Dr. René Paasch: Teams in der Krise

Borussia Mönchengladbach steckt in der Krise. Nach einer hervorragenden Vorsaison, welche die Fohlen mit der direkten Champions League-Qualifikation zurück auf die große europäische Bühne führte, läuft seit Saisonbeginn wenig bis nichts zusammen. Die Borussia ist mit vier Niederlagen aus vier Bundesligaspielen Tabellenletzter und hat unter der Woche auch die Auftaktpartie in der Champions League beim FC Sevilla verloren. Am Samstag steht nun das ohnehin bedeutungsbeladene Rhein-Derby beim 1.FC Köln an. Dr. René Paasch hat die schwierige Situation bei Borussia Mönchengladbach von außen beobachtet und Muster erkannt, um auf dieser Basis mögliche Lösungsansätze herauszuarbeiten, die Vereinen in vergleichbaren Situationen helfen können.

Zum Thema: Was tun in der Krise?

Haben Sie den Auftritt der Borussia in Sevilla gesehen? Sicher haben sie bemerkt, wie mutig, motiviert und willensstark der Bundesliga-Tabellenletzte die schwierige Auswärtsaufgabe beim spanischen Spitzenteam Sevilla anging. Kurzum: Coach Lucien Favre und sein Trainerteam machen viel richtig. Allerdings ist die Gesamtsituation schon sehr komplex geworden. Erschwerend kommt hinzu, dass nun aufgrund der Belastungen der bevorstehenden englischen Wochen kaum Zeit bleibt, um intensiv über das normale Trainingspensum hinaus mit der Mannschaft zu arbeiten. An welchen Stellschrauben kann grundsätzlich in solchen Situationen gedreht werden? Wie können auch Teams weit unterhalb der Bundesliga auf ähnliche Situationen reagieren?

Der Perspektivenwechsel

Niederlagen haben bekanntlich eine sehr wertvolle Komponente. Genau hier liegt ein Schlüssel, in dem bei der Betrachtung der gemachten Fehler nicht der Fokus auf das Versagen gelegt wird, sondern konsequent auf die Verbesserung und Weiterentwicklung der Individual- oder Teamleistung. Fehler sollten also positiv in eine handlungsförderlichen Perspektive und in konkrete Ziele umgewandelt werden: „Was kann ich daraus lernen, was können wir besser machen und wie können wir als Mannschaft geschlossener auftreten?“ Siehe auch (siehe auch Dr. René Paasch: Führung und Teamentwicklung im Fußball). Denn eine defizitorientierte Sichtweise und Fehlerzuweisung, würde jetzt die Mannschaft weiterhin schwächen. Demgegenüber stärkt die positive Herangehensweise das Wohlbefinden der einzelnen Akteure im Team.

Schwerstarbeit für den Trainer

Schwerstarbeit kommt in einer krisenhaften Situation auf den Trainer zu. Denn speziell das Gespräch mit dem Coach ist für die Akteure sehr wertvoll. In diesem Zusammenhang kann der Trainer seinen Spielern Stärken und Fähigkeiten aufzeigen. Weiterhin sollte der Trainer die Mannschaftsgespräche fördern, in welchem die Spieler sich gegenseitig aufbauen und wertschätzen. Sie müssen jetzt lernen, störende innere und äußere Einflüsse besser auszublenden, sich abschotten und den Tunnelblick aufsetzen. Je intensiver die Mannschaft im medialen Fokus steht, desto schwieriger wird dies allerdings. Wir können vermuten, dass im Moment kaum ein Interview in Mönchengladbach das Thema Krise unberührt lässt.

Der Umgang mit der Angst

Um die Angst vor weiteren Niederlagen zu dämpfen und so handlungsfähig wie möglich zu bleiben, gibt es verschiedene Methoden. Ein Schlüssel kann in einer exzellenten Trainingswoche und vielen gelungenen Aktionen liegen, die Selbstvertrauen schenken (siehe auch Dr. René Paasch: Selbstwirksamkeit im Fußball). Ebenso können wir uns durch Entspannungstechniken (siehe auch Sebastian Reinold: Entspannt durch Meditation) oder die Konzentration auf eine positive Körperhaltung auf Erfolg trimmen. Gedanklich sollte der verunsicherte Sportler lernen, sich auf seinen Stärken zu konzentrieren und an sich zu glauben. Hervorragende Methoden sind das Training der inneren Gespräche (siehe auch Prof. Dr. Oliver Stoll: Gute Selbstgespräche) und die unmittelbare Wettkampfvorbereitung (siehe auch Prof. Dr. Oliver Stoll: Fokus auf das Wesentliche).

Kopf hoch, Schultern tief und Brust raus

Eine dominante Ausstrahlung erzeugt unterwürfiges Verhalten beim Gegenüber. Das ist ein unterbewusster, aber ein ganz starker Effekt, den Mannschaften trotz Niederlagenserien trainieren sollten. Eine interessante Studie in diesem Zusammenhang ist das „Nonverbale Verhalten im Fußball“ (Furley, Memmert, Dicks, 2012). Es konnte erstmals aufgezeigt werden, dass die Körpersprache, den Gegenüber manipulieren und gleichzeitig Stärke signalisieren kann. Dies ist in allen Spielsituation relevant, auch wenn der Gegenspieler es nicht bewusst wahrnimmt. Teams sollten daher versuchen, im Alltag, im Training und im Wettkampf stets selbstbewusst aufzutreten (Kopf hoch, Schultern tief und Brust raus), so dass sich dieses Verhalten automatisieren kann.

 

Literatur:

Furley, P., & Schweizer, G. (2013, iFirst). The expression of victory and loss: Estimating who’s leading or trailing from nonverbal cues in sport. Journal of Nonverbal Behavior. DOI: 10.1007/s10919-013-0168-7

Internet:

https://fis.dshs-koeln.de/portal/de/publications/nonverbal-behavior-in-soccer-the-influence-of-dominant-and-submissive-body-language-on-the-impression-formation-and-expectancy-of-success-of-soccer-players%28e114dc14-2f5b-4f4c-9253-b998bdd28015%29.html

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Prof. Dr. René Paasch
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