Stell Dir vor, Du bist mitten im Spiel und es beginnt, hitzig zu werden. Es ist die 85. Minute und es steht 1:1. Der Gegner ist am Drücker und hat gute Chancen auf das 2:1. Genau in dieser Situation solltest Du eigentlich total fokussiert auf dein eigenes Spiel sein, deinen direkten Gegenspieler immer im Blick haben und die Ruhe bewahren. Stattdessen lässt Du dich von der Unruhe am Spielfeldrand ablenken. Zuschauer und Trainerteam – alle rufen wild durcheinander. Du wirst unkonzentriert und läufst Gefahr, einen Fehler zu begehen. Nach dem Spiel fragst Du dich, wieso du dich einfach nicht gut konzentrieren und auf das Wesentliche fokussieren konntest?
Zum Thema: Aufmerksamkeitslenkung im Fußball
Kommt Dir das bekannt vor? Dann hast Du vermutlich noch nichts von den vier Dimensionen der Aufmerksamkeit gehört und wie man diese bewusst für sich nutzen kann. Man kann natürlich nicht alle vier Dimensionen gleichzeitig einnehmen, aber entscheidend ist es, in der Lage zu sein, kontrolliert zwischen den Dimensionen hin und her zu switchen – je nachdem, welche Du gerade brauchst und welche in einer bestimmten Situation am hilfreichsten ist.
Bevor wir zu dem praktischen Wie kommen, erläutere ich kurz das theoretische Was: Grundsätzlich wird in die vier Dimensionen external-weit, external-eng, internal-weit und internal-eng unterschieden.
Internat und external meint, ob der Fokus nach innen oder außen gerichtet ist und eng und weit beschreiben, ob der Fokus einen großen oder kleinen Bereich betrifft. Vorstellen kann man sich das wie den Lichtkegel einer Taschenlampe, der auch enger oder weiter gestellt werden kann und dementsprechend unterschiedliche Dinge in den beleuchteten Bereich fallen und fokussiert werden.
Praktisches Wissen
Wie aber sehen jetzt die unterschiedlichen Dimensionen konkret in der Praxis aus und wie kannst Du sie kontrolliert einnehmen und für dich nutzen?
- Im internal-engen Fokus konzentrierst Du dich auf einen ganz bestimmten Gedanken, ein Gefühl oder eine Körperempfindung.
- Beim internal-weiten Fokus bleibst Du weiterhin bei Dir im Inneren, aber weitest die Aufmerksamkeit auf dein generelles Wohlbefinden und deine Stimmung aus, d.h. fühlst Du dich gerade im Moment fit, müde, motiviert etc.? Darüber hinaus betrifft der internal-weite Fokus auch die Verarbeitung vieler Informationen aus dem Gedächtnis wie z.B. Analysen oder Taktiküberlegungen.
- Sobald Du in den external-engen Fokus kommst, richtest Du deinen Blick sehr fokussiert auf einen einzigen relevanten äußeren Reiz. Als Torwart richtest Du deine Aufmerksamkeit also z.B. ausschließlich auf den Ball oder als Feldspieler nimmst Du beim Freistoß ganz bewusst nur eine Torecke ins Visier.
- Willst Du möglichst viele Reize gleichzeitig im Äußeren wahrnehmen und Dir einen Überblick verschaffen, wechselt Du in den external-weiten Fokus. Dieser ist nützlich, um sich z.B. eine Spielübersicht zu verschaffen und Mitspieler sowie Gegner im Raum wahrzunehmen.
Die Umsetzung
Die Unterscheidung der vier Dimensionen ist besonders hilfreich, um Dir bewusst zu machen, wann welcher Aufmerksamkeitsfokus optimal ist – und dass Probleme oft entstehen, wenn Du dich in einem nicht-förderlichen Fokus befindest oder den Fokus unpassend wechselst. Beispiele hierfür sind das Grübeln über einen Fehler oder die zu starke Fokussierung eines Schmerzpunktes (beides internal-eng), wenn eigentlich in dem Moment wichtiger wäre, deinen Gegner und dessen nächste Aktion im Fokus zu haben (external-weit sowie external-eng). Genauso kann es umgekehrt passieren, dass Du dich während des Spiels von den Zuschauern auf den Rängen ablenken lässt und fehleranfälliger wirst (external-weit). An diesem Punkt solltest Du bewusst in einen internalen Fokus wechseln, um deine Sinne wieder zu schärfen und hochkonzentriert wirst.
Mentale Techniken, um in einen internalen Fokus zu kommen, können Visualisierung, Bodyscan, Atemübungen oder innere Selbstinstruktionen sein. Ist gerade ein externaler Fokus für dich hilfreicher, kannst Du diesen kontrolliert einnehmen durch beispielsweise die Technik „10 Dinge, die ich sehe“ oder eine ganz bewusste Fokussierung auf einen Gegenstand, den man sich gedanklich detailliert beschreibt (inklusive Form, Farbe, Größe etc.). Meine Kollegen (zur Übersicht) und ich (zum Profil von Nathalie Klingebiel) helfen Dir gern, wenn Du daran arbeiten willst.
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