Prof. Dr. René Paasch: Positive Kommunikation im Beruf und Sport (Teil 1)

Wie wir miteinander kommunizieren, ist ein extrem wichtiger Schlüssel für unser Wohlbefinden. Ich meine damit gar nicht nur unser eigenes Wohlbefinden, sondern auch jenes unserer Mitmenschen. Ich bin überzeugt davon, dass wir genau dort suchen müssen, wenn wir den Schlüssel für unseren beruflichen, sportlichen und persönlichen Erfolg finden wollen. Auf dieser Grundlage meines Berufsethos werde ich Ihnen konkrete Verhaltensweisen (vgl. Mirivel, 2021) in Blogbeiträgen vorstellen, die Sie als Manager*in, Trainer*innen, Spieler*innen u.v.m. oder im Berufsleben umsetzen können, um Ihre Kommunikation zu verbessern. Ob bei der Arbeit oder im Sport, diese Tipps können Ihnen helfen, die Menschen um Sie herum zu inspirieren und zu bewegen. Starten möchte ich mit den ersten drei Schlüsseln und am Ende gibt es eine kleine Take Home Message für Sie. 

Zum Thema: Wie kann die positive Kommunikation zur Realisierung menschlicher Potenziale im Sport beitragen?

“Positive Kommunikation ist Senden und Empfangen in Bezug auf Denken, Fühlen, Reden und Handeln unter Berücksichtigung der Prinzipien von Nächstenliebe und Selbstlosigkeit.” 

Ann Elisabeth Auhagen, 2006

Für die meisten Menschen ist Kommunikation nur das Senden und Empfangen von Nachrichten oder ein notwendiges Übel. Man hat einen Gedanken, den man weitergeben will und sobald die Nachricht gesendet wurde, ist die Konservation einseitig beendet. Die etablierte Floskel: „Wie geht es dir?” wird häufig bei der Begrüßung genutzt, doch wollen wir wirklich wissen, wie es jemanden geht? Haben Sie Zeit für tiefere Gespräche? Aber Kommunikation ist mehr als nur eine zweckdienliche Übermittlung oder Einbahnstraße. Sie schafft Erfahrungen und baut Beziehungen auf. Nimmt man die zwischenmenschliche Kommunikation weg, entfernen wir uns voneinander. 

Die Kommunikation beginnt oft mit der Begrüßung, die ein einfaches, aber bedeutsames Verhalten ist. Ein von Herzen kommendes “Schön dich zu sehen!” kann kleine Berge versetzen. Oder weiter gedacht: Wenn Trainer*innen oder Spieler*innen sich beim Treffpunkt oder vor- und während des Wettkampfes abklatschen, wirkt sich das tatsächlich auf die Leistungsfähigkeit aus (Kraus et al.,2010), wie kürzlich auch mein Kollege Thorsten Loch beschrieben hat (siehe mehr zum Thema). Grundsätzlich schaffen die Besten unter uns Gelegenheiten zur Kontaktaufnahme und fragen regelmäßig nach, wie es dem Anderen geht.  

Beispiel aus der Wirtschaft

Forscher aus Neuseeland untersuchten in einer interessanten Studie “Language at Work” hunderte von E-Mails von zwei größeren Unternehmen. Ein Unternehmen mit niedriger Arbeitsmoral und erhöhter Fluktuation und ein anderes mit einer sehr positiven Unternehmenskultur. Ergebnis: Bei näherer Betrachtung fiel den Forschern etwas auf. 

In dem Unternehmen, in dem die Mitarbeiter*innen nicht miteinander auskamen, hörten sich die E-Mails wie ein Befehlston an. Aber in dem Unternehmen, in dem sich die Leute gut verstanden haben, klangen die E-Mails persönlich, freundlich und wertschätzend. Kennen Sie solche Unterschiede? In welchen der beiden Unternehmen würden Sie gerne arbeiten wollen? Wenn Sie sich für das erste Unternehmen entschieden haben, dann möchte ich Ihnen gerne eine praktische Aufgabe an die Hand geben: Versuchen Sie bitte in nächster Zeit mit drei Mitarbeiter*innen oder anderen Personen in Kontakt zu treten, die Sie nicht so gut kennen. Fragen Sie, wie es ihnen geht oder vereinbaren Sie ein persönliches Treffen, um mehr zu erfahren. Nehmen Sie sich ein wenig Zeit dafür! Wenn Sie dies regelmäßig tun, können Sie tiefere Verbindungen zu den Menschen aufbauen und davon profitieren dann alle Beteiligten. 

Ich möchte mehr von dir erfahren? 

Wenn wir Fragen stellen, begeben wir uns oft auf eine innere, jedoch unsichere Reise mit dem Gegenüber. Wir wollen mehr wissen! Auch mit der Gefahr, dass uns dies möglicherweise nicht gefallen könnte. Wer ist diese Person und wie können wir uns gemeinsam auf den Weg machen? Grundsätzlich können wir die Kontaktaufnahme zwischen geschlossenen und offenen Fragen starten und unterscheiden. Geschlossene Fragen schränken die menschliche Interaktion ein. Wenn Sie sicher sind, dass die kurzen Antworten ausreichend sind oder es keine anderen Antwortmöglichkeiten gibt, sollten Sie eine geschlossene Frage stellen. Offene Fragen hingegen geben dem Menschen die Freiheit zu entscheiden, was sie mitteilen möchten und was nicht. Somit eignen sie sich offene Fragen besonders gut, für tiefere Gespräche oder um neue Einblicke zu erhalten. Es gibt zahlreiche Gelegenheiten, den zwischenmenschlichen Austausch im Sport oder Beruf mit einer offenen Fragekultur auf ein besonderes Momentum zu führen. Los geht’s!   

Ich bin stolz auf dich! 

Die wichtigste Erkenntnis auf dem Gebiet der menschlichen Kommunikation ist, dass all das, was wir sagen und tun, Menschen beeinflussen kann. Als Vater von sechs Kindern denke ich viel über diese Tatsache nach. Anerkennung ist nur eine von vielen Verhaltensweisen, die Menschen berühren und entwicklungsfördernd sein können. Wenn ich als Lehrender oder (Sport-)Psychologe im Feld unterwegs bin, werde ich oft gefragt, wie viel Aufmerksamkeit geleistet werden muss, damit der Gegenüber das tut, was wir uns wünschen? 

Falscher Ansatz, aber in jeder Hinsicht diskussionswürdig! Denn ausgesprochene Wertschätzung sollte nicht als Beeinflussungsinstrument eingesetzt werden. Stattdessen plädiere ich für eine angemessene, personenbezogene und regelmäßige Anerkennungskultur. Wir sollten diesen Einfluss nicht unterschätzen. An welche Personen müssen Sie denken, wenn es um Ihre Anerkennung und Wertschätzung geht? Ob als Führungskraft, Trainer*innen, Spieler*innen oder Elternteil – wir alle können unsere Worte bewusst wählen, um Menschen aufzurichten und sie für das Kommende zu stärken. 

Fazit 

Ich bin davon überzeugt, dass die ersten drei Schlüssel der positiven Kommunikation Ihnen helfen werden, sich beruflich und menschlich weiterzuentwickeln, nachhaltige Beziehungen am Arbeitsplatz und im Sport zu schaffen und effektiver zu kommunizieren. Wenn Sie diese kleinen Maßnahmen aufgreifen und regelmäßig anwenden, setzen Sie einen Kommunikationseffekt in Gang, der Sie an der einen oder anderen Stelle überraschen wird. 

Take Home Message

Nach Mirivel gibt es sechs Elemente positiver Kommunikation: begrüßen, ermutigen, hören, offenlegen, beglückwünschen und fragen. Welchem der sechs Elemente positiver Kommunikation wollen Sie in nächster Zeit mehr Aufmerksamkeit schenken, wenn Sie mit anderen Menschen interagieren? Mit welchem Ziel? 

Viel Freude bei der Umsetzung. Herzliche und sportliche Grüße, René 

Mehr zum Thema:

Literatur 

Kraus, M. W., Huang, C., & Keltner, D. (2010): Tactile communication, cooperation, and performance: An ethological study of the NBA, Emotion, 10, 745-749. 

Mirivel, J. C. The Art of Positive Communication: Six Practices to Create Connection and Lead Effectively”. Link: https://positiveorgs.bus.umich.edu/videos/the-art-of-positive-communication/. Zugriff am 13.01.2023

Model of Positive Communication: Link: https://positiveorgs.bus.umich.edu/wp-content/uploads/Model-of-Positive-Communication-Copyright-Julien-C-Mirivel.pdf

Bellet, C. S., De Neve, J. E., Ward, G. (2022): Does Employee Happiness have an Impact on Productivity?  Studie lesen: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3470734

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Prof. Dr. René Paasch
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