und die Probleme des Lebens für den Athleten erst starten…
Unsere Herausforderungen
Ein wichtiger Einstieg in das jährliche Zusammentreffen von Psychologen, Trainern, Sportpsychologen & Athleten, denn die Sportpsychologie darf weit mehr sein, als mentales Training in verschlossenen Hallen. Einfach weil das Leben mit all seinen Herausforderungen vor dem Sport nicht Halt macht, sollte vor allem die Hilfe zur Selbsthilfe mehr Gewicht bekommen. Darin sind sich auch die folgenden Referenten einig.
Ulf Haefelinger von Red Bull Salzburg fragt vor gespanntem Publikum nach dem Sinn. Nach dem Sinn der Sportpsychologie im Spitzenfußball nämlich. Inspiriert von Existentialist Viktor Frankl teilt er in Schaffens-, Erlebnis- und Einstellungswerte ein und die Botschaft dazu lautet: Es geht stets darum, SELBST aktiv zu werden, das eigene Erleben zu hinterfragen aber auch zu wissen, wie man persönlich mit Stillstand, mit schlechten Phasen umgehen kann. Weil die “letzte der menschlichen Freiheiten darin besteht, die Wahl der Einstellung zu den Dingen zu haben” sind es die EIGENEN Antworten, die entscheidend sind.
Klassenzimmerfetischismus
Dass wir den Athleten diese „Ver-Antwortung“ als Psychologen nicht abnehmen dürfen, verdeutlicht auch Schwimmstar Markus Rogan in seinem abschließenden Vortrag. Der Ausnahmeathlet plädiert dafür, die Expertenrolle inmitten eines „Klassenzimmerfetischismus“ abzulegen und sieht die größte Verantwortung darin, auch mal nichts zu tun. Dieses Nichtstun ist es nämlich, wodurch sich Athleten genügend Raum verschaffen können, um an sich selbst zu arbeiten. Unter dem Motto „Fuck the Flow“ – wie es Ravizza einst formulierte – gilt es vielmehr, als Psychologe, Sportpsychologe oder Coach die bedingungslose Wertschätzung auch dann zu vermitteln, wenn der gefürchtete „shitty day“ zur Realität wird…
Johanna Constantini
Sportarten: Pferdesport, Laufsport, Wintersport, u.a.
Kontakt: j.constantini@die-sportpsychologen.at
zur Profilseite: https://www.die-sportpsychologen.de/johannaconstantini/
Dankeswort
Ein sehr erkenntnisreicher Tag mit vielen spannenden Einsichten in die Arbeit verschiedenster Experten. Vielen Dank an die Veranstalter vom Center of Mental Excellence und den Grillhof in Vill.
Der Beitrag ist am 13. September 2019 auf Johanna Constantinis Seite Constantini.at erschienen. (zum Original-Beitrag).
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