Katharina Petereit: Trainerverhalten im Fokus

Unzufriedenheit, Leistungsabfall oder Dropout von Sportlern sind häufig Folgen einer instabilen Trainer-Athlet-Beziehung. Trainer realisieren oftmals nicht, dass die entscheidende Arbeit auf und neben dem Platz von ihren Athleten anders eingeschätzt wird als sie es selbst wahrnehmen. Eine aktuelle wissenschaftliche Arbeit aus dem Fußballbereich zeigt nun, dass sich die Selbst- und Fremdeinschätzung des Trainerverhaltens innerhalb der untersuchten Mannschaften signifikant unterscheiden und welche praktischen Maßnahmen sich daraus ergeben können. 

Zum Thema: Fremd- und Selbsteinschätzung  des Trainerverhaltens und dessen Auswirkungen auf das Trainingsklima und die Selbstwirksamkeitserwartung von Athleten

Trainerverhalten, der Einsatz von Feedback sowie die Trainer-Athlet-Interaktion sind zwar häufig untersuchte und diskutierte Themen in der Sportpsychologie (vgl. Chelladurai, 1990; Würth & Alfermann, 2001; Pfeffer, Würth & Alfermann, 2004), doch häufig schwer greifbar.  Es werden hohe Erwartungen an einen Trainer gestellt – sowohl aus Sicht der Athleten als auch aus Sicht der Eltern. Diese sind nicht nur auf das Training und die Leistungsentwicklung bezogen, sondern ebenso auf die soziale Unterstützung seitens des Trainers. Vor allem im Nachwuchsleistungssport ist der Trainer oft ein Mutter- beziehungsweise Vaterersatz (Alfermann & Stoll, 2010). Ihm werden die Gründe für schlechte Leistungen oder negative Stimmungen der Athleten zugeschrieben. Trainer sind häufig der Anlass, dass jugendliche aber auch bereits erfolgreiche Sportler ihre Karriere beenden und aus ihrem Sport aussteigen. Durch eine stabile Beziehung zwischen Trainer und Sportler und das positive Erleben des Sports kann ein solcher Ausstieg vermieden werden.

Erfassung der Trainer-Athlet-Beziehung

Anlässlich meiner Abschlussarbeit habe ich den Versuch unternommen, genau dieses Thema aufzugreifen und die Trainer-Athlet-Beziehung am Beispiel von fünf Mannschaften aus dem Nachwuchsleistungsfußball zu erfassen. Dies geschah mithilfe von Fragebögen zum Trainerverhalten (Leadership Scale for Sports für Kinder und Jugendliche, Alfermann, Saborowski & Würth, 1997), zum Trainingsklima (Perceived Motivational Climate in Sport Questionnaire, Alfermann, Saborowski & Würth, 1997) und zur Allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung (SWE, Jerusalem & Schwarzer, 1999). Die Einschätzung des Trainerverhaltens und Trainingsklimas erfolgte sowohl aus der Trainer- als auch Spielerperspektive (Selbst- und Fremdeinschätzung). Die Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung der Athleten wurde hinsichtlich des Feedbacks (soziale Überredung) von Trainern, welches einen wichtigen Bestandteil für die Entwicklung der Selbstwirksamkeit darstellt, zusätzlich erfragt.

Untersuchungsergebnisse

Im Hinblick auf die untersuchten Hypothesen, können folgende Ergebnisse zusammengefasst werden. Innerhalb jeder Mannschaft unterscheidet sich die Selbst- und Fremdeinschätzung des Trainerverhaltens signifikant. Bei zwei von drei Mannschaften schätzt der Trainer sein Verhalten positiver ein als die Spieler. In drei von fünf Mannschaften können signifikante Unterschiede zwischen der Einschätzung des Trainers und der Spieler hinsichtlich des Trainingsklimas festgestellt werden. In zwei Mannschaften konnte ein Zusammenhang zwischen dem Führungsverhalten und einem aufgabenorientierten Trainingsklima ermittelt werden. Die Abhängigkeit der Allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung der Athleten von der Einschätzung des Trainerverhaltens konnte nicht bestätigt werden. Lediglich die Dimension Belohnung des Leadership Scale for Sports korreliert bei einer Mannschaft mit dem Wert der Allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung.

Bedeutung für die Praxis

Festzuhalten ist, dass Unterschiede zwischen dem Selbst- und Fremdbild von Trainern herausgestellt werden konnten und sich die unterschiedlichen Dimensionen des Trainerverhaltens unterschiedlich auf das motivationale Klima einer Mannschaft auswirken. Für mögliche sportpsychologische Interventionen sollte jedoch auch die Richtung des Unterschieds betrachtet werden. Die häufig getroffene Aussage, dass Trainer sich ohnehin positiver einschätzen als ihre Athleten, kann mittels dieser Untersuchung nicht bestätigt werden. Ein Ansatz wäre beispielsweise, die Unterschiede einzelner Aussagen der Fragebögen genauer zu betrachten und Diskrepanzen möglicherweise durch Einzel- oder Teambesprechungen zu erfragen. Hinsichtlich der Zufriedenheit, Leistungsentwicklung, Bindung und dem Zusammenhalt der Athleten spielt die Trainer-Athlet-Beziehung eine nicht unbedeutende Rolle. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die verwendeten Fragebögen einen Überblick über die Trainer-Athlet-Beziehung innerhalb der einzelnen Mannschaften geben konnten und eine Einordnung des Trainerverhaltens zulassen. Es konnten einige Tendenzen festgestellt werden, so dass Interventionen zur Optimierung der Trainer-Athlet-Beziehung eingeleitet werden können. Zudem können Videoaufzeichnungen helfen, die Selbst- und Fremdwahrnehmung abzugleichen und die Gründe für die Einschätzung des Trainerverhaltens herauszufinden.

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Katharina Petereit
Katharina Petereithttp://www.die-sportpsychologen.de/katharina-petereit/

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Münster, Deutschland

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