Dr. René Paasch: Gewicht machen im Fußball

Das Thema Ernährung spielt für immer mehr Fußballer eine zentrale Rolle zur Gesunderhaltung und Leistungsoptimierung. Dies zeigt ein aktuelles Beispiel: Der frühere Fußballprofi Kevin Pannewitz ist im vergangenen Jahr von seinem Klub FC Carl Zeiss Jena entlassen worden. Einer der Vorwürfe: er wiege zu viel. Dieses Thema begleitet den Sportler, der sein fußballerisches Talent bislang nie dauerhaft nutzen konnte, seit Jahren. Früher trainierte er unter Felix Magath für den Sprung in die Bundesliga, heute kickt der 28-jährige beim Berliner Kreisligisten FC Amed. Nun will er zurück in die 3. Liga. Wie kann die Sportpsychologie helfen, damit man sein Körpergewicht nachhaltig reduzieren kann? 

Zum Thema: Ernährungsumstellung im Leistungssport Fußball 

Der Gewichtsabnahmeprozess ist eine komplexe Angelegenheit. Einerseits muss der Leistungskicker sein Gewicht reduzieren, auf seine Gesundheit und seine Ernährung achten und andererseits muss er einen erfolgreichen Saisonverlauf nachweisen, um gesehen zu werden. Vor allem dann, wenn das Körpergewicht vom persönlichen Erfolg abhängt, liegt eine besonders schwere Last auf den Schultern des Fußballers. Ein wissenschaftliches und erprobtes Programm in der Praxis kann helfen – das Motivations-Volitions-Konzept (MoVo). Dieses geht von der Erkenntnis aus, dass es vielen Menschen schwerfällt, das, was sie sich vorgenommen haben, in die Tat umzusetzen. Auch dann, wenn sie hoch motiviert sind, gelingt es ihnen oft nicht, die entsprechenden Handlungen folgen zu lassen. Was diesen Personen fehlt, sind nicht Slogans wie „Schlank in vier Wochen“ oder „Du musst nur daran glauben“, sondern konkrete Unterstützung bei der volitionalen Umsetzung ihrer Absichten. Dabei setzt sich dieses Konzept aus zwei Teilen zusammen: Dem Prozessmodell als dem theoretischen Rahmen der Lebensstiländerung sowie die damit verbundene Praxis. Das Zusammenspiel dieser Faktoren ist in der folgenden Abbildung 1 dargestellt. 

Abb. 1.: MoVo-Prozessmodell (Fuchs, 2013a)

Das MoVo-Prozessmodell erklärt, dass der Aufbau und die Aufrechterhaltung einer kontinuierlichen Verhaltensänderung im Wesentlichen von fünf psychologischen Faktoren abhängig ist (Fuchs et al., 2017):

  • Vorliegen einer starken Zielintention
  • Hohe Selbstkonkordanz 
  • Realistische Handlungspläne
  • Wirksame Strategien des Barrierenmanagements
  • Positive Konsequenzerfahrungen mit dem neuen Verhalten

Verhaltensänderung

Ausgangspunkt ist die Motivation zur Änderung eines spezifischen Verhaltens (z.B. Ernährungsumstellung), die eine Zielintention voraussetzt. Sie ist das Ergebnis motivationaler Prozesse des Abwägens und Auswählens. Dies hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: Von den erwarteten Vor- und Nachteilen des fraglichen Verhaltens und von den spezifischen Selbstwirksamkeitserwartungen. 

Näheres dazu: 

https://www.die-sportpsychologen.de/2016/08/dr-rene-paasch-per-woop-zum-saisonziel/     https://www.die-sportpsychologen.de/2019/06/dr-rene-paasch-anliegen-statt-ziele-was-trainer-funktionaere-und-spieler-ueber-den-trend-wissen-sollten/

Beispielsweise sind Fußballer eher bei der Umstellung der Ernährung motiviert, wenn sie sich davon mehr Vor- als Nachteile erwarten und wenn sie davon überzeugt sind, die betreffenden Verhaltensweisen auch erfolgreich ausführen zu können. Stichwort: „Selbstwirksamkeit“. Für dieses Ziel ist aber nicht nur die Absicht wichtig, sondern auch eine hohe Selbstkonkordanz. Die spiegelt das Ausmaß wider, in dem eine Zielintention (Fuchs et al., 2017) mit den persönlichen Interessen und Werten des Fußballers übereinstimmt. 

