Philippe Müller: Fluch oder Segen voller Ränge

Bei der Floorball-Weltmeisterschaft in Schweden geht es nun in die entscheidenden Spieltage. Für nicht wenige Akteure sind allen voran die Halbfinal- und Finalpartien eine besondere Herausforderung: Schließlich gehört es beispielsweise für die Schweizer Akteure nicht zum Alltag, vor über 10.000 Zuschauer aufzulaufen. 

Zum Thema: Was kann der Druck durch das gesteigerte breite Interesse bewirken?

Der Aufstieg der Sportart auf die Bühne des öffentlichen Interesses bringt sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich. Durch die gesteigerte Bedeutung nimmt der Druck auf jeden einzelnen Spieler zu. Während Meisterschaftsspiele in der Schweiz im Regelfall von weniger als eintausend Zuschauer verfolgt werden, sind bei den entscheidenden Partien im Göteborger Scandinavium bis zu 12’000 Leute zu erwarten. Obwohl alle Sporttreibenden bestätigen werden, dass es vor einem großen Publikum mehr Spass macht zu performen, darf diese neue und spezielle Herausforderung nicht unterschätzt werden.

Unter gewohnten Bedingungen ist das Abrufen der Leistung am einfachsten. Es kann auf antrainierte Muster zurückgegriffen werden. Um eine neue und unbekannte Situation erfolgreich meistern zu können, müssen demnach mehr Ressourcen eingesetzt werden. Nebst dem eigentlichen Geschehen, dem Spiel, müssen die neuen Eindrücke aus der Umgebung verarbeitet werden. Die Schwierigkeit liegt dabei in der «richtigen» Verarbeitung. Irrelevante Informationen sollten möglichst ausgeblendet oder ignoriert werden, während die zielführenden und hilfreichen erkannt und genutzt werden müssen. Ein Beispiel: Der Geräuschpegel in einer ausverkauften Halle mit tausenden von frenetischen Fans ist um einiges höher als gewohnt. Dies kann anspornend wirken. Die Gefahr besteht jedoch, dass bereits in den ersten Minuten über das Limit, sowohl im physischen als auch im taktischen Bereich, hinausgegangen wird und die Luft zum Ende hin fehlt, oder man gnadenlos in die Konter der Gegner läuft. Im weiteren kommt hinzu, je mehr Informationen zur Verfügung stehen, desto schwieriger und langsamer laufen die Entscheidungsprozesse ab. In einer Sportart wie Floorball, in der die Spielgeschwindigkeit enorm hoch ist, sind verlangsamte Entscheidungen von großem Nachteil und können matchentscheidend sein.

Ist man dieser Situation machtlos ausgeliefert?

Nein! Eine gründliche Auseinandersetzung mit der anstehenden Aufgabe, kann die möglichen negativen Folgen minimieren. Dies kommt jedoch in vielen Spielvorbereitungen zu kurz. Man konzentriert sich minutiös auf den Gegner. Laufwege werden analysiert, Spieltaktiken studiert und Schwachstellen aufgedeckt. Darauf aufbauend wir dann das eigene Verhalten im Spiel bestimmt. Doch das genügt meist nicht. Um den ausgearbeiteten Plan umzusetzen, müssen die oben erwähnten Einflüsse berücksichtigt werden. Die Spieler müssen auch auf die psychologischen Aspekte des Spiels vorbereitet werden. Dazu zählt zum einen die Aufklärung über mögliche Störeinflüsse, sowie das Erarbeiten geeigneter Strategien, um sie zu bewältigen. Auch der Trainer sollte in dieser Hinsicht sensibilisiert werden, denn er kann während dem Spiel direkt Einfluss nehmen. Zum Beispiel kann er, wenn seine Mannschaft zu forciert startet, durch Anweisungen die Spieler bremsen, oder durch schnellere Wechsel ein frühzeitiges Übermüden verhindern.

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Philippe Müller
Philippe Müllerhttp://www.die-sportpsychologen.de/philippe-mueller/

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