Markus Gretz: Fluch und Segen des Underdogs

Spieler und Fans der Philadelphia Eagles liefen in den NFL Playoffs mit Hundemasken umher und schmückten sich mit dem Prädikat Underdog. Normalerweise bekommt diese Bezeichnung nur ein Spieler oder ein Team, dem keiner den Erfolg zutraut. Doch immer wieder findet man Trainer, die ihre Mannschaft oder ihre Sportler klein reden und damit dieses Prädikat für sich beanspruchen. So auch die Eagles, die eigentlich als erster ihrer Conference in die Playoffs gingen. Da die Philadelphia Eagles aber schon länger mit dieser Bezeichnung spielten, war es auch keine Überraschung, dass sie im Superbowl, wo sie dem amtierenden Meister, den New England Patriots, gegenüberstanden auch wieder als Underdog zum Kickoff gingen.

Zum Thema: Wie im Sport mit der Außenseiterrolle umgegangen werden kann

Was kann diese Underdog-Bezeichnung bewirken und weshalb spielen die Trainer und Teams immer wieder damit und versuchen sich selbst als Außenseiter darzustellen? Eigentlich rät man Sportlern ja meist, besonders selbstbewusst in den Wettkampf zu gehen. In der Sportpsychologie ist es sogar weit verbreitet, die Körpersprache zu trainieren, um sich selbstbewusster zu fühlen. Ein hohes Selbstbewusstsein, und Selbstvertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit soll Studien (Woodman & Hardy 2003) zufolge einen positiven Effekt auf die sportliche Leistung haben. Deshalb scheint es paradox, dass Teams und Trainer sich öffentlich bewusst möglichst wenig selbstbewusst darstellen. Was wollen diese Trainer also damit bewirken?

Die Rolle des Underdogs kann auf einige Sportler eine beruhigende Wirkung haben. Wenn sowieso jeder mit einer Niederlage rechnet, muss man auch vor dem Wettkampf keine Angst vor dem Versagen haben. Besonders Spieler mit Wettkampfangst könnten davon profitieren. Aber auch Spieler mit hohem Selbstvertrauen können von der Underdogrolle profitieren, indem sie durch die Außenseiterrolle zusätzlich motiviert werden. Eine jetzt erst recht Mentalität kann geweckt werden, wodurch die Spieler an ihre Leistungsgrenze gehen und alles versuchen, um das Unmögliche möglich zu machen. Die Rolle des Underdogs nimmt also Druck von ängstlichen Spielern und kann für die selbstbewussten Sportler motivierend wirken.

Zwangsläufige Gefahren

Allerdings birgt diese Herangehensweise auch Gefahren. Spieler können beispielsweise die Motivation verlieren, wenn sie von ihrem Trainer immer wieder hören, dass sie eigentlich keine Chance haben. Außerdem kann sich die Wirkung auch während des Spiels ändern. Während die Underdogrolle zu Beginn des Spiels einen ängstlichen Spieler noch beflügelt, indem es ihm die Angst nimmt, so kann sie mit einer Führung im Nacken im Laufe des Spiels dazu führen, dass die Angst vor dem Verlust des Spiels in der wichtigen Phase unerwartet auftreten kann. In dieser Phase kann dann das Selbstvertrauen fehlen, um das Spiel letztlich zu gewinnen und die Angst, einen sicher geglaubten Sieg zu verlieren, kann plötzlich lähmend wirken.

Nicht so bei den Philadelphia Eagles. Die Eagles konnten die Underdogrolle im Superbowl LII nutzen und trotz großer Verletzungsprobleme im Vorfeld das Spiel für sich entscheiden. Die Strategie scheint aufgegangen zu sein und die Eagles konnten mit ihrem Backup-Quarterback das Unmögliche möglich machen.

Praxistipp

Praxistipp: Wenn man als Trainer mit der Underdogrolle spielt, sollte man sich bewusst sein, wie dies auf die eigenen Spieler wirkt und seine Spielerpersönlichkeiten bestens kennen.

Literatur

Woodman, T., & Hardy, L. (2003). The relative impact of cognitive anxiety and self-confidence upon sport performance: A meta-analysis. Journal of sports sciences, 21(6), 443-457. https://doi.org/10.1080/0264041031000101809

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Markus Gretz
Markus Gretzhttp://www.die-sportpsychologen.de/markus-gretz/

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