Vom Ziel zur Handlung

Damit aus einer konkreten Zielstellung aktives Tun wird, bedarf es einer konkreten Handlungsplanung. Dabei legt der Fußballer fest, wann, wo und wie er die beabsichtigte Handlung startet bzw. fortführen möchte. Durch das Konkretisieren der beabsichtigten Änderung wird die Handlungsinitiierung und Umsetzung unterstützt. Trotz aller Sorgfalt, können Veränderungen durch innere oder äußere Widrigkeiten ins Wanken geraten. In solchen Situationen steht der Fußballer vor der Aufgabe, die geplante Handlung gegenüber konkurrierenden Optionen zu widerstehen (bspw. ungewünschte Verhaltensweisen). Gefragt ist dann ein kreatives Barrierenmanagement, bei den volitionalen Strategien zum Einsatz kommen, wie z.B. die Aufmerksamkeits- und Motivationskontrolle. 

Dr. René Paasch

Sportarten: Fußball, Segeln, Schwimmen, Handball, Hockey, Eishockey, Tennis

+49 (0)177 465 84 19

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Zum Profil: https://www.die-sportpsychologen.de/rene-paasch/

Für die wiederholte Ausführung der geplanten Handlung sind Festigungsprozesse wirksam. Diese führen dazu, dass einzelne Verhaltensweisen, persönliche Erfahrungen und deren Auswirkungen ihren Fußabtritt hinterlassen. Die Herausbildung der anfänglichen Zielintention ist jetzt der Maßstab zur Beurteilung der gemachten tatsächlichen Erfahrungen mit dem neuen Verhalten. Mehr zum Motivationskonzept siehe unten im Quellenverweis. 

Fazit

Auf der Grundlage des oben genannten Prozessmodells sind in den vergangenen Jahren verschiedene MoVo-Interventionsprogramme für unterschiedliche Zielgruppen und Settings entwickelt, in der Praxis erprobt und wissenschaftlich evaluiert worden. Es handelt sich um Interventionen, bei denen es nicht nur um den Aufbau einer starken Motivation zur Verhaltensänderung, sondern auch um den Erwerb volitionaler Umsetzungskompetenzen geht. 

Des Weiteren bestätigen aktuelle Forschungsergebnisse die zukunftsweisende Rolle des Blended Care-Ansatzes, in dem face-to-face-Interventionen und digitale Interventionen miteinander verbunden werden (van der Weegen et al., 2015; Kloek et al., 2017). Für alle diejenigen, die dazu mehr wissen wollen: Nehmen Sie Kontakt auf! Meine Kollegen von Die Sportpsychologen (zur Übersicht) und ich (zum Profil von Dr. René Paasch) sind gern bereit, Ihnen zu helfen.

Mehr zum Thema:

Literatur 

  • Ajzen, I. (1991): The theory of planned behavior. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 50, 179-211.
  • Fuchs, R. (2013a). Das Motivations-Volitions-Konzept. Forum Public Health, 21 (Heft 79), 32-34.  DOI: 10.1016/j.phf.2013.03.004

Studie lesen: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0944558713000097

  • Fuchs, R., Seelig, H., Göhner, W., Schlatterer, M. & Ntoumanis, N. (2017): The two sides of goal intentions: Intention self-concordance and intention strength as predictors of physical activity. Psychology & Health, 32, 110-126. DOI: 10.1080/08870446.2016.1247840

Studie lesen: https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/08870446.2016.1247840?journalCode=gpsh20

  • Kloek, C., Bossen, D., De Bakker, D. H., Veenhof, C., & Dekker, J. (2017): Blended interventions to change behavior in patients with chronic somatic disorders: systematic review. Journal of Medical Internet Research, 19, e418.
  • Sheeran, P., Milne, S., Webb, T., & Gollwitzer, P. (2005):Implementation intentions and health behaviours. In M. Conner & P. Norman (Eds.), Predicting health behaviour (2nd edition, pp. 276-323). Buckingham, UK: Open University Press.
  • van der Weegen, S., Verwey, R., Spreeuwenberg, M., Tange, H., van der Weijden, T., & de Witte, L. (2015): It’s LiFe! Mobile and web-based monitoring and feedback tool embedded in primary care increases physical activity: a cluster randomized controlled trial. Journal of Medical Internet Research, 17, e184.

Weitere Linkempfehlungen zum Thema Ernährung

Motivationskonzept

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