Dr. René Paasch: Fußball-IQ – Kreativität und Spielintelligenz im Fußball

Auf den Bolzplätzen sind sie allgegenwärtig, die “Reus”, “Lewandowski” oder “Messi”.  Zumindest auf den Trikotrücken der Mädchen und Jungen stehen die Namen der größten Stars. Vor allem Kinder und Fans haben meist eine genaue Vorstellung davon, welchen prominenten Spieler sie verehren. Doch was macht diese Spieler so besonders und lässt sie kreativ und spielintelligenter handeln? Dieser Frage möchte ich in dem nun folgenden Beitrag auf den Grund gehen.

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Zum Thema: Kreativität und Spielintelligenz im Fußball

Aktuelle Studien zeigen, dass Kreativität von personenbezogenen Faktoren beeinflusst wird. Prof. Dr. Daniel Memmert und sein Team nehmen an, dass Kreativität weniger eine feste Persönlichkeitseigenschaft ist, sondern aus kontextuellen und persönlichen Variablen besteht. Sie liefern eine theoretische und empirische Basis für die Annahme, dass allein die Vorstellung, Cristiano Ronaldo zu sein, bei einem Amateurkicker Effekte auf die eigene Kreativität habe. Um dies zu überprüfen, führten Memmert und Furley drei separate Experimente mit insgesamt 180 Fußballern durch. Als kreative Vorbilder wurden in einer Vorstudie für das Projekt Lionel Messi und Thiago Alcántara ermittelt. Als weniger kreative Vorbilder Per Mertesacker und John Terry. Im ersten Schritt wurden die Teilnehmer in vier Gruppen à 30 Probanden eingeteilt. Zwei (kreative) Messi/Thiago-Versuchsgruppe und eine (wenig kreative) Mertesacker/Terry-Versuchsgruppe. Jeder Teilnehmer wurde einzeln im Labor getestet. Die Zuordnung zum jeweiligen Spieler und das eigentliche Ziel war dem Zufall überlassen. Über ein experimentelles Priming-Muster (Näheres über Priming finden Sie hier https://www.die-sportpsychologen.de/2017/01/25/dr-rene-paasch-priming-im-fussball/#). sollten sie zunächst die Fähigkeiten und das spezifische Verhalten der Profispieler möglichst genau schriftlich skizzieren. Anschließend mussten sie fußballspezifische Entscheidungsaufgaben erfüllen, die sich aus der Beurteilung von 20 Angriffsszenen zusammensetzten. Nach jeder Szene hatten sie die Aufgabe, alle taktischen Lösungsmöglichkeiten aufzulisten, die sich in ihren Augen aus der Spielszene ergaben. Anschließend wurden alle von den Teilnehmern genannten Lösungsideen in sieben Kategorien eingeteilt und über ein gängiges Punktesystem analysiert. Zwei unabhängige Fußballexperten bewerteten dazu die Originalität der Lösungsvorschläge. Auch beim dritten Experiment bedienten sich die Wissenschaftler der zuvor ermittelten kreativen und weniger kreativen Spieler. Die Testaufgaben waren für die Probanden dieser Gruppe dieselben wie bei den vorherigen beiden Experimenten. Der Unterschied im Untersuchungsdesign lag in der experimentellen Priming-Manipulation: Anstatt die Charakteristika der beobachteten Spieler zu notieren, erhielten die Versuchsteilnehmer unterschiedliche Antwortbögen für ihre Notizen, auf denen Farbbilder und Namen der Fußballer aufgedruckt waren. Die Ergebnisse aller drei Experimente bestätigen, dass die Vorstellung bzw. die Wahrnehmung von kreativen bzw. weniger kreativen Spielern die Kreativität im Fußball beeinflussen kann.

Ein weiteres wichtiges Feld der Exekutivfunktionen ist die Spielintelligenz. Um Kombinationsfußball auf höchstem Niveau zu spielen, bedarf es einer ausgeprägten Kreativität und einer hohen Spielintelligenz, die bereits in jungen Jahren gefördert werden muss. Doch was ist eigentlich die Spielintelligenz?

Spielintelligenz

Was macht einen spielintelligenten Fußballspieler aus? Die Antwort auf diese Frage ist schwer zu beantworten, weil neben den technischen und konditionellen Fähigkeiten auch die Spielintelligenz eine Rolle spielt. Also die Fähigkeit, sich situationsgerecht und kompetent im Spiel einzubringen. Vestberg, Gustafson, Maurex, Ingvar, Petrovic (2012) lieferten eine vielversprechende Erklärung zur Spielintelligenz. Sie stellten die Hypothese auf, dass die kognitiven Funktionsweisen (Näheres dazu: https://www.die-sportpsychologen.de/2017/07/09/dr-rene-paasch-von-wegen-ein-einfacher-pass-exekutivfunktionen-im-fussball/) wichtig sind, um einen Fußballer intelligenter spielen zu lassen. Sie konnten nachweisen, dass die Profispieler bessere Ergebnisse erzielen konnten gegenüber dem Durchschnitt. Und nicht nur das. Zudem konnte anhand der Ergebnisse der Erfolg in der darauffolgenden Saison vorhergesagt werden und die besonders kreativen und spielintelligenten Spieler lieferten mehr Torvorlagen und schossen auch die meisten Tore.

Fazit

Der Fußball wurde schon immer von bestimmten Gegebenheiten geprägt. Während der Fußball in seinen Anfängen in erster Linie technisch geprägt war, wurde in den 70er Jahren immer mehr in den physischen Komponenten trainiert, bevor dann in den 80er und 90er Jahren die Schulung der Taktik vermehrt im Vordergrund stand. Durch den enormen Fortschritt in der Trainingslehre und Athletik ist im modernen Fußball für jeden Spieler eine hervorragende technische, taktische und physische Ausbildung selbstverständlich geworden. 

Nun tritt mit der Spielintelligenz und Kreativität ein weiterer Punkt immer mehr in den Vordergrund, der oftmals den entscheidenden Unterschied ausmacht. Aus diesem Grund sollte die Ausbildung der Exekutivfunktionen im Fussballtraining mehr Beachtung geschenkt werden.

Mehr zum Thema:

Literatur

Furley, P., & Memmert, D. (2018): Can creative role models prime creativity in soccer players? Psychology of Sport and Exercise, 37, 1–9. https://doi.org/10.1016/j.psychsport.2018.03.007

Memmert, D. (2011): Creativity, expertise, and attention: Exploring their development an their relationships. Journal of Sport Science, 29 (1): 93-102.

Vestberg, T., Gustafson, R., Maurex, L., Ingvar, M., & Petrovic, P. (2012): Executive functions predict the success of top-soccer players. PloS one; 7(4)

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Prof. Dr. René Paasch
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