Sebastian Reinold: 11 Tipps für den Fall der Fälle

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft steht am Sonntag, den 13. Juli, im Finale der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. Nicht erst seit dem historischen 7:1-Erfolg im Halbfinale gegen Brasilien schlagen die Fanherzen höher. Je näher der Anpfiff rückt, desto stärker werden bei nicht wenigen die Erwartungen an einen Sieg der deutschen Mannschaft bis ins Unermessliche steigen. Bei einer Niederlage, die trotz der guten Turnierleistung des Teams von Jogi Löw im Finale gegen Argentinien möglich bleibt, können Emotionen dann aber schnell in große Trauer oder ungewollte Frustrationen umschlagen. Augenzwinkernd soll Ihnen vor dem Besuch der Public Viewing-Location ihrer Wahl geholfen werden.

Zum Thema: Wie vermeide ich als Fan einen Systemabsturz beim Gruppengucken?

Eines vornweg: Sie, als Fan, haben gegenüber dem Team unermessliche Vorteile. Zum einen müssen Sie am Sonntagabend keine wirkliche Leistung erbringen. Und zum anderen können Sie mit der Verarbeitung auf eine Niederlage schon vor dem Spiel beginnen1.

Um damit keine Zeit zu verlieren, fangen wir an dieser Stelle an. Beginnen Sie mit Ihren Vorbereitungen auf das Finale weiträumig vor Spielbeginn. Denn ganz ohne Aufwand geht für Sie als Fan ein WM-Finale dann eben doch nicht. Zumindest nicht, wenn Sie nicht Gefahr laufen wollen, die Anzahl ihre Freunde durch unpassendes Verhalten signifikant zu verringern. Der Masterplan, also meine Hauptstrategie für ihren un- und ausfallfreien Fußballabend, besteht nun darin, dass Sie sich in eine eigene Stimmungslage bringen, die weitgehend unabhängig vom Ereignis ist. Wie machen Sie das? Einfach der Reihe nach:

1. Schrauben Sie die Bedeutung des Ereignisses herunter. Seien Sie sich klar, dass es sich nur um Sport handelt, der sie nicht direkt betrifft. Klassiker: „Davon geht die Welt nicht unter.“

2. Machen Sie sich in diesem Zusammenhang bewusst, dass es für Sie keine eigenen persönlichen Konsequenzen gibt. Außer, sie haben im Siegeseifer längst mehrere Monatslöhne auf Jogi und Co gesetzt…

3. Verringern Sie im Vorfeld die Erwartungen an das Spielergebnis. Ein spannendes Spiel gesehen zu haben, bei dem die Mannschaft alles gegeben hat, kann durchaus schon als Erwartung reichen. Im Falle einer Niederlage würden Sie dann nicht enttäuscht, im Falle eines Sieges aber würde die Freude dann umso mehr überwiegen.

5. Erinnern Sie sich daran, dass die deutsche Mannschaft Ihnen bereits tolle Momente bescherte (u.a. Halbfinale gegen Brasilien), kurz vor dem Ausscheiden stand (Achtelfinale gegen Algerien) und Sie in den vergangenen Wochen durchweg gut unterhielt (ohne WM würden Sie jetzt womöglich aus der Verzweiflung heraus irgendwelche Vorbereitungsspiele aus Tiroler Trainingslagern anschauen).

Käme es tatsächlich, wie es nach Messis Matchplan kommen müsste, befänden wir uns in Level 2. (Schalten Sie an dieser Stelle bitte im Gefühl des sicheren Sieges nicht ab, denn Sie könnten für den Zeitraum nach 22.45 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit wesentliche Informationen verpassen.) Also, verliert Deutschland das Finale tatsächlich und bei Ihnen überwiegen die negativen Gefühle, beherzigen Sie doch bitte folgendes:

6. Befassen Sie sich nicht weiter mit dem Spiel. Ablenkung durch andere Dinge kann hier helfen. Vielleicht fahren Sie ja noch in den Urlaub?

7. Lassen sie sich von anderen emotional unterstützen. Denn Unterstützung durch andere kann Wunder wirken. Grundsätzlich trauert der Fan am besten in der Gruppe. Ein Sprichwort besagt nicht zu Unrecht, dass geteiltes Leid halbes Leid sei. Und Fanmeilen und –feste potenzieren den Sinngehalt der – zugegeben – abgedroschenen Phrase.

8. Wichtig, egal wie schlimm es kommt (siehe Halbfinale gegen Brasilien aus Gastgeber-Sicht): Halten Sie Abstand zu randalierenden Fans, damit Ihre eigene Stimmungslage nicht in eine aggressive Richtung kippt2.

9. Beim Konsum von Alkohol sollten Sie beachten, dass die eignen Emotionen sich nicht mehr so leicht kontrollieren lassen (vielleicht erinnern Sie sich, was fatal wäre, dann auch nicht mehr an alle hier gegebenen Tipps). Für diejenigen unter Ihnen, die von sich wissen, dass sie zu Aggressionen unter Alkoholeinfluss neigen, empfiehlt sich eine Beendigung des Alkoholkonsums, sobald die Niederlage absehbar ist.

10. Oft liegt der Ausgang der Spiels an der Leistung des Schiedsrichters oder einzelner Spieler. Vermeiden Sie es, eine Einzelperson zum Sündenbock zu ernennen (siehe Brasiliens Fred im Halbfinale) und alles Unheil dieser Welt mit ihm zu verbinden. Der von Ihnen auserwählte Spieler ist selbst mit der Verarbeitung seiner Niederlage beschäftigt und Bedarf deshalb der Unterstützung seiner Fans (siehe immer noch Fred).

11. Wenn alles nichts mehr hilft, dann hilft nur noch Humor. Googeln Sie doch vor dem Finale zur Sicherheit noch ein paar Holland-Witze.

Darüber hinaus wünsche ich Ihnen einen schönen Fußballabend.

Literatur:

[1] Filipp, S. (1995). Kritische Lebensereignisse (3. Aufl.). Weinheim: Psychologische Verlags Union.

[2] Scheve, C. (2009). Emotionen und soziale Strukturen. Frankfurt: Campus-Verlag.

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Mathias Liebing
Mathias Liebinghttps://www.torial.com/mathias.liebing
Redaktionsleiter bei Die Sportpsychologen und freier Journalist Leipzig Deutschland +49 (0)170 9615287 E-Mail-Anfrage an m.liebing@die-sportpsychologen.de