Dr. René Paasch: Per Woop zum Saisonziel

Was macht eigentlich eine gute Saisonvorbereitung aus? Die Grundlagenausdauer mag sicher wichtig sein, aus sportpsychologischer Perspektive sollte das Teambuilding nicht zu kurz kommen und dann gilt es spätestens in der Saisonvorbereitung, die Mannschaft auf ein konkretes Ziel einzuschwören. Aus meiner persönlichen Erfahrung kenne ich kein Team, welches sich vor Serienbeginn nicht damit auseinandergesetzt hat, was am Ende der sportlichen Wettkampfphase als Ergebnis herauskommen soll. Allerdings werden beim Entwickeln, Setzen und Formulieren der Ziele oft Fehler gemacht – helfen kann eine furchtbar einfachere Methode mit dem hübschen Namen Woop.

Zum Thema: Wünsche identifizieren, Verhalten ändern und Ziele erreichen

Die WOOP-Methode geht auf Gabriele Oettingen, Professorin für Psychologie an der New York University und an der Universität Hamburg, zurück. Die Expertin hat eine wissenschaftlich fundierte Strategie entworfen, die Menschen – auch Sportler und Mannschaften – einsetzen können, um ihre sportlichen und privaten Wünsche zu identifizieren, zu erfüllen und Verhaltensweisen gezielt zu verändern (Die WOOP-Methode: Wish, Output, Obsticle, Plan (Oettingen, 2015).

Oettingen untersuchte das Zukunftsdenken und seine Effekte auf Denken, Handeln und Fühlen. Auf der Suche nach etwas Funktionierendem, erforschte sie zwanzig Jahre lang das Konzept des mentalen Kontrastierens. Ein zentraler Punkt ist die Unterscheidung zwischen Erwartungen und Fantasien. Die zahlreichen Untersuchungsergebnisse zeigten, dass sich diese beiden Konstrukte in ihren Auswirkungen auf Anstrengung und Erfolg gravierend unterscheiden (Kappes & Oettingen, 2011). Doch ebenso wichtig sei die Erkenntnis, welche inneren Hindernisse bei der Umsetzung bestimmter Wünsche bestünden. Erst daraus könne die Kraft für Lebensveränderungen und sportlichen Zielen entstehen. In der Psychologie des Gelingens geht es um Wünsche und darum, wie man sie (sich) erfüllen kann. Die überraschende Schlussfolgerung aus zwanzig Jahren Arbeit in der Motivationsforschung: Gerade die Hindernisse, von denen wir glauben, dass sie uns von der Wunscherfüllung abhalten, können uns am meisten helfen, unsere Wünsche zu verwirklichen, wir müssen nur anders als gewohnt mit ihnen umgehen. Dies sind auch die Gründe, warum ich Ihnen den Zusammenhang WOOP, Wenn-dann-Pläne anbieten möchte.

WOOP ist eine wissenschaftlich fundierte Strategie, die Menschen einsetzen können, um ihre Wünsche zu identifizieren, zu erfüllen und Verhaltensweisen gezielt zu verändern. (Prof. Oettingen, G. 2013)

 

Anwendung  der WOOP-Methode im Fußball  

In den nun folgenden Abschnitten werde ich Ihnen die praktische Anwendung und weitere Methode zur Wunsch- und Zielerreichung näher bringen:

Der Trainer sucht das Gespräch mit dem Kapitän. Dies kann zu einem gesonderten Termin stattfinden oder sogar ins laufende Mannschaftstraining eingebunden werden, z.B. während einer kurzen Atemübung (Kurzentspannung PMR). Im Gespräch erfolgt die Planerstellung mit der WOOP-Methode in vier Schritten:

W wie Wish (Wunsch)

Der Kapitän soll sich auf einen konkreten Wunsch bzw. ein Ziel konzentrieren, welches er als wichtig und gleichzeitig auch als herausfordernd empfindet. Es sollte ein Wunsch sein, der innerhalb eines konkreten Zeitrahmens erfüllbar ist. Er soll sich den Wunsch ganz genau in Gedanken vorstellen.

Trainer: „Was ist Dein Wunsch, was möchtest Du wirklich, wenn du an die kommenden Wochen oder an die gesamte nächste Saison denkst?“

Sportler: „Ich wünsche mir, dass in meiner Mannschaft besser neben und auf dem Platz kommuniziert wird. Das war in der vergangenen Saison katastrophal. Ich denke, dass uns die schlechte Kommunikation Punkte kostet.”

O wie Outcome (Ergebnis)

Als nächstes kommt die konkrete Vorstellung des Ergebnisses, wenn der Wunsch erfüllt bzw. das Ziel erreicht wird – so lebendig wie möglich. Hier darf der Fantasie freien Lauf gelassen werden.

Trainer: „Was wäre der schönste “Outcome” für Dich, wenn sich Dein Wunsch erfüllt?“

Sportler: „Weniger Missverständnisse und Fehler, schnellere und zielgerichtete Teamprozesse. Höhere Zufriedenheit und eine Leistungssteigerung, die sich positiv auf die Platzierung auswirkt.“

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O wie Obstacle (Hindernis)

Danach ist es wichtig, eine Stufe tiefer zu gehen. Problematisch könnten z.B. alte Verhaltensweisen und vorgefasste Meinungen von bestimmten Teamkollegen oder irgendeine banale Sache sein.

Trainer: „Was hält dich davon ab, dass Du und deine Mannschaft das Ziel erreichst?

