Dr. René Paasch: Der Einfluss von sexueller Aktivität vor Wettkämpfen

Die mexikanische Fußball-Nationalmannschaft hat kurz vor der WM in Russland für negative Schlagzeilen gesorgt. Wie das mexikanische Magazin TV Notas berichtet, haben einige Spieler in der direkten WM-Vorbereitung eine Party mit rund 30 Escort-Damen gefeiert. Ich nehme diesen Ball auf und erkläre den Einfluss von sexueller Aktivität vor wichtigen Wettkämpfen.  

Zum Thema: Der Einfluss von sexueller Aktivität vor Wettkämpfen?

Nach Informationen des Magazins TV Notas, soll es am letzten freien Tag vor dem Abflug nach Europa zu einer wilden Partie gekommen sein. Acht Spieler aus dem mexikanischen WM-Kader: Guillermo Ochoa (Standard Lüttich), Héctor Herrera (FC Porto), Jesús Gallardo (Pumas/Mexiko), Giovani und Jonathan dos Santos (LA Galaxy/USA), Raúl Jiménez (Benfica Lissabon), Jesús „Tecatito“ Corona (FC Porto) und das Frankfurter Duo Salcedo und Fabián haben es wohl richtig krachen lassen. Doch betrachten wir die Situation nüchtern und stellen die Frage: Wie schlimm ist es, vor wichtigen Wettkämpfen sexuell aktiv zu sein?

Sex beeinflusst auf zwei verschiedenen Arten die körperliche und die psychologische Leistungsfähigkeit (McGlone, Samantha,  Shrier, Ian, 2000). Wichtig in diesem Zusammenhang sind Hormone, welche sowohl physiologische als auch psychologische Auswirkungen haben. Sex in der Nacht vor dem Wettkampf hat keinen nennbaren Einfluss auf die physiologische Leistungsfähigkeit. Dies konnte McGlone und Shrier (2000) nachweisen. Aus psychologischer Sicht führt Sex zur Entspannung. Dies kann uns die Nervosität und den Stress vor einem wichtigen Wettkampf nehmen (SayfollahPour, Peirooz, Heidary, Masume, Mousavi, Mansur, 2013). Die mögliche Einflussnahme von Sex auf unsere sportliche Leistung ist auch abhängig davon, welche Art von körperlicher Anstrengung wir ausüben (Maximalkraft, Ausdauer oder Konzentration).

Die Studienlage und individuelle Ableitungen

Trotz der unterschiedlichen körperlichen Herausforderungen, gibt es in den verschiedenen Sportarten (48 Std. oder 12 Std. nach einem sexuellen Akt) keinerlei Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Athleten (Pupiš, M., Raković, A., Stanković, D., Kocić, M., & Savanović, V. (2010)  & Anderson, P. B., Wei, P., & Shyu, I. (2001) & Ognjenka, Vukolic (2005).

Laura Stefani (2016) von der Universität Florenz ging dieser Theorie auch nach und verglich hunderte von Studien zu diesem Thema. Sie konnten keinen handfesten wissenschaftlichen Beweis dafür finden, dass sexuelle Aktivität einen negativen Effekt auf athletische Leistung hat. Dennoch sollte sich jeder Einzelne damit auseinandersetzen, da die Reaktionen keine allgemeingültigen Aussagen zulassen.

Fazit:

Die Ergebnisse führen zu der Annahme, dass Sex vor dem Wettkampf keine negativen Auswirkungen hat. Sexuelle Aktivitäten können in der Nacht vor dem Wettkampf sogar bessere sportliche Ergebnisse am Folgetag ermöglichen, da wir entspannter und ausgeglichener sind. Zu bedenken sind jedoch der zusätzliche Energieverbrauch und der mögliche Schlafmangel. Sicherlich ist dies eine individuelle Entscheidung und kann im Bedarfsfall mit dem Trainerteam besprochen werden. Prinzipiell ist gegen Sex am Vorabend eines Wettkamps nichts einzuwenden. Es kommt allerdings darauf an, wann der Wettkampf stattfindet und wie man den sexuellen Akt praktiziert. Denn Sex ist körperlich anstrengend, es wird dabei Kraft und Energie verbraucht. Niemand würde am Vorabend vor einem Wettkampf auf die Idee kommen, sich bei einem intensiven Kraft- und Ausdauertraining zu verausgaben.

Kurzum: Sex ist die schönste Sache der Welt! Wir sollten daher uns nicht zu viel Gedanken darüber machen. In diesem Zusammenhang bringt es der frühere Bundestrainer Berti Vogts auf den Punkt:  Sex vor einem Spiel? Das können meine Jungs halten, wie sie wollen. Nur in der Halbzeit, da geht nichts 🙂 

 

Mehr zur unmittelbaren Wettkampfvorbereitung:

Prof. Dr. Oliver Stoll: Fokus auf das Wesentliche

 

Literatur

McGlone, Samantha; Shrier, Ian (2000): Does Sex the Night Before Competition Decrease Performance? In: Clinical Journal of Sport Medicine. Volume 1, Issue 4, Seite 233-234

SayfollahPour, Peirooz, Heidary, Masume, Mousavi, Mansur (2013): A Psychological Consideration of Sexual Activity Impact upon Sporting Performance: an Overview. In: International Journal of Academic Research in Business & Social. Vol. 3 Issue 5, Seite 672.

Pupiš, M., Raković, A., Stanković, D., Kocić, M., & Savanović, V. (2010): Sex and endurance performance. International Scientific Journal of Kinesiology, 21-25.

Anderson, P. B., Wei, P., & Shyu, I. (2001): The Relationship Between Sexual Activity (and Four other Health Behaviors) and Marathon Performance Among Non-elite Runners. Electronic Journal of Human Sexuality. Volume 4, Seite 4. http://www.ejhs.org/volume4/sports3.htm

Ognjenka, Vukolic (2005): Effect of sexual activity on sport’s performance of basketball, handball and volleyball male players Vukolic Ognjenka Institute of Sport Science, University of Vienna.

Internet:

Laura Stefani, Giorgio Galanti, Johnny Padulo, Nicola L. Bragazzi, Nicola Maffulli (2016): Sexual Activity before Sports Competition: A Systematic Review. Frontiers in Physiology, 7 DOI: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fphys.2016.00246/full

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Prof. Dr. René Paasch
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