Anke Precht: Wann, wenn nicht jetzt? Imaginationstraining – fünf Minuten täglich

Viele Sportler können im Moment nur eingeschränkt trainieren. Das gilt besonders für jene aus Teamsportarten. Training im Team kann nicht stattfinden, und individuell lässt sich einfach nicht alles trainieren – so es denn überhaupt möglich ist. Denn dazu kommt, dass auch für die Individualsportler viele Trainingseinheiten einfach wegfallen. Das Training im Kader, das Trainingslager im Süden, zum Beispiel für den Radsport. Das Training mit Partnern im Kampfsport. Das Lauftraining in der Gruppe. Damit aus der Not wenigstens auch ein kleiner Fortschritt erwächst, können Sportler freigewordenen Zeiten nutzen, um Grundfertigkeiten für das mentale Training zu erwerben, die sie später hilfreich für sich nutzen können.

Zum Thema: Mental trainieren in der Zwangspause

Den meisten Sportlern ist der Begriff Visualisierung geläufig: Das ist die Fähigkeit, sich mental etwas vorzustellen, was im Augenblick gar nicht da ist. Diese Fähigkeit ist nicht per Knopfdruck da. Sie muss trainiert werden wie ein Muskel, am besten täglich. 

Visualisierung umfasst aber nur einen Teil der Möglichkeiten, die wir mental nutzen können. Deshalb spreche ich von Imagination. Imagination nutzt neben inneren Bildern aber die anderen Sinne. Je mehr Sinne in eine Vorstellung eingebunden sind, umso stärker ist ihre Wirkung auf Psyche und Körper.

Trainingstipps

Für ein wirksames Imaginationstraining mit dauerhaft täglich fünf Minuten empfehle ich folgenden Trainingsablauf:

Phase 1:

Nimm dir täglich fünf Minuten Zeit und stell dir dabei einen einfachen Gegenstand vor, den du gerne vorher kurz anschauen und anfassen darfst. Das kann ein Apfel sein, deine Trinkflasche, eine Murmel, ein Kugelschreiber.

In den fünf Minuten Training schließt du die Augen und versuchst, dir den Gegenstand innerlich so detailgetreu vorzustellen wie möglich:  

  • Farben und Form
  • Geruch, Geschmack
  • Oberflächenbeschaffenheit (wie fühlt es sich an, den Gegenstand zu berühren?)
  • Temperatur
  • Gewicht
  • Geräusch (beim Anfassen, Reinbeißen….)

Trainiere das, bis die Vorstellungen mühelos gelingen. Das dauert in der Regel einige Wochen, wenn du noch keine Vorerfahrung hast.

Phase 2:

Nun nutze die täglichen fünf Minuten, um dir eine bewegte Szene vorzustellen. Das kann ein Ausschnitt aus einem Sportwettkampf sein, ein Sprung oder Wurf, der Start bei einem 400-Meter-Lauf, ein Torschuss.

Nutze auch jetzt alle Sinneskanäle, um dir die Szene so deutlich und lebendig in die Vorstellung zu holen, wie es nur geht.

Auch das trainiere, bis es mühelos mit jeder neuen Situationen gelingt.

Anke Precht

Diplom-Psychologin/Sportmentaltrainerin

Sportarten: Volleyball, Fußball, Reitsport, Kickboxen, Taekwondo, Bogenschießen, MTB, Rasenkraftsport, Golf, Tennis, Marathon

Kontakt:

+49 (0)163 9215649

a.precht@die-sportpsychologen.de

Zur Profilseite: https://www.die-sportpsychologen.de/ankeprecht/

Phase 3:

Nun stell dir Situationen aus deinem eigenen Sportleralltag vor. Du kannst das mentale Training in dieser Phase mit Situationen aus deiner sportlichen Vergangenheit beginnen. Situationen, in denen du einen besonderen Erfolg hattest (stärkt Selbstvertrauen und Motivation) oder eine perfekte technische Leistung erbracht hast (stärkt technisches Verständnis und hilft, den perfekten technischen Ablauf innerlich zu installieren und zu verstärken, zum Beispiel einen Aufschlag beim Tennis). Du kannst aber auch die besondere Stimmung in einem Massenstart zurück in deine Vorstellung holen, bei dem du komplett fokussiert warst.

Achte auch hier auf jedes Detail und stell dir die Situation erst einmal von außen vor. Das heißt, du schaust dir selbst von außen zu wie ein Beobachter. Auch hier achte darauf, dass du möglichst alle Sinne nutzt.

Trainiere auch in dieser Phase so lange, bis du dir mühelos ganz unterschiedliche Situationen aus deiner Vergangenheit vorstellen kannst. 

Phase 4:

Nun beginnst du nach der Vorstellung einer Situation aus deinem sportlichen Alltag, mit den Vorstellungen zu spielen. Dazu gibt es je nach Trainingsziel unterschiedliche Möglichkeiten: 

  • Wenn du dich in einer technisch perfekten Leistung siehst, spiel den Film in Zeitlupe, um jedes noch so winzige Detail zu bemerken. 
  • Wenn du dich in einem perfekten Flow siehst, schlüpfe in deiner Vorstellung in die Situation hinein und spüre, wie sich dieser Flow anfühlt und genieße ihn.
  • Stell dir eine Situation in der Zukunft vor, in denen du ein Ziel erreichen wirst. Male dir so intensiv wie möglich aus, wie es dann sein wird, zum Beispiel den Moment, in dem du die Ziellinie als Erste überquerst.

Mehr Techniken für das mentale Training zum Selbst-Trainieren bekommst du von meinen Kollegen und Kolleginnen von Die Sportpsychologen (zur Übersicht) oder von mir (zum Profil von Anke Precht). Einige weitere Beispiele finden sich auch in unserem Buch:

Heike Henkel, Anke Precht; Entfessle dich. Wie du aus dir machst was in dir steckt. BusinessVillage-Verlag, 2018.

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