Sportler: „Die Zeit für die Umsetzung, denn wann sollen wir das neben dem Training machen? Dazu kommt die sicher niedrige Motivation meiner jüngeren Teamkollegen und der Altersunterschied, die ich als schwierig empfinde. Manchmal kommt es mir so vor, als würden wir im Team zwei Sprachen sprechen.“

Trainer: „Siehst du ein Hindernis, wenn du an deine konkrete Rolle im Team denkst?“

„Da ist ein Angstgefühl, dass die Intervention nichts bringt und ich an dieser Stelle als Vorbild in den Augen meines Teams versage.“

Gesammelt werden im Nachgang alle Hindernisse, die im Wege stehen könnten. Daraus wird eine Liste erstellt. Am Ende betrachtet man die größten Hürden.

P wie Plan (Planen)

Zunächst wird gesammelt, welche Lösungen sich der Sportler für die formulierten Probleme vorstellen kann. Zum einem, wie er präventiv vorgehen kann, um Hindernisse noch im Vorfeld zu vermeiden; zum anderen, wie er handeln kann, wenn Hindernisse auftauchen, um trotzdem die Ziele zu erreichen.

Trainer: „Was kannst Du gegen dein Angstgefühl tun, dass Du scheitern könntest?“

Sportler: „Den Mannschaftskollegen, im Vorfeld vernünftig mitteilen, aus welchen Gründen es wichtig wäre, mehr zu kommunizieren.”

Bei den letzten zwei Schritten handelt es sich um das Erarbeiten eines Wenn-Dann-Plans. Hier wird der Sportler nicht nur auf die schwierigen Situationen vorbereitet, sondern auch in deren Bewältigung trainiert. Die bisherigen Ausführungen implizieren, dass Wenn-Dann Pläne eine effektive Strategie darstellen, um Selbstregulationsschwierigkeiten, denen ein Sportler nach der Zielsetzung auf dem Weg zum Ziel begegnen kann, erfolgreich zu lösen. Dies soll im Folgenden veranschaulicht werden.

Wenn-Dann Pläne als Umsetzungshilfe

Der Einsatz von Wenn-Dann Plänen ermöglicht dem Trainer, Sportler in ihrer Selbstregulationsfähigkeit zu unterstützen. Die Sportler lernen, ihr Zielstreben durch Wenn-Dann Pläne auszuformulieren. Die Wirkung als effektive Selbstregulationsstrategie gilt als empirisch abgesichert: Zahlreiche Studien aus sehr unterschiedlichen Handlungsfeldern konnten zeigen, dass mit Wenn-Dann Plänen ausgestattete Ziele eine höhere Erfolgsrate aufweisen als Ziele ohne solche Pläne (Übersichten siehe Achtziger & Gollwitzer, 2006; Gollwitzer & Sheeran, 2006). Die Verbindung der WOOP-Methode und der Wenn-Dann-Pläne können Sie nun in der Abbildung 1 näher betrachten: 

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Abbildung: Erweiterung der WOOP-Methode mit Wenn-dann-Pläne nach Oettingen, 2013

Zusammenfassung

Obwohl die WOOP-Methode recht einfach erscheint und viele Personen behaupten, dass sie dieses Vorgehen in ihrem Alltag schon intuitiv anwenden, zeigen Studien, dass nur wenige Personen spontan WOOP konsequent umsetzen können (s. z.B. Sevincer & Oettingen, 2013). Die beschriebenen Methoden eignen sich gut zur Anwendung im Sport, weil sie praktikable und einfache Instrumente sind. Zugleich dienen sie der Auseinandersetzung mit den eigenen Zielen, Hindernissen und der Realität. So hat der einzelne Spieler sowie die Mannschaft die Möglichkeit, sich über evtl. Probleme bewusst zu werden und über Lösungsstrategien in der Vorbereitung und im saisonalen Verlauf nachzudenken. Diese Vorgehensweisen erleichtern das Erstellen eines realistischen saisonalen Arbeitsplans, in dem der Umgang mit herausfordernden Situationen integriert wird. Zusammenfassend, stellt die Auseinandersetzung mit Hindernissen eine zentrale Größe da, die in den Methoden WOOP, Wenn-dann-Pläne und ferner auch dem Rubikon-Modell (siehe aufgeführte Artikel) zu finden sind.  

http://www.die-sportpsychologen.de/2016/01/28/wencke-schwarz-phaenomen-schweinehund/

http://die-sportpsychologen.ch/2016/03/15/cristina-baldasarre-lassen-sich-siege-herbeireden/

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Prof. Dr. René Paasch
Prof. Dr. René Paaschhttp://www.die-sportpsychologen.de/rene-paasch/

Sportarten: Fußball, Segeln, Schwimmen, Handball, Volleyball, Hockey, Eishockey, Tennis

Gelsenkirchen, Deutschland

+49 (0)177 465 84 19

E-Mail-Anfrage an r.paasch@die-sportpsychologen.de

4 Kommentare

  1. Hallo René

    Toller Artikel. Die Merhode wende ich oft bei meinen Sportlern an. Sie funktioniert sehr gut und zuverlässig, wenn sie richtig angewendet wird. 😉

    Deshalb habe ich auch eine einfache illustrierte Anleitung dazu gemacht.

    Hoffe es ist ok, wenn ich den Link zum Artikel mit der Anleitung hier angebe.
    http://www.feigenwinter.com/traeume-positiv-denken/

    Hinterlasse mir auch gerne einen Kommentar mit dem Link zu deinem Artikel.

    Lieber Gruss

    Martin

    • Hallo Martin!

      Vielen Dank. Das freut mich, dass du die WOOP-Methode erfolgreich nutzt. Du darfst gerne einen Link hinterlegen. Schön, dass du dich für unsere Seite interessierst. LG René

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