Björn Korfmacher: Kann KI auch Coaching?

KI-Tools wie Chat GPT werden in allen Lebensbereichen immer häufiger zu Rate gezogen – selbst bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen stehen digitale Helfer Rede und Antwort und sollen teilweise therapeutische Versorgungslücken füllen. Warum also nicht auch in der sportpsychologischen Betreuung? 

Zum Thema: Können KI-Lösungen Athleten mental unterstützen?

Es ist längst kein Geheimnis mehr – künstliche Intelligenz ist zum Beispiel in der Diagnostik schon jetzt präziser als mancher Arzt, und auch in Sachen Therapieauswahl liegt sie meistens richtig. Da drängt sich die Frage auf, ob KI nicht auch im Bereich der sportpsychologischen Betreuung wertvolle Dienste leisten kann? Für viele Sportpsychologen und Coaches mag diese Frage unangenehm sein – zielt sie doch darauf ab, möglicherweise ersetzt zu werden – aber sie ist berechtigt wie naheliegend. 

Befragt man Chat GPT nach einem gängigen sportpsychologischen Anliegen (z.B. Wettkampfschwäche oder Verletzungsangst), erhält man prompt ein paar sehr konkrete Lösungsvorschläge, damit umzugehen. Die Antworten sind zugegebenermaßen erstmal gut und richtig. Genauso gute Antworten erhält man auch auf Fragen zu praktischen Fertigkeitstrainings (wie kann ich meinen Tennisaufschlag verbessern? Wie kann ich meinen Schuss trainieren, damit er härter oder präziser wird?). Auch hier gibt dir KI nützliche Tipps an die Hand. Aber ersetzt das den praktischen Tennis-, Fußball- oder Eishockeytrainer? Noch lange nicht!

Künstliche Intelligenz in der Sportpsychologie: Nur schlau sein reicht nicht

Keiner weiß genau, was in 50 Jahren ist. Aber wir können durchaus davon ausgehen, dass die bis dahin voll ausgereifte künstliche Intelligenz einen noch viel größeren Teil unserer Lebenswelt ausmacht, als sie es jetzt schon tut. Vielleicht werden wir in ferner Zukunft ausschließlich von Roboter-Ärzten behandelt, von Roboter-Handwerkern besucht, von Roboterhänden massiert, von Roboter-Fußballtrainern ausgebildet oder von Tennismaschinen trainiert. Vielleicht treten die Maschinen auch gegeneinander an und der menschliche Sportler ist nur noch ein Relikt aus der Vergangenheit. Aber so weit ist es noch lange nicht. Noch menschelt es auf unserem Planeten. Und genau das ist der Punkt. 

KI-Programme sind vollgestopft mit Wissen – teilweise noch mit gefährlichem Halbwissen, aber oft schon richtig fundiert. Und dieses Wissen wird auf Anfrage in Sekundenschnelle ausgespuckt – ideal für jeden, der nach schnellen und vor allem einfachen Antworten sucht. 

Sportpsychologische Betreuung vs. künstliche Intelligenz

Sportpsychologische Betreuung bzw. Sport-Mentaltraining ist aber nicht auf Schnellschusslösungen ausgerichtet. Selbst akute Krisenintervention ist nicht mal eben so gemacht. Die Wörter „Betreuung“ oder „Coaching“ implizieren ja bereits eine Regelmäßigkeit, die es auch unbedingt braucht. Die Erfolge in der sportpsychologischen Betreuung passieren schrittweise über die Zeit. Entwicklungen müssen beobachtet und Maßnahmen immer wieder vertieft oder angepasst werden. In diesem Sinne sollte Sportmentaltraining immer individuell sein, zugeschnitten auf die Bedürfnisse, Anforderungen, Veranlagungen und vieles mehr. Mentaltrainer und Sportpsychologen nehmen Schwingungen wahr, lesen die Körpersprache, sind einfühlsam oder auch mal hart – je nachdem, was der Athlet braucht. 

KI dagegen wartet demgegenüber mit Pauschallösungen auf – Tipps und Tricks, die zwar oft richtig sind, aber tendenziell allgemein und unspezifisch. 

Fazit

Wenn es um gezielte Intervention geht, die das Übel an der Wurzel packt und beim Sportler nachhaltig verfängt, hat die Künstliche Intelligenz sicherlich (noch) nicht die Qualität wie die enge Betreuung von einem Sportpsychologen oder qualifizierten Sportmentaltrainer. 

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