Dr. René Paasch: Druck im Elfmeterschießen

Bei der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich stehen nun die KO-Spiele an. Nach den vielen engen Resultaten in der Vorrunde dürfte nun mit der ein oder anderen Verlängerung zu rechnen sein. Sicher wird es im Turnier auch Elfmeterschießen geben. Diese letzte Instanz der Herbeiführung der Spielentscheidung wird von manchen Akteuren als brutal beschrieben – einige Profis scheuen sich sogar, beim Elfmeterschießen anzutreten. Warum eigentlich? Welche Möglichkeiten gibt es, mit dieser speziellen Drucksituation umzugehen?

Zum Thema: Wie lässt sich eine gesteigerte Selbstaufmerksamkeit vermeiden?

In Wettkämpfen gibt es immer wieder Situationen, die besonders entscheidend für den Ausgang und damit für Erfolg oder Misserfolg sind. Eine zuvor gute Leistung kann in diesen Momenten zunichte oder aber ganz im Gegenteil mit Erfolg versehen werden. Besonders auffällige Beispiele sind das Elfmeterschießen im Fußball. Der psychische Druck auf die Fußballer kann sehr groß sein, besonders wenn es sich um wichtige Turniere handelt wie die jetzige Europameisterschaft in Frankreich. Wenn die psychischen Ursachen dafür nicht abgestellt werden können, erreichen Spieler trotz Begabung und bestem physischen Training dadurch nicht die optimale Leistungsfähigkeit. Wie kommt es, dass einige Fußballer mit dem Druck umgehen können und andere nicht? Jetzt kommt die gute Nachricht. „Mit Druck umgehen kann man lernen“.

Selbstaufmerksamkeit: Die erste mögliche Erklärung beschreibt, dass Druck auf einem Anstieg der Selbstaufmerksamkeit beruht. Der wahrgenommene Druck, z.B. in einem Elfmeterschießen, führt dazu, dass Angst vor Versagen entsteht, die wiederum eine erhöhte Selbstaufmerksamkeit auslöst. Sie bewirkt, dass die Bewegung nicht mehr automatisiert ausgeführt wird, sondern der Fußballer plötzlich bewusst darauf achtet, wie die Bewegung ablaufen sollte. Unglücklicherweise führt somit die erhöhte Aufmerksamkeit dazu, dass Bewegungen nicht mehr automatisiert und damit optimal ablaufen. Hin und wieder kommt es sogar vor, dass der Torhüter versucht, den Schützen in seiner Konzentrationsphase zu stören: Dies können Gesten sein oder aber verbale Attacken, die darauf abzielen, die Selbstaufmerksamkeit des Schützen zu erhöhen und dadurch Druck zu erzeugen. Spieler, die dem nicht gewachsen sind, lenken ihre Aufmerksamkeit dann auf irrelevante Reize und auf leistungsabträgliche Gedanken, wie etwa Versagensängste oder Erinnerungen an frühere Misserfolge.

Drucksituationen im Training sind der Schlüssel

Was kann man tun, wenn man unter Druck zu einer erhöhten Selbstaufmerksamkeit neigt und seine Leistung zum geforderten Zeitpunkt nicht bringen kann? Welche Methoden sind da sinnvoll? Bei erhöhter Selbstaufmerksamkeit wird davon ausgegangen, dass spürbarer Druck zu einer erhöhten Misserfolgsangst führt. Diese wiederum sorgt dafür, dass die Aufmerksamkeit auf mögliche Fehler gerichtet wird, die unbedingt vermieden werden sollen. „Bloß nicht daneben schießen“ führt dazu, dass Vermeidungshandlungen einsetzen, die die übliche Handlung beim Torschuss unterbrechen und damit die Ausführung stören. Hinzu kommt, dass wahrgenommener Druck auch die physiologische Erregtheit erhöht, was dann subjektiv als Nervosität empfunden wird und erhöhte Selbstaufmerksamkeit verursacht.

Dr. René Paasch: Selbstwirksamkeit im Fußball

Gibt es einen Ausweg? Zum einen kann auch hier das Training von Drucksituationen sinnvoll sein, etwa indem im Training Wettkampfdruck erzeugt wird oder plötzliche kritische Situationen geübt werden (z. B. Elfmeterschießen oder verschiedene Standards, siehe dazu: http://www.die-sportpsychologen.de/2015/08/25/dr-rene-paasch-selbstwirksamkeit-im-fussball/ ). Auch sollten Fußballer lernen, eine Kurzentspannung im Wettkampf und auch speziell im Elfmeterschießen anwenden zu können, beispielsweise Atementspannung oder eine kognitive Verhaltensroutine (z. B. Selbstinstruktion „ganz ruhig“). Des Weiteren können Selbstinstruktionen Verwendung finden, die positive Gedanken und damit Zuversicht vermitteln. Dadurch bleibt kein Raum für schlechte Gedanken. Die Situation bleibt unter Kontrolle.

Fazit

Vor Druck im Wettkampf ist niemand geschützt. Je nach Sportart und Wettkampf kann dies auch durchaus als normale Begleiterscheinung gelten. Einige Tipps dazu, wie man lernen kann, mit Druck umzugehen, wurden weiter oben genannt oder Sie suchen sich einen vertrauenswürdigen Sportpsychologen/in.

Tipp: Der interessierte Leser findet bei Christian Reinhardt, Elvina Abdullaeva und Dr. René Paasch weitere interessante Inhalte zum Thema Druck im Sport.

 

Christian Reinhardt: Versagen unter Druck

Elvina Abdullaeva: Trainer unter Druck

Literatur

Angewandte Sportpsychologie : Abstractband zur 45. asp-Jahrestagung. Hrsg. / / Oliver Stoll; Andreas Lau; Simone Moczall. Feldhaus Edition Czwalina, 2013. S. 161 (Schriften der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft; Band 228).

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Kleine, D. & Schwarzer, R. (1991). Angst und sportliche Leistung – Eine Meta-Analyse. Sportwissenschaft, 20, 9-28.

Heiko Maurer, H. (2007): Psychischer Druck, Aufmerksamkeitslenkung und sportliche Leistung. Dissertation. Justus-Liebig-Universität Gießen

Sahre, E. (1991). Wer behält die Nerven, wenn es drauf ankommt? Sportpsychologie, 5(4), 11-15.

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Strauß, B. (1999). Wenn Fans ihre Mannschaft zur Niederlage klatschen: Zuschauer und sportliche Leistungen. Sportwissenschaft, 29, 393-411.

 

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Prof. Dr. René Paasch
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