Johannes Wunder: Mental gestärkt in die Schlüsselstelle

Die Wettkampfsaison der Kletterer ging am 10. November mit der Deutschen Meisterschaft im Lead-Klettern zu Ende. Viel diskutiert wurde in Darmstadt eine Szene, die sich auch aus sportpsychologischer Sicht beleuchten lässt. Denn in den Qualifikationsroute der Frauen war eine Stelle eingebaut, an der einige Sporterinnen scheiterten.

Zum Thema: Visualisierung während des Wettkampfes

Frederike Fell und David Firnenburg heißen die zwei neuen deutschen Meister im Lead-Klettern. Dahinter siedeln sich Top-Athleten an, welche in den letzten Monaten auf sich aufmerksam machen konnten. Alma Bestvater, die auf unserer Seite vor wenigen Wochen im Mittelpunkt stand (zum Beitrag), erreichte den vierten Platz und verpasste so nur knapp das Treppchen. In sich hatte es zweifelsohne bereits die Qualifikationsroute der Damen zu Beginn des Tages. „In der ersten Qualitour mussten die Damen eine wenig überhängende, dafür extrem kreative Route entlang einer Verschneidung meistern. Die Crux lag in der Mitte: Über einen sehr griff- und trittarmen Teil ging es per Dynamo auf die andere Verschneidungsseite. Hier und in dem darauf folgenden Volumenteil scheiterten viele Athletinnen.”

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Hinweis: Ab 39:30 sieht man die Schlüsselstelle bei Amelie Kühne – eine der wenigen, die sie geschafft haben. Hier zur Berichterstattung des Alpenvereins: https://www.alpenverein.de/wettkampf/fell-und-firnenburg-holen-dm-titel-im-lead_aid_32483.html

Unterschiedlicher Umgang mit der Schlüsselstelle

Der Bundestrainer Urs Stöcker beschreibt nach dem Wettkampf die gestellte Herausforderung wie folgt: „Die Stelle war die Schlüsselstelle, weil es einen Sprung an schlechte Griffe gab. Grundsätzlich nicht super schwer, aber es braucht Überwindung und Mut!“ Während der Quali-Runde konnte man viele Athletinnen beobachten, die sich an dieser Stelle abgearbeitet haben. Aber auch in der Art und Weise, wie das Problem in Angriff genommen wurde, gab es deutliche Unterschiede. Mal wurde vorher pausiert, mal wirkten Athletinnen unentschlossen und mal war viel Körperspannung zu sehen.

Vor jeder Runde wird die Route einmal vom Routenbauerteam geklettert. Alle Athleten können sich also über die Züge informieren die schwieriger sind und sehen zeitgleich eine Variante, wie die Probleme lösbar sind. Das typische „Hangeln“ vor dem Einstieg in eine neue Route dient zur Visualisierung vor der Wettkampfsituation und war am Wochenende wieder häufig erkennbar. Natürlich kann es positiv verstärkt werden, wenn bereits bekannt ist, wie die Züge erfolgreich geklettert werden können.

Sportpsychologische Techniken in der Anwendung

Für die Athletinnen gab es also einige Möglichkeiten, die optimalen Züge bereits vorab mental abzuspeichern und sich die einzelnen Bewegungen bereits am Boden gedanklich vorzustellen. Eine optimale mentale Vorbereitung am Boden hilft aber auch direkt in der Wand. So könnten in der genannten Schlüsselstelle zwei sportpsychologische Techniken angewandt werden. Vor dem eigentlichen Sprung befinden sich die Athletinnen in einer Art Ruheposition mit ausgespreizten Beinen in der Verschneidung.

In dieser Position wäre es zum einen gut möglich, die Techniken der Progressiven Muskelrelaxation (zum Beitrag) zu nutzen, um die Unterarme nach der vorherigen Belastung etwas zu entspannen und zeitgleich den eigenen Körper so zu regulieren, dass Ängste und Zweifel abgebaut werden.

Visualisierung als Schlüssel

Darüber hinaus kann die vorab durchgeführte Visualisierung auch in der zuvor beschriebenen Position durchgeführt werden. So können die Athletinnen kurz in sich gehen und sich erneut vor ihrem inneren Auge vorstellen, wie die Schlüsselstelle optimal zu meistern ist. Im Idealfall haben sie die Technik der Routenbauer wie schon beschrieben bereits in der Visualisierung am Boden eingeprägt und können nun erneut den Bewegungsablauf durchgehen.

Nach der Stützphase und vor dem folgenden Sprung könnten die Techniken also wie folgt abgerufen werden:

  • PMR Techniken zur Entspannung beider Unterarme
  • Kombination von Ausatmung und Ruhewort zur Anspannungsregulation
  • Visualisierung des nachfolgenden Sprungs mit positiven Ausgang

Betreuungsangebote

Meine Kollegen (alle Profilinhaber) und ich (direkt zum Profil von Johannes Wunder) stehen euch als Sportlern und Trainer gern zur Verfügung. Die EInsatzmöglichkeiten der Sportpsychologie im Klettersport sind individuell und vielseitig.

Zum Profil von Johannes Wunder: https://www.die-sportpsychologen.de/johanneswunder/

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Johannes Wunder
Johannes Wunder

Sportarten: Basketball, Klettern, Ski-Alpin, Volleyball, Schwimmen, Handball, Fußball, Tennis, Windsurfen, Mountainbiken

Hannover, Deutschland

E-Mail-Anfrage an j.wunder@die-sportpsychologen.de