Prof. Dr. Oliver Stoll: Grau, kalt und überraschend schnell vorbei… (Streakrunning-Serie, Teil 12)

war der November mit seinen 30 Tagen, an denen ich weiterhin täglich gelaufen bin. Der „Schnitt“ zwischen dem Laufen in T-Shirt und kurzer Hose (noch Ende Oktober) zum Laufen im „Zwiebel-Outfit“ (3 Lagen Klamotten) kam ebenfalls schnell. Da lagen kaum sieben Tage dazwischen.  

Zum Thema: Streakrunning-Serie, Teil 12

Und ich sitze wieder vor meinem Lauf-Tagebuch und staune. Ich staune über insgesamt 339 Laufeinheiten an 334 Tagen, über 2728 Kilometer dieses Jahr bis jetzt und über 216 Kilometer im November. Das waren bis jetzt 11 Tage, 16, Stunden, 16 Minuten und 29 Sekunden am Stück, wenn man alle Laufeinheiten aufaddiert (siehe Abbildung 1). Ich staune darüber, wie selbstverständlich alles geworden ist und was ich bis jetzt alles in diesem Jahr mit und durch das tägliche Laufen erlebt habe. Und es kommt in der Tat etwas „Melancholie“ auf – denn das Jahr ist ja bald vorbei.

C:\Users\olist\OneDrive\Pictures\Screenshots\2018-11-30.png
Abbildung 1: Alle Laufeinheiten im November 2018

Natürlich ist mir das bewusst. Das eine Jahr Streakrunning, dass ich mir vorgenommen habe, nähert sich dem Ende und es ist im Moment ein komisches Gefühl. Werde ich weiter machen? Meine Psyche sagt: „Auf alle Fälle“, mein Körper sagt: „Ach komm, vier- bis fünfmal Laufen pro Woche ist doch auch genug“. Ich schaue mit Spannung auf den 31.12.2018 und bin auch etwas aufgeregt. Warum eigentlich? Weil ich mich freue? Es ist irgendwie, wie der 4. Advent, kurz vor Weihnachten oder wie die letzten zwei Kilometer bei einem Marathonlauf oder die letzten fünf bei einem 100er. Es ist wie der Vorabend zum nächsten Geburtstag oder wie die Woche vor dem nächsten gemeinsamen Urlaub mit meiner Frau. Ein weiterer Entwicklungspunkt wurde erreicht. Und danach geht es eben weiter. Geht es dann wirklich weiter? Und was ist mit der Freude?

Die Suche nach einer Antwort

Ist es die Freude, dass ich dann eventuell ein persönliches, mir bedeutsames Ziel erreicht habe? Oder ist es die Freude darüber, dass ich eine Pflicht, eine Selbstverpflichtung, hinter mich gebracht habe, die mich mitunter auch „eingeschränkt“ hat? Womit also lässt sich das tägliche Laufen mit diesem Vorsatz am besten vergleichen? Das sind alles Fragen, die mich gerade umtreiben. Vielleicht finde ich in den kommenden vier Wochen eine Antwort.   

Bevor ich jetzt zu melancholisch werde, berichte ich lieber noch etwas aus dem Lauf-Monat November. Wer mich auf meiner privaten Facebook-Seite verfolgt, hat sicherlich gesehen, dass ich im Monat November viel „unterwegs“ war. Da stellt sich der eine oder die andere schon mal die Frage: „Wie macht der das denn mit der Lauferei?“ Stimmt, es ist dann nicht immer einfach, aber man entwickelt dann einen Hang zum „unkonventionellen Reisen“. Nein! Ich renne im Zug nicht durch die Abteile! Die Lösung heißt „Turnschuh-Pendeln“. Wobei ich das einen echt blöden Begriff finde, denn die Turner, die ich kenne, haben gar keine Schuhe an, wenn sie sich zu oder auf ihrem Gerät bewegen. Hinter dem Begriff versteckt sich ein Verhalten, was eigentlich jeder „Pendler“ kennt. Man bewegt sich zu seiner Arbeitsstätte und wieder zurück. Das passiert ja bekanntlich häufig mit dem eigenen Auto oder einem öffentlichen Verkehrsmittel. Als Läufer verzichtet man dann einfach auf Teile des öffentlichen Verkehrs. So war ich z.B. im November an der Sporthochschule in Köln unterwegs. Man bucht dann einfach ein Zugticket ohne „City-Option“ und läuft dann eben die paar Kilometer zum Endziel (und wieder zurück). In diesem Fall sind es ziemlich genau sieben Kilometer vom Hauptbahnhof in Köln zur Sporthochschule und ruckzuck hat man mal eben 14 Kilometer auf der Habenseite. Die Wechselklamotten sind im Laufrucksack und da es an solchen „Sport-affinen“ Instituten immer Duschen gibt, ist auch das Hygiene-Problem gelöst (außer für die Zugfahrt zurück nach Leipzig).  

Abbildung 2: Laufen im November
Zum Profil von Prof. Dr. Oliver Stoll: https://www.die-sportpsychologen.de/oliver-stoll/

Motivationale Herausforderung November

Der Monat November ist natürlich immer – gerade motivational – eine Herausforderung und das ja nicht nur für uns Läufer. Die Tage werden kürzer und kürzer. Es ist häufig kalt und nass draußen. Die Welt bereitet sich auf die richtig kalten Tage im Januar und Februar vor. Wir ziehen uns häufig in die warme Wohnung zurück und versuchen unsere „Stimmung“ mit Kerzenlicht und Glühwein aufzuheitern. Aber auch genau für solche Zeiten merke ich gerade, wie wichtig es ist, so etwas wie „Mentales Training“ zu praktizieren. Dass heißt eben, mit Bildern und den richtigen Selbstgesprächen zu arbeiten. Innere Bilder, die ich dann absichtlich erzeuge, sind dann bei mir immer „sonnig und heiß“. Meine Selbstgespräche drehen sich um die Lösung des Problems und sind nicht „Jammern auf hohem Niveau“ über das schlechte Wetter. Das Ergebnis ist dann eigentlich immer gleich: Ich fühle mich nach dem Laufen immer viel wohler als davor.

Der Monat Dezember hat 31 Tage und es stehen noch 275 Kilometer aus, damit ich in diesem Jahr die 3000er-Grenze knacke. Das habe ich das letzte Mal im Jahr 2014 geschafft – dem Jahr, in dem ich Biel gelaufen bin – und das natürlich mit gänzlich anderen „Vorzeichen“ als dieses Jahr. Könnte die 3000er-Grenze dieses Jahr ein (Leistungs-)Ziel für mich sein, oder vielleicht doch eher nicht? Vielleicht es auch völlig egal! Wir werden es sehen….

Die komplette Serie:

Folge 1: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/01/19/prof-dr-oliver-stoll-streakrunning-ist-mentales-training/

Folge 2: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/02/07/prof-dr-oliver-stoll-grenzenlose-gelassenheit-streakrunning-serie-teil-2/

Folge 3: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/03/02/prof-dr-oliver-stoll-die-sinne-schaerfen-sich-streakrunning-serie-teil-3/

Folge 4: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/04/03/prof-dr-oliver-stoll-gefangen-zwischen-leistungsorientierung-und-bauchgefuehl-streakrunning-serie-teil-4/

Folge 5: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/05/02/prof-dr-oliver-stoll-april-der-monat-in-dem-sich-alles-veraendert-streakrunning-serie-teil-5/

Folge 6: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/06/05/prof-dr-oliver-stoll-laufen-im-mai-von-hitze-viel-gruebeln-und-mit-allen-sinnen-geniessen-streakrunning-serie-teil-6/

Folge 7: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/07/02/prof-dr-oliver-stoll-krisenmonat-juni-streakrunning-serie-teil-7/

Folge 8: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/07/30/prof-dr-oliver-stoll-das-ende-streakrunning-serie-teil-8/

Folge 9: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/09/03/prof-dr-oliver-stoll-tierische-instinkte-streakrunning-serie-teil-9/

Folge 10: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/10/02/prof-dr-oliver-stoll-die-rueckkehr-der-gelassenheit-streakrunning-serie-teil-10/

Folge 11: https://www.die-sportpsychologen.de/2018/11/01/prof-dr-oliver-stoll-wenn-die-lust-nachlaesst-streakrunning-serie-teil-11/

Visits: 984

Print Friendly, PDF & Email
Prof. Dr. Oliver Stoll
Prof. Dr. Oliver Stollhttp://www.die-sportpsychologen.de/oliver-stoll/

Sportarten: Eishockey, Handball, Ultralang- und Langstreckenlauf, Triathlon, Biathlon, Wasserspringen, Boxen, Leichtathletik, Schwimmen, Floorball uvm.

Leipzig, Deutschland

+49 (0)173 4649267

E-Mail-Anfrage an o.stoll@die-sportpsychologen.de