Thorsten Loch: Power Posing – alles nur Schau?

Foul. Freistoß in aussichtsreicher Position. Der Spieler legt sich den Ball zurecht. Dann vier Schritte nach hinten und zwei nach links. Im Anschluss breitbeiniger Stand, Hosenbeine nach oben gekrempelt. Bis der Schiedsrichter den Ball freigibt, wird so verharrt. Von wem ist hier wohl die Rede? Es ist nicht allzu schwer zu erraten. Natürlich handelt es sich um den fünffachen Weltfussballer Cristiano Ronaldo, mittlerweile im Dienste von Juventus Turin. Oder ein anderes Beispiel: Wer kennt nicht das „Markenzeichen“ des jamaikanischen Sprintsuperstars Usain Bolt, welches er unmittelbar vor seinen Läufen zelebrierte? Unsereins stellt sich die Frage: Warum tun sie das? Wieso zeigen diese beiden und andere Sportler diese oder ähnliche Verhaltensweisen? Böse Zungen behaupten, dass sie dies rein aus Werbezwecken tun, um sich wichtig zu tun, mehr zu vermarkten oder ähnliches. Doch scheinbar steckt noch eine ganz andere Absicht hinter diesem Verhalten. 

Zum Thema: Was hat Power Posing mit Zuversicht zu tun?

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Im Sport wie auch in anderen Bereichen des Lebens teilt nicht nur das gesprochene Wort, sondern auch die Körpersprache anderen Menschen sehr viel über uns mit. Menschliche Informationsverarbeitung findet in ständiger Wechselwirkung mit dem Zustand des eigenen Körpers statt, was als „Embodiment“ bezeichnet wird (Stroch et al. 2006). Die Psyche wirkt sich auf den Körper aus, z.B. drückt sich Niedergeschlagenheit nach einem Misserfolg auch in einem gebeugten Rücken und hängenden Schultern aus. Gleichzeitig beeinflusst der Körper umgekehrt auch die Informationsverarbeitung. 

Auf Basis dieser Erkenntnisse beschäftigte sich Amy Cuddy, eine amerikanische Sozialpsychologin, in ihrer Studie (2014) mit dem so genannten Power Posing, um die Auswirkungen von Körper auf die Psyche zu untersuchen. In ihren Experimenten konnte sie nachweisen, dass bereits zwei Minuten Körperhaltung in einer so genannten „Power Pose“ eine anhaltende Senkung des Stresshormons Cortisol (um 25% gesenkt) und eine Steigerung des „Energiehormons“ Testosterons (um 20% gestiegen) zur Folge hat.  Sprich: Das Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten wird gestärkt und die Angst reduziert. Das Gegenszenario tritt bei einer Low Power Pose auf, bei der man sich eher zusammen kauert.

High Power vs. Low Power-Posen

In diesem Zusammenhang stufte Cuddy unterschiedliche Körperpositionen in „High Power“ bzw. als „Low Power“-Posen ein. In der Regel sind die Hochleistungs-Posen offen und entspannt. Ähnlich wie im Tierreich wird hierbei instinktiv Macht und Selbstbewusstsein demonstriert. Dagegen sind die Low-Posen in sich geschlossen und eng. Beispiele für Power Posen sind die Cowboy Haltung oder die Siegerhaltung: 

Charakteristisch für den Cowboy sind ein breitbeiniger Stand, Brust raus und die Hände in die Hüfte gestemmt (siehe Video Ronaldo). Hingegen ist das Charakteristikum der Siegerhaltung, dass die Arme nach oben gerissen werden – Siegerpose Usain Bolt.

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Ein typischer “Cristiano”, Quelle: YouTube
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Usain Bolts berühmte Geste ist bei 1:15 zu sehen, Quelle: YouTube

Alles Mittel zum Zweck

Aus der Ferne hat es also den Anschein, dass beide Elitesportler dieses Verhalten ganz bewusst zeigen, um sich entsprechend zu regulieren, um zuversichtlich in die bevorstehende Aufgabe zu gehen. Unsere Körperzustände können wir teilweise bewusst kontrollieren: Statt die Schultern hängen zu lassen, können wir eine stolzgeschwellte Brust zeigen; statt Mundwinkel hängen zu lassen, können wir ein Lachen ins Gesicht bringen. Damit wird es möglich, effektiv unsere eigene Motivations- und Emotionslage zu beeinflussen (Beckmann/Elbe 2008). Man sollte sich daher stets bewusst sein, welche Körpersignale in den entsprechenden Leistungssituationen (bei Erfolg als auch bei Misserfolg) ausgesendet werden. Außerdem wird im Gehirn der Weg zum Abruf unserer Stärken gebahnt und damit das Selbstbewusstsein gestärkt. Und es gibt noch einen weiteren Vorteil: Wir zeigen unserem Gegner nicht Unsicherheit, sondern Selbstbewusstsein und Stärke, was den Kontrahenten möglicherweise aus dem Konzept bringt. 

Fassen wir zusammen: Körperzustände beeinflussen psychische Zustände. Beispielsweise haben Körperhaltungen, die aus irgendeinem Grund eingenommen werden, Auswirkungen auf Kognition (z.B. Urteile, Einstellungen) und Emotionalität. Man kann an sich selbst beobachten, wie eigene positive Gefühle und Erfolgszuversicht in dem Maße zunehmen, in dem der Gegner die Kontrolle über sich verliert. Wie wir sehen, lässt sich so ein Verhalten trainieren. Eine Kausalität auf Erfolg lässt ein solches Verhalten nicht zu, jedoch erhöht es die Wahrscheinlichkeit, dass man an seine individuelle Leistungsreserve gelangt, was gleichbedeutend die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg beeinflusst. Also: Kopf hoch, Brust raus! ☺ 

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Thorsten Loch
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Hennef, Deutschland

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