Sarah Schramm: SMARTe Ziele im Rugby

Die Rugby-WM geht in die entscheidende Phase. Wie befürchtet, sind die außereuropäischen Favoriten unter sich: Den Weltmeistertitel machen die Teams Südafrika, Neuseeland, Argentinien und Australien unter sich aus. Schon jetzt lässt sich aber festhalten, dass das Mega-Spektakel der Sportart viele neue Fans gebracht hat und zudem Anschauungsunterricht für die deutsche Nationalmannschaft lieferte, die in der 7er Variante noch von der Olympia-Teilnahme träumt. Lernen können die deutschen Talente dabei auch von den kleinen und amateurhaft strukturierten Rugby-Nationen.

Zum Thema: Zielsetzung, aber richtig.

Zielsetzungstraining ist eines der größten Tools, welches Sportpsychologen zu Verfügung steht. Hierbei geht es darum mit realistischen aber herausfordernden Zielen den Sportler zu motivieren. „Wer ein Ziel hat, kann sich motivieren“ (Paul Kunath).

Grundsätzlich ist Zielsetzung auf längere Sicht angelegt. Zunächst sollten Sportler ihre persönlichen Ziele nennen, die dann vom Trainer, Sportpsychologen und Angehörigen hinsichtlich ihrer Erreichbarkeit überprüft werden. Danach ist es wichtig, den Zielen eine Hierarchie zu geben. Es sollten ein Hauptziel und auf dem Weg dahin mehrere Teilziele festgelegt werden. Damit ein Ziel seinen Zweck erfüllt, sollte es nach dem Smart-Prinzip aufgebaut sein. Smart steht hierbei für spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert (Engbert, 2011). Zudem sollten mögliche Hindernisse und Ideen zu deren Bewältigung eingeplant werden (Alfermann & Stoll, 2007).

Drei Arten von Zielen

Dabei gibt es drei Arten von Zielen: Ergebnisziele, Handlungsziele und Leistungsziele. Ein Ergebnisziel kann die Platzierung bei einem Wettkampf sein, hier steht also der Vergleich mit Gegner im Vordergrund. Das Handlungsziel sagt aus, wie an die Aufgabe herangegangen wird, dabei steht die eigene Qualität im Fokus. Das Leistungsziel wird durch seine Messbarkeit definiert und bezieht sich auf die ganz persönliche angestrebte Leistung (Engbert, 2011).

Als in der Vorrunde die Amateure von Uruguay auf die Übermacht der Fidschis trafen, konnte das Ziel der Südamerikaner nicht gewinnen heißen. Allein der äußerliche Vergleich ist eindeutig: Die Fidschis gehören zu den Top Ten der Welt und sind im Durchschnitt deutlich größer und schwerer. Zu der körperlichen Überlegenheit kommt, dass Uruguay seit zwölf Jahren keinen Versuch mehr bei einer WM gelegt hatte. Dies sollte sich ändern, sogar im Vorrundenduell der beiden ungleichen Konkurrenten. Letztlich haben weder Fidschi noch Uruguay die Endrunde der WM erreicht – allerdings war Uruguay insofern erfolgreich, dass sie das eigene Ziel von einem Versuch bei einer WM erreicht haben.

Deutschland auf dem Weg nach Rio?

Ebenso hat die deutsche Nationalmannschaft individuelle Ziele, auch wenn diese in einem ganz anderen Bereich liegen. Ähnlich wie in Uruguay ist Rugby in Deutschland noch Amateursport. Doch besonders in der Variante des 7er Rugbys geht die Entwicklung stetig bergauf. Die DRV Auswahl ist derzeit in Down Under unterwegs. Eingerahmt in verschiedene Trainingslager starteten sie unter anderem beim internationalen Rugby Turnier Noosa Sevens in Australien. Solche Maßnahmen bieten besten Voraussetzungen, seine Ziele zu überprüfen und zu aktualisieren. Natürlich liegt die große Hoffnung auf der Qualifikation für die Olympischen Spiele in Rio, doch sollte die DRV VIIer Auswahl sich nicht unter Druck setzen lassen und nur auf dieses hohe Ziel hinarbeiten. Vielmehr sind an dieser Stelle Handlungsziele angebracht, so dass die Spieler bei jedem Einsatz die Leistung zeigen, die sie sich vornehmen. Wenn die Taktik und Technik dementsprechend umgesetzt wird, können sie am Ende unabhängig vom Ergebnis mit ihrer Leistung zufrieden seien. Der nächste Test dafür steht beim Central Coast Sevens am 25. und 26. Oktober an.  Ich bin mir sicher, dass die Jungs auf dem angestrebten Weg nach Rio neben einigen Hindernissen auch vielen persönlichen Erfolgen begegnen werden. Der Vorrundengruppensieg beim Noosa Sevens und der damit verbundene souveräne Einzug ins Halbfinale, in dem gegen Topfavorit Neuseeland beim 10:17 nur zwei Meter zur Sensation fehlten (siehe Text des Deutschen Rugby Verbandes), dürfen ohne weiteres als Erfolge zählen.

 

Quellen:

Engbert, K. (2011). Mentales Training im Leistungssport. Ein Übungsbuch für den Schüler- und Jugendbereich. Stuttgart: Neuer Sportverlag.

Alfermann, D. & Stoll, O. (2007). Ein Lehrbuch in 12 Lektionen. Sportwissenschaft studieren. Aachen: Meyer & Meyer.

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Prof. Dr. Oliver Stoll
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