Ina Blazek: Glück ist kein Zufallsprodukt!

Während meiner Betreuungsarbeit einer 18-jährigen Leichtathletin wurde uns beiden sehr deutlich, dass sie trotz internationaler Erfolge während ihrer zehn Jahre andauernden Leistungssportkarriere kaum Selbstvertrauen und den Glauben an ihre eigene Stärken aufgebaut hatte. Die erzielten Erfolge führte sie zu häufig auf Glück und schwache Gegner zurück – in unserer Zusammenarbeit erkannte sie aber ihren eigenen Wert und die Tatsache, dass ihr eigenes Glück durch ihre Anstrengung formbar ist.

Zum Thema: Wie sportliche Karrieren systematisch unterstützt und aufgebaut werden – ein sportpsychologischer Ansatz

Kinder entscheiden sich zum Sporttreiben aus einem Bewegungsdrang heraus, der Neugierde wegen oder auch aus Spaß, sich mit Gleichaltrigen zu messen. Wenn das Trainer- und Betreuerteam auf diesem Weg ein sportliches Talent oder auch den unbedingten Willen, Höchstleistungen erreichen zu wollen, bei einem Sportler oder einer Sportlerin erkennen, dann ist eine Entscheidung für den Leistungssport sinnvoll. Ab diesem Moment ist das gesamte Umfeld (Familie, Schule, Verein) der Kinder gefragt, die verschiedenen Herausforderungen und Ansprüche zu koordinieren. Neben der Trainingswissenschaft kann die Sportpsychologie ihren Beitrag leisten, zielgerichtet auf die sportliche Karriere vorzubereiten. Vor allem die Ausbildung verschiedener Persönlichkeitsmerkmale soll frühzeitig unterstützt werden, um zum Beispiel die Erfolge im Sport auf eigene Fähigkeiten und nicht auf „Glück“ zurückzuführen.

Glück stammt ursprünglich von gelücken. Das heißt soviel wie gelingen und konkretisiert den hier vorgestellten Ansatz: Wie gelingt also eine sportliche Laufbahn?

Insbesondere sollten Sportler und Sportlerinnen der Überzeugung sein, ihr eigenes Glück und damit den sportlichen Erfolg selbst zu gestalten und Erfolge eben durch eigene Anstrengung erzielen zu können. Fritz-Schubert (2011) nennt hierfür drei Bedingungen:

  1. Das Gefühl, etwas bewirken zu können.
  2. Ressourcen zu haben und darauf zu vertrauen, schwierige Situationen zu meistern.
  3. Achtsamkeit mit sich selbst und anderen zu entwickeln.

Oft fragen Trainer und Trainerinnen, wie sie denn genau diese Ressourcen fördern können. Hier betone ich die langfristige Wirkung von den zu ergreifenden Maßnahmen. Unsere Persönlichkeit bildet sich nicht von heute auf morgen (erst ab einem Alter von 30 Jahren ist sie zunächst einmal relativ stabil einzustufen) und kann dementsprechend auch nur mittel- und langfristig verändert werden, wenn entsprechende „negative“ Muster bereits verfestigt sind.

Daher lohnt es, von Beginn an einen positiven und optimistischen Umgang mit den Anforderungen der gewählten Sportart zu fördern. Folgender Ansatz nach Fritz-Schubert (2011) wurde für die Schule konzipiert und soll Kinder für das Leben stark machen. Diese Empfehlungen können bei frühzeitiger Anwendung die Sportler und Sportlerinnen ebenso für ihre sportliche Karriere stärken:

  • Optimistische Grundhaltung fördern (Zuversicht und Ermunterung vorleben)
  • Geduld und Gelassenheit schulen (z.B. durch die Akzeptanz unveränderlicher Gegebenheiten und Konzentration auf die Prozesse, die in eigener Verantwortung liegen)
  • Konstruktiver Umgang mit Krisen (z.B. Ursachenzuschreibungen nach Misserfolgen sollten nie auf generelle Unzulänglichkeiten der Sportler und Sportlerinnen beruhen)
  • Verantwortung übertragen (z.B. bei der Trainingsgestaltung in der Aufwärmphase)
  • Vertrauen schenken und Selbstvertrauen stärken
  • Rituale und Verbindlichkeiten geben Sicherheit

In meiner sportpsychologischen Betreuungsarbeit habe ich jene Bausteine auf das System des Leistungssports übertragen und in zahlreichen Einzelfällen die positive Wirkung für die jeweiligen Sportler und Sportlerinnen beobachten dürfen. Werden diese Grundhaltungen von Beginn an unterstützt, wird dies langfristig auch einen Effekt auf die sportliche Leistung haben. Denn wie wir wissen, spielen neben den sporttechnischen Vermögen auch die mentale Stärke der Sportler und Sportlerinnen eine große Rolle für den Erfolg im Spitzenbereich des Sports.

 

Quelle: Fritz-Schubert, E. (2011). Glück kann man lernen. Was Kinder stark fürs Leben macht. Berlin: Ullstein Buchverlage GmbH.

 

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Mathias Liebing
Mathias Liebinghttps://www.torial.com/mathias.liebing
Redaktionsleiter bei Die Sportpsychologen und freier Journalist Leipzig Deutschland +49 (0)170 9615287 E-Mail-Anfrage an m.liebing@die-sportpsychologen.de

2 Kommentare

  1. Ina, bei dem Titel hätte ich zwar an eine andere Richtung des Beitrages gedacht, nämlich die Unabhängigkeit des eigenen Glücks/Glücklich-Seins/Zufriedenheit mit dem Leben, doch gefällt mir der Beitrag dennoch.

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