Philippe Müller: Weniger ist manchmal mehr

Geht es um viel, neigt man dazu, alles perfekt machen zu wollen. Manchmal zu perfekt. Aber warum nicht für einmal “Nichts” machen? Oder zumindest, das Ganze auf das Minimum beschränken.

Es braucht keiner psychologischen Ausbildung um zu erahnen, dass der Druck auf das Team von Bruno Labbadia enorm ist. Zumal es um den Verbleib in der höchsten Spielklasse geht. Nun stellt sich die Frage: Wie aufnahmefähig ist man in dieser Situation? Wie viel Neues kann überhaupt noch aufgenommen werden? Und noch viel wichtiger: Wie viel kann davon auf dem Spielfeld, unter der ganzen Anspannung, noch abgerufen werden?

In bestimmten Spielsituationen die beste Lösung zu finden und auszuführen hängt zu großen Teilen von unserem Denkvermögen ab. Durch die Komplexität und die Geschwindigkeit des Spiels, ist diese bereits beeinträchtigt. Kommt zudem noch der ganze Druck von außen hinzu, dazu zählt der Druck von Fans, Vereinsfunktionären und Medien sowie die eigenen Erwartungen, stoßen die Betroffenen an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Das “Versagen unter Druck” kann die Folge sein.

Ein adäquates Mittel um dagegen vorzubeugen ist, den Informationsgehalt auf das Wichtigste zu beschränken. Unter den gegebenen Umständen empfehle ich für die Vorbereitung des Spiels, möglichst wenig zu machen. Selbstverständlich ist ein defensives Spielkonzept sowie die Formulierung einiger individueller Anweisungen unerlässlich. Dennoch sollte auf ausführliche und komplexe Anweisungen verzichtet werden.

Stattdessen soll auf die Stärken jedes einzelnen fokussiert werden. Ohne Zweifel kann jeder Einzelne im Kader des HSV Fußball spielen (auch wenn dies in den letzten Monaten nicht immer zum Vorschein kam). Auch hat jeder bereits gute Leistungen erbracht. Die Erfahrungen, auf eine Situation richtig zu reagieren, haben somit alle. Das Ziel der Vorbereitung sollte somit sein, diese positiven Erfahrungen zu aktivieren und präsent zu machen. Da unter großem Stress auf bereits gezeigte und im Gedächtnis verankerte Handlungsweisen zurückgegriffen wird, erhöht dies die Möglichkeit, dass ein jeder Spieler auch im heutigen Spiel die optimale Lösung findet.

Zusammenfassend kann in diesem Falle gesagt werden: “Weniger ist manchmal mehr”.

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Philippe Müller
Philippe Müllerhttp://www.die-sportpsychologen.de/philippe-mueller/

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