In der Luzerner Zeitung äusserte sich Haris Seferovic vor dem Achtelfinalspiel der Fussball-Europameisterschaft gegen Polen am Samstagnachmittag überaus selbstkritisch: “Es fehlt der letzte Klick, dieses kleine Bisschen beim Verwerten der Chancen. Das liegt weniger am fehlenden Biss als vielmehr an der mangelnden Konzentration.” Der Stürmer, der in den beiden Gruppenspielen gegen Albanien und Rumänien von Beginn an spielen durfte, dabei durchaus auffällig agierte aber eben zahlreiche Chancen ausliess, verriet im Pressegespräch dann auch, wie er mit dieser Situation umgeht: “Ich studiere auf Video, wie ich meine Chancen vergeben habe, und versuche, daraus zu lernen. Auch diese Arbeit gehört zum Beruf des Fussballers.” Cristina Baldasarre hofft, dass es Haris Seferovic nicht bei der Analyse seiner Fehler belässt, sondern spätestens am Spieltag sich auf seine Erfolgserlebnisse fokussiert.
Zum Thema: Wie kann ein Stürmer Selbstvertrauen aufbauen?
Aus der sportpsychologischen Theoriekiste lohnt sich hier ein Blick in die Selbstwirksamkeitsthematik von Bandura. In seinem Modell wird sehr klar herausgehoben, dass mehrere Aspekte, seines Zeichens vier, für den Aufbau (oder Abbau) von Selbstwirksamkeit ins Feld gebracht werden müssen: eigene Erfolgserlebnisse, stellvertretende Erfahrungen, verbale Ermutigungen und Reaktionen des Körpers.
Um eine angemessene Leistung in schwierigen Situationen erbringen zu können, spielen die persönlichen Erwartungen und das eigene Kompetenzerleben somit eine grosse Rolle. Diese Erwartungen kristallisieren aus diesen vier Teilen heraus und sind individuell sehr unterschiedlich.
Worauf kann ein Spieler wie Seferovic nun bauen, um sich für das Achtelfinale gegen Polen richtig vorzubereiten und mental gestärkt zu sein?
Verbale Ermutigungen
Mit dem Punkt verbale Ermutigungen meint Bandura auch unterstützende Aussagen von Familienmitgliedern, Teamkollegen oder dem Trainer. Vladimir Petkovic tut dies in verschiedenen Interviews deutlich positiv „Das Glas ist halb voll“ und „…wir sind hier um zu spielen, noch besser zu werden und zu gewinnen…“. Aus solchen Aussagen spricht eine deutliche Zuversicht und der Glaube an sein Team. Das werden wohl auch die Spieler in den Team- und Einzelgesprächen vom Trainer spüren, der mit solchen ermutigenden Worten ein starkes Führungsinstrument besitzt.
Reaktionen des Körpers
Die Reaktionen des Körpers sind dahingehend zu verstehen, als dass ein mental gut vorbereiteter und erfahrener Spieler seinen Körper gut kennt und die Zeichen von Nervosität und allfälliger Angst achtsam zu deuten vermag. Vor allem aber aus seiner persönlichen Toolbox eine mentale Technik wie beispielsweise das Entspannungsatmen herausziehen kann, die ihm zum richtigen Zeitpunkt hilft, wieder in seinen optimalen Leistungszustand zu gelangen.
Stellvertretende Erfahrungen
Stellvertretende Erfahrungen kann so umgesetzt werden, dass man sich sein Spielervorbild anschaut oder sich vorstellt, wie dieser erfolgreich spielt. Dadurch erfühlt man besser, und bekommt wieder ein konkreteres Bild davon, wie die Bewegung aussieht oder wie man sein möchte im eigenen Spiel.
Eigene Erfolgserlebnisse
Die eigenen Erfolgserlebnisse sind meiner Meinung nach aber noch immer eines der wichtigsten Instrumente die ein Spieler einsetzen kann. Gerade Seferovic hat im Mai seinen Club mit dem entscheidenen Tor vor dem Abstieg bewahrt. Es ist erwiesen, dass das Fokussieren auf die guten, erfolgreichen und Selbstvertrauen stärkenden Erlebnisse viel zielführender sind als das Zurückblicken auf vergangene Fehler.
Und wer sich für seine Selbstwirksamkeit die nötigen Impulse holen und vor allem auch selber geben kann, der wird eine grössere Erfolgschance mit ins Spiel bringen. Dieser Glaube an das eigene Können enthält das Wissen, schon in der Vergangenheit Herausforderungen angenommen und erfolgreich bewältigt zu haben. Und er ist unabhängig davon, was Aussenstehende wie Medien und Fans dazu meinen. Es führt aus der Person heraus zu einer Steigerung des Selbstwertgefühls.
Literartur
http://www.20min.ch/em2016/schweiz/story/18400557
http://www.nzz.ch/euro2016/em-gruppenphase-remis-gegen-rumaenien-die-schweizer-genugtuung-ld.89304
https://de.wikipedia.org/wiki/Selbstwirksamkeitserwartung